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Weise mit der Geisteskraft empor, und bilden zugleich das belebend anregende Prinzip derselben. Beides aber geht nicht nacheinander und abgesondert vor sich, sondern ist durchaus und unzertrennlich dieselbe Haltung des intellektuellen Vermögens. Indem ein Volk der Entwickelung seiner Sprache, als des Werkzeugs jeder menschlichen Thätigkeit in ihm, aus seinem Inneren Freiheit erschafft, sucht und erreicht es zugleich die Sache selbst, also etwas Anderes und Höheres; und indem es auf dem Wege dichterischer Schöpfung und grübelnder Ahndung dahin gelangt, wirkt es zugleich wieder auf die Sprache zurück." „Die Geisteseigentümlichkeit und die Sprachgestaltung eines Volkes stehen in solcher Innigkeit der Verschmelzung ineinander, dafs, wenn die eine ge- . geben wäre, die andere müfste vollständig aus ihr abgeleitet werden können. Denn die Intellektualität und die Sprache gestatten und befördern nur einander gegenseitig zusagende Formen. Die Sprache ist gleichsam die äufserliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich beide nie identisch genug denken." Und, mit bestimmter Rücksicht auf die real vorhandenen Sprachen, heifst es daher p. 12: „So innerlich auch die Sprache durchaus ist, so hat sie dennoch zugleich ein unabhängiges, äufseres, gegen den Menschen selbst Gewalt übendes Dasein."

Es erscheint die Sprache demnach mehr als eine Macht, welche durch die Menschen hervorgebracht ist, als von ihnen; man möchte dafs sie nur an ihnen sich entfaltet. sagen, Wenig oder nichts schaffen Verstand, Einsicht oder menschlicher Wille an dem eigentlichen Bestande der Sprache. Hätte Reflexion einen wesentlichen Anteil an ihr, so würde ihr Ursprung, ihr Wesen der Reflexion sich leicht wieder erschliefsen. Vergebens aber versucht diese einzudringen; dunklere Arten des Vorstellens, Empfindens, Fühlens, Merkens verhelfen zu einer Vorstellung von ihrem Weben und Wesen. Wenn dennoch der logische Verstand Grammatiken aufstellt, Lexika sammelt und etymologisch ordnet, so kann ja solche Rubrizierung auch bei jeder Gattung der Naturgebilde erfolgen, denn Alles ist irgendwie auch unserm Verstande homogen geschaffen oder doch zum Teil zugänglich. Auch die Botanik ordnet die freie Pflanzenwelt nach Merkmalen und nach Reflexion, aber am wenigsten doch ist es Menscheneinsicht, ist es Verstand, in welchem die Idee der Pflanze wurzelt. Und wenn es schliesslich gelingt, in der Grammatik eine vollständige, angewandte Logik zu finden freilich mit zahlreichen Unverständigkeiten gemischt

so entnehmen wir doch nur dies hieraus, dafs, da durch den ganzen Menschen die Sprache zur Entwickelung kam, sicherlich auch jene Bestimmtheit und Konsequenz des Denkens, welche als logischer Verstand gern wie eine besondere, bevorzugte Abteilung des menschlichen Geistes gefafst wird, in ihr sich wirksam bewies, und als die Ordnung in dem Sprachmaterial — namentlich in dem Gebiete der Syntax abgesondert werden kann.

Die gewöhnliche Ansicht denkt sich das Verhältnis des Gedankens zur Sprache derart, wie sie Form und Materie einander entgegenzustellen pflegt, dafs nämlich das Denken als bestimmend, die Sprache als bestimmt, jenes als das Inhalt Gebende und Herrschende, diese lediglich als das Empfangende und gehorsam Darstellende gefasst wird. Es ist dies unrichtig, und mufs nach dem von uns entwickelten Gesetz der Wechselwirkung der Seelenthätigkeit und unserer Lautäufserung beurteilt werden. Es ist nämlich deshalb hier von keinem Prius des Denkens die Rede, weil es sich als theoretisches eben nur an und mit der Sprache zugleich entwickelt. Mit den auf vorangegangenen Stufen der Sprachbildung durch Laute fixierten und somit wirklich gewordenen Bildern operiert die Seele, und sie zieht aus den Erfolgen dieser Operationen Schlüsse, trennt endlich die Operation selbst von den Objekten und kommt so zu einer Welt von Abstraktionen, von ihr eigentümlichen Begriffen. Wir erschliefsen uns ebenso die Welt des Sichtbaren, Hörbaren, Tastbaren, Schmeckbaren zunächst durch die Anwendung der Sinnesorgane; unsere Wahrnehmungen bringen wir dann zur Korrektheit durch reflektierende Vergleichung, und endlich sondern wir den Sinn und seine Thätigkeit von den objektiven Bedingungen, unter denen er wirkt. Eben dadurch, dafs wir die Sinne gebrauchen, gewinnen wir sie zu unserm bewussten Eigentum. Aus dem Gesetz der Wechselwirkung ist andrerseits auch, wie wir hier einschalten, der neuerdings aufgestellte Satz zu verwerfen, welcher umgekehrt behauptet, dafs die Sprache es ist, durch welche die Vernunft verursacht würde. Wir können uns die Anschauung der interessanten Schrift nicht aneignen, welche ihn aufstellt. Es heifst da u. a. (bei Geiger, Ursprung u. Entwickelung der menschlichen Sprache und Vernunft. Stuttg. 1868. Bd. I, p. 105): „Die sprachliche Einzeldarstellung der Begriffsentwickelung wird es zur zweifellosesten Sicherheit und Deutlichkeit erheben, dafs so lange die Sprache nicht unter Einwirkung von Schrift und Litteratur weit über den eigentlichen Zustand ihrer Reife hinausgeschritten ist, zwischen dem Bemerken und seinem Ausdrucke im

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Laute nicht nur eine lange Zwischenzeit, wie bisher noch als möglich angenommen worden, nicht verfliefst, sondern es auch noch viel zu wenig wäre, wenn wir sagen wollten, er folge demselben unmittelbar wie der Schrei der Schmerzempfindung. Von allen den Verstandesobjekten, die wir in welcher noch so alten Zeit auch immer in einem Sprachlaute dargestellt erkennen, erscheint keines ihm wirklich als Ursache oder Veranlassung voraus: vielmehr, wie alle Entwickelung die Dinge zunächst aus ihnen ähnlichen unmerklich, alsbald aber, wenn sich die Reihe viele Glieder hindurch fortsetzt, bis zu gänzlicher Verschiedenheit verändert, so durchlebt ein jeder Laut für sich, unabhängig von jedem Zweck des Bezeichnens, Schilderns oder Äufserns, eine rein lautliche und körperliche Generationenkette von Verwandlungen, in welchen sich Vernunft und Geistesthätigkeit so wenig wie bei dem Wachstum der Tier- und Pflanzenkörper wirksam zeigen. Auf der andern Seite bleibt die Vermehrung des Bemerkens hinter der Fortentwickelung des Lautes stets einen Schritt zurück und rankt sich gleichsam an ihm empor, so dafs jeder einzelne Teil der Sprache dem ihm entsprechenden Einzelteile der Vernunft vorausgeht, und also auch nicht die Vernunft die Sprache, sondern nur die Sprache die Vernunft, wenn auch nicht vollendet und fertig die vollendete, verursacht haben kann." —

Wir halten dieser Auffassung gegenüber die tiefere Anschauung W. v. Humboldts fest: (Versch. d. menschl. Sprachb. p. 33.) ,,Da die Sprachen unzertrennlich mit der innersten Natur des Menschen verwachsen sind und weit mehr selbstthätig aus ihr hervorbrechen als willkürlich von ihr erzeugt werden, so könnte man die intellektuelle Eigentümlichkeit der Völker ebensowohl ihre Wirkung nennen. Die Wahrheit ist, dafs beide zugleich und in gegenseitiger Übereinstimmung aus unerreichbarer Tiefe des Gemüts hervorgehen."

Wir kehren indes zu unserer Erörterung zurück.

Es ist leicht einzusehen, woher es kommt, dafs der Gedanke der Sprache gegenüber als das Prius erscheint. Die Bewegung der Seele ist nicht sofort auch schon, was wir Gedanke nennen. Ein Reiz macht sich geltend, wird empfunden, wahrgenommen, wirkt Lust oder Unlust, äufsert seine Anregung in Bezug auf Einsicht und Willen, und die Reihe, welche er so durchläuft, wird keineswegs in gerader Linie durchmessen. Der Reiz kann z. B. je nach den Ideen-Assoziationen, welche zu ihm treten, verschieden anregen, stimmen und bestimmen, endlich aufgefafst werden; zwischen

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mancherlei Möglichkeiten scheint die Seelenbewegung zu schwanken, und erst, wenn sie bestimmt ist und sich bestimmt weifs, dichtet sie sich zum Wort, vermag sie sich auszusprechen. Allerdings also ist der Geist, ist die Bewegung der Seele die Voraussetzung für das Eintreten der Sprache, aber diejenige Bestimmtheit der Seele, welche einem Lebensmoment den unwiderruflichen Abschlufs durch das Wort giebt, kann ihn sich eben nicht anders geben, als durch das Wort.

Man wird demnach sagen müssen, dafs die Bildung der Begriffe nicht weniger ein Sprachakt ist als ein Denkakt. Die ganze Bestimmtheit, welche den Begriff als solchen konstituiert, welche ihm im Fortleben durch Erweiterung, Einengung, Zuspitzung, Umwandelung zu teil wird, empfängt er dadurch, dafs er Sprachakt ist, und auch die Seele mufste ihn zum Sprachakt reif gekocht haben, damit er gesprochen werden konnte, d. h. ein sinnlich bestimmtes Dasein erhalten, an welchem nun zunächst die unendliche Bestimmbarkeit der Seele ihre Grenze fand; er mufste aber dann auch gesprochen werden, denn solche Bestimmtheit verträgt und trägt die Seele nicht mehr ohne Hilfe des Lautes. Wo feinere Nerven sind, die Empfindung leichter anklingt, wie bei den Weibern, tritt die Notwendigkeit, dafs die Seelenakte sich zum Laut artikulieren, früher ein. When I think, I must speak; sagt Rosalinde bei Shakespeare, (As you like it. Act. III, Sc. II) Do you not know I am a woman?

Man betrachte einmal, wie Schleiermacher, der von sich selbst sagt (Brief an die Schwester vom 23. März 1799): „Es liegt sehr tief in meiner Natur, dafs ich mich immer genauer an Frauen anschliefsen werde, als an Männer" sich über seine Vorlesungen gegen sein liebes Jettchen", seine Braut, ausspricht: „Mit den ersten Stunden bin ich selten zufrieden, wie ich auch mit dem Eingang in meine Predigten am wenigsten zufrieden bin. Aber nun komme ich hinein und die Zuhörer auch. Alles ordnet sich bestimmter, es geht immer klarer hervor, dass wir die Wahrheit ergriffen haben, der Vortrag wird immer leichter und oft überrascht mich selbst mitten im Vortrage etwas Einzelnes, was von selbst hervorgeht, ohne dafs ich daran gedacht hatte, so dafs ich selbst aus jeder einzelnen Stunde fast belehrt herauskomme." - (Brief vom 4. Dezbr. 1808.)

Der Sprachakt ist also die Vollendung des Denkakts, und daher nicht blofs die Form für diesen, sondern er ist dieser selbst, wie er leibt und lebt. Er als Lautbild zeigt deshalb auch die

Gerber, die Sprache als Kunst. 2. Aufl.

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selbe Unbestimmtheit der Symbolik, in welcher das Vorstellungsbild einen Daseins-Augenblick allein sich anzueignen vermag Unbestimmtheit nämlich in Bezug auf die Bedeutung der objektiven Welt gegenüber. Nach W. v. Humboldts Vorgange hat man diese innerliche Seite des Wortes, die subjektive, notwendig einseitige und willkürliche Auffassung der Seele die innere Sprachform genannt. So heifst es z. B. bei Lazarus: (Das Leben der Seele Bd. II, p. 102) „Wenn das Wort Bous bus Rindvieh bedeutet, so liegt offenbar in demselben kein anderer Sinn, als das Bu machende, und es ist Erfolg der inneren Sprachform, dafs das ganze Rindvieh nach dieser einen Eigenschaft seines Tones angeschaut, und wiederum, dafs unter dem Namen, welcher nur diese Eigenschaft andeutet, das ganze Rindvieh verstanden wird. So macht denn die innere Sprachform jene Empfindung, durch deren Reflex der Laut gebildet ist, zum festen Mittelpunkt der ganzen Anschauung, und wenn in späteren Anschauungen ein Ochse gesehen wird, ohne dafs er brüllt, so wird er nichtsdestoweniger mit demselben Namen genannt, denn infolge der gegenwärtigen Anschauung wird auch die frühere reproduziert, diese aber ist mit dem Laut verknüpft und infolge dieser Verknüpfung ist sie die bestimmtere, festere, durch die eigene Zuthat der Seele angeeignetere;" cet. Lazarus spricht dann auch von einer „sekundären inneren Sprachform", sofern der Gebrauch und die Fortbildung der Sprache einen ganz ähnlichen Fortschritt des Denkprozesses bewirkt, wie er in der Schöpfung der Sprache gegeben ist". (1. c. p. 210.) Mehreres hierüber bei Steinthal (Typen d. Sprachb. p. 33-43) und bei Heyse (System d. Sprachw. p. 162). Das Vorstellungs-Augenblicksbild also, welches in Bezug auf seine Verkörperung in dem Lautbilde als dessen Inhalt, Seele, Bedeutung zu fassen ist, heifst hier innere Sprachform. Es ist aber kein Grund, durch Einführung dieser Bezeichnung gleichsam eine neue Seelenstation anzulegen (wie sie etwa in dem Homerischen formelhaften Verse Od. II, 302; V, 181 cet. angedeutet zu sein scheint: ἔπος τ' ἔφατ', ἔκ τ' ὀνόμαζεν; so auch bei Herod. 3, 156: ἔφη λέγων oder Od. V, 183: οἷον δὴ τὸν μῦθον ἐπεφράσθης ayoqɛvoαι, wo offenbar der Denkakt neben dem Sprachakt erwähnt wird), sobald man sich nicht einbildet, dafs wir auch ein anderes unbildliches und somit besseres und reineres Denken besitzen, als dasjenige ist, welches in der Sprache seinen Ausdruck findet, sobald also man Denken und Sprechen nicht auseinanderreifst. Steinthal selbst scheint dies einzuräumen, wenn er sagt:

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