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Die Einheit nicht nur der von uns aufgestellten, sondern überhaupt der möglichen Künste beruht zunächst auf ihrer gemeinsamen Wesenheit, in Bezug auf welche Bernhardi (Über den Ajax des Sophokles p. 6) sagt: „Die einzelnen Gattungen der Künste sind gleichsam einzelne Sprachen, oft nur Dialekte der Einen ungeteilten Kunst"; sie zeigt sich aber auch in einer gewissen Durchdringung jeder Kunst durch die anderen, so dafs die eigentümliche Kraft einer jeden irgendwie auch in den andern zur Geltung kommt. Es bedarf dieser Punkt noch einiger Erläuterungen im einzelnen. Was man z. B. mit bildlichem Ausdruck Architektonik in den Künsten nennt, wie etwa eine gewisse symmetrische Gruppierung in den Reliefs der Plastik, in historischen oder landschaftlichen Gemälden, oder auch in der Verteilung thematischer Durchführungen an einzelne Stimmen oder Instrumente in der Musik, ferner in der chiastisch oder anaphorisch gegliederten, überhaupt eurhythmischen Satzgliederung im Gebiete der Sprachkunst, in kontrastierenden oder entsprechenden Gruppenstellungen auf der Bühne, wie sie vom Regisseur im einzelnen bestimmt werden, oder in den Chortänzen, wie sie der Balletmeister anordnet; - alles dies, wodurch die einzelnen Teile des Materials, abgesehen von ihrer letzten und notwendigen Beziehung, gefällig, überschaulich, symmetrisch geordnet werden, ist in der That ein Stück Baukunst in dem Material anderer Künste.

Ebenso zeigt sich die Plastik vielfach wirksam bei den Werken der Architektur, gewissermafsen sie krönend; sie beherrscht mannigfach auch den akademischen Stil in der Malerei, wird erkannt in einem gewissen ruhigen, sich wie organisch entfaltenden Ausdruck der Sprachkunst, ebenso in plastisch herausgehobenen Gestaltungen der Dichtkunst.

In Bezug auf das Hervortreten des Malerischen innerhalb der anderen Kunstgattungen ist z. B. auf solche Säulenreihen der Architektur hinzuweisen, welche perspektivisch zurücktreten bis zu Pilastern, in der Plastik z. B. an malerische Gewandung, an lebendigere Reliefdarstellungen; in der Musik an die bekannten Tonmalereien; in der Sprachkunst an Klangnachahmungen; und was die Malerei in der Dichtkunst anbetrifft, so mufste ja Lessing seinen Laokoon schreiben, so sehr überschätzte man zu seiner Zeit die Fähigkeit der Poesie, malerische Wirkungen hervorzubringen. Dafs ferner Musik an den Werken der Architektur empfunden werden könne, darauf deuten z. B. die hellenischen Mythen von dem Mauerbau Thebens durch Amphion und Zethos,

oder Trojas durch Apollo und Poseidon, welche also zur Mechanik der Massenbewegung die Harmonik in der Zusammensetzung hinzufügen; in der Sprachkunst ist die Wirkung vieler sogenannten Figuren eine überwiegend musikalische; in der Poesie stimmt die Lyrik namentlich der modernen Völker vielfach wie Musik; dahin wirken klangvolle Modulierungen desselben Gefühls, ein musikalisch freierer Takt, affektvolle Bewegung bei wenig reicher oder tiefer Gedankenentwickelung, Mangel klaren Heraustretens der Empfindung, welche träumerisch in sich webt. Schiller (Über naive und sentimental. Dichtkunst) unterscheidet eine plastische Poesie von einer musikalischen und bezeichnet z. B. Klopstock als musikalischen Dichter. In einem Briefe an Goethe sagt er von sich, beim Dichten überkomme ihn zuerst eine gewisse musikalische Stimmung, was auch allgemeinere Geltung hat. Denn so lange dem Dichter die Vorstellungen noch nicht zu klarer Formierung und Komposition gekommen sind, sind sie für den Ausdruck durch die Sprache nicht reif und es bleibt bei einer gewissen musikalischen Stimmung", geht es zur Festigkeit und Bestimmtheit fort, so stellt sich als Zeichen davon auch das bezeichnende Wort ein. Aber auch nachher verschwindet die Musik im poetischen Kunstwerk nicht, sondern tritt nur zurück; und wie die Architektur auch noch in den beiden anderen bildenden Künsten, in der Plastik und Malerei, als Symmetrie und Eurhythmie fortwirkt, so bleibt in den Künsten, welche mit dem Ton verknüpft sind, in der Sprachkunst und Poesie, der Rhythmus, und ruft denen der Tonkunst verwandte Wirkungen hervor.

Das Wesen der Sprachkunst tritt hauptsächlich in einer Art der Darstellung hervor, welche man „sprechend" nennt, womit das Wesen eines bis zur äussersten Bestimmtheit, Lebendigkeit, Helligkeit fortgeschrittenen Ausdrucks glücklich bezeichnet ist. So kann namentlich die Plastik und die Malerei in der Darstellung bestimmter Momente menschlicher Bewegung durch grofse Energie diese bis zum sprechenden Ausdruck veranschaulichen, so dafs die Phantasie des Beschauers das angefangene Wort notwendig ergänzt.

Auch die Instrumentalmusik führt uns zuweilen bis zum sprachlichen Ausdruck, sei es, dafs sie elegisch rührt, milde klagt, oder jubelt oder neckisch spielt und lacht; es tritt selbst als höchste Steigerung des musikalischen Ausdrucks Deklamation ein, als Recitativ angedeutet. In Beethovens neunter Symphonie bricht zuletzt die Menschenstimme hervor, um zu sagen,

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was der Tonkunst an sich klar auszusprechen versagt ist. Gebiete der Poesie macht sich die Sprachkunst geltend im emphatischen, prägnanten, antithetischen, ironischen Ausdruck, überhaupt in jeder mit besonderer Kraft den Moment herausstellenden Wendung.

Was endlich die Wirkungen der Poesie innerhalb der anderen Kunstgattungen betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dafs diese geistigste der Künste schon in der Conception zu jedem Kunstwerk alle Gattungen in gleicher, obzwar mehr oder weniger bewussten Weise durchzieht. Es genügt hier, auf den Sprachgebrauch aufmerksam zu machen, welcher ein recht feines, ideales Hervortreten des Künstlerischen in den Kunstwerken jeder Gattung noch besonders als „poetisch" bezeichnet.

II. Von der Sprachkunst im besonderen.

1. Die Aufstellung der Sprachkunst als einer besonderen Kunstgattung.

Wir haben in das System der Künste die Sprachkunst eingereiht und hiermit den sonst gewöhnlich aufgestellten Kunstgattungen eine neue hinzugefügt. Wir suchten dies zunächst im vorhergehenden dadurch zu rechtfertigen, dafs wir die Stellung näher bezeichneten, welche der Sprachkunst innerhalb des Systems zufällt. Wie also in der Reihe der bildenden Künste zwischen Architektur und Malerei die Plastik gewissermafsen vermittelt, von den Karyatiden und Telamonen bis zur Reliefdarstellung, so vermittelt in der Reihe der Künste für das Gehör die Sprachkunst zwischen Musik und Poesie, beginnend von der euphonischen, der charakterisierenden, der bildlichen Gestaltung des Wortes bis zu jenen liedförmigen Produktionen, welche lediglich den einzelnen Moment individueller Bewegung, wie er z. B. vielfach im sogenannten Volksliede hervorbricht, darstellen, oder bis zu jenen mehr ernsten oder mehr spielenden Sprachkunstwerken, welche z. B. als Epigramme, Rätsel u. d. m. bisher eine unbestimmte und

schwankende Einreihung unter die Dichtungsarten gefunden haben. Es ist fühlbar, dafs zwischen der Kunst des Tons und der Kunst des Geistes die Kunst des vergeistigten Tones in der Mitte steht.

Nun kann es allerdings auffallend erscheinen, dafs eine Kunst, deren Werke am allgemeinsten verbreitet sind und am offensten vorliegen, bis jetzt noch von niemand als solche erkannt und aufgestellt worden ist. Es erklärt sich dies indessen zur Genüge aus folgenden Umständen. Künste erfordern Künstler - und wo sind die bei der Sprachkunst? In keiner anderen Kunst verschwindet in der That die Person der Künstler ebenso; Namen der Schöpfer selbständiger Sprachkunstwerke sind nur ausnahmsweise bekannt, und die Verfasser von Sprachornamenten gelten nicht als Künstler der Sprachkunst, weil sie anscheinend Gröfseres betreiben, worüber denn diese Qualität vergessen wird; die Künstler aber, welche die Sprache selbst als Kunst schufen, scheinen alle zu sein, welche überhaupt sprechen. Was man endlich etwa Sprachkünstler auch schon bisher nennen konnte, war eben um deswillen wenig angesehen; es galt der Name gleichbedeutend etwa mit Wortemacher. Wie die Künstler, so

ist auch das Material dieser Kunst, die Sprache, ungemein flüchtiger Natur, so schnell verrauschend, dafs für Betrachtung nicht Zeit bleibt, so fügsam der Behandlung, dafs für sie der Name einer Kunst viel zu gewichtig erscheint. Und dieses Material, obwohl immer künstlerisch geformt, dient doch äusserst selten wenigstens bewusst dem künstlerischen Genusse, denn es tritt sogleich in den Dienst der verschiedenartigsten Zwecke und findet eine so mannigfaltige Verwendung, dafs jede Sonderung, welche Sprache für sich selbst herausstellen will, sofern sie auch nur für sich selbst da sein soll, erst spät gelingt und als von der Wissenschaft gefordert erkannt wird. Es ist ferner die Zahl derjenigen Werke der Sprachkunst verhältnismäfsig klein, welche selbständig ein Ganzes bilden; man findet sie überwiegend nur als Ornamente am Sprachkörper, oder sie erscheinen auch als ganz natürliche Formen der Darstellung. Endlich ist auch zu berücksichtigen, dafs die Aesthetik in dem Sinne eines Systems, in welchem wir sie jetzt verstehen, eine verhältnismäfsig noch junge Wissenschaft ist (Kant, Kritik der Urteilskr. p. 202 erinnert noch: Man möge seinen Entwurf zu einer möglichen Einteilung der schönen Künste nicht als beabsichtigte Theorie beurteilen. Es sei nur einer von den mancherlei Versuchen, die man noch

aufstellen kann und soll."), und dafs sie die selbständigen Werke der Sprachkunst bisher mit einiger Mühe freilich und schief genug, immerhin doch wenigstens untergebracht hatte bei der Dichtkunst. Es wird sich gleichwohl weiter unten ergeben, dafs bedeutende Denker schon vielfach mit mehr oder weniger Deutlichkeit auf die Sprachkunst als eine von der Poesie zu sondernde Kunst hingewiesen haben.

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Die Sonderung der Künste läfst sich im übrigen innerhalb der beiden Triaden mit voller Strenge nicht durchführen, und es mag daran erinnert werden, dafs der Wert der Systematik für die Sache selbst kein absoluter ist. Die Kunst so wenig wie das Leben werden in allen ihren Bildungen von unseren logischen Rubrizierungen umfafst, wenn auch Jean Pauls Wort (Vorschule der Aesthetik p. 22) die Sache zu leicht abmacht: „Jede Klassifikation ist so lange wahr, als die neue Klasse fehlt". Die Alten dehnten z. B. den Begriff der Musik sehr weit aus. Nach Hesychios (T. II p. 625) wurde durch das Wort Musik jede Kunst, nach Photios (Lexic. p. 277) selbst die Wahrsagerkunst, am gewöhnlichsten jedoch aufser der eigentlichen Tonkunst Poesie und Philosophie bezeichnet. Cicero (de orat. III, 44) sagt: Musici erant quondam iidem, qui poetae". Trennung von Musik und Poesie wird von Platon (de legg. p. 670 A; cf. de rep. lib. II u. III) als duovoía zaì davpatovoría verworfen. Auch nach Lessing sollten eigentlich Musik und Poesie zu Einer Kunst zusammenfliefsen. Er sagt (Bd. XI p. 178 ed. Lachm. -Maltz.): „Die Vereinigung willkürlicher, auf einander folgender hörbarer Zeichen, mit natürlichen, auf einander folgenden hörbaren Zeichen ist unstreitig unter allen möglichen die vollkommenste, besonders wenn noch dieses hinzukommt, dafs beiderlei Zeichen nicht allein für einerlei Sinn sind, sondern auch von ebendemselben Organe zu gleicher Zeit gefafst und hervorgebracht werden können. Von dieser Art ist die Verbindung der Poesie und Musik, so dafs die Natur selbst sie nicht sowohl zur Verbindung, als vielmehr zu einer und ebenderselben Kunst bestimmt zu haben scheinet. cet."

Die Sonderung der Künste wird natürlich in dem Mafse schwieriger, als der Stoff, in welchem sie sich darstellen, feiner und geistiger ist. Namentlich stehen deshalb die Künste, welche den Ton als Material direkt oder indirekt gebrauchen, in vielfacher Verbindung und in mannigfaltigem Übergange zu einander, und wenn z. B. Kameen, Intaglien noch unbestritten als

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