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auch in Gefahr des Hungertods etwas zu genießen. Die Einimpfung der Menschen- und Schußpocken muß wegen der damit verbundenen Gefahr und Un gewißheit und der mancherlei dabei eintretenden besonderen Umstände als individuelle Gewissenssache jedem überlassen werden *).

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*) Schleiermacher hat 264–274. behauptet, die Selb fterhaltung könne in keinem ethischen Systeme schlechthin Pflicht seyn, überall müsse sie durch irgend etwas bedingt seyn, die Ethik beschreibe nur eine Weise des Lebens, nähmlich die moralischgute, und könne eben deswegen keine andere Weise, es zu erhalten, in sich schließen, als eben diese, weil sie sonst aus ihrem Inhalte hinausgehen würde, es dürfe offenbar zur Erhaltung des Lebens nichts Unsittliches geschehen, die Erhaltung des physischen Lebens seye daher nichts unmittelbar sittliches, auf einem sittlichen Grunde ruhendes, sondern nur etwas sittlich - Begrenztes, alle Philosophen, welche sie als eine besondere Pflicht dargestellt haben, seyen in Widersprüche gerathen; nur Spinoza sey dem Widerspruche und der Unbestimmtheit ausgewichen, indem er das Leben gar nicht von seiner ethischen Bedeutung getrennt habe, und es ihm als Gegenstand der Erhaltung nur theils das fortgeseßte wahre Handeln, theils aber die absolute Identität des Seyns sey, ohne deren Erhaltung das ethische Leben aufhöre, indem er also alle Pflichten Ohne und Tugenden aus der Selbsterhaltung ableite. uns auf diesen Spinozistischen Begriff vom Leben einzuLassen, bemerken wir nur Folgendes. Die Pflicht der Erhaltung des physischen Lebens gründen wir ohne Bedenken theils darauf, weil wir ohne sie die uns aufgegebenen Pflichten nicht erfüllen können, theils aber auf den uns

S. 70.

Ansicht und Schäzung dieses Lebens. Lod.

Wir sollen dieses Leben 1. schäßen, weil es die nothwendige Bedingung unserer moralischen Aus

eingepflanzten natürlichen Trieb zum Leben, (dessen Ueberwägung nur eine Ausnahme von der Regel u. Folge eines unnatürlichen oder unfittlichen Zustandes ist) eben so wie manche andere Pflichten auf gleiche Weise begründet werden indem es der Vernunft zuwider ist, einem wesentlichen Triebe der menschlichen Natur zu widerstreben. Insofern ruht diese Pflicht auf einem sittlichen Grunde, und die Ethik weist uns zu derselben an, schreibt also nicht nur eine gewisse Lebensweise, sondern die Erhaltung des Lebens selbst vor. Das ethische Leben selbst hat nur zum Theil Beziehung auf die Erhaltung des physischen, es begreift Tugenden und Mittel in sich, die zur Erhaltung desselben dienen; es darf zu diesem Zwecke nichts Unsittliches geschehen, insofern ist die Selbsterhaltung etwas fittlich-Begrenztes und keine absolute, unbedingte Pflicht. Kann sie nicht geleistet werden, ohne andere Pflichten zu übertreten, so hört sie auf, weil sie alsdann aufhört, ein Mittel zur Erfüllung der Pflichten zu seyn und nur ein Mittel zur Uebertretung derselben werden würde. Man fage nicht, daß, wenn man in einem solchen Falle sich selbst erhalten würde, man doch die Möglichkeit aller Pflichterfüllung in sich erhalten und nachher überhaupt alle Pflichten erfüllen könnte, denn diese Möglichkeit darf man durch die Pflichtübertretung nicht erkaufen. Morden darf man deswegen sich selbst nicht, denn dies ist nie ein nothwendiges Mittel, einer Pflichtübertretung zu entge hen, oder eine Pflicht auszuüben. Collidirt die Selbsterhaltung mit einer vollkommenen Pflicht, so muß sie

bildung und Wirksamkeit und die Quelle der edelsten und reinsten Freuden ist Matth. 6, 25. Gal. 6, 10. Joh. 9, 4. 2. zufrieden mit demselben seyn, indem es nicht nur jedem Menschen Freuden, sondern auch in seinen Uebeln Mittel der Vervollkommnung, der Erziehung, der Thätigkeit und das mit der moralischen Glückseeligkeit darbietet, die Weisheit fordert, sich nach unabånderlichen Einrich tungen zu fügen, die Zufriedenheit macht den Mens schen zur Ausübung aller seiner Pflichten fähiger, die Unzufriedenheit aber, als herrschende Gemüthsstimmung dazu unfähiger 1. Tim. 6, 6-8. 3. Das Leben nicht bloß als eine Quelle von Freuden und Genüssen betrachten und uns keine schwärmerischen Vorstellungen von Lebensglüc machen, vielmehr es als ein Leben ansehen, welches mancherlei Uebeln ausgesetzt und unterworfen ist und in welchem eher Glückswürdigkeit, als Glückseeligkeit zu erreichen steht. 4. Die Flüch ti gkeit, Kürze und Ungewißheit desselben nie aus den Augen verlieren, es als ein Leben betrachten und behandeln, welches dem Lode unterworfen ist, uns an den Tod oft erinnern, uns mit ihm vertraut machen; den Gedanken an den Lod auf unser Leben, und dieses auf den Tod bes

weichen und so muß man das Leben aufopfern, collidirt fie mit einer unvollkommenen, so treten eben die Regeln ein, nach welchen überhaupt die Collisionen gleichartiger Pflichten zu entscheiden sind.

ziehen, vor ihm nicht zittern, ihn aber auch nicht géring achten, ihn nicht aus Lebensüberdruß oder aus Abneigung gegen die Pflichterfüllung wünschen, aber immer bereitwillig zum Sterben seyn Pf. 90, 12. Pred. 7, 2. f. ir. 7, 36. 41, 1-4. Matth. 26, 39. 53. f. Ebr. 2, 14. f. 1. Theff. 4, 13. Phil. 1, 20. ff. 2. Kor. 5, 2. 9. Bei dem acht gebildeten Menschen erhebt sich aus der ernsten und reifen Betrachtung des gegenwärtigen Lebens die Ahnung, die Hoffnung, der Glauben eines künftigen höheren und ewigen Lebens nach dem Absterben dieses rohen Körpers, und dann gewinnt das jetzige Leben für ihn eine höhere Beziehung und ein neues Licht, Phil. 3, 20. f. 2. Tim. 4, 6-8. *).

S. 71.

Von der pflichtmäßigen Sorge für die Gesundheit. Die Gesundheit ist Integrität, Unverlehkheit, naturgemåße Wirksamkeit und Harmonie unsers Körpers, und seiner Theile. Die Sorge für dieselbe

*) PLAT. Phaed. c. 9. sqq. CIC. Tusc. Quaest. L. 1. 34-42. 47. 49. de senect. c. 19. s. SENEC. op. 26. 30. 61. Meiners verm. phil. Schr. II, 166. ff. HEINSII de contemtu mortis LL. 4. Leyd. 1621. LA PLACETTE: la mort du iuste ou la manière de bien mourir. Amst. 1695. Troschel's Lazarus von Bethanien 3 Thle. Berlin, 1791. Schüße Kritik der Vernunftgründe wider die Schrecken des Todes. Schlesw. 1795. Thieß über den Tod und das Leben. Lpz. und Gera, 1799.

ist bald Erhaltung, bald Verbesserung, bald Wiederherstellung der Gesundheit. Diese Pflicht beruht darauf, daß dadurch das Leben verz långert, die moralische Thätigkeit erleichtert und erweitert wird, und daß wir unserem Körper wegen. seiner Einrichtung und Bestimmung Schonung und Achtung schuldig sind. Sie hat übrigens dieselben Grenzen, wie die Pflicht der Selbsterhaltung. Die Gesundheit ist eines der größten Güter, doch muß man den Werth desselben nicht zu hoch anschla gen und bedenken, daß auch der Mangel derselben ein Gut für uns werden kann. Eigene Aufmerk samkeit auf unsern Körper und auf das, was ihm gesund oder ungefund ist, Mäßigkeit, Arbeitsamfeit, Gemüthsruhe und Heiterkeit, Oberherrschaft über die Affecten, Entfernung der Leidenschaften, Wahrheit des Characters, Abhärtung, eine gewisse. Macht des Gemüths über den Körper, Reinlichkeit, mäßiger Genuß einfacher, naturgemåßer, sinnlicher Freuden, Erwerbung gewisser Kenntnisse über die Beschaffenheit und den Bau des menschlichen Körpers und Gebrauch des Arztes in den gehörigen Fällen sind die vornehmsten und allgemeinsten Mittel, welche die Moral hier angeben kann. Uebrigens hat diese Pflicht ihre Grenzen, zuweilen sollen wir unsere Gesundheit wegen höherer Pflich= ten wagen oder aufopfern, zuweilen treten auch unüberwindliche Hindernisse ein, eine pflichtmäßige Sorge für die Gesundheit zu tragen. Der Siracide seht den Werth der Gesundheit ins Licht und

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