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religiöse Leben des einzelnen wie des Volkes! Die Not der Zeit zwingt uns, diesen apostolischen Mahnruf mit der ganzen Kraft unserer Autorität in unser Volk hineinzurufen. Denn weite Kreise des Volkes müssen mit dem Propheten klagen: Größer ist geworden. die Schuld der Tochter unseres Volkes, als die Sünde Sodoms, das plötzlich unterging (Klagel. 4, 6).

Beim Kampfe gegen die Unsittlichkeit handelt es sich um Sein und Nichtsein des Volkes. Denn solange ein Volk noch sittlich gesund ist, vermögen die ärgsten Schicksalsschläge, der grimmigste Feindeshaß das Volk nicht zu Grunde zu richten. Aber traurige Beispiele in der Geschichte zeigen, daß ein Volk an der eigenen sittlichen Fäulnis absterben und untergehen kann. Auf uns gläubige Christen kommt es jetzt an, ob ein solches Schicksal von unserem Volk abgewendet wird.

Auf uns gläubige Christen. Denn die von Christus losgelöste Welt wird nie sich aufraffen zu einem enschiedenen Kampf gegen die Unzucht. Sie liegt im Argen, sagt der Apostel, und ihr ganzes Sinnen ist Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens (1. Joh. 5, 19; 2, 16). Darum ist ihr die Unzucht ans Herz gewachsen und kann bei ihr immer auf Duldung und Entschuldigung rechnen. Man sucht sich höchstens ihrer unwillkommenen Folgen zu erwehren; aber vergeblich, weil man den Quell des Übels nicht verschließen will noch kann.

Wir müssen den Kampf aufnehmen, und zwar mit größerer Entschiedenheit und Geschlossenheit als bisher. Es ist die letzte Stunde (1. Joh. 2, 18). Alles drängt ja der Entscheidung entgegen; ja es handelt sich dabei um das zeitliche und ewige Wohl unserer Familien, unserer Kinder, unseres Volkes, um die ganze Zukunft unseres

Vaterlandes.

Wir brauchen nicht zu betonen, daß in solcher Zeit jede Gemeinde eine besondere Ehre darein setzen muß, öffentliche Ärgernisse zu verhüten und zu sühnen nach dem Befehl des Apostels: Schaffet das Böse hinaus aus Eurer Mitte (1. Kor. 5, 13); daß sie durch Enthaltung von fleischlichen Lüsten und durch kirchlich treuen Wandel sich darstellen muß als ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk (1. Petr. 2, 9). Wir brauchen auch nicht unsere Brüder, die Priester, besonders zu ermahnen, daß sie nicht erlahmen mögen in dem herben Kampf gegen das Laster der Unkeuschheit, noch sie mit dem Apostel zu beschwören, daß sie das Wort verkündigen, auftreten ob gelegen oder ungelegen, überführen, mahnen, rügen, in aller Langmut und Belehrung (2. Tim. 4, 1 f.). Wir möchten nur wünschen, daß sie bei Erfüllung dieser Pflicht nirgends auf unsinnigen, frevelhaften Widerspruch stoßen und immer alle Guten auf ihrer Seite haben.

Wie aber jetzt die Dinge liegen, scheint es uns geboten, ganz besonders unsere Vereine wie geschlossene Heeresreihen in den Kampf zu führen um das so schwer bedrohte kostbarste Lebensgut der Nation.

Unseren katholischen Männervereinen wird hierbei vor allem die Aufgabe zufallen, als zuverlässige und ehrenamtliche Sittenpolizei einzuschreiten gegen die schlimmsten Auswüchse der öffentlichen Unsittlichkeit, gegen die abscheulichen Skandale der Schmutzliteratur, der Theater, der Kinos, der städtischen Schaufenster. Es ist nicht wahr, daß man dagegen machtlos sei. Der Fehler ist nur, daß noch immer die Guten feig schweigen und dulden, statt laut und rücksichtslos den Kampf aufzunehmen gegen eine fluchwürdige Industrie, die mit ihren Schanderzeugnissen nichts bezweckt, als einem unglücklichen Volk das Geld aus dem Beutel und die letzten Tropfen gesunden Blutes aus den Adern zu pressen. Wenn alle unsere

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Männervereine nach dem Vorbild des in Köln und an vielen anderen Orten tätigen Männerbundes zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit" und im Anschluß an ihn ihre Pflicht tun und selbst die Sittenpolizei handhaben würden wahrlich, es gäbe bald weniger Schmutz und bessere Luft in deutschen Landen.

Unsern Frauen aber, die sich im Katholischen Frauenbund Deutschlands eine so achtunggebietende, arbeitsfrohe Organisation gegeben haben, weisen nicht nur wir, weist auch der Heilige Vater neben all den großen Sorgen der Erziehung und der Caritas noch die besondere Aufgabe zu, wenigstens in der katholischen Welt aufzuräumen mit der unanständigen Kleidermode, die so sehr mitschuldig ist an der Entsittlichung des Volkes. Mit vollem Vertrauen legen wir diese Abwehr wie die Sorge für eine ehrbare Kleidung in die Hände des Frauenbundes. Er wird sich dabei leiten lassen von jenem Feingefühl für Anstand, Sittsamkeit und wahre Schönheit, das edlen, gottesfürchtigen Frauen eigen ist. Er wird zum Vorbild nehmen den Mut und den Eifer, mit dem der Frauenbund Italiens, mit dem Tausende von Frauen in Amerika dem Papst zum Dank für alle seine Kriegshilfe das feierliche Versprechen gegeben haben, sich der größten Ehrbarkeit in der Kleidung zu befleißigen und sich nie einer schamlosen Mode zu beugen.

Voll froher Hoffnung blicken wir hin auf unsere blühenden Jünglings- und Jungfrauenvereine und -Kongregationen. Mit wehenden Fahnen, mit blütenweißen Bannern rücken sie von allen Seiten ein in die neue Zeit und schreiten in heiliger Begeisterung siegreich durch die Ärgernisse, Gefahren und Versuchungen der bösen Welt.

Fliehet die Unzucht! Ziehet weg von Babel! (Is. 48, 20.) Das muß heute Eure Losung sein. Lasset Euch nicht verführen von falschen Propheten, die im Namen der Freiheit die Leidenschaften aufstacheln, die Begierden entfesseln und Euch um die wahre Freiheit der Kinder Gottes betrügen wollen. Laufet nicht der Herde nach! Habet den Mut und den Stolz, nicht so gemein und ausgeschämt zu sein wie andere! Lasset die Sünde nicht herrschen in Eurem sterblichen Leib, indem Ihr seinen Gelüsten gehorchet; gebet Eure Glieder nicht der Sünde hin als Werkzeuge der Ungerechtigkeit, sondern weihet Eure Glieder als Werkzeuge der Gerechtigkeit (Röm. 6, 12 f.). Kleyboldt, Sammlung.

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Besieget Euch selbst, und die Welt ist besiegt, sagt St. Augustin (Serm. 44). Meidet vor allem sündhafte Bekanntschaften; der heilige Hieronymus nennt sie den Todeskampf der sterbenden Keuschheit. Gebet Euch gegenseitig in die Hand hinein das Versprechen, sittenrein leben zu wollen; eines sei des andern Hüter und Wächter, Schutzengel und Nothelfer. Haltet rein und hoch Euer Banner, das Banner der Immaculata: es leuchtet Euch zum Sieg und Frieden, zum zeitlichen und ewigen Glück.

Von selbst wendet sich unser Auge von den Jünglings- und Jungfrauenvereinen zu den Müttervereinen. Wer kann tiefergreifend einwirken auf Pflege der Keuschheit im Jugendherzen als die Mutter? An das Mutterherz geht daher unsere dringendste Mahnung. Sorget in aller Liebe und Strenge, katholische Mütter, für gute Zucht und Ordnung im Hause. Wecket und hütet im Herzen der Kinder das heilige Ehrgefühl makellosen Wandels! Macht aber auch den Kindern das traute Heim lieb und teuer, damit es Euch um so leichter gelinge, sie von gefährlichen Lokalen fernzuhalten. Gehet regelmäßig, liebe Eltern, gemeinsam mit den Kindern, zu den heiligen Sakramenten, damit nicht giftige Freude ins freudeverlangende Jugendherz einziehe, sondern jener beglückend drin herrsche, der am Tische des hl. Abendmahls verheißen hat:,,Euer Herz soll sich freuen, und Eure Freude wird niemand von Euch nehmen" (Joh. 16, 22).

Geliebte Diözesanen! Vor zwölfhundert Jahren schrieb der hl. Bonifatius an König Ethibald die ernsten Worte: ,,Wenn das Volk der Angelsachsen ein so ausschweifendes Leben führt, so wird aus solcher Zuchtlosigkeit ein entartetes, ehrloses, in wilder Lust hintaumelndes Geschlecht hervorgehen, und zuletzt wird das ganze Volk in Ehrlosigkeit und Sittenlosigkeit versinken, für den Erdenkrieg ebenso unbrauchbar wie für den christlichen Glaubenskampf, und es wird vor Gott und den Menschen zuschanden werden."

Hören diese wuchtigen Worte sich nicht an wie eine Botschaft des hl. Bonifatius an unser Volk von heute? Bestätigt und bekräftigt da nicht unser großer Patron selber die Mahnung und Warnung, die Eure Bischöfe von seinem Grab aus an Euch richten? Möchte sein Wort und unser Wort ein offenes Ohr und Herz finden!

Selbst Kriegsniederlage, Verarmung und feindliche Vergewaltigung ist nicht im Stande, einer Nation den Todesstoß zu versetzen,. die den sittlichen und religiösen Halt nicht verloren hat. Wehe aber der Nation, die durch Unglaube und Unzucht an Leib und Seele dem Siechtum verfallen ist, wenn über sie die Sturmfluten des Unglücks hereinbrechen!

Wehe, wenn unser Volk forttaumeln und forttanzen würde auf den Wegen des Verderbens, unfähig, auch nur die Größe seines Unglücks zu erfassen, vollends unfähig, daraus Lehre und neue Lebenskraft zu ziehen, so verblendet, daß es das Wort der Wahrheit nicht

mehr erträgt und die als Feinde betrachtet, die es zurechtweisen wollen! Dann wäre unheilbar sein Unheil.

Geliebte im Herrn! Lasset es nicht so weit kommen. Höret auf die Stimme Eurer Bischöfe; nehmet mutig den Kampf auf gegen die öffentliche Unsittlichkeit; schaffet hinaus den alten Sauerteig 1. Kor. 5, 7) aus dem eigenen Leben, aus der Familie, aus der Gemeinde. Wenn wir alle unsere Pflicht tun, wird es bald besser werden in unseren Landen. Eine neue Zeit wird anbrechen für unser Volk; wie Morgenröte wird aufleuchten sein Licht, und seine Heilung wird rasch voranschreiten, Gerechtigkeit wird vor ihm hergehen und die Herrlichkeit des Herrn wird es geleiten (Is. 58, 8). Amen.

Am Feste Allerheiligen 1920.

Nr. 12. Hirtenschreiben der Bischöfe der niederrheinischen Kirchenprovinz vom 13. Februar 1914 über die katholischen Arbeitervereine.

K. A. 1914, S. 29.

Die unterzeichneten Oberhirten der Niederrheinischen Kirchenprovinz und der ihr angeschlossenen Diözesen halten es angesichts der z. Z. in weiten Kreisen des katholischen Volkes, namentlich in den großen Industriezentren ihrer Sprengel, hinsichtlich der gewerkschaftlichen Organisationen entstandenen Beunruhigung für zweckmäßig, die nachstehenden Grundsätze für die Haltung der Mitglieder der katholischen Arbeitervereine und der katholischen Arbeiter überhaupt in Erinnerung zu bringen.

I. Bei Beurteilung wirtschaftlicher Fragen und Verfolgung von Standesinteressen ist es Grundsatz der katholischen Kirche, daß die soziale Frage in erster Linie eine sittliche und religiöse Frage war und ist und bleibt.

Auch bei denjenigen Angelegenheiten, die als ,,rein wirtschaftliche" bezeichnet zu werden pflegen, werden oft sittliche Pflichten mitberührt, und werden sittlich-religiöse Interessen sehr häufig in Mitleidenschaft gezogen. Das gilt, um einzelne Beispiele anzuführen, von den Pflichten der Gerechtigkeit und Liebe, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich streng verbindlich sind, vom sittlichen Charakter der Arbeit selbst, sowie der Arbeitsverträge und der aus ihnen erwachsenden Pflichten, von sittlich gebotenen Rücksichten auf die Familie und das öffentliche Wohl, vom Einfluß des Sittengesetzes auf Fragen der Erlaubtheit von Arbeitsauständen und Arbeiteraussperrungen, von den bei denselben angewandten Mitteln u. dgl. m.

Weil nun Christus der Herr die gesamte sittliche und religiöse Erziehung des Menschengeschlechtes den Aposteln und ihren Nachfolgern übertragen hat, niemanden ausnehmend, und keine sittliche und religiöse Frage ausschließend, so ist die kirchliche Autorität, der hl. Vater und die mit ihm vereinigten Bischöfe, zuständig und ver

pflichtet zur oberhirtlichen Verkündigung des gesamten Sittengesetzes, also auch der sittlichen Normen in Fragen vorgenannter Art, und mithin zur Aufsicht über die Haltung der Katholiken in dieser Hinsicht und zur Abwehr von Gefahren, die der sittlichen Auffassung und Haltung erwachsen können.

Doppelt dringend ist diese Pflicht des kirchlichen Hirtenamtes in einer Zeit, die so überaus große Gefahren für die sittliche, religiöse, bürgerliche und staatliche Ordnung heraufgeführt hat.

Für die Einsetzung eines solchen Lehr- und Hirtenamtes gebührt dem göttlichen Stifter unserer hl. Religion der tiefste Dank. Zum göttlich bestellten Hirtenamte der Kirche, insbesondere zum obersten Hirten auf St. Petri Stuhle, blicken daher alle, die des Namens eines treuen Katholiken würdig sind, mit kindlicher, dankbarer und gehorsamer Ehrfurcht empor. Das gilt für alle Katholiken, welchem Stande immer sie angehören, und welche Stellung immer sie im öffentlichen Leben einnehmen mögen.

II. Aus dieser Stellung des kirchlichen Hirtenamtes folgt dessen treue, autoritative Wachsamkeit über den Anschluß katholischer Christen an Vereinigungen zur Wahrung von Interessen, die religiöser und sittlicher Natur sind, oder die und insoweit sie das religiöse und sittliche Gebiet berühren.

Die aus solcher Wachsamkeit entspringenden Kundgebungen des kirchlichen Hirtenamtes nehmen alle treuen Katholiken mit demselben Gehorsam auf, den sie dem Hirtenamte selbst schulden, mögen diese Kundgebungen loben oder warnen, erlauben oder verbieten, ermuntern oder mahnen. Die Katholiken wissen, daß jeder Kundgebung die sorgsamste Erwägung aller einschlägigen Verhältnisse vorausgeht, und daß es Pflicht wie des Hirtenamtes so jedes Mitgliedes der Kirche ist, stets die ewigen Interessen höher zu schätzen als die irdischen, stets aber auch das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Stände und Klassen desselben Vaterlandes nach Kräften zu fördern.

III. Mit den aus der göttlichen Ordnung der Kirche sich ergebenden Gesinnungen der Ehrfurcht, der Liebe und des Gehorsams haben wir und alle treuen Katholiken mit uns insbesondere die päpstliche Enzyklika „Singulari" vom 24. September 1912 aufgenommen, die nach sorgfältigster Prüfung der Angelegenheit und nach Einholung der gutachtlichen Äußerungen aller einzelnen deutschen Bischöfe erlassen worden ist.

IV. Daß die katholische Kirche nach den in dieser Enzyklika dargelegten Grundsätzen in erster Linie ihre Empfehlung und Förderung den rein katholischen Vereinen zuwenden muß, ergibt sich aus der dargelegten Aufgabe des kirchlichen Hirtenamtes. Bieten doch diese Vereine sowohl durch ihre Zusammensetzung und Satzungen, wie durch ihren engeren Anschluß an die kirchliche Autorität am besten die Gewähr dafür, daß in den oben bezeichneten Fragen die katholischen Grundsätze voll zur Geltung kommen.

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