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von Gallien. Es ist doch eine Schande, daß man so alt wird, ohne ein so vorzügliches Werk anders als aus dem Munde der Parodisten gekannt zu haben.“

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Die deutsche Bearbeitung des Amadis, mit starken Verkürzungen, erschien 1569 unter dem Titel: „Das erste Buch der Hystorien vom Amadis ausz Franckreich mit vielen angehefften guten Leeren, newlich ausz französischer in unser allgemeine, geliebte teutsche Sprach gebracht." Die Übersetzung ist nicht ungeschickt, sondern ziemlich in demselben süßlich verliebten Tändelton gehalten wie die französische Bearbeitung der spanischen Urdichtung.

Aber schon vor dem Einzuge des französischen Ritter- und Liebesromans hatte sich ein deutscher Schriftsteller auf den Roman gelegt und eigentlich die ganze Gattung neu geschaffen. Georg Wickram heißt der Schöpfer des deutschen Romans, und wie gewöhnlich wissen wir von diesem bemerkenswerten Manne nicht einmal genau das Geburtsjahr. Er wurde in Colmar geboren, wahrscheinlich im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, und ist zwischen 1556 und 1562 gestorben. Er gehörte zu den frühesten deutschen Berufschriftstellern und hat sich namentlich an der Erzählungsliteratur mit einer Reihe beachtenswerter Dichtungen beteiligt. Da ist zunächst sein Rollwagenbüchlein (1555), ein Beitrag zu der schon erwähnten Reiseliteratur jener Zeit. Der Rollwagen war der Stellwagen oder Omnibus des 16. Jahrhunderts, und so hat Georg Wickram für Reisende in solchen Wagen eine Sammlung unterhaltender Schwänke verfertigt, die ungefähr auf der Höhe der großen deutschen Schwankliteratur des 16. Jahrhunderts stehen, in der Reihe mit den Büchern von Lindener, Montanus, Schumann usw.

Zu Straßburg erschien ohne Angabe des Verfassers, aber sicher von Georg Wickram, ein Roman Galmy (1539), eine spannende Darstellung ritterlicher Abenteuer und Herzensbegebenheiten, die uns reichlich so sehr zu fesseln geeignet sind wie etwa die französischen Romane des 18. Jahrhunderts. Den Inhalt gibt der Verfasser schon in dem zeitüblich sehr langen Titel an: „Ein schöne und liebliche Hystori von dem edlen und teuren Ritter Galmien und von seiner züchtigen Liebe, so er zu einer Herzogin getragen hat, welche er in eines Münches Gestalt von dem Feur und schendtlichen Todt erlöst hat, zuletzt zu eim gewaltigen Herzogen in Britanien erwoelt." Ein zweiter Ritterroman ist der 1551 erschienene Gabriotto, in dem sich Unklänge an eine Erzählung Boccaccios finden. — Eine Mischung von ritterlichen und bürgerlichen Begebenheiten enthalten Wickrams Romane Der Knabenspiegel (1554) und Der Goldfaden (1557), zwei ganz lesbare Romane, in denen sich eine entschiedene Erzählungskunst zeigt. Wickrams Sprache leidet zum Teil an ihrer Mundartlichkeit, denn er schrieb mit starken Anklängen an das Elsässische.

Den Galmy hat Hans Sachs zu einem Spiel und zu einem Meisterliede verarbeitet; Fouqué hat ihn zu einem Drama, Rudolf Baumbach zu einer Verserzählung umgestaltet.

Elftes Kapitel.

Lehrhafte Dichtung und Prosa.

Rollenhagens Froschmäuseler. Erasmus Alberus.

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Burkard Waldis.
Theatrum Diabolorum.

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Ringwaldt.

Die Anfänge der Presse. Die Chroniken: Zimmernsche Chronik. Seb. Frands Chronicon. -
— -
Seb. Münsters Cosmographia. Churmayers Bayrische Chronik. — Tschudis Schweizerische
Chronik. Albrecht Dürers Schriften. Göt von Berlichingen. Hans von Schweinichen.

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Zas auf allerlei Nebenzwecke gerichtete Wesen der Dichtung des 16. Jahrhunderts zeigt sich so recht an einem komischen Tiergedicht: dem Froschmäuseler von Georg Rollenhagen (1542—1609) aus Bernau bei Berlin, der als Schulrektor in Magdeburg gestorben ist. Was in einem altgriechischen scherzhaften Tiergedicht vom Kriege der Frösche und Mäuse in harmloser Nachahmung der Homerischen Heldengedichte, in der „Batrachomyomachie“, in wenigen hundert Versen nur ein drolliges Stücklein dichteri

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scher Laune gewesen war, das hat der wohlmeinende deutsche Schulmeister zu einem unendlich langen Lehrgedicht von vielen tausend Versen ausgewalzt. Schon durch den Titel sagt der Verfasser, daß er es zur anmutigen aber sehr nüßlichen Lehr der Jugend“ bestimmt habe. Die eigentliche kleine Tiergeschichte wird erdrückt durch weitausgesponnene Abschweifungen, namentlich durch offene und versteckte Angriffe auf die katholische Kirche und die Pfaffen, auf das Ablaßzwesen und dergleichen. Bemerkenswert ist allerdings am froschmäuseler die reine Sprache, wie denn Rollenhagen überhaupt von bewußter Absicht zu gutem Deutsch beseelt war: Der Deutsch aber lesset vor allen Lernt fremde Sprachen reden, schreiben, Was fremd ist sich besser gefallen. Sein Muttersprach muß veracht bleiben.

Der Froschmäuseler erschien zuerst 1595 und wurde bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts sehr oft neu gedruckt. Er hat eine ganze Reihe von Nachahmungen im Tiergedicht hervorgerufen, die aber wenig bemerkenswert sind.

Neben dem Tiergedicht erlebte auch die Tierfabel eine Nachblüte. Erasmus Alberus (geb. um 1500, gest. 1553), der sich auch als Kirchenliederdichter hervorgetan, hat einen Band Fabeln geschrieben (1534), in denen wir die meisten der von den Fabeldichtern des 14. und 15. Jahrhunderts behandelten Stoffe wiederfinden, meist in gar zu ausgedehnter Darstellung, nicht so knapp wie bei Boner.

Er steht in der künstlerischen Beherrschung der knappen Fabelform auch weit zurück hinter dem hervorragendsten Fabeldichter des 16. Jahrhunderts: Burkard Waldis (geb. vor 1500, gest. um 1560). In dessen Fabelsammlung „Esopus ganz new gemacht“ (zuerst 1548 erschienen), vier Bücher von je hundert Fabeln, zeigt sich eine ebenso gewandte Erzählungsform wie gepflegte Sprache. Burkard Waldis hat sich offenbar an Luthers Sprache gebildet und gehört zu den besten Sprachmeistern seiner Zeit. Unter Fabeln verstand man übrigens damals wie auch früher nicht bloß Tiergeschichten, sondern unterhaltende, scharf zugespitzte Erzählungen von allerlei Art, wie z. B. die folgende

Don einem Schneider.

Ein schneider kaufft ein tuch von Lunden (London),
Nams untern arm zur selben stunden,
War schon geschorn und zubereit,
Draus im selb machen wolt ein kleidt,
Trugs heim, auff seinen Tisch legts nider,
Maß, uberschlugs, legts hin und wider
Und richtet zu, den Rock zu schneiden,
Nam Ehl und maß, zeichnets mit kreiden,
Und legts dreifach zum forder gern,
Der doch zween von nöten wern,
Ergriff gar bald ein scharpffn Scher
Und schnied daselben flur durch her,
Da wurden aus drey gleiche stück,

Eins warff er hinder sich zurück,
Das man dasselb solt sehen nit,
Hub auff, und sang dazu ein Liedt,
Das sahe sein Knecht der bey im saß,
Sprach, Meister, warumb thut ir das?
Habt euch versehen in dem messen,
Oder seit ir sonst so vergessen,

Jsts doch eur eigen, habts selber kaufft,
Ist das auch etwas uberlaufft

Vor wem wolt ir dasselb verhelen,
Das ir eur eigen gut wolt stelen?

Er sprach, Gott geb dem brauch die ritt,
Was tut die lang gewonheit nit?

Von den lehrhaften Dichtern sei noch Bartolomäus Ringwaldt (1530—1598) erwähnt wegen seiner Ermahnungsgedichte Lauter Wahrheit und Christliche Warnung des treuen Ekkarts. Sie zeichnen sich mehr durch biedere Gesinnung als durch dichterische Eigenschaften aus.

Man kann den Schriftstellern des 16. Jahrhunderts nicht den Vorwurf machen, daß sie die ärgsten Schäden ihres Zeitalters nicht erkannt und auf deren Besserung bedacht gewesen wären. Die Rohheit der Sitten mußte jedem fein besaiteten, ja jedem anständigen Menschen widerwärtig auffallen und ihn zur schärfsten Verurteilung herausfordern. Mit ganz anderm Nachdruck als all das geistreiche, höchst allgemeine Geschreibsel des Erasmus und anderer Humanisten gegen die Narrheit der Menschen, natürlich immer der andern Menschen, griff die scharfe Satire die Rohheit Derer an, die sich doch zu den weltlich oder geistig herrschenden Klassen zählten. Friedrich Dedekind, ein Magister in Wittenberg, als Superintendent in Lüneburg 1598 gestorben, hatte 1549 ein lateinisches Büchlein: Grobianus

erscheinen lassen, worin er in der form einer Verherrlichung des Knotentums, besonders unter den studierenden und studierten Kreisen, ein schonungsloses Strafgericht an den Grobianern vollzog. Das Wort Grobianus kommt als Bezeichnung eines neuen Heiligen schon in Brants Narrenschiff vor:

Eyn nuwer heylig heißt Grobian,

Den wil yetzt fyren yederman.

Auch Murner hat diese Bezeichnung strafend gebraucht. Wirksam aber wurde der Angriff auf die Verrohung der führenden Stände doch erst durch die von Caspar Scheidt, dem Lehrer Fischarts, 1552 veröffentlichte deutsche Umdichtung: „Grobianus, von groben Sitten und unhöflichen Geberden.“ Es enthält eine übertreibende und scheinbar zustimmende Schilderung der Unfläterei unter den sogenannten Gebildeten, spricht aber seine wahre Absicht in den zwei auf dem Titelblatt stehenden Versen aus:

Lies wohl dies Büchlein oft und viel,

Und thu allzeit das Widerspiel.

Ob Caspar Scheidts Grobianus sonderlich viel zur Abstellung der Rohheit gewirkt hat, das läßt sich kaum nachweisen; jedenfalls ist er ein ehrenvolles Denkmal für die Selbstkritik des Jahrhunderts. Der Grobianus wurde in Deutschland, wie die zahlreichen Auflagen beweisen, viel gelesen, er wurde auch ins Englische überseßt, und noch im 18. Jahrhundert rühmte ihn Swift als ein ergötzliches Lesebuch. Die Dichtung schließt mit den ironischen Versen:

Was grobe knollen, knöpff, und flegel,

Und ungeschickte wüste kegel,

mit jrer Grobheit mögen treiben, Bey disen soltu allzeit bleiben.

Was aber weise dapffre leut

Gebietten, halt zu keiner zeit.

Und wo du kanst mit groben sachen

Der bursch ein groß gelechter machen,

So hastu dein ampt außgericht,

Und darffst keins andern meisters nicht. Nimb also diß in gutem an,

Und bleib allzeit ein Grobian. Ende.

In dieselbe Kerbe hieben die Bücher von den verschiedenen „Teufeln“ der Zeit, die in dem Theatrum Diabolorum (1569) gesammelt sind. Darin wird gewettert gegen den Fluchteufel, den Tanzteufel, den Hosenteufel (gegen Auswüchse der Männermode), den Spielteufel und was sich sonst an Teufeleien bemerklich machte.

Das 16. Jahrhundert hat aber noch andere Träger der öffentlichen Meinung hervorgebracht, die für die Entwickelung des geistigen Lebens in Deutschland von der größten Bedeutung werden sollten. Seit dem ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts begegnet uns eine Reihe von Flugschriften besonderer Art, die es auf keine längere Wirkung als des Tages oder doch der nächsten Gegenwart abgesehen haben. Zum ersten Mal spüren wir die Bewegung des Sekundenzeigers der Geschichte“, wie Schopenhauer verächtlich, aber mit unübertrefflicher Schärfe die Presse bezeichnete. Schon in gedruckten Berichten seit 1505 kommt das Wort Zeytung vor, das nachmals die Hauptbezeichnung der politischen Tagesflugblätter des 16. Jahrhunderts blieb. Das älteste erhaltene Blatt dieser Art ist die „Copia der newen zeytung aus Presilg Landt“ (Brasilien) — und berichtet von der Entdeckung Südamerikas.

Aus dem Jahre 1509 ist uns ein deutsches Zeitungsblatt erhalten, worin wir schon nicht mehr bloße Neuigkeiten erfahren, sondern eigene politische Vermutungen des Berichterstatters:

Newe heittung von Padua etc. Von newen zeittung ist nicht sunders, dan das die Keyserlich Maiestat am elfften tag des monatz Septembris hat angefangen zu schyssen inn Padua, und hat geschossen bis auff den twelfften tag, und hat hondert und viertzig schöß mit großen purssen darangetan, und ich bin gutter hoffnung die Kaysserlich Maiestat werdt Padua in kürtz erobern. Im jar 1509 am 5. tag Octobris. Hier haben wir die Urform der Leistungen, die das Deutsch des 19. und 20. Jahrhunderts heute Spezialkorrespondenzen“ benamst.

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Aus dem Jahre 1519 liegt vor:

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Ein schöne Newe zeytung so Kayserlich Mayestet auß India yetz nemlich zukomen seind. Gar hüpsch von den Newen ynseln (Amerika), und von yren sitten gar kurtzweylig zu leesen. Darin wird alles zurückgeführt auf „Cristofferus Coloanus ain Genueser“.

In einem andern Zeitungsblatt: „Aber eine newe geheitung vonn der Keyserlichen Maiestat unnd von den Venedigern“ werden nach einander alle Neuigkeiten der letzten Wochen aus dem politischen Leben in aller Kürze mitgeteilt, nicht unähnlich den knappen Auszügen, die viele Zeitungen heut an die Spitze des Blattes setzen, um den Leser aufs schnellste über die politische Lage zu unterrichten.

Straßburger und Baseler Druckereien haben schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Zeitungsblätter mit Nummernfolge, darunter eine Zeitung mit den Nummern 1-8, herausgegeben. In dem von Weller zusammengestellten Bande „Die ersten deutschen Zeitungen“ werden 877 einzelne Zeitungen, d. h. Zeitungsblätter, aus dem 16. Jahrhundert angeführt.

Leben dieser Geschichtschreibung vom Tage für den Tag gingen die dickleibigen Chroniken weiter. Die meisten Chroniken des 16. Jahrhunderts haben die Eierschalen der Dichtung, aus der sie entstanden, noch nicht ganz abgestoßen: die Einleitungen sind fast immer in Versen, auch zwischendurch finden sich dichterische Einfügungen. Obenan unter den Chroniken an Wert für die Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts, aber auch als sehr unterhaltsames Lesebuch steht die Zimmernsche Chronik, die von einem schwäbischen Grafen von Zimmern und seinem Schreiber Johann Müller zwischen 1564 und 1568 abgefaßt wurde. Sie ist reichlich durchsett mit lustigen Schnurren und verdiente, durch eine verkürzende Bearbeitung allgemeiner bekannt zu werden. Die Chronik beschreibt z. B. die Zerstörung der Burg Hohenzollern:

Jedoch so waren sie gemainlich der belegerung muedt, hetten auch großen schaden ab dem schloß erlitten; derhalben namen sie mit dem hauptman und dem überigen kriegsvolk im schloß ain bericht an, namlich das kriegsvolk uf gnad und das schloß uf ungnad. - Das schloß Zollern wardt von den stetten eingenommen, geblindert und biß in grundt zerstört und zerbrochen. Das beschach nach unsers herrn uffart im jar 1423, mit großen jubel und frolocken der karsthansen (Spottname) ußern stetten und dann graf Eitelfriderichs von Zollern, der hiemit wonte, seinen eltern brueder, graf Friderrichen, den Öttinger, wol gedrutzt, oder an ime sich gerochen haben. Aber es sein die fruchten, die ußer der brueder unainigkait volgen.

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Sebastian Franck (1500—1545) hat eine deutsche Chronik geschrieben: „Germaniae Chronicon, von Noe biß auff Carolum V." Alle jene Chroniken beginnen mit der Erschaffung der Welt, und es darf schon als eine wesentliche Abkürzung gelten, daß Sebastian Franc erst bei Noah anfängt. Franck spricht in der Vorrede die vortrefflichen Grundsätze über die Pflichten eines Geschichtschreibers aus, die zugleich als eine Probe seiner nicht üblen Sprache hier stehen mögen:

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Zum letsten handel ich hie nichts vom glauben, was recht oder unrecht, Göttlich oder umchristenlich ist, sonder wie ein historicus guts und böß, wie es die that unnd histori gibt. Ich bin hir ein schreiber unnd kein censor frembder that oder rede, wort oder werck, unnd habe ja die person eins historischreibers so vil mir möglich angezogen, das ich wider oder für niemant schreib, dann als vil die that unnd red, der thetter torheit, weißheit, eer oder uneer mit sich pringt.

In seiner „Cosmographia. Beschreibung aller Lender" (Basel 1554) hat Sebastian Münster dem 16. Jahrhundert die Hauptquelle seiner Kenntnisse gegeben. Münster (1489—1552) hat in seiner Kosmographie die ganze fülle des damals vorhandenen Wissens, Glaubens und Aberglaubens von fremden Ländern und Völkern gesammelt, hat sein Riesenbuch sogar mit Land- und Städtekarten und vielen andern Bildern geschmückt und darf als einer der nützlichsten Schriftsteller seiner Zeit gelten. Die beiden nachstehenden Proben handeln von sachlich anziehenden Gegenständen und erweisen Sebastian Münster als einen mehr liebenswürdigen als tiefen Darsteller:

Von den neuwen inseln.

Ire land, so von den unsern America ist genempt worden, ist wol mit leuten besetzt, hat vil wilder thier und ein groß gefögel mit mancherleien Farben, die den unsern gar ungleich seind, ist ein fruchtbar und lustig ertrich, vol weld (Wälder), die auch all zeit grünen, unnd die bäum vil seltzonner früchten bringen, die viel anderst seind dann die unsere.

Zum ersten ist die Marck zu Brandenburg ein kleine und arme Landtschafft gewesen, deshalb auch einen wundern möcht, warum Keyser Otto der 3. ein solchen armen Herren auffwarff zu einem Churfürsten, so doch mechtige Hertzogen vorhanden waren, —— die eins solchen Umpts wirdiger möchten geachtet seyn, dann ein armer Marggraffe.

Ein bayrischer Chronikenschreiber, Johannes Thurmayer (gest. 1534) aus Avensberg, weshalb er sich Aventinus nannte, hat in einer Bayrischen Chronik eine sehr bemerkenswerte Fähigkeit bewiesen, geschichtliche Dinge von dem erhöhten Standpunkt des Geschichtschreibers aufzufassen und darzustellen, aber auch eine nicht geringe Begabung für gewandte Prosa. Goethe hatte seine bayrische Chronik als Jüngling gelesen und in bewundernder Erinnerung später von ihr und der Chronik Tschudis geschrieben: „Man könnte einen trefflichen Menschen tüchtig heranziehen, ohne dabei ein anderes Buch zu gebrauchen, als etwa Tschudis schweizerische oder Aventinus' bayrische Chronik.“

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Über Karl den Großen berichtet Thurmayer nach Eginhart und andern Quellen: Er hat auch ein besondere Grammatika über die Teutsche Sprach gemacht, hat derselbigen maß und art der Lateinischen geben wöllen, damit mans auch durch etliche Regeln lehrnen möchte, nit allein durch den brauch. Ich hab etlich solch Teutsch gelesen in den alten Schrifften, aber es ist schwärlich zu verstehen. Er hat auch die Teutschen Gesänge von den alten Helden der Teutschen. gemacht zusammen lassen in ein Buch bringen und hat ir (ihrer) auch etliche selbst gesetzt, aber sie seynd der meiste Theil verloren, und hernach gefälscht durch etliche worden.

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Ganz konnte sich allerdings selbst dieser bemerkenswerte Geschichtschreiber von seinem Zeitstil nicht frei machen. Bei aller Einsicht in die wirklichen Zusammenhänge handelt er doch in seinem ersten Buch „Vom Ursprung der alten Teutschen“ in einem besondern Kapitel davon: „Wie und wo Noah gestorben sei, und von seiner Hausfrauen, so das erst Frauenkloster gestiftet hat, und Noah hat die Stadt Genua gebauen.“

Des 1572 gestorbenen Landammanns Ägidius Tschudi zu Glarus Schweizerische Chronik (Chronicon Helveticum) ist für uns von besonderem Wert als Quelle für zwei Dichtungen Schillers: die Ballade vom Grafen von Habsburg und Wilhelm Tell. Tschudi berichtet über die ältere Zeit nach allerlei Legenden und ist keine echte Geschichtequelle, so z. B. nicht für die Schilderung der Befreiung der Schweizer von der österreichischen Herrschaft. Uls Denkmal deutscher, allerdings mundartlich gefärbter Prosa des 16. Jahrhunderts ist seine Chronik eines der wichtigsten Bücher des Jahrhunderts. Die Geschichte des Grafen von Habsburg, Schillers Quelle, steht im ersten Teil, drittem Buch, unter der Jahreszahl Anno Domini 1266":

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Dero it reit Graf Rudolf von Habspurg (harnach Kunig) mit finen Dienern uffs Weidwerck gen Beitzen und Jagen, und wie Er in ein Ouw kam allein mit sinem Pferd, hört Er ein Schellen klingeln. Do fand Er ein Priester mit dem Hochwürdigen Sakrament und sin Meßner, der Im das Glögkli vortrug. Do nun der Priester wieder heim kam, bracht Er selbs Graf Rudolfen das Pferdt wider mit groffer Dancksagung der Gnaden und Tugend, die er Im erzeigt; do sprach Graf Rudolf: das wöll Gott niemmer, daß ich oder keiner miner Dienern mit Wüssen das Pferdt überschrite, daß min Herrn und Schöpffer getragen hat, dann ich habs dem gebn, von dem ich Seel, Lib, Eer

und Gut zu Lechen hab.

Auch der Beschreibung des Aufstandes der Eidgenossenschaft bei Tschudi ist Schiller vielfach wörtlich gefolgt; so lautet z. B. ein Wort Tells gegen Geßler: „So will ich üch die grundlich warheit sagen.“ Schiller rühmte an Tschudis Chronik „den treuherzigen, herodotischen, ja fast homerischen Geist, durch den sie den Leser poetisch zu stimmen imstande sei“. Endlich noch einige für die Schriftsteller, mehr aber noch für die Zeit bemerkenswerte Urkunden von Einzelnen über ihr Leben. Wir besitzen von Albrecht Dürer außer einer Reihe anziehender Briefe ein Tagebuch, das nicht nur für Dürers Leben, sondern für den geistigen Atem des 16. Jahrhunderts eine wertvolle Quelle ist. Mit welcher Innigkeit Luthers Verehrer an dem großen Manne gehangen haben, dafür legt eine Eintragung Dürers in fein Tagebuch rührendes Zeugnis ab:

Am Freitag vor Pfingsten im 1521. Jahr kamen mir Mähr gen Untorff (Antwerpen), daß man Martin Luther so verrätherlich gefangen hatt. Alsbald waren 10 Pferd do, die fürten ver

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