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lichen in drei Theile: Der erste schreibt unter dem Titel »ordo« oder »rituale die Gebräuche bei Reconciliation des Büssers vor; der zweite Theil enthält eine mehr oder weniger ausgedehnte Belehrung des Priesters über die Behandlung des Pönitenten; diese Belehrung bildet in manchen Fällen den einzigen Inhalt des Beichtbuches der dritte Theil führt die eigentlichen canonischen Busssatzungen über die Vergehen an, welche in den älteren Beichtbüchern in zwei Classen »capitalia« und »minuta« mit je einer generellen Busszeit eingetheilt sind; später werden die einzelnen Vergehen mit besonderen ihrer Schwere im Einzelnen entsprechenden Bussbestimmungen aufgezählt. Da die Trennung der öffentlichen Bussdisciplin von der geheimen sacramentalen Beichte sich erst allmälig vollzog, so kann es nicht auffallen, dass uns Poenitentialien begegnen, welche neben den Satzungen für die Privatbusse nach der geheimen Beichte auch die canonischen Bestimmungen für die öffentliche Busse anführen1).

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Aus dem angedeuteten Inhalte der Poenitentialien ergibt sich ihre hohe Bedeutung für die historische Forschung. Der erste Theil desselben überliefert uns die Ritualgebräuche des Alterthums bei Spendung des Busssacramentes. In dem zweiten Theile finden wir die ersten Anfänge der heutigen Moraltheologie und in dem dritten Theile haben wir eine wichtige Quelle des canonischen Rechtes, welche uns zugleich einen tiefen Einblick in die kulturhistorischen Zustände des verschwindenden Heidenthums, wie in das praktische religiöse Leben der dem Christenthum gewonnenen Völker gestattet?) Unter den verschiedenen Beichtbüchern hat das als »Poenitentiale Romanum« bezeichnete von jeher das grösste Interesse wach gerufen 3), Die Beziehung zur römischen Kirche, welche als das Centrum der allgemeinen Kirche in allen Fragen den Ausschlag gab, liess in diesem Poenitentiale neben dem wichtigen Documente für die Bussdisciplin dieser Principalkirche zugleich die Spuren jener regulativen Einwirkung vermuthen, welche durch dieselbe auf die Entfal

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1) Angelo Mai, Collectio nova scriptorum veterum, Diatriba de poenitential. Roman. Nr. 8.

2) Vering, Archiv Bd. 30. Heft 6. S. 305 ff.

3) Die Bedeutung der Poenitentialien hat mich zu eingehenden Forschungen, vor Allem nach dem Poenitentiale Romanum veranlasst. Auf den Bibliotheken zu Rom und den bedeutenderen des übrigen Italien wird kaum ein diesbezügliches Manuscript vorhanden sein, welches mir nicht vorgelegen hat. Es wurde dies namentlich durch das wohlwollende Entgegenkommen der Bibliothekare, besonders des Professors Vincenzi auf der Vaticana, des P. Generoso Callenzio auf der Valicellana und des P. Cesare de Mandel auf Monte Cassino ermöglicht, denen ich hier meinen aufrichtigen Dank aussprechen will.

tung des kirchlichen Lebens speciell der Bussdisciplin in den übrigen Particularkirchen ausgeübt wurde. Diese Vermuthung fand eine Bestätigung in den historischen Zeugnissen, welche dem Poenitentiale Romanum neben dem berühmten anglikanischen Poenitentiale des Theodor Cantuariensis und dem fränkischen des Beda eine bevorzugte Stellang vor allen übrigen Beichtbüchern einräumen. So hatte nach Regino 1) der visitirende Bischof die Aufgabe bei dem einzelnen Priester nachzufragen: »si habeat poenitentialem Romanum vel a Theodoro episcopo aut a venerabili Beda editum, ut secundum ibi scriptum est, aut interroget confitentem aut confesso modum pocnitentiae imponat ?<

Von dieser Anschauung ausgehend hat man zunächst in dem Poenitentiale Romanum ein officielles Beichtbuch der römischen Kirche vermuthet, welches über diese Particularkirche hinaus ein universelles Ansehen und Geltung in der ganzen Kirche besass. Ein derartiges Poenitentiale Romanum glaubte Benedict XIV. 2) in dem von Antonius Augustinus herausgegebenen Poenitentiale 3) gefunden zu haben. Mit grösserem Rechte hat man mit Morinus jenes Beichtbuch dafür angesehen, welches Bischof Halitgar (ann. 835.) seiner Canonen-Sammlung als sechstes Buch 4) mit dem ausdrücklichen Bemerken anhing: »quem de scrinio Romanae Ecclesiae adsumpsimus. «<

Endlich hat man auch in dem »Excerptum a Gregorio Papa III. editum 5)<< vermöge der unverkennbaren Beziehungen seines Inhaltes zur römischen Kirche ein officielles Poenitentiale Romanum vermuthet.

Die neuere Forschung hat zunächst die Vorstellung von einem officiellen Beichtbuch mit universellem Anschen und Geltung in der ganzen Kirche hinsichtlich des Poenitentiale Romanum aufgegeben, Der unbekannte Verfasser der Diatriba de Poenitential. Rom. 6) geht hierüber noch hinaus, wenn er als Resultat seiner Untersuchung anführt, dass die Existenz eines »Poenitentiale Pontificum auctoritate vel ecclesiae romanae usu probatum mehr als zweifelhaft sei. Mit ihm bestimmt Card. Atto in der Einleitung zu seinem Capitulare überein 7).

1) De synodal. causis es disciplinis ecclesiast. 1. I. inquis. c. 96,

2) De synod. Dioeces. 1. XI. c. 11. n. 3.

3) Opp. ed. Lucae 1767. tom. III. p. 257.

4) Ed. Hugo Menard, Congr. St. Mauri a. 1642. Canisii Lect. antiq.

ed Basnage t. II. P. II. p. 132.

5) Edit. Mauri, tom. XII. col. 287.

6) Angelo Mai, loc. cit.

7) Angelo Mai, 1. c. p. 61,

Wasserschleben, der bedeutenste Forscher neuester Zeit auf de m Gebiete der abendländischen Bussordnungen, war in seinen >> Beiträgen zur Geschichte der vorgratianischen Kirchenrechtsquellen < der Ansicht: Die lateinischen Uebersetzungen der in angelsächsischer Sprache geschriebenen Beichtbücher, seien Poenitentialia Romana genannt worden. Von der Unhaltbarkeit dieser Hypothese durch Hildebrand überzeugt, formulirt er in seinem Werke über die Bussordnungen der abendländischen Kirche« S. 75. seine Ansicht folgendermassen: >>Mit dem Poenitentiale Romanum will man kein einzelnes Beichtbuch bezeichnen, sondern eine bestimmte Qualität von Beichtbüchern; in dem Beiwort Romanum ist eine Beziehung auf den Mittelpunkt der Kirche enthalten. Man verstand darunter, wenn auch nicht officiell-römische, so doch in dem grössten Theile der römisch-abendländischen Kirche anerkannte und gebräuchliche Bussordnungen, namentlich die des Theodorus, Beda, Kummean u. A. Den Gegensatz bilden diejenigen Poenitentialien, welche ihrem Zwecke und Inhalte nach nur für einen einzelnen Theil der Kirche, für eine bestimmte Nationalkirche berechnet waren, und deren Individualität eine allgemeinere Verbreitung und Anwendbarkeit ausschloss.<<

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Hildebrand) erklärt die Bezeichnung Poenitentiale Romanum aus dem Umstande, dass solche Poenitentialien, welche in der Praxis allenthalben Eingang gefunden, ohne dass man ihre Entstehung nachweisen konnte, analog den Ritualbüchern, von dem Mittelpunkte der Kirche abgeleitet wurden und zwar in Uebereinstimmung mit der im Mittelalter vorherrschenden Neigung, den Ursprung kirchlicher Rechtserzeugnisse, die sich allmälig gebildet hatten, auf den römischen Stuhl zurückzuführen, um ihre Geltung zu rechtfertigen. Das Prädicat Romanum würde demnach soviel als ächt kirchlich bedeuten und den Gegensatz zu dem Poenitentiale Romanum würden jene Beichtbücher bilden, welche den Namen eines bestimmten Verfassers tragen oder in ihrem Inhalte gegen die kirchlichen Lehren

verstossen.

Ich werde im Folgenden die Nachweise versuchen, dass unter dem Poenitentiale Romanum allerdings eine Qualität von Beichtbüit von chern zu verstehen ist aber von solchen, welche ohne ein universelles Ansehen zu besitzen, in der römischen Particularkirche im Gebrauch waren; den Gegensatz bilden die Beichtbücher der übrigen Particularkirchen, namentlich die eines Theodor, Beda, Kummean

1) Untersuchungen über die germanischen Poenitentialbücher p. 76.

a. A. Hierzu wird es nöthig sein, die Autorität der Poenitentialien im Allgemeinen und die eines Poenitentiale Romanum im Besondern einer näheren Untersuchung zu unterwerfen.

II. Das Ansehen der Pönitentialbücher im Allgemeinen.

Die Verwaltung und Regelung der Bussdisciplin lag von jeher in den Händen der Bischöfe und war Gegenstand der Particularstatuten der einzelnen Diocesen. Die allgemeinen Concilien und Decrete der Päpste enthalten zwar zahlreiche Bestimmungen, welche den dogmatischen Lehrbegriff über das Sacrament der Busse zur vollen Klarheit ausbildeten und die Bussdisciplin nach dieser Richtang hin vor gefährlichen Auswüchsen bewahrten, allein die Festsetzung der Art und der Dauer der Busse wurde stets den Bischöfen und deren Diocesan- und Provinzialsynoden überlassen. Der innere Grund hierfür ist in der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse, der nationalen Eigenthümlichkeit und den herrschenden sittlichen Anschauungen der einzelnen dem Christenthume gewonnenen Völker zu suchen, welche auf die Schwere der sittlichen Vergehen und damit auf die zu leistenden Busswerke einen entscheidenden Einflusss ausübten. Solchen particulären Ortsverhältnissen konnte nicht durch allgemeine Gesetzesbestimmungen, sondern nur durch die auf örtliche Grenzen beschränkten Diocesanerlasse Rechnung getragen werden. Auch mag das Verfahren der Apostel und apostolischen Väter hierin mustergiltig gewesen sein. Eine bestimmte allgemein geltende Zeitfrist und Art der Busse setzt weder der Apostel Paulus für die Blutschande fest, noch der hl. Johannes für den Raub, noch der hl. Irenäus für die Verführung des Wei bes, noch gibt Tertullian eine solche in seiner ausführlichen Schrift de poeEtentia an 1). Selbst jene Provinzial- und Diocesansynoden der ältern Zeit, welche die Regelung der Bussdisciplin zum Gegenstande brer Berathungen machten, legen die Fixirung der Busszeit ausdrücklich in die Hände der Bischöfe. So bestimmt das Ancyranum in seinem can. 22. de homicidio: »Modus autem hujus poenitentiae, in episcoporum sit arbitrio, ut secundum observationem poenitentium possint et extendere tardantibus et minuere studiose festinantibus.<< Und in seinem can. 5. erklärt dasselbe Concil ganz allgemein: >ut Episcopi modo conversationis examinato potestatem habeant vel atendi clementia vel plus temporis adjiciendi.« Das Concil von Mileve can. 23. will eine Busszeit auferlegt wissen »sicut Episcopo

1) Binterim, 1. c. p. 2. fol. 273,

Catholico visum fuerit 1).« Dieselbe Praxis war in der afrikanischen Kirche geltend; Cyprian liess sich durch die Beschlüsse der afrikanischen Bischöfe über die Busse der Abgefallenen, welche in dem oben erwähnten libellus verzeichnet waren, nicht abhalten in seinem 54. Briefe an Papst Cornelius zu erklären, dass er Angesichts der bevorstehenden Verfolgung eine grössere Milde eintreten lasse 2). Die Synode von Hippo wahrt in dem can. 30. die Rechte der Bischöfe mit den Worten »ut poenitentibus secundum differentiam peccatorum episcopi arbitrio poenitentiae tempora decernantur 3).< Zeugniss für die allgemeine Geltung dieser Grundsätze gibt uns das Concilium Nicänum, welches bei seinen Bestimmungen über die Busswerke der Büssenden ausdrücklich erwähnt in cap. 12. »quod licet Episcopo humanius aliquid de iis statuere.<<

Die Entstehung der eigentlichen Bussbücher in den folgenden Jahrhunderten hat an dieser Sachlage nichts geändert. Die Verfasser derselben tragen als solche cinen privaten Charakter; das Ansehen und die Geltung ihrer Beichtbücher hing einzig und allein von der Recipirung derselben Seitens der Bischöfe und Synoden ab. Die canonischen Satzungen über die Busswerke, welche in diesen Poenitentialien aufgezählt wurden, sollten wohl als Richtschnur zur Verhinderung eines willkürlichen Laxismus dienen, aber keine Fessel sein, wodurch Bischöfe und Busspriester in Anwendung einer weisen Mässigung je nach der Verschiedenheit der Sachlage und Personen behindert werden sollten 4). So bestimmt zu einer Zeit, in welcher die Bussbücher allgemein Eingang gefunden hatten, das Concilium Remense »ut Episcopi et Presbyteri examinent qualiter confitentibus peccata dijudicant et tempus poenitentiae constituant.« Was zudem

1) Der Grund hierfür findet sich in der praefatio der antiqua collectio canonum apud Dacherium tom. XI. in folgenden Worten ausgedrückt: »mensuram temporis in agenda poenitentia idcirco non satis attente praefigunt canones pro unoquoque crimine, sed magis in arbitrio antistitis relinquendum statuunt, quia apud Deum non valet mensura temporis quam doloris nec abstinentia tantum ciborum sed mortificatio potius vitiorum.«

2) Morinus, 1. VI. c. 14. §. 8.

3) Cod. Canon. eccles. tom. III. oper. S. Leonis edit. Ballerin pag. 97. 4) Die Beichtbücher schärfen wiederholt diese letztere Pflicht dem Busspriester cin. So Burchard mit den Worten des hl. Augustinus 1. 19. c. 29.: >>solerter admonemus doctum quemque sacerdotem Christi, ut non ex suo sensu sed secundum canonum statuta et traditiones Patrum universa disponat et conditionem utriusque sexus, aetatem, paupertatem, causam, statum, personam cujusque poenitentiam agentis, ipsum quoque cor Poenitentis inspiciat et secundum haec ut sibi visum fuerit ut sapiens Medicus singula quaeque dijudicet.<

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