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Streit an, der kein Ende nimmt. Sie beschnarchen und kritisiren Alles und geben dadurch Anlaß zu hundert Bänkereien und Streitigkeiten; aber das achten sie nicht, wenn sie nur zanken können. Es gibt unter uns

3. stolze Menschen, und ihr stolzes Wesen besteht darin: sie reden nur immer von sich, von ihren Einsichten, von ihren Arbeiten und Bemühungen, wollen Andern immer vorgezogen werden, und find dabei sehr empfindlich, wenn sie meinen, man habe sie beleidigt. Und diese Empfindlichkeit geht oft so weit, daß sie eine ungewöhnliche Feindschaft und ewige Rachgierde gegen den Beleidiger ihres Stolzes mit sich herumtragen. Es gibt unter uns

4. jähzornige Menschen, und ihr jähzorniges Wesen besteht darin: fie haben ein überaus higiges Temperament und man kann ihnen nicht genug ausweichen; das Kleinste bringt sie schon zum Zorn, und wenn etwas geschieht, was ihnen zuwider ist, so wüthen und toben sie, als hätten sie den Verstand verloren -fie haben ihn auch verloren. Es gibt unter uus

5. einbilderische Menschen, und ihr einbilderisches Wesen besteht darin: sie machen sich von allen Dingen ihre eignen Gedanken, und was nicht nach ihrer Einbildung ist, das begreifen sie nicht, und sie meinen, es muß so sein, wie sie sich's denken. Wenn aber nicht Alles nach ihrer Einbildung geht, dann

Dreer, Frühlehren. III.

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gerathen fie in Aerger und Zorn, und man mag dann sagen, was man will, so müssen sie Recht haben, und es muß Alles so sein, wie sie sich's denken. Diese Art von Menschen ist sich und Andern zur Qual; denn man mag thun, was man will," so kann man ihnen nichts recht thun, wenn sie sich einmal was in den Kopf gesezt haben; denn sie Leben eigentlich weit mehr in ihrer Einbildung als in der Wirklichkeit. Sie lassen sich deßhalb auch gar nichts beweisen; und wenn man das lauterste Recht auf der Hand hat, so muß man Unrecht haben, wenn sie sich's einbilden. Mit diesen Leuten ist äußerst schwer auszukommen; sie brauchen eine ganz besondere Geduld. Es gibt unter uns

6. stürmische Menschen, und ihr stürmisches Wesen besteht darin: fie lassen sich von jeder Leidenschaft, was es auch immer für eine sei, hinreißen, wohin sie will, und jagen und ringen mit Gewalt nach dem, was sie sich einmal in den Kopf gesezt haben. Sie lärmen und poltern, und stoßen Alles von sich fort, was ihnen im Weg liegt, und handeln immer auf den ersten Einfall, oder was ihnen ge= sagt wird, mit Sturm und Heftigkeit. Sie haben keine Ohren mehr, etwas Anderes zu hören, und keine Vernunft mehr, sich eines Bessern berichten zu lassen. Es gibt unter uns endlich auch noch

7. boshafte Menschen, und ihr boshaftes Wesen

besteht darin: sie können keinem Menschen gut sein und feine Eintracht und keinen Frieden leiden. Sie find die Uebelsten von Allen. Bei allen Uebrigen liegt der Fehler im Temperament, bei diesen aber im Willen. Die Andern können oft ohne die größte Ueberwindung nicht anders sein, auch wenn sie wollen. Diese aber wollen nicht anders sein, auch wenn sie noch so leicht könnten. Die Andren wissen oft kaum, daß fie diesen oder jenen Fehler haben, diese aber kennen und wollen ihre Bosheit, und haben das mit dem Teufel gemein, daß ihr Wille auf das Böse, auf den Aerger und Schaden des Nächsten gerichtet ist. Sie haben auch meistens alle übrigen vorgenannten Fehler an sich. Sie sind roh, zänkisch, stolz, jähzornig, einbilderisch und stürmisch zugleich. Mit ihnen umgehen oder unter Einem Dach leben müssen, ist die Hölle auf der Welt. Gott behüte uns vor solchen Plagegeistern!

So machen es aber die Sanftmüthigen nicht. Sie haben nichts Rohes, nichts Grobes, nichts Hartes, nichts Strenges, nichts Böses an sich. Sie fangen teine Bänkereien und Streitigkeiten an, sondern geben überall gern nach. Die Sanftmüthigen find nicht stolz und denken nicht gleich auf Rache, wenn man sie beleidigt hat, sondern sie erinnern sich an ihre eignen Fehler, und vergessen bald wieder das Unrecht, das man ihnen zugefügt hat. O daß wir

auch so beschaffen wären! dann wären wir wahre Nachfolger Jesu, der im heutigen Evangelium auch gegen seine Feinde eine bewundernswürdige Sanftmuth bewiesen hat. Amen.

Frühlehre auf den sechsten Sonntag
in der Faßten.

Betrachtung über das Evangelium.

Hosanna dem Sohne Davids! Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn." Matth. 21, 15.

So war denn heute der Zeitpunkt gekommen, wo Jesus als göttlicher Gesandter und als Messias der Juden öffentlich auftrat und in Jerusalem feierlich einzog. Sein ganzes Leben brachte er still und unbemerkt von den Menschen zu, und weihte sich zu dem hohen Beruf ein, dieselben von ihren Sünden zu erlösen und selig zu macheu. Die lezten drei Jahre seines Lebens verwendete er vorzüglich zu diesem hohen, wichtigen Geschäfte. Er machte Reisen, predigte, heilte die Kranken und wirkte viele und große Wunder. Eine Menge Menschen glaubten an ihn. Sie wollten ihm manchmal öffentlich Ehre erzeigen, ja ihn einmal sogar zum König ausrufen. Allein

er vermied jede öffentliche Ehre; denn die Stunde war noch nicht gekommen, wo er als König, aber nicht dieser Erde, sondern eines überirdischen Reiches, wo er als Erlöser, aber nicht von der Herrschaft der Römer, wie die Juden erwarteten, sondern von der Sünde, in Jerusalem auftreten sollte. Immer kam er daher auch nur still an jedem Osterfest dahin. Aber heute, da er nur noch wenige Tage zu leben hatte, tritt er öffentlich auf, und zieht im Triumph in die Hauptstadt ein; zieht ein auf einem Esel reitend, vor den Augen des hohen Raths und einer unzählbaren Volksmenge, welche sich auf das Osterfest eingefunden hatte. Jauchzend zog ihm auch die frohbewegte Schaar der Einwohner entgegen und riefen ihm Hosanna zu, d. h. Heil dem Sohne Davids, der da kommt im Namen des Herrn!" Heute konnte er sich freuen, und nach wenigen Tagen mußte er sein Blut vergießen; denn der nämliche Pöbel, der ihm heute sein Hosanna zurief, der schrie auch den kommenden Freitag: ans Kreuz mit ihm! Nichts ist veränderlicher als die Gunst der Menschen; wen sie heute lieben, den hassen sie morgen. Wollen wir also in gegenwärtiger Frühlehr das heutige Evangelium näher be= trachten und das Lehrreiche desselben zu unsrer Erbauung anwenden.

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