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Vorrede.

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Pizi 646

1885 0,1

MAIN

Böckh schrieb im Jahre 1808 eine Abhandlung „Von dem Übergange der Buchstaben ineinander" (zuerst in den „Studien von C. Daub und Fr. Creuzer“ Bd. IV — kl. Schr. Bd. III), in welcher es heifst: Jetzo kann man wohl sagen, dafs diese Sprachlehre noch in den ersten Elementen stehe; nur ihre Mitte ist aufgeklärt, wir meinen das Gewöhnliche von Etymologie und Syntax; wie viele Bernhardi's werden aber noch erfordert, um die beiden Enden einigermafsen befriedigend zu bearbeiten, nämlich was diesseits der Etymologie und jenseits der Syntax liegt, letzteres die ethische Betrachtung der Sprache, ihr Wert, ihre Bedeutung, Wirksamkeit und verschiedener Gebrauch für das Gemüt nach ihren verschiedenen Elementen, eigentlich dasjenige, was in die Logik, Aesthetik, Rhetorik und Poetik gehört“ cet.

In dieser Richtung, welche Böckh als „den künstlerischen Gebrauch" der Sprache bezeichnet, „für welchen bis jetzt nichts Bedeutendes gethan worden, wiewohl der Aesthetiker und Poetiker, der Logiker und Rhetoriker hunderte vorhanden sind" bewegt sich die vorliegende Arbeit.

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Nennt man die Tonkunst, so wird sogleich verstanden, wovon man spricht, und so sollte auch kein Zweifel sein, was Sprachkunst bedeutet. Indessen ist es zwar hergebracht, den Ton als Material der Tonkunst zu betrachten, wenn man aber an die Kunst dachte, welche sich des artikulierten Tons also der Sprache - als Materiales bediente, so verstand man unter dieser die Dichtkunst. Man wird sehen, warum ich dies für unrichtig halte. Es klingt wunderlich, wenn ver

sichert wird, es sei bis jetzt eine Kunst, welche doch jeder in ihren Hervorbringungen kennt, übersehen worden, wenn also eine solche Kunst gewissermassen jetzt entdeckt wird; aber es ist andererseits nicht schwer, zu bemerken, woher es kommen konnte, dafs die Aesthetik über diese Kunst hinwegsah, deren Abgrenzung die schwierigste ist und deren Werke nicht bedeutend auffallen, weil sie mehr der flüchtig vorüberrauschenden lebendigen Rede angehören, als der Litteratur.

Man sah in der Sprache die Kunst nicht, weil Sprache sich zugleich immer als Bedürfnis zeigt, und weil sie dem Auge zu nahe lag, um in ihrem wahren Wesen angeschaut werden zu können. Man wagte nicht, sich in der wunderlichen Lage zu glauben, dafs man unwissentlich unaufhörlich eine Kunst übe, etwa wie M. Jourdain in Molières: le bourgeois gentilhomme (A. II, Sc. 4): „Par ma foi, il y a plus de quarante ans que je dis de la prose, sans que j'en sçeusse rien." Was man aber doch als Kunst in den Hervorbringungen der Sprache erkannte, das sonderte man von den verwandten Künsten und Techniken wegen einer Unklarheit nicht, wie sie z. B. ihren Ausdruck fand in der Aufstellung jener „schönen Redekünste", über welche sich schon Goethe (Gr. A. Bd. IV, p. 261) ärgert, denn herkömmliche Ausdrücke, woran niemand mehr Arges hat, verüben doch einen schädlichen Einflufs, verdüstern Ansichten, entstellen den Begriff und geben ganzen Fächern eine falsche Richtung."

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Man wird finden, dafs durch die Einführung des Begriffs der Kunst eine bisher vermifste Ordnung und Bestimmtheit in die Theorie von der Sprache und von den sogenannten redenden Künsten gebracht wird, eine Ordnung nicht blofs äufserlicher Art, so dafs wir etwa nur Namen und Rubriken änderten, sondern so, wie sie aus Klarheit der Grundanschauung und aus befriedigender Einsicht in das einzelne hervorgeht.

Wir haben dabei mit Sorgfalt die Traditionen verfolgt, und man wird sich vielleicht wundern, dafs wir auch bei vielfach schwachen und dürftigen Figuren- und Tropensammlern, Rhetoren cet. uns aufhalten. Zunächst ist darüber zu bemerken, dafs im ganzen doch viel mehr Genauigkeit, Scharf

sinn, Liebe in der Betrachtung der Sprache von jenen Alten bewiesen wird, als man nach den geringschätzigen Reden mancher Neueren erwarten sollte. Ferner aber ist zu bedenken, dafs nur ein möglichst genauer Anschlufs an die alte Überlieferung uns vor völliger Verwirrung in diesen Dingen bewahren kann. Achtung vor den Alten, gröfsere Genauigkeit und Vorsicht würden manche neuere Lehrbücher, in welchen diese Dinge behandelt werden, vor Verkehrtheiten und Mifsverständnissen bewahrt haben, und obwohl die Terminologie der Alten an Unbestimmtheit, Überfülle, Schwanken u. dgl. leidet, wird doch kein neueres Volk sie durch eigen Erdachtes ersetzen können. Die Rhetorik, wie die Logik, Metaphysik, Medizin u. a. ist nicht von uns erfunden, und die Kontinuität der Tradition kann für ihre Termini nicht aufgegeben werden. Dafs eine Menge des Überlieferten in Wegfall kommen kann, dafs anderes genauer zu bestimmen ist, versteht sich von selbst aber auch das wird erwünscht sein, dafs sich hier in genügender Vollständigkeit bei einander findet, was festzuhalten und was aufzugeben rätlich erscheint.

In welchem Sinne wir übrigens die Sprache dem Begriff der Kunst einordnen, wird aus dem Werke selbst zu entnehmen sein. Vom Aberglauben an die Kraft von Titeln, Rubriken, wissenschaftlichen Kunstausdrücken wissen wir uns frei. Das Wort „Kunst“ ist, eben als Wort, lediglich ein Bild, und wir wissen, dafs es vergebliche Mühe wäre, mit Bildern

Kunstmitteln schärfer bestimmen und abgrenzen zu wollen, als es eben möglich ist. Wir sagen nur etwa dies, dafs es für die Erkenntnis sowohl des Wesens wie der Formen der Sprache von, wie uns scheint, entscheidender Wichtigkeit ist, wenn wir ihren Begriff in die Sphäre des Sprachbildes „Kunst hineinsetzen, in dem Sinne, dafs Kunst vor allem ein freies Können bezeichnet, wie rézvŋ auf dem tíztav beruht, ars ein dotva ist, von dem Cicero treffend sagt (de nat. deor. II, 22): „artis maxime proprium est creare et gignere;" wir verzichten aber, durch diese Einordnung eine Bestimmtheit zu erreichen, welche das System zwar abrundet, der Natur der Dinge aber Gewalt anthut.

Der Verfasser mufs befürchten, dafs die Entwickelung

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