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rückgetrieben, und fast unscheinbar gemacht hat, und, wie in der alten Zeit, so auch jezt erst dann auf ihren untergeordneten Werth zurückgebracht zu werden. begann, als die Pharisåer und Wechsler vom Tempel Gottes vollen Besitz genommen, und ihren Unfug schaamlos zu treiben angefangen hatten. Denn in diesem allgemeinen Regreß in das alte Testas ment war auch allmählig das alte gespannte Vers hältniß des Menschen zu Gott wieder hervorgetreten 1). Wie Gott der Vater von den Israeliten nur gefürch tet wurde, so wurde Christus, - in welchem doch die Einigkeit des Göttlichen und Menschlichen zum deutlichsten Vorschein gekommen war, in Bezie hung auf den Vater bald nur mehr als Sühnopfer des göttlichen Zornes, - in Beziehung auf die Menschheit als einstiger strenger Richter am jüngsten Tage, und bis dahin selbst wieder - als nur durch die hårtesten Opfer versöhnbar vorgestellt. Die Menschheit lehnte gleichsam die ihr zu gedachte Ehre, eine ståte Geburtsstätte der Wahrheit zu seyn, noch von sich ab, bis sie durch das tiefere Wiedereingehen in das neue Testament zum höheren Selbstbewußtseyn erwachte. Es wurde ihr

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1) Wir erinnern aus tausend Beispielen nur an Friedrich3 IL Geset:,,Commissi nobis coelitus," (um 1225), worin es u. a. heißt: „Verè scientes, quod Deus est zelotes, peccata patrum in filios potenter ulciscens etc." und an Gregor's IX. (im I. 1239) crlassenes Schreiben: „Kumor etc.," worin er sagt: „Nos ponentes in manu vestrâ gladium verbi Dei, quem juxta prophetae sententiam non debetis à sanguine prohibere, sed tanquam Phinees catholicae fidei zelo succensi, de pestilentibus ipsis etc. inquirentes

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contra

nun wieder klar, daß die Wahrheit nur mit Ernst und Treue gesucht werden will, um sich finden zu lassen; daß sie zwar in irgend einer Gestalt der ers wachsenden Generation von Aussen geboten wird, und so dargeboten werden muß 1); daß aber nicht nur das Dargebotene selbst schon eine Aeusserung der arbeitenden Menschheit ist, sondern auch wesentlich nur deswegen unmittelbar überliefert wird, das mit das schon Hervorgebrachte Bestand gewinnen, das Befestigte erweitert werden könne. Wir stimmen daher völlig dem Hrn. Bischof von Hermos polis bei, wenn derselbe behauptet:,,L'homme doit toujours être dans la disposition sincère d'embrasser la religion véritable, quand elle vient se manifester à lui. Ce n'est pas une chose arbitraire, c'est un devoir" 1); nur nehmen wir diese Behauptung in ihrem vollen Sinne, so nåmlich, daß die Annahme einer Religion nur dann Pflicht ist, wenn sie dem einzelnen Menschen selbst wirklich als die wahrhaftige offenbar geworden ist.

Hiermit fallen dann die Meinungen, auf welche sich die Hauptbedenklichkeit gegen die reformirende Thätigkeit slügt, in ihren Ungrund zusammen, und

1) Muß nicht auch der physische Mensch Nahrung von aussen empfangen? Uber läßt er die Speise, wie sie ist, oder verwandelt er sie nicht durchaus ? Soll etwa, weil Kranke und Kinder sie nicht vertragen können, die Ueberzahl der Gesunden den Wein und das kräftige Brod entbehren? Das Auswendig gelernte ist aber für den Menschen nur dann Geistesspeise, wenn er es verarbeitet hat, und ist ihm, und für ihn nur das, wozu er selbst es inwendig macht.

2) Défense du Christian. T. IV. p. 81.

man hört auf, vor jener vielbeklagten entseglichen Gefahr der Zerstäubung und Verkehrung der Wahrheit zu zittern.

Man wird aber vollends beruhigt und wieder ers heitert, wenn man die unerquickliche Arbeit nicht scheut, die besonderen Ausführungen jenes Vorwur, fes zu durchwandern; denn man wird alsdann

mit ́ angenehmer Ueberraschung gewahr, daß die bes sorglichen Vorausserungen größtentheils nur aus der Unkenntniß der Entwicklungsgeseße der Menschheit entspringen. Man sicht, daß es Klagen eines einzelnen Baumzweiges sind, auf dessen Blåttern eine Raupe sich nach und nach verpuppt, dann plöglich ihre Hülle an den vorgezeichneten Stellen geöffnet, und als Schmetterling dayon geflogen ist; da dann der Pflanzenverstand, die zurückgelassene Hülle als das zum Leben Unentbehrlichste betrachtend, und meinend, die Raupe könne und dürfe nur kriechen oder ruhig liegen, nun dén Schmetterling beklagte, daß er entweder vom Winde zerschlagen werden, oder ohne die Hülle erfrieren oder verkümmern müsse, dann aber auch, halb unmuthig, den Flüchtling schelte, daß er dem zu entfliegen wage, welcher ihn so treulich gepflegt und groß gezogen habe, daß er sich nur mehr von Blüthenstaub und Himmelsthau nåhren wolle, während ihm früher grüne, derbe Blåtter genügt þåtten.

Siebentes Capitel.

Einstimmigkeit im Wesentlich-Religiösen, und Mittel zu dieser Einstimmigkeit zu gelangen.

In unser's Busens Reine wohnt ein Streben,
„Sich einem Höher'n; 'Reiner'n, Unbekannten
„Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben,
„Enträthselnd sich den ewig Ungenannten ;
Wir heißen's Fromm seyn."

Göthe. (Kunst und Alt. B. V. §. 2. S. 176, 1825.)

Es hångt aber mit dem Nichtkennen oder Verkennen der Entwicklungsgeseße der Menschheit nothwendig der wichtigere Umstand zusammen, daß jene Anklåger auch entweder das Wesen der Religion mehr oder weniger verkennen, oder doch die gebilde tere Form derselben 1) nicht zu fassen vermögen. Hört man die scheinbar-bittere Klage über die Vielspåltigkeit der christlichen nichtkatholischen Religionslehren, so glaubt man, auch der gesammten gebildeten Menschheit drohe unmittelbar eine grimmige Wech felzerfleischung. Denn, wovon der Mensch als einer Religionslehre wirklich überzeugt ist, dies sucht er auch ins Werk zu richten; es ist ja sein Bestes selbst.

1) Onymus, a. a. D. S. Iv, gestehet zu, daß „die Vernunft es ist, die die Ideen erzeugt, welche das eigentliche Heiligthum der Religion sind. Und so ist auch das Gewissen die innere Stimme, in der sich uns die Religion vernehmen läßt,"

Man vermuthet diesemnach, die Reformirenden müßten bald die Selbstsucht, bald ein durchgängiges Zweifeln an jeglichem Guten und Wahren, oder Aehnliches als Prinzip aufstellen, oder etwa Gott nicht als den Vater anerkennen, oder Vielgötterei 1) oder Abgötterei, oder den Feindeshaß, die Verfolgung Andersgläubiger predigen u. s. w. — Wenn dies sich wirklich so verhielte, dann wäre die Menschheit unlåugbar im Rückschreiten, und es würde durch diese ungeheure Thatsache die christliche Religion überhaupt in die Reihe der heidnischen Religionen gestellt, welche auch ihre Anhänger weder fest zuhalten, noch stets in steigender Progression zu vervollkommnen vermocht haben. Man eilt deshalb, die Werke der angesehensten Religionslehrer der sich reformirenden christlichen Kirchen der lezten Jahrhunderte einzusehen, um doch nur durch das Unläugbare sich die heiligste und beseligendste Gewißheit des Gegentheils rauben zu lassen.

Aber alsbald wird das Herz wieder frei schlagen, der Geist wird seiner Heiterkeit wiedergegeben werden; denn wenn auch noch Einzelnes vermißt wird, was theils im Sturme der ersten Befreiung verloren ge gangen, theils noch der ausdrücklichen, allgemeinen Anerkennung erst entgegen sieht, so findet man doch eine völlige Uebereinstimmung in Allem Demjenigen, was am Allgemeinsten als dasjenige

1) Merkwürdig ist, daß der Alkoran die Christen, welche drei Personen in der Gottheit bekennen, die Zugefellenden nennt, welche nämlich Gott, dem Almächtigen, Alerschaffenden, noch zwei Götter zugesellen.

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