motivir. deren sich Schin über seinen Charakter bedient hatte by: Es waren für mich zwei Wege offen, der des Ehrgeizes und der der Reinheit. Welchen ich wählte, wird Dir nicht zweifelhaft sein. Der letzte musste zwar nach einem harten Kampfe aus dem Labyrinth und zu meinen alten Beschäftigungen zurückführen, war aber wohl einen harten Kampf werth. Ich hatte nach meiner Denkart keine Wahl. Ich bin von den Plänen, die als hellbringend dargestellt werden, unterrichtet und finde sie durchaus verwerflich. Was Niebuhr hier den Weg des Ehrgeizes nennt, bezieht sich höchst wahrscheinlich auf das Anerbieten, welches Hardenberg ihm vor seinem eigenen Eintritt ins Staatskanzleramt machte. das Finanzministerium zu übernehmen. Wir wissen darüber zwar nichts Bestimmtes aus eigenen brieflichen Aeusserungen Niebuhr's: aber Stein spricht es in einem Briefe an Humboldt), wie es scheint, aus sicherer Kunde aus, und Pertz führt eine gleichlautende mündliche Mittheilung Niebuhr's). die er ihm in Rom gemacht habe, an. Auch wird sie wohl durch Niebuhr's Erklärung gegen seinen Vater vom 18. August 18104) bestätigt: „Hätte ich ehrgeizige Absichten gehabt, so wäre es mir wohl nicht schwer gewesen, sie in diesem Frühjahr zu befriedigen: aber dann müsste ich mich jetzt schämen.“ Ceber den Grund seiner Ablehnung trifft ohne Zweifel Pertz das Richtige 5): „Als Hardenberg Niebuhr den Antrag machte, ihn zum Finanzminister zu ernennen, würde dieser nicht geschwankt haben, wenn ihm die Aussicht geblieben wäre, seinen Grundsätzen in einer solchen Stellung treu zu bleiben. Aber Sparsamkeit, die möglichste mit Zweckmässigkeit und billigen Rücksichten verbundene Einschränkung in den Ausgaben, Beförderung der Erwerbsquellen, möglichst 1) Lebensnachrichten I, 444. 2) Pertz I, 421. 3) In einer Anm. in der grösseren Ausgabe, Bd. II, S. €21. 4) Lebensnachrichten I, 344. 5) Aus Stein's Leben: Bd. I, S. 422. دو gelinde Belastung nach Local- und anderen Umständen, gewissenhafte und einsichtige Beamtenanstellung, strenge Aufsicht waren es nicht, was den Charakter der Hardenberg'schen Verwaltung bilden sollte. Wie früher, so suchte der Staatskanzler auch damals nicht selbständig in ihrem Geschäftskreise nach Einsicht und Gewissen freiwaltende Gehülfen, sondern ergebene, ihm ganz untergeordnete Werkzeuge, Niebuhr lehnte ab." und Nach Niebuhr's Rücktritt von den Geschäften wandte sich Hardenberg mit ähnlichen Anträgen an Schön, der im Juli seiner Einladung nach Berlin folgte. Ueber die Verhandlungen mit ihm berichtet Mejer Näheres 1) zum Theil aus seinen Memoiren: sie hatten denselben Ausgang wie die mit Niebuhr. Da Schön sich eben so wenig wie dieser mit Hardenberg's Finanzplan einverstanden erklären konnte, sich vielmehr in seiner Beurtheilung ausdrücklich mehrfach auf dessen Gegengründe berief, so kehrte auch er, ohne ein Einverständniss erreicht zu haben, Ende August nach Gumbinnen zurück. 2) Stein hat zwar damals das Verhalten beider Männer hart getadelt3); aber seine Freundschaft blieb beiden unverkümmert, und späterhin bei voller Kenntniss der Verhältnisse, unter denen sie gehandelt, erklärte er laut seine Billigung ihres Verfahrens. Was aber die Klose-Raumersche Behauptung, gegen welche Nasse Zweifel erhebt, betrifft, dass Niebuhr sich nach Hardenberg's Briefe vom 4. Juli in einer unmittelbaren Eingabe an den König mit den heftigsten Anklagen gegen den Staats 1) A. a. O. S. 518 ff. 2) Vgl.,,Aus den Papieren des Ministers Th. v. Schön ", Bd. II, S. 64: Ich schrieb an den König, stellte ihm vor, dass ich die Hardenbergschen Pläne, nach welchen das Bestehende mehr zerbrochen als aufgelöst werden sollte, meiner Pflicht gegen den König nach, zum Theil nicht ausführen könne, und bat um Erlaubniss, nach Gumbinnen zurückkehren zu dürfen." 3) Pertz I, 421. kanzler gewandt habe. so ist auch Mejer entschieden der Ansicht, dass hier eine Verwirrung der Daten vorliegt. Er selbst nimmt an. dass Niebuhr zugleich mit der Tebergabe seines Gutachtens vom 23. Juni den Inhalt desselben auch dem Könige habe zugehen lassen. Ich weiss nicht, ob er zu dieser Annahme einen den Akten entnommenen Grund hat; sie stimmt sehr wohl mit der Erzählung der „Lebensnachrichten überein ), dass Niebuhr eine Vorstellung gegen einen von Hardenberg gebilligten Finanzplan an den König eingesandt habe. „Dieselbe war mit dem Gefühl einer gewissen Angst über die mögliche Ausführung des Planes und vielleicht in zu starken Ausdrücken abgefasst, daher sie ihm auch eine Missbilligung des Königs zuzog.“ Auch der Bericht von Schōn stellt den Vorgang in ähnlicher Weise dar 3): „Von Niebuhr erfuhr ich gleich nach meiner Ankunft, dass über die Pläne, welche durch Hardenberg bearbeitet waren, mit ihm schon verhandelt sei und er deren Ausführung so verderblich gefunden habe, dass er unmittelbar den König dagegen habe warnen müssen; H. habe nun auf mich provocirt und dies sei die Ursache meiner Berufung." Wie aber auch der Verlauf der Sache gewesen sein mag- und ganz sicher wird sich der Thatbestand erst nach Einsicht der letzten zwischen Hardenberg und Niebuhr gewechselten Briefe beurtheilen lassen, und sollte auch Niebuhr in der Form der von ihm gethanen Schritte gefehlt haben - er selbst scheint das in dem an den Vater am 18. August gerichteten Briefe einzuräumen 4) -: von etwas Unehrenhaftem, wie es Klose und Raumer, und besonders Gervinus in unglaublicher Ver 1) A. a. O. S. 515. 2) I, 342. 3),, Aus den Papieren des Minsters Th. von Schön" II, 62 f. 4) Lebensnachrichten I, 344: Wohl kann man nach dem Ausgang wünschen in einigen Punkten anders gehandelt zu haben. Es ist aber wohl genug, wenn man am Ende, und auch nachdem man Unannehmlichkeiten erfahren hat, im Ganzen an dem Vorgefallenen nichts ändern möchte." kennung der Verhältnisse, es ihm zur Last legen, kann nicht die Rede sein. Es liegt zwar dem Zwecke dieser Blätter fern, die Resultate von Hardenberg's weiterer Finanzverwaltung in Betracht zu ziehen. Doch ist es auch für die Beurtheilung von Niebuhr's Verhalten von entscheidender Wichtigkeit, dass bei der späteren Berathung in der dazu eingesetzten Commission von Hardenberg's ursprünglichen Plänen, die Niebuhr in seiner Denkschrift verworfen hatte, bis auf die Zwangsanleihe, die zwar den 27. October 1810 verkündigt war, aber durch Edikt vom 7. September 1811 aufgegeben wurde, nichts beibehalten 1), dass dagegen in Bezug auf die wichtige Grundsteuer,,die von Niebuhr ausgesprochene Forderung einer Ausdehnung und Ausgleichung derselben vollständig adoptirt wurde“ 2). Nasse sieht sich durch die Einsicht, welche er in die gesammte Finanzlage der damaligen Zeit gewonnen hat, zu der Aeusserung gedrängt 3):,,In der That, wenn man in dem Ministerwechsel des Jahres 1810 nur die Aenderung des finanziellen Systems sah und das zur Herrschaft gelangte nach dem Werth des vorgelegten Planes beurtheilte, so erscheinen die Besorgnisse, welche Niebuhr ausspricht, ja die Entrüstung über die Oberflächlichkeit, mit der die gefährlichsten Wege als sichere Heilmittel empfohlen wurden, als nur allzubegründet. Die vollständige Werthlosigkeit der Vorschläge, mit denen Hardenberg auftrat, ergab sich schon in der allernächsten Zeit durch das Urtheil einiger Sachverständiger und die Macht des realen Lebens." Bis zu einem gewissen Grade wird man ihm auch Recht geben, wenn er hinzufügt:,, Niebuhr übersah aber offenbar, dass für Hardenberg, der Finanzangelegenheiten keineswegs zu seinem Specialfache gemacht hatte, der positive Inhalt seiner Vorschläge eine unwesentliche Nebensache war. 1) Nasse a. a. O. S. 340. 2) S. 337. 3) S. 332. Der Finanzplan bedeutete ihm wohl kaum viel mehr, als ein diplomatisches Mittel, das unvermeidlich war, um ans Ruder zu kommen. Mit der grössten Leichtigkeit liess er die darin ausgesprochenen Gedanken fallen und ersetzte sie durch Besseres, so wie es ihm geboten war. Vor Allem aber hat Niebuhr doch nicht hinlänglich erkannt, dass Hardenberg jedenfalls die zurückgetretenen Minister an geistiger Gewandtheit und staatsmännischer Thatkraft bei weitem überragte, und dass selbst sein an Leichtsinn grenzender Optimismus damals in so fern ein Verdienst war, als er den Staatskanzler auch in anscheinend hoffnungsloser Lage vor muthloser Verzweiflung bewahrte." Nur ist mit diesem Urtheil zugleich ausgesprochen, dass mit einer solchen Staatskunst, die doch immer etwas von dem Gefährlichen des Hazardspiels an sich trug, eine so rein sittliche und gründliche Natur, wie die Niebuhr's, auf die Dauer unmöglich zusammenstehen konnte, und dass er recht gethan hat, sich zurückzuziehen, als er seine Grundsätze nicht ungeschädigt aufrecht erhalten konnte. b. Aus der Periode der römischen Gesandtschaft: Es scheint mir angemessen, an die Erörterung von Niebuhr's finanzieller Geschäftsführung gleich dasjenige anzuschliessen, was ich zur Erläuterung und Beurtheilung der zweiten, der diplomatischen in Rom, mittheilen möchte, obgleich zwischen beiden ein Zeitraum von fast sechs Jahren liegt. Wie uns für jene besonders in der trefflichen Arbeit Nasse's ein reiches Material geboten war, so liegt für diese in O. Mejer's lehrreicher Schrift:,,Zur Geschichte der römisch-deutschen Frage" (1 u. 2; Rostock, Stillersche Buchhandlung; 1871, 1872 und 1874) die erste Bearbeitung der für dieselbe in Betracht kommenden Verhältnisse und Vorgänge vor, welche ich in Folgendem vorzugsweise dankbar benutze. Wenn Mejer gegen das Ende seines Aufsatzes: „, Schön 99 |