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Standpunkt der fertigen Sprache lernt der Mensch immer mehr ihrer entraten. Die ursprünglichen Laute sind vielfach in Wurzeln übergegangen, wie es offenbar ist z. B. bei: ächzen, das Wehe, ` jubeln, jauchzen, iάxɛw, oixtos u. a. m., und sie sind bei schwächer werdendem Sprachgefühl bis zur Unkenntlichkeit verbraucht worden, besonders aber wird festzuhalten sein, dafs ihre ungemein individuelle Natur einer Fixierung und Erhaltung widerstrebte. Es handelte sich bei ihrer Hervorbringung gewifs nicht um irgend welche Reinheit des Lautes, sondern es kam darauf an, ob sie mit Rauheit und Schärfe ausgestofsen wurden, oder milde und schmeichelnd gehaucht, ob sie heller oder dumpfer erklangen, verhältnismäfsig stark oder schwach, hoch oder tief, gedehnt oder abgebrochen, sicher und fest, oder zögernd und schwankend u. s. w.

Hieraus kann weiter geschlossen werden, dafs im Anfange weniger der unbestimmt gehaltene Vokal die Art der Empfindung charakterisierte, als der begrenzende Konsonant. Der beginnende Konsonant mochte von der Miene, welche die Gesichtsmuskeln bewegte, bestimmt werden; der schliefsende war freier, denn mit Vollendung des Lautes stellte sich das Individuum aus der Herrschaft des Reizes heraus; blofse Konsonanten deuteten wohl am meisten auf den Willen. So kann man sich das mehr oder weniger reine a als Ausdruck unbestimmter Erwartung, Verwunderung vorstellen; in ba liegt man denke an die entsprechende Verziehung der Gesichtsmuskeln Bezeugung des Ekels, in ha der kräftigen Freude, in ach das Ende des Seufzens, in st! br! bst! ein Gebot.

Je weniger nun in überwältigender Weise die Empfindung durch die Objekte angeregt wird, desto selbstthätiger, eigenartiger kann der Mensch den Laut gestalten. Gewifs hat schon jede neue Anschauung bei der frischen Empfänglichkeit des Organismus, wie wir sie auf dieser Stufe voraussetzen müssen, genügend gereizt, um den Laut zu wecken, und, sofern irgend welches Verhältnis zu dem Angeschauten in der Seele sich vermittelte, durch einen Laut, der Sinn hatte, auch die Art dieser Beziehung anzudeuten. Dafs blofse Wahrnehmungen, - auch ohne besondere Affizierung

zu Lautreflexen anregen, kann man an' den fortwährend plappernden Kindern sehn. Man bedenke, wie die ausdrucksfähigen Teile unseres Organismus zu den ihnen eigenen Äufserungen nicht blofs durch wirklich erfolgende materielle Einwirkung gebracht werden, z. B. Muskelzusammenziehungen, Erröten, Schauder, sondern schon durch jede lebhaftere Vorstellung, und man wird das

Wirken des besonders fein organisierten Sprachapparates begreifen. Wir nehmen an, dafs die blofse räumliche Gegenwart von Objekten, welche in irgend einer Art Aufmerksamkeit auf sich zogen, durch Empfindungslaute bezeichnet werden konnte, so dafs also deiktische, im Anfang sicher eine Gebärde nur begleitende Töne den Sinn von Raumadverbien und von Pronominibus vertraten. Nahe stehen die Empfindungen des Befremdens, des Interesse, des Gefallens, Behagens. Für den darstellenden Laut lassen sie Freiheit, denn sie regen an, aber überwältigen nicht, so dafs das Subjekt, statt einzig seine Empfindung austönen zu müssen, Ruhe behält, zu beobachten und die Art der Einwirkung auf sich genauer kennen zu lernen. Der Laut wird sich so den Objekten gemäfs bestimmter zu charakterisieren suchen, gleichsam Farbe annehmen, in gewissem Sinne nachahmen.

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In der That glauben wir, dafs gerade bei den Empfindungslauten nicht erst bei der artikulierten Sprache von der Schallnachahmung, der sogenannten Onomatopöie zu sprechen ist (cf. auch: Heyse, System der Sprachwissensch. p. 72 sq.). Es scheint ja naheliegend, dafs der menschliche Laut die in demselben Material des Tönens sich kund gebende Natur für sich benutzt; nicht zwar zur Benennung, denn dazu würde Artikulierung eintreten müssen, aber zur näheren Bezeichnung der Wahrnehmung; dafs er ferner nicht nur ein bu oder bä oder bau wiedertönen lässt, sondern auch ein Säuseln und Rauschen der Blätter, ein Knarren und Krachen der Äste, ein Rieseln des Wassers, Rollen des Donners, Summen der Bienen, Pfeifen des Windes u. d. m.

Weiter aber bieten sich die durch die Nerven des Gesichts, Geschmacks, Geruchs, Gefühls vermittelten Eindrücke dar, und, um diese wiederzugeben, findet freilich eine direkte Nachahmung nicht statt. Nun aber müssen wir festhalten, dafs niemals ein einzelner Sinn für sich allein wirkt, dafs immer der gesamte Organismus sich mitbeteiligt, und dafs an sich die Schwierigkeit der Nachahmung bei dem Gehör sich darbietenden Objekten im wesentlichen dieselbe ist, wie bei den anderen stummen, da immer nicht davon die Rede sein kann, den gehörten Ton selbst darzustellen, sondern nur durch ihn den von ihm ausgehenden Reiz. Bei ẞnx, tuss oder spiro, лvéш zeigt sich z. B., wie derselbe Vorgang durch verschiedene Laute nachgeahmt werden kann, welche der Empfindung entsprechen und einem Hörbaren nachschaffen. (Mehr darüber später.) Erfolgte in der Seele eine isolierte Auffassung der einzelnen Sinnesreize, so würde allerdings schwer einleuchten, wie

überhaupt eine Reizung z. B. des Geschmacks oder des Hautgefühls für das Organ des Gehörs erfafsbar, d. h. zum Ton gestaltet werden könnte. Aber der Sinnesreiz wird in uns auf eine Einheit bezogen, auf das Bewusstsein; er wird in seiner Isolierung weder empfunden, noch als solcher im Tone wiedergegeben. Es spiegelt sich daher in dem charakterisierenden Laute weder das Objekt, noch der einzelne Sinnenreiz, sondern eine Totalempfindung, deren lautliches Abbild - ein Analogon des Natürlichen bietend, aber keine Wiederholung - besser Nachschöpfung als Nachahmung genannt werden mag. Für die einzelnen Nerven ist ja das Gehirn und Rückenmark der gemeinsame Mittelpunkt; erst hier wird der Reiz, welchen der Nerv erleidet, zur Empfindung. Darum vertauscht auch der Sprachgebrauch vielfach die den Sinnen zukommenden besonderen Bezeichnungen unter einander oder läfst sie einander vertreten. Herder (Über den Ursprung der Sprache) sagt richtig: Wie hat der Mensch, seinen Kräften überlassen, sich auch eine Sprache, wo ihm kein Ton vortönte, erfinden können? Wie hängt Gesicht und Gehör, Farbe und Wort, Duft und Ton zusammen? Nicht unter sich in den Gegenständen; aber was sind denn diese Eigenschaften in den Gegenständen? Sie sind blofs

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sinnliche Empfindungen in uns, und als solche fliefsen sie nicht alle in eins? Wir sind ein denkendes sensorium commune, nur von verschiedenen Seiten berührt. Da liegt die Erklärung." Π. ΧΙ, 532 heirst es: ἵμασεν καλλίτριχας ἵππους μάστιγι λιγυρῇ· τοὶ δὲ πληγῆς ἀίοντες ρίμφ ̓ ἔφερον οὸν ἅρμα. αίοντες ist hier: fühlend. Aristarch (bei Ariston. 4, 532) sagt: To side to yέvos δεδήλωκε· τὸ γὰρ ἀίοντές ἐστιν ἀκούοντες, θέλει δὲ εἰπεῖν ἐπαισθόμενοι τῆς πληγῆς· ἡ γὰρ ἀκοὴ εἰδός ἐστι τῆς αἰσθήσεως. Man spricht von hellen und dunklen Tönen und Farben, von stechendem und brennendem Gefühl und Geschmack, von weichem und hartem Ton, süfsem Gefühl und scharfem Geruch, schreienden Farben, u. d. m. Oedipus (Soph. Oed. Col. 137) sagt zum Chor: ὁδ ̓ ἐκεῖνος ἐγώ· φωνῇ γὰρ ὁρῶ τὸ φατιζόμενον, so auch (Oed. Tyr. 371): τυφλὸς τὰ τ ̓ ὦτα τὸν τε νοῦν τὰ τ ̓ ὄμματα. Klopstock sagt (Eislauf): „Sonst späht dein Ohr ja alles." Goethe (Röm. Eleg.): „Fühle mit sehender Hand." Und so konnte Longin (XXVI, 2) von der Schilderung verlangen: tǹv azoǹv õýív πoiεïv.*)

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*) Etwas viel ist es, was Leopold Schefer („Hafis in Hellas“) bietet: Ich roch der Muse Zitherklänge noch zugleich, ich sah gestaltenschön und klar ein jed' Gefühl ich schmeckte die schönen Göttinnen zugleich

Auch in der Praxis macht man von dieser Fähigkeit der Sinne, für einander einzutreten, Gebrauch; auf sie stützen sich die Methoden, blinde und taube Kinder zu erziehen. Es ist aber auf diese Vertauschungen in den Lautbezeichnungen der Sinne besonders aufmerksam zu machen, weil sie, obwohl angenommen werden mufs, dafs sie schon bei den unartikulierten Lauten der Empfindung hervortreten, doch besonders für das Verständnis der artikulierten Sprache von Wichtigkeit sind. Sie erklären die von Heyse (l. c. p. 95) als symbolisch bezeichnete Anwendung des Lautes in Wörtern, wie klar, hell, trübe, dunkel, dumpf, spitz, mild, lind, weich, hart, rauh, scharf, stumpf, glatt, gleiten, schlüpfen, fliefsen, wallen, Zorn, Groll u. d. m." Bei Bildung solcher Laute hörte und tönte der ganze Mensch.

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Man ist Humboldt (Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues, p. 81) darin gefolgt, derartige Lautbezeichnung symbolisch zu nennen. Humboldt selbst drückt sich vorsichtig aus: „Man kann diese Bezeichnung (wenn z. B. stetig, stehen, starr den Eindruck des Festen giebt, das Sanskritische lî schmelzen, auseinandergehen, den des Zerfliefsenden) obgleich der Begriff des Symbolischen in der Sprache viel weiter geht, die symbolische nennen." Wir nennen sie eine analoge, (ein Ausdruck, den Humboldt auf eine andere Art der Sprachbildung [p. 82] anwendet), sprechen aber auch nur von dem Laute als solchem, nicht schon von den Wörtern. Auch Heyse (1. c. p. 99) behandelt solche Übertragungen der Sinnesthätigkeiten und Sinneseindrücke von einem Sinn auf den andern und nennt sie Begriffs-Metaphern, z. B. also: stumpf auf dem Ohre, caeca mens, bitter kalt, bittere Armut cet. Er deutet hiermit auf einen im Gebiete der artikulierten Sprache eintretenden Wandel der Bedeutung, welcher dieselbe Erscheinung bietet, dafs Analoga für einander eintreten; es kommt dies hier aber nur soweit in Betracht, als wir dadurch die beginnende Charakterisierung des Empfindungslautes zu begreifen vermögen. Es ist ja auch, wenn man die Wörter dieser Art bespricht, lediglich um deren Lautkörper zu thun, und es ist besser,

auf meiner Zunge köstlich; ach, ich hörte laut das Strahlen der Gestirne hoch am Himmelssaal und ich genofs unsäglich reich die schöne Welt zugleich im fünfundzwanzigfachen Wonnestrahl. Auch meine Efskunst war vergöttlicht hier: ich afs das Sonnenlicht, das Himmelsblau, den Glanz, ich trank das mir im grofsen Becher schmelzende bildschöne Mädchen voll süfsen Schauerns aus" u. s. w.

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nicht vorzugreifen und zunächst die Ausdrucksfähigkeiten des Lautes an sich zu prüfen. Erst mufsten diese Erfolge auf den Vorstufen der Sprache errungen sein, der Mensch mufste erst eine gewisse Macht über sein Lautmaterial erlangt haben, dann erst konnte eine freie Gestaltung - das Wort entstehen, in dessen Gebiete dann, freilich in erhöhter Form, die Errungenschaften der vorangegangenen Arbeit wieder auftreten. In der ausgebildeten, artikulierten Sprache finden wir das Lachen und Weinen, das Jubeln, Stöhnen, Ächzen, das Nachahmen, Deuten der Empfindungslaute als interjektionale Elemente, als Spuren der Onomatopoie wieder auf, degradiert freilich zu blofsem Lautmaterial; und weiter noch erstreckt sich die Verwendung dieser nach einer Analogie erfolgenden Lautbildungen, welche als solche deshalb nicht mehr nachweisbar sind, weil sie der Artikulation ganz nahe rücken und in dem Mafse verschwinden mufsten, als die Sprache (im engeren Sinne) sich ausbildete und sie in den Wurzellaut erhob. - Giebt man mit Heyse (1. c. p. 72 sq.) zu, dafs Schallnachahmungen auch unartikuliert als „Naturlaute, welche der Vernunftsprache noch nicht angehören", hervorgebracht werden konnten, so muss auch angenommen werden, dafs Analoga zu diesen, den Reizungen aller Sinne gemäfs, als blofse Laute vorhanden waren.

Es kann endlich der Reiz, welcher die Empfindung anregt, derart sein, dafs er das Subjekt zur Thätigkeit bestimmt, sei es, um sich mit der Aufsenwelt überhaupt in Verkehr zu setzen, sei es, um den Eigenorganismus zu behaupten oder geltend zu machen. Laute, welche solche Thätigkeit anzeigen oder begleiten, z. B. Rufe, wie he! st! ha! werden eine Einwirkung des Objekts nicht erkennen lassen, desto entschiedener aber die Energie, zu welcher der Organismus sich anspannt.

Ehe wir dazu fortgehen, den psychologischen Fortschritt zu besprechen, welcher nach dem Gesetz der Wechselwirkung mit diesen Lauthervorbringungen sich verflicht, bemerken wir, dass, weil die wahre Natur des Wortes als eines Kunstwerkes dies erst ist Symbol - nicht erkannt wurde, man vielfach die artikulierte Sprache unmittelbar aus diesen Lauten herzuleiten suchte. Man liefs dabei aufser acht, dafs bei Bildung der Wörter eine Freiheit sich wirksam zeigt, welche diesen Naturlauten abgesprochen werden mufs, und dafs mit Auffindung des Lautstoffs die Wortform noch nicht erreicht ist. Da die Alten ihre Ansichten einfacher herauszusagen pflegen, führen wir Epikur als Vertreter dieser Ansicht an. Er erklärt die Entwickelung unseres Geistes in derselben Art, wie

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