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einen ähnlichen Fall vor sich, wie wenn dies bei der Darstellung von Werken der Dichtkunst geschieht, oder wie wenn z. B. Bauwerke, Geräte durch allerlei der Skulptur entlehnte Ausschmückung dem Geschmacke schmeicheln und ihn möglicherweise auf Kosten strenger, die Zweckmässigkeit besonders berücksichtigender Ausführung zu bestechen drohen.

So behandelt denn auch die Lehre von der elocutio in der Rhetorik oder in der Stilistik nicht etwa die Sprachkunst, sondern die Angemessenheit des Redeganzen und der einzelnen Ausdrücke zu dem Zweck, welcher durch eine Rede unter gewissen Umständen, unter bestimmter Umgebung, innerhalb gewisser Grenzen cet. erreicht werden soll. Die Rhetorik ist daher auch wesentlich eine Lehre; sie und die Stilistik sind Produkte grammatisch historischer Kennerschaft, abstrahieren ihre Regeln von ihren Mustern, geben Anweisung zur Verfertigung von Werken der Redekunst und können also, wenn sie hierbei auch von den in der Sprache bereits eingebürgerten Werken der Sprachkunst handeln wollen, diese nur als dienende Glieder mit steter Beziehung auf die Gesamtwirkung berücksichtigen. Die Aesthetik aber, und so speziell die der Sprachkunst, stellt kein Regelwerk auf; sie kann nichts zur Nachahmung empfehlen, sondern nur zur Betrachtung, will nicht sowohl Belehrung bieten, als auf künstlerischen Genufs hinweisen. Sprechen schon an sich, um eben zu sprechen welch' heiteres, lebensvolles Vergnügen! Wenn auch niemand wäre, der uns sehe oder höre wir sprechen, wir schreiben, gleichsam nur um Besitz von der Sache zu nehmen und uns unseres Genusses zu vergewissern," sagt Herder. (Anmerkungen über die Anthologie der Griechen. T. 1. Bd. 20, p. 121) und ferner (p. 122): „Sollte auch niemand seine (des Schmerzerfüllten) Seufzer hören oder seine Klagen lesen; genug sie zerrannen in Thränen, sie atmeten in Worte aus: dadurch erhellete und beruhigte sich die Seele." Sagt doch auch unser

Dichter (Goethe, Bd. 32, p. 229):

,,Worte sind der Seele Bild

Nicht ein Bild; sie sind ein Schatten!

Sagen herbe, deuten mild,

Was wir haben, was wir hatten.

Was wir hatten, wo ist's hin?

Und was ist's denn, was wir haben?

Nun, wir sprechen! Rasch im Flieh'n

Haschen wir des Lebens Gaben".

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Franzosen und Weiber verstehen und würdigen diesen Genufs des Sprechens besser, bewegen sich in ihm glücklicher, als Deutsche und Männer, denn sie empfinden leichter, feiner, und sie haben die Neigung, das Empfundene sogleich frei und gefällig zu gestalten. M. de Staël sagt mit Recht über die französische Sprache: „qu'elle n'est pas seulement comme ailleurs un moyen de communiquer ses idées, ses sentiments et ses affaires, mais un instrument dont on aime à jouer et qui ranime les esprits comme la musique chez quelques peuples et les liqueurs fortes chez quelques autres."

Und so will die Aesthetik der Sprachkunst nur eben dies: die Werke ihrer Kunst verstehen und in ihrem begrifflichen Zusammenhang aufweisen. Hegel spricht dies allgemein von der Kunstphilosophie aus (Aesthetik, Bd. I, p. 25): „Es ist eine schiefe Ansicht, als ob es bei einem Feststellen des Schönen um das Leiten zu thun wäre. Die Philosophie der Kunst bemüht sich nicht um Vorschriften für die Künstler, sondern sie hat auszumachen, was das Schöne überhaupt ist, und wie es sich im Vorhandenen, in Kunstwerken gezeigt hat, ohne dergleichen Regeln geben zu wollen." (cf. auch 1. c. p. 35 sq.)

5. Über die Anerkennung der Sprachkunst als einer besonderen Kunstgattung bei früheren Forschern.

Es ist nicht ohne Interesse, den Spuren der Anerkennung einer besonderen Sprachkunst nachzugehen, wie sie sich bei tieferen Forschern hier und da zu erkennen geben, doch werden wir uns dabei auf Mitteilung des Wichtigsten beschränken. Wir beginnen bei Aristoteles. Er bezeichnet die nachahmenden Künste, welche sich zu ihrer Darstellung der Sprache bedienen, mit dem gemeinsamen Namen: Wortdichtung, (лолоíα) ob sie nun in gebundener oder ungebundener Rede auftreten. (Poet. 1: de Eлоποιία μόνον (μιμεῖται) τοῖς λόγοις, ψιλοῖς ἢ τοῖς μέτροις.) Er setzte also das Wesen der Dichtung nicht, wie die gewöhnliche Meinung, in das Metrum, (cf. cp. 1.) und sagt deshalb z. B. im cp. 6 der Poetik, wo er die Darstellungsmittel der Tragödie bespricht, dafs hier der ungebundenen Rede ebensoviel Bedeutung und Wert zukomme als der gebundenen. (cp. VI: tétaqtov de τῶν μὲν λόγων ἡ λέξις. λέγω δὲ, ὥσπερ πρότερον εἴρηται, λέξιν

εἶναι τὴν διὰ τῆς ὀνομασίας ἑρμηνείαν, ὃ καὶ ἐπὶ τῶν ἐμμέτρων καὶ ἐπὶ τῶν λόγων ἔχει τὴν αὐτὴν δύναμιν.) Aristoteles giebt

sonach, wie wir schon oben (p. 44) erwähnten, der Sprache, als einem blofsen Mittel äufserer Darstellung, die richtige Stellung zur Poesie, deren Wesen die Handlung ist. Er nennt deshalb (ep. 6) die σύνθεσις oder σύστασις τῶν πραγμάτων die αρχή und vzý der Dichtkunst, und sagt (cp. 9) ganz deutlich, worauf es bei der Poesie ankommt und worauf nicht: δῆλον οὖν ἐκ τούτων, ὅτι τὸν ποιητὴν μᾶλλον τῶν μύθων εἶναι δεῖ ποιητὴν, ἢ τῶν μέ τρων, ὅσῳ ποιητὴς κατὰ τὴν μίμησίν ἐστι, μιμεῖται δὲ τὰς πράξεις. Darum kann auch nach ihm die gebundene Rede ganz wohl zur Darstellung prosaischer Stoffe gebraucht werden, wie denn Empedokles, der metrisch geschrieben, ein Physiologe sei, aber kein Dichter, (cp. 1) während z. B. die Mimen des Sophron und Xenarch, wiewohl geschrieben: vois lóɣois yıloïs, Dichtungen seien. (Ähnlich sagt Plutarch de audiendis poetis ed. Hutt. T. VII, p. 62 von den philosophischen Lehrgedichten des Empedokles, Parmenides cet. auch von den Gnomen des Theognis: lóyoí sloì xɛχρημένοι παρὰ ποιητικῆς, ὥσπερ ὄχημα, τὸν ὄγκον καὶ τὸ μέτρον, ἵνα τὸ πεζὸν διαφύγωσιν.)

Wo deshalb Aristoteles die Rede als solche betrachtet, weifs er nichts von einer eigenen poetischen Sprache, als ob die Poesie eine besondere Formierung derselben bedinge. Er erkennt die Notwendigkeit kühner, zusammengesetzter Wortbildungen bei den Dithyramben, den Darstellungen der Affekte, an (Rhet. III, 3), aber Bilder und geschmückter Ausdruck bringen ihm keineswegs die Poesie hervor, vielmehr darf der Dichter sie nur sparsam verwenden, weil sie sonst von der Hauptsache abziehen, und Charaktere wie Gedanken verdecken. (Poet. cp. 24, cf. auch Rhet. III, 3.) Er lehnt darum überhaupt die Behandlung der Redeformen (der ozýμara τns lé§ews) in der Poetik ab (cp. 19), mit Recht abweichend von den modernen Verfassern von Poetiken und Aufstellern einer „dichterischen Sprache", da für die Dichtkunst deren Kenntnis oder Nichtkenntnis ziemlich gleichgiltig sei. Die Schauspielerkunst müsse von ihnen wissen, sagt er, oder vielmehr eine andere und höhere Kunst als diese. (τὰ σχῆματα τῆς λέξεως, ἃ ἐστιν εἰδέναι τῆς ὑποκριτικῆς καὶ τοῦ τὴν τοιαύτην ἔχοντος ἀρχιτεκ Tovizýv.) Als Beispiele solcher Redeformen führt er dann Figuren an des Gebots, der Bitte, Drohung, Frage cet. Nun ist klar, dafs Aristoteles unter der architektonischen Wissenschaft an dieser Stelle keine andere versteht, als die Theorie der Sprache als

Sprache. Die Rhetorik, unter welche sonst gewöhnlich die Figurenlehre gebracht wird, meint er nicht, denn er weist ihr gerade im Gegensatz hierzu zu Anfang desselben Kapitels die Behandlung der Gedanken zu (лɛоì diavoías). Ein kleiner Schritt fehlte nur bis dahin, dafs von ihm diese Wissenschaft auch als ein Wissen von einer Kunst erfafst wurde, und diesen Schritt hatte er halb zurückgelegt, als er (Poet. cp. 22) über ungewöhnliche Worte, Figuren, Metaphern und deren Anwendung redend, sagte, es sei nichts Geringes (uέya μév), dergleichen passend anzuwenden, das bei weitem Bedeutendste aber (où d'è μéɣiotov) sei es, das Metaphorische zu behandeln, denn dies entspringe allein aus glücklicher Naturanlage (εὐφυΐας δὲ σημεῖον ἐστιν), weil es auf bildlichem Anschaun beruhe. Da hatte Aristoteles doch eine Kunst, welche durch Sprache sich darstellt, ohne doch Poesie zu sein oder der Rhetorik anzugehören.

Noch auf einen andern Punkt haben wir zurückzuweisen. Was wir nämlich oben (p. 30) als wesentlichen Unterschied der Sprachkunst von der Poesie in Bezug auf ihren Gehalt bezeichneten, dafs jene die individuelle Seele in ihren einzelnen Lebensmomenten zum Ausdruck bringe, die unmittelbare Bewegung der Naturseele, diese von dem selbstbewussten, mit der objektiven Welt vermittelten allgemeinen Geist der Gattung getragen werde, gerade dies trennt auch nach Aristoteles die wahrhafte Poesie von anderen Hervorbringungen, welche er nur eben nicht bestimmt einer andern Kunst unserer Sprachkunst einzuordnen weifs. Er schliefst deshalb die individuellen Spottgedichte von der Poesie aus, (vide oben p. 59) und betont den allgemeinen, philosophischen Charakter dieser letzteren (vide oben p. 51). Hiermit hängt zusammen, dafs er auch die Improvisationen, sofern sie eben nur den Erregungen des Moments Ausdruck geben, von der Poesie trennt (vide oben p. 32). Er betrachtet die Leistungen jener Verfertiger von Spottgedichten und von Improvisationen gleichsam als Vorstufen zur Ausbildung der Poesie. Aus den individuell gehaltenen Spottliedern, sagt er cp. 4, ging der die Dummheit allgemein verspottende epische Margites hervor, und cp. 5: es sei in Athen zuerst Krates vom individuellen Spottliede zu allgemein gehaltenen Dichtungen fortgeschritten; (Koáτηs лom̃τоs ἦρξεν ἀφέμενος τῆς ἰαμβικῆς ἰδέας καθόλου ποιεῖν λόγους καὶ uvovs) ebenso habe man sich bei der Neigung und natürlichen Freude, welche die Menschen für Nachahmung, Harmonie und Rhythmus empfänden, zuerst in glücklichen Improvisationen geübt,

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aus diesen aber, aneinander gereihten Sprachkunstwerken, dann zur Poesie erhoben. (ep. 4: κατὰ φύσιν δὲ ὄντος ἡμῖν τοῦ μι μεῖσθαι καὶ τῆς ἁρμονίας καὶ τοῦ ρυθμοῦ ἐξ ἀρχῆς οἱ πεφυκότες πρὸς αὐτὰ μάλιστα, κατὰ μικρὸν προάγοντες ἐγέννησαν τὴν ποίησιν ἐκ τῶν αὐτοσχεδιασμάτων.) Es sei so Tragödie, wie Komödie aus Improvisationen hervorgegangen, jene aus dem Dithyrambus, diese aus den Phallicis. In ähnlicher Weise wie hier in der Geschichte der Litteratur zeigt denn auch die Entwickelung der einzelnen Menschen ein Aufsteigen von Sprachkunst zur Fähigkeit dichterischer Komposition. (cp. 6: oi èɣxai– ροῦντες ποιεῖν πρότερον δύνανται τῇ λέξει καὶ τοῖς ἤθεσιν ἀκριβοῦν ἢ τὰ πράγματα συνίστασθαι, οἷον καὶ οἱ πρῶτοι ποιηταὶ σχεδὸν ἅπαντες.) Wir bezeichneten oben (p. 32) die Improvisatoren als die Virtuosen der Sprachkunst, befinden uns also mit Aristoteles im Einverständnis, sofern wir sie von den Dichtern unterscheiden, bemerken jedoch, dafs Improvisationen nicht nur als dem Grade nach noch nicht Dichtungen und als Anfänge der Dichtkunst zu fassen sind, sondern als der Art nach von dieser verschiedene Kunstwerke. Volkslieder, welche etwa durch Improvisation entstehn, gehören eben dann der Sprachkunst an, und die Improvisatoren sind auch in Zeiten der Kultur möglich, sofern sie in eminenter Weise den vorhandenen Sprachschatz zur Beherrschung des Moments zu verwenden wissen, wobei denn die poetische Idee des Ganzen ihnen nur der übernommene Rahmen ist, in welchen sie ihre Produktionen einpassen. Cicero, wo er den Improvisator Archias rühmt (p. Arch. 8), hebt richtig dessen Wort-Kunst hervor: quotiens ego hunc vidi, cum litteram scripsisset nullam, magnum numerum optimorum versuum de iis ipsis rebus, quae tum agerentur, dicere ex tempore! quotiens revocatum eandem rem dicere commutatis verbis atque sententiis! Es versteht sich natürlich von selbst, dafs in demselben Individuum bis auf einen gewissen Grad die Talente zur Improvisation und zur Poesie vereinigt sein können, und sicherlich sind jene Anfänge der Dichtkunst, welche Aristoteles als Improvisationen bezeichnet, von Personen solcher Begabung ausgegangen, aber Kunstwerke reiner Art entstehen nur, wenn der Poet nicht als solcher auch Sprachkünstler sein will und umgekehrt.

So hat z. B. unser Schiller sich in seinen späteren Werken immer freier gemacht von dem übermächtigen Andrange des Moments und ist ein um so gröfserer Dichter geworden, je mehr er

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