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wollen. Allein, was hilft es uns, wenn wir das Alles wissen, wenn wir unser Leben nicht darnach einrichten, wenn wir uns gerade so betragen, als hätten wir keinen Erlöser, kein Evangelium, keinen Gottesdienst und kein Christenthum. Ich will H........... ch nicht mit Jerusalem vergleichen; aber so viel muß ich sagen, daß Religionslosigkeit und Sittenlosigkeit auch da immer mehr überhand nehmen. Und am Ende, was wird es mit uns werden? Wie wird es uns dann gehen?!

Die Stadt Jerusalem erkannte die Zeit ihrer Heimsuchung nicht, und das war die Ursache ihres Untergangs. Es gibt eine Zeit der Gnade und der Barmherzigkeit; es gibt aber auch eine Zeit der Gerechtigkeit und der Trübsal. Macht man sich die Gnaden Gottes nicht zu Nußen, mißbraucht man seine Barmherzigkeit, so folgt die Gerechtigkeit, die Züchtigung und die äußerste Trübsal.

Die Stadt Jerusalem ist verwüstet und der Ge= walt ihrer Feinde überlassen worden, weil sie sich die Zeit ihrer Heimsuchung nicht zu Nußen gemacht hat. Gott sucht uns heim durch seine Einsprechungen, durch seine Gutthaten, durch seine Züchtigungen, durch die Ermahnungen der Prediger und Beichtväter. Widerstehen wir den Heimsuchungen Gottes, so sündigen wir nicht aus Unwissenheit, sondern aus Halsstarrigkeit und Verstockung; wir

sehen uns der Gefahr aus, ewig zu Grunde zu gehen.

Wie, meine Christen! gehören wir nicht auch unter die unbußfertigen und verstockten Einwohner der Stadt Jerusalem? Wie lang redet uns Gott schon zu? Wie lang ruft er uns schon? Wie lang bittet er uns schon? Wie lang geht er uns schon nach? Wie lang klopft er schon an der Thüre unsers Herzens? Wie lang wartet er schon, bis wir unsre Lieblingsünden, unsre bösen Neigungen und Gewohnheiten ablegen? Möchten wir doch, meine Christen! die Gnadenzeit erkennen, in welcher uns Gott noch heimsucht. Jezt können wir noch Gnade und Barmherzigkeit finden, wenn wir Buße thun, unsern Lebenswandel ändern und uns so betragen, wie es fich für uns als für Christen geziemt. Thun wir aber das nicht, und mißbrauchen wir die Barmherzigkeit Gottes, so werden wir seine strenge Gerech= tigkeit erfahren müssen. Amen.

Frühlehre auf den zehnten Sonntag
nach Pfingsten.

Das Beispiel des Pharisäers und des
Zöllners.

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Das heutige Evangelium stellt uns zwei Menschen vor, welche in den Tempel gingen, um zu beten. Der Eine war ein Pharisäer und der Andre ein Zöllner. Von Beiden lernen wir aber, daß wir uns auf unsre Tugend oder Gerechtigkeit nichts einbilden und Andre nicht verachten, sondern uns vielmehr, besonders wenn wir beten, vor Gott demüthigen sollen. Dieses werden wir gleichsam mit Augen sehen, wenn wir genauer betrachten, wie der Pharisäer und wie der Zöllner gebetet hat. Betrachten wir also:

1) den Pharisäer,

2) den Zöllner.

1.

Zwei Menschen gingen in den Tempel, um zu beten; der Eine war ein Pharisäer und der Andre ein Publikan oder Zöllner. Von dem Judenvolk

wurden die Pharisäer meist für heilige Leute, die Publikane oder Zöllner aber gemeiniglich nur für Sünder gehalten. Wer möchte nicht glauben, das Gebet des Pharisäers werde recht gut und das Gebet des Zöllners recht schlecht ausgefallen sein? Aber gerade das Gegentheil! Der Pharisäer stellte sich im Tempel an einen Ort hin, wo er von Allen konnte gesehen werden und betete bei sich selbst: „O Gott! ich danke dir, daß ich nicht bin wie andre Leute, als: Räuber, Ungerechte, Chebrecher, oder auch wie dieser Zöllner da. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehenden von Allem, was ich besige." Bei diesem Gebet des Pharisäers ist wohl achtzugeben, was an ihm zu loben und zu tadeln ist.

Daß der Pharisäer in den Tempel geht, um zu beten, das ist recht. Christus, unser Herr, seine Apostel und andre Heilige, gingen auch in den Tempel und haben da gebetet. Tempel und Kirchen find ja dazu gebaut, daß man hineingehe, nicht um zu sehen und gesehen zu werden, nicht um zu schwägen oder zu schlafen, nicht um weltliche Händel auszumachen oder andre Kurzweil zu treiben, sondern um zu beten und den lieben Gott zu verehren. Auch das ist recht, daß der Pharisäer Gott dankt. Unser Herr und Heiland hat dem himmlischen Vater auch gar oft gedankt, und der h. Apostel Paulus 1. Thess. 5

Dreer, Frühlehren. III.

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ermahnt alle Christen, daß sie Gott danken[sollen; und der Priester spricht alle Tage bei der h. Messe in der Präfation im Namen des ganzen Volks: „Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserm Gott!" Daß der Pharisäer kein Räuber, kein Ungerechter, kein Ehebrecher ist, das ist ebenfalls recht und gut, die Gebote Gottes wollen es ja so haben: „Du sollst nicht Unkeuschheit treiben; du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren deines Nächsten Hausfrau, du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut." „Und die solches thun," sagt der Apostel Paulus 1. Kor. 5., „werden das Reich Gottes nicht erlangen.“ Auch das ist am Pharisäer nicht zu tadeln, daß er alle Wochen zweimal fastet. Hat nicht auch Christus selbst gefastet? Haben nicht auch die Heiligen sowohl des alten als des neuen Testaments oft gefastet? Die katholische Kirche gebietet ja auch uns, daß wir zu gewissen Zeiten fasten sollen. Auch das war recht, daß der Pharisäer von Allem, was er besaß, den Zehenden gab. Dieß thaten auch die heiligsten Männer, wie Abraham und Tobias. Der Zehend ist durch geistliche und weltliche Geseße eingeführt. Daß also der Pharisäer in die Kirche gegangen ist und gebetet hat, daß er Gott gedankt, daß er sich vor Raub, Ungerechtigkeit und Ehebruch gehütet, daß er gefastet und den Zehenden gegeben hat, das Alles ist an und für sich schon gut und lobenswerth.

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