Obrazy na stronie
PDF
ePub

des poetischen Gedankens. Er citiert z. B. im Briefwechsel mit Körner 1, 55, eine (später weggelassene) Stelle aus dem Don Carlos:

„Schlimm, dafs der Gedanke

Erst in der Worte tote Elemente

Zersplittern mufs, die Seele sich im Schalle

Verkörpern mufs, der Seele zu erscheinen."

ebenso heifst es in dem Epigramm „Sprache":

Warum kann der lebendige Geist dem Geist nicht erscheinen? Spricht die Seele, so spricht ach! schon die Seele nicht mehr." Dagegen zeichnet er das Genügen bei dem blofsen Worte, wie es ein Sprachkünstler (besser: Sprachkunst-Nachahmer) empfindet, in dem Epigramm „Der Dilettant":

[ocr errors]

Weil ein Vers Dir gelingt in einer gebildeten Sprache,

Die für Dich dichtet und denkt, glaubst Du schon Dichter zu sein." Die Kunst des Sprachkünstlers will zuerst, ehe noch die Sprache eine Festsetzung gewonnen hat, die Schwierigkeit überwinden, die Bewegungen der Seele in einem andersgearteten Material, dem Ton, darzustellen, späterhin hat sie eine erstarrte, begrifflich, abstrakt, zum blofsen Zeichen gewordene Sprache zum Aussprechen des Individuellen wieder zu beleben; die Poesie verlangt jedoch, dafs die Sprache dem Gattungsbewusstsein genug thue, und die sinnliche Lebendigkeit, von welcher bei der Poesie so oft die Rede ist, hebt in Bezug auf die Sprache nur die Einzelheiten der Darstellung; die Lebendigkeit des Ganzen, also des Kunstwerks selbst, beruht im Gedicht lediglich auf der Tiefe und Gröfse des Gedankens. Heyse (System der Sprachwissenschaft ed. Steinthal p. 45) sagt: „Werke der Poesie und der reinen Wissenschaft setzen die durch die menschliche Gesellschaft bereits gebildete und bis auf einen gewissen Grad vollendete Sprache schon voraus als vorgefundenes Darstellungsmittel." "Der Dichter redet nicht die Sprache des einzelnen individuellen Menschen als eines solchen, und will auch nicht dem einzelnen Subjekt etwas sagen oder mitteilen. Die Sprache wird für ihn Darstellungsmittel der Idee, des allgemeinen Geistes."

Wenn wir nun bei der Sprachkunst ein Zuerst und ein Späterhin unterscheiden, nach welchem ihre Aufgaben wechseln, so kann allerdings dabei an die erste Bildung der Sprache gedacht werden, und weiter an einen Kulturzustand der gleichsam fertig gewordenen Sprache, aber zu bemerken ist, dafs Sprache immer neu entsteht,

dafs ferner auch immer die in Gebrauch genommenen Sprachmittel einen Sprachschatz bilden, welcher den rein individuellen Ausdruck bindet, dafs also beide Aufgaben, nämlich überhaupt: Sprachbildung und: Sprachbelehrung, Umschaffung, Individualisierung beständig die Sprachkunst beschäftigen, dass also sich immer beides durchdringt: die Bildung der Sprache als eine Kunst, und die künstlerische Behandlung der vorhandenen Sprache d. h. die Sprachkunst.

Warum aber Poesie und Sprachkunst auseinander zu halten sind, wird ferner klar, wenn wir die verschiedene Begabung des Dichters und des Sprachkünstlers betrachten. Der Dichter lebt vor allem in einer idealisierten Welt, oder sagen wir klarer: in einer von ihm den Bedingungen und Gesetzen seines Geistes entsprechend geschaffenen Welt. Die Gestalten des Epos wandeln auf einem idealen Boden, auch in der Lyrik erhebt sich das Gemüt in die Region der Freiheit, ganz erfüllt von dem poetischen Ideale ist der Äther, in welchem die Gestalten des Drama atmen. Auf die Interessen des Einzelnen als solchen, welche an der Wirklichkeit haften, geht der Dichter nicht ein; er fühlt sich eben jener Wirklichkeit enthoben, welche mit beständig wechselnden, zufälligen Reizen die Individuen beunruhigt, stachelt, beglückt. Es ist nichts Hyperbolisches in der Auffassung des Altertums, wenn z. B. Ennius (nach Cicero pro Arch. 8, 15) die poëtas sanctos nennt, welche begnadigt seien: „deorum aliquo dono atque munere", wenn Ovid (ars am. III, 403) sagt:

"Quid petitur sacris nisi tantum fama poëtis?

Hoc votum nostri summa laboris habet.
Cura deum fuerant olim regumque poëtae

Praemiaque antiqui magna tulere chori.
Sanctaque majestas et erat venerabile nomen

Vatibus et largae saepe dabantur opes.

[ocr errors]

Was wir die Begeisterung des Dichters nennen, war den Alten uavía, furor. Cicero (de divinat. 1, 34) berichtet: „Negat enim sine furore Democritus quemquam poëtam magnum esse posse." (cf. Cic. de orat. 2, 46 und Hor. ep. ad Pis. 295.) Plato sagt (Phaedr. p. 245): „ös d'äv ävev pavías Movoбv ἐπὶ ποιητικὰς θύρας ἀφίκηται, πεισθεὶς ὡς ἄρα ἐκ τέχνης ἱκανὸς ποιητὴς ἐσόμενος, ἀτελὴς αὐτός τε καὶ ἡ ποίησις ὑπὸ τῆς τῶν μαινομένων ἢ τοῦ σωφρονοῦντος ἀφανίσθη". cf. auch legg. 4, 719: παλαιὸς μύθος υπό τε αὐτῶν ἡμῶν ἀεὶ λεγόμενός ἐστι καὶ τοῖς ἄλλοις πᾶσι ξυνδεδογμένος, ὅτι ποιητὴς, ὁπό

[ocr errors]

ταν ἐν τῷ τρίποδι τῆς Μούσης καθίζηται, τότε οὐκ ἔμφρων ovx v ἐστίν. Der Dichter, ein Homer, Aeschylus, Sophokles, Aristophanes, ein Dante, Ariost, ein Shakespeare, ein Goethe, Schiller - er bewegt immer eine Welt; sei es, dafs sein helles Auge in der wirklichen Welt auch die poetische auffindet, wie Goethe sie schaute, sei es, dafs er seine Feuerseele hineinleuchten läfst in die Welt des Daseins, so dafs ihre Gestalten von diesem Lichte umstrahlt werden, er bewegt immer eine Welt. Wer daher diese Kraft nicht fühlt und diese Lust, mit der gemeinen Wirklichkeit zu brechen, die Klugheit der Weltkinder von sich abzuthun, wem es zu phantastisch vorkommt oder zu kühn, in die selbstgeschaffene Welt sich zu flüchten und in ihr die wahre zu der ist kein Dichter. So fühlt es z. B. Horatius

[ocr errors]

finden
(Serm. 1, 4, 39):

„primum ego me illorum, dederim quibus esse poëtas,
excerpam numero: neque enim concludere versum
dixeris esse satis; neque si quis scribat uti nos
sermoni propiora, putes hunc esse poëtam
ingenium cui sit, cui mens divinior atque os
magna sonaturum, des nominis hujus honorem."

In der Poesie kommt die Kunst zu ihrer Vollendung, und zwar dadurch, dafs sie auf jedes fremde Material verzichtet, ihre sinnliche Erscheinung auf das geringste Mafs beschränkt; es atmet der Dichter in dem berauschenden Duft einer Zauberwelt, die seinem eigenen begeisterten Gemüt entquillt. Die Künstler der übrigen Kunstgattungen idealisieren nur innerhalb bestimmter Sphären, und so erstreckt sich auch das Kunstwollen des Sprachkünstlers nur darauf, den unmittelbaren Ausdruck der Seelenbewegungen durch die Sprache zu einer idealisierten Darstellung zu bringen, dem gemeinen Affekt durch das geisterfüllte Wort ein erhöhtes Dasein zu verleihen. Er nimmt im übrigen die Bedingungen der objektiven Welt als gegeben, und läfst sie für sich gelten, ihn kümmert keine xáαgоiç лαInμáτшv, keine Reinigung, Beruhigung der Gemütsaffektionen, sondern einzig deren treffendste, edelste und schönste Darstellung in der Sprache. interessiert den Sprachkünstler jeglicher Inhalt objektiver Art nur insofern als dieser die Seele bewegt und anregt, sich darzustellen, sich mitzuteilen; während es dem Dichter gerade um diesen Inhalt zu thun ist, der seiner idealen Welt angehört und sie hervorbringt. Die Seele des Menschen kann nach zwei Seiten als an sich unbestimmt bezeichnet werden; einmal, sofern sie von Natur

Es

unendlich bestimmbar ist, sodann, indem sie, sich entfaltend, endlos von Aufsenreizen bestimmt wird; sie ist einmal nur die Empfindung von der Möglichkeit jeden Inhalts, sodann ist sie Auffassung eines Anderen; hier wie dort tritt sie in ihrer eigenen Eigentümlichkeit nicht hervor. Die Musik ist es, welche jene empfindende Seele zum Tönen bringt: (Schiller: ,,Tonkunst") „Aber die Seele spricht nur Polyhymnia aus." Die Poesie ist es, welche die gehaltvolle Seele, die zum freien Geist erhobene, zeigt, wie sie diesen Gehalt sich aneignet, sie erhält: „Aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit, der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit." (Goethe: „Zueignung.")

Wo aber die Seele sich selbst erfafst in ihrer Bestimmtheit, da spricht sie; die Sprache tritt eben nur ein, wo ein bewusstes, helles Denken sich bestimmt hat; der artikulierte Ton ist Ausdruck eines artikulierten Denkens. Diese Helligkeit des Bewusstseins charakterisiert darum auch den Sprachkünstler, und die Besonnenheit, welcher auch der begeisterte Künstler bei Hervorbringung seiner Werke bedarf, ist jenem vornehmlich eigen. Dabei berührt die Sprachkunst einerseits den Kreis musikalischer Empfindungen, und sie grenzt andererseits an die Gedankenentfaltung der Poesie.

Fehlt es nun den Werken der Sprachkunst an einem objektiven Gehalt, bleiben sie in den Schranken des Individuellen, der Einzelheit, stellen sie nichts dar, als die wechselnden Affekte der Seele, ihr Weinen und Lachen, ihren Schmerz und ihre Lust, so mag man fragen, wo da die Hoheit, die Idealität einer Kunst noch vorhanden sei. Aber was spricht denn z. B. die Plastik aus in ihren Gestalten, was die Musik in ihren Tönen? Ist es etwas anderes als die Formen unseres äufseren und inneren Lebens? Ist unsere Seele keine Lebensform des Universums? Ist sie der Darstellung weniger würdig durch Pracht und Reichtum, Zartheit und Kraft, Hoheit und Feinheit, als was der Pinsel des Malers aus der Welt der Erscheinungen wiedergiebt? Die Bewegungen der Seele entspringen aus ihrer Wechselwirkung mit der Welt, sie sind nur scheinbar blofs subjektive, denn auch sie enthüllen das Wesen des Weltgeistes; sie auszusprechen giebt deshalb Genugthuung, Freude, Genufs und ist Sache der Kunst.

Wir entwickelten, dafs der Dichter als Material für seine Werke eine Vielheit von Gedanken behandele, für welche der Ein

heitspunkt in der Idee der Dichtung liege. Es läfst sich hieraus weiter schliefsen, dafs seine Werke auch äufserlich in ihrer Darstellung durch die Sprache einen gewissen gröfseren Umfang beanspruchen müssen, denn Motivierung, Entfaltung, Verschlingung, Auflösung - dies alles mit seinen Kontrasten, Parallelen, auch wohl Episoden ist mehr oder weniger in jeder Dichtung enthalten und bedingt ein Werk von nicht zu engem Bau. Anders verhält es sich mit dem Werke des Sprachkünstlers, dem jene Langatmigkeit nicht eigen ist. Seine Werke entwickeln nicht ein Ringen von Gedanken, die Handlungen des Geistes, sondern zeichnen Bewegungen der Seele in demjenigen Momente, wo diese zu der nötigen Klarheit gelangt sind, zu solcher Bestimmtheit sich zugespitzt haben, dafs sie zu Worte kommen können und müssen. Die Werke der Sprachkunst also, als den Moment ergreifend und ausdrückend, überschreiten auch in ihrer sprachlichen Darstellung den Umfang Eines Gedankens, Einer Seelenregung nicht, und es ist also im allgemeinen die Form des Satzes, in welchem sie zur Erscheinung kommen, worunter der streng grammatische Satz freilich nicht allein zu verstehen ist. Auch der Kunstgenufs ist hiernach ein verschiedener bei Werken der Poesie, welche einen Wiederaufbau ihrer Gedankenkonstruktion verlangen, und bei denen der Sprachkunst, wo die Auffassung im Moment erfolgt, zu hell und zu bestimmt, um lange nachzuklingen, zu leicht fafsbar, um dauernd zu beschäftigen. Man achte gleichwohl diese Werke des Moments nicht gering. Schiller mag uns hier vertreten (Gunst des Augenblicks"):

,,der mächtigste von allen Herrschern ist der Augenblick.

Von dem allerersten Werden

Der unendlichen Natur

Alles Göttliche auf Erden

Ist ein Lichtgedanke nur.

Langsam in dem Lauf der Horen
Füget sich der Stein zum Stein,
Schnell, wie es der Geist geboren,
Will das Werk empfunden sein.

Wie im hellen Sonnenblicke
Sich ein Farbenteppich webt,

Wie auf ihrer bunten Brücke

Iris durch den Himmel schwebt,

« PoprzedniaDalej »