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was ihm zu Grund gegangen ist? Dasjenige, welches ihm zuerst auf dem Wege des Vertrauens zu Theil geworden, hat diese Sanktion verloren; demjeni gen hingegen, welches ihm als ein Wahrhaftes erscheint, fehlt noch jene Form der Allgemeingültigkeit. Wer das Leben des Erwerbstandes in den Städten beobachtet hat, wird wissen, welche Folgen solche Haltungslosigkeit nach sich zieht.

Sie selbst aber ist, - es muß noch immer wiederholt werden, nur Folge jener tiefer liegenden Entzweiung des allgemeinen Lebens, so wie diese veranlaßt ist durch ein beschränktes, einseitiges Prinzip, welches als Unendliches, Universales gegen das wirklich Unendliche, Allgemeine festgehalten und geltend gemacht wird, und die Geschichte von mehr als fünf Jahrhunderten seit der vollständigen Ausgeburt jenes einseitigen Prinzips hat für diejenigen, welche nicht an eine steigende Uebermacht des Bösen auf Erden glauben, unwiderleglich erwiesen, daß der Kampf gegen jene Einseitigkeit ein unabweisliches Bedürfniß der Menschheit geworden ist.

Achtes Capitel.

Verhältniß des römisch-katholischen Prinzips zur produktiven Spekulation und zur Kunst.

Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe?

Wo es in herrlichen Akkorden schlägt;

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Wer sichert den Olymp? vereinet Götter?
Des Menschen Kraft, im Dichter offenbart.

Göthe.

Aber nicht nur der, nach dem wahrhaft Unendlichen sich sehnende, Geist, und der, nach geordneter, d. h. nach legitimer Freiheit strebende, Wille, werden durch jeres, zu äusserlichem Bestande gekommene, Prinzip gehemmt, nicht nur das, nach Alumfassung dürstende, Herz wird schmerzlich durch dasselbe beschränkt, und durch alles dieses die, nach stets erreichbarer Seligkeit verlangende, Seele mehr

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oder weniger unselig;

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sondern auch die, aus der Vollendung des ganzen Menschen hervorgehende, über allen empfangenden Vermögen thronende, Schöpferund Bildungskraft wird durch alle jene Beschränkungen und Hemmungen gelähmt, oder vollends auf das Ungöttliche abgewendet. Ein Ueberblick der wesentlichsten Bestrebungen möge auch diese Behauptung erhärten.

Die Spekulation, so weit sie produktiv ist, geht wesentlich und unmittelbar zunächst darauf aus,

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Alles, was ihr von der Ueberlieferung dargeboten wird, um seines Inhaltes willen zu bewahren, oder zu verwerfen, und sich selbst hiermit Autorität zu werden; - dann aber - neuen Inhalt aufzufinden, und in allem bereits Gefundenen die, noch nicht mitoffenbarte, Copula, das innerste Band der Dinge, zu entdecken, um sich und seinen Mitgeistern, welche, wie er, in der Endlichkeit eingeschränkt sind, eine heilige Freistätte zu erbauen. Selbstbes freiung von der Form der Autorität ist ihr Ausgangspunkt; zur Freiheit über den Inhalt führt der Inhalt selbst, und nur im Elemente der Freis heit ist diese Erhebung möglich; überhaupt also nur, indem der Geist sich völlig dem unendlichen Gegenstande hingiebt, und nicht willkührlich, noch um irgend einer Rück- oder Seitensicht willen, an den Punkten umwendet, wo es über seine vorgefaßten Ansichten hinausgeht, oder wo es sie gar aufzuheben droht. —

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Aber gleich freiheitbedürftig ist die Kunst, wo sie wahrhaft diesen Namen verdient, wo nåmlich ihre Bildungen aus wahrhafter Begeisterung entsprin gen, und sich als Selbstzwecke beurkunden. Die Begeisterung ist schöpferisch; sie kann keine äusserliche Beschränkungen anerkennen; sondern sie seht sich Schranken aus sich selbst, indem sie das innerlich Geordnete und Genossene zur äusserlichen Wirklichkeit bringt. Sie wirkt im eminenten Sinne wie die les bendige Seele, welche ihren Leib nach dem inneren Geseze der Zweckmäßigkeit und dem der Schönheit für die Anschauung auswirkt, so daß Mißgestaltung und Verkrüpplung nur durch willkührliche äußere Bes

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schränkungen oder Entziehungen veranlaßt werden. Der wahrhafte Künstler schöpft aus der unerschöpften und unerschöpflichen Himmelsquelle, und wie er selbst nicht zum voraus weiß, was ihm in seinen Schöpfbecher einfließen mag, so kann er auch nicht auf ein früheres Geschöpf, als auf einen absoluten Maasstab der neuen Schöpfungen, zurücksehen.

Vor Allem ist dieses auf den Dichter bezüglich, welcher nicht blos die Blüthe der Vergangenheit und Gegenwart ist, sondern auch den Saamen einer höhe ren Zukunft streut. Er beseelt das blos Sinnliche; er vergeistigt das dunkle Gefühl, und seine höhere Deutungen bleiben, während der erste Sinn des Ges deuteten zu Grunde geht. Er führt das Verendlichte in die Freiheit zurück, indem er das Unflare, Undeutliche zur Durchsichtigkeit verklärt, und das allvers einigende Licht durch alle Scheidewånde hindurchspies len läßt. Für ihn kann die Priestersage und Kirchens lehre wohl ein Erstes, aber nicht ein Leytes seyn,

und welchem Dichter dürfte goldnen Saiten greift,

wohl, bevor er in die

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die mühselige Kenntniß

nahme des ganzen katholischen Lehrgebäudes zuges muthet werden?

Aber noch weit hervorstechender wird das Hemmende des römisch-kirchlichen Prinzips in Beziehung auf die Kunst, wenn auf die allgemeinste und wes sentlichste Bestimmung derselben Rücksicht genommen wird. Geht nämlich die bürgerliche Gesellschaft darauf aus, den Boden für eine wahrhaft menschliche Eristenz zu gründen und zu sichern, — trachtet die kirchliche Vereinigung, als vernünftige

Liebe, darnach, die Seelen zu heiligen, indem sie dieselben von der bestimmungswidrigen Begierde und Selbstsucht befreit und dieselben durch Erweckung der Andacht zur ståten Aufrichtung zu Gott gewöhnt (oder naturet), strebt ferner die wissenschafte lich forschende Gemeinde das unendliche Welts gedicht Gottes wahrzunehmen,`zu lesen und zu verstehen, und somit den Geist in den allgegenwärtigen Himmel einzuführen, wie die Kirche den Willen in ihn zu erheben sucht, - so stellt sich hierdurch die einzig mögliche Bestimmung der Kunst von selbst heraus. Ist das leibliche Daseyn von der Noth befreit, dann kann die Seele sich frei bestimmen. Ist der Geist Herr über die Seele und nicht durch sie in seinem freien Umschauen, in seinem Lauschen und Horchen auf das überall sich verkündende Wort Got tes gehindert, dann offenbart sich ihm das neidlose Schöne, welches kein Göttliches wäre, wenn es sich dem Empfänglichen nicht mittheilte. Wenn aber das, sich hingebende, Gemüth gleichsam vom heiligen Geiste empfangen hat, was bleibt ihm dann noch übrig, als das Empfangene wiederzugebåren, als das Beseligende auch anderen, nicht ursprünglich Beglückten, zu gleicher Beseligung mitzutheilen, und, was der wissenschaftliche Forscher nur allein dem ers kennenden Geiste vorführt, dies dem ganzen Menschen darzustellen, ihn ganz zu ergreifen, hinzureißen und in den Himmel zu erheben? Oder was that Phidias anderes, als er den Olymp in die Tempelhallen niederzauberte? Was anderes that Raphael, als er der überraschten Menschheit zur Anschauung brachte, was noch kein Auge je geses

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