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von minder werthvollem Inhalt die an der Bonner Universität gehaltenen Vorträge, von welchen die über römische Geschichte (in 3 Bänden 1845 bis 1848), über alte Länder- und Völkerkunde (1851) und über römische Alterthümer (1858) von Dr. Isler in Hamburg, die über die Geschichte des Zeitalters der Revolution (in 2 Bänden 1845) und über alte Geschichte (in 3 Bänden 1847 bis 1851) von dem Sohne des Verstorbenen herausgegeben sind. Aber man sieht leicht, dass nur durch ein gründliches Studium dieser verschiedenartigen und· reichhaltigen Schriften eine vertraute Bekanntschaft mit ihrem Verfasser gewonnen werden kann, und eben so unerlässlich ist zur Sicherung des Urtheils die Kenntniss der zahlreichen Schriften Anderer, die durch Niebuhr's wissenschaftliche Arbeiten, oder durch seinen Antheil an den politischen Vorgängen einer sehr bewegten Zeit hervorgerufen worden sind. Wir dürfen hoffen, dass durch Nissen's biographische Arbeit die schwierige Aufgabe eine erfreuliche Lösung finden wird.

Ich wünschte zu derselben dadurch einen Beitrag zu liefern, dass ich dasjenige, was mir aus meiner eigenen Erinnerung und aus Mittheilungen der ihm nahe stehenden Freunde, mit denen auch ich in vertrautem Verkehr gestanden habe, so wie aus einer sorgfältigen Beachtung der in Betracht kommenden literarischen Erscheinungen, im Einzelnen über sein Leben und Wirken zur Kunde gekommen ist, in anspruchlosen Aufzeichnungen zusammenstelle.

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Ich bin im Herbste 1826 in meinem 21sten Jahre auf eine Empfehlung des Freiherrn C. von Rumohr von ihm aufs freundlichste aufgenommen worden, bin im Sommer 1827 als Lehrer seines Sohnes in sein Haus eingetreten und habe ihm mit der Unterbrechung der holsteinischen Reise im Sommer 1828, während welcher ich mit Aufträgen von ihm die Bibliotheken in Leyden und Paris besuchte, bis zu seinem Tode im Januar 1831 sowohl in jener Stellung, wie mit litterarischen Arbeiten nach seinen Anweisungen beschäftigt, zur Seite gestanden. Ich habe auf den Wunsch der

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Verwandten die verwaisten Kinder, die bis dahin die liebevollste Aufnahme im von Hollweg'schen Hause gefunden hatten, Ostern 1831 nach Kiel begleitet und ein mir unvergessliches Jahr im Hause der vortrefflichen Freundin Niebuhr's, der Frau Dr. Hensler, und in nahem Verkehr mit der verwandten Familie des Prof. Twesten verlebt. Erinnerungen an den Verstorbenen bildeten natürlich einen grossen Theil der Unterhaltungen in diesem Kreise. Später habe ich mir durch. einen Besuch in Meldorf die Anschauung des Schauplatzes von Niebuhr's Knabenjahren verschafft und mich der Bekanntschaft der überlebenden Schwester, die mit grösster Liebe an seinem Andenken hing, erfreut. Auf meinem späteren Lebenswege in den Schulämtern zu Berlin, Lübeck, Frankfurt und Hamburg hat mir mein früheres Verhältniss zu dem allgemein verehrten Manne leichten Zugang zu seinen nächsten und liebsten Freunden verschafft: zu von Savigny, Nicolovius, Schleiermacher, Immanuel Becker, dem Buchhändler G. Reimer in Berlin, zu Bluhme und dem Grafen Adam Moltke in Lübeck, zu Friedrich Perthes in Hamburg und Gotha, den ich schon 1829 im Niebuhr'schen Hause kennen gelernt hatte, und mit dessen trefflichem Sohne Clemens ich damals in freundschaftliche Verbindung trat, später zu Bunsen, als dieser einige Jahre in der Nähe von Heidelberg lebte.

Dass ich mit Niebuhr's Kindern, von denen die mittlere Tochter nach kurzer Ehe mit dem Assessor W. von Wollzogen schon 1844, die älteste als Gattin des Geh. Staatsraths Francke in Coburg 1862 und der einzige Sohn als geheimer Kabinetsrath des verewigten Königs Friedrich Wilhelm IV. den 1. August 1860 in Badenweiler gestorben ist, stets das freundschaftlichste Verhältniss aufrechterhalten habe und mit der jüngsten, der Frau Präsident Rathgen in Weimar, noch erhalte, bedarf keiner Versicherung. Diese mich persönlich betreffenden Umstände erwähne ich, um für die folgenden Mittheilungen meine Berechtigung zu erweisen: sie werden sich in den Grenzen fragmentarischer Erinnerungen halten und so viel wie möglich

sich auf die Zeugnisse der Betheiligten berufen. Ich werde dabei den Gang befolgen, dass ich im Anschluss an die obige Lebensskizze zu den einzelnen Perioden derselben erläuternde oder ergänzende Bemerkungen hinzufüge.

Aus den Kindheits- und Knabenjahren im väterlichen Hause zu Meldorf bis Ostern 1794.

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Niebuhr war zwar in Kopenhagen geboren, aber beide Eltern waren von deutscher Abstammung: der Vater, wie er selbst ihn uns so lebendig geschildert hat, von dem kernhaften Stamme eines niedersächsischen Bauerngeschlechtes, als freier Landmann auf einem Marschhofe im Lande Hadeln geboren, die Mutter, des Leibmedikus Blumenberg, eines geborenen Thüringers, Tochter. Obgleich er daher später durch seine wiederholte amtliche Stellung in Kopenhagen mit Dänemark in naher Verbindung blieb und stets den Interessen des Landes treue Anhänglichkeit bewahrte, sein ganzes Wesen und Fühlen war doch deutsch, und nur Deutschland, und in Deutschland Preussen, erkannte und liebte er als sein Vaterland. Von seinen Eltern hat er uns vom Vater ein lebendiges und anziehendes Bild seiner äusseren Erscheinung wie seiner geistigen Eigenthümlichkeit hinterlassen. Der zärtlichen und allzu sorglichen Liebe seiner Mutter gedenkt er in dankbarem Herzen, gibt uns aber nicht ein Bild von ihrer Persönlichkeit. Dennoch möchten wir glauben, dass er, wie so manche hervorragende Männer, in seinem inneren und äusseren Wesen mehr Züge von der Mutter als vom Vater an sich trug. Sein zarter, fast schwächlicher Körperbau, die Tiefe und Innigkeit seines Gemüthes, die rege Lebendigkeit seiner Phantasie, die grosse Reizbarkeit seiner Empfindungen, die ihm durch ihre leichte. Verletzlichkeit manchen Schmerz im späteren Leben bereitet

hat, scheinen nichts von der auf sich selbst beruhenden Festigkeit und gleichmässigen Gemüthsruhe des Vaters, sondern einen mehr weiblichen Charakter zu haben. Allerdings ist zur Erklärung seiner Eigenthümlichkeit auch zu erwägen, dass seine Kindheit, wie er uns berichtet, wiederholt durch schwere Krankheiten heimgesucht, und er darum, wie er selbst glaubte, mit zu grosser Aengstlichkeit vor jedem schädlichen Einfluss bewahrt und von einer freieren Uebung seiner Körperkräfte fern gehalten wurde. Von der ausserordentlich frühen Entwicklung seiner ungewöhnlichen Geistesgaben, und zwar eben so sehr nach der Seite der leichten Auffassung fremder Sprachen und einer ausgebreiteten, durch ein bewundernswürdig treues Gedächtniss unterstützten Lectüre, wie in der Richtung geschichtlicher und naturwissenschaftlicher Studien und des Interesses für alle Ereignisse der Gegenwart, geben die Lebensnachrichten 1) merkwürdige Beweise. Noch jetzt werden in den Familienpapieren, die ich habe einsehen dürfen, einige Arbeiten aus Niehuhr's Knabenjahren aufbewahrt, welche Staunen erregen, u. A. zwei umfangreiche Hefte, welche er zum Geburtstage des Vaters (17. März) in den Jahren 1786 und 1787, also in seinem zehnten und elften Lebensjahre aus eigener Lectüre ausgearbeitet hatte: das erste eine historischgeographische Beschreibung von Afrika, das zweite eine Uebersetzung von Poncet's Reise nach Aethiopien 1695-1700. Besonders anziehend sind in beiden die voranstehenden Zuschriften an den Vater, die in bescheidenen Worten den Wunsch aussprechen, ihm Freude zu machen. Die zweite vom Jahre 1787 zeigt schon aufs deutlichste die Anfänge der festen und klaren Handschrift, die er sich sein Leben lang bewahrt hat.

J. H. Voss fasste seit seinem ersten Besuche in Meldorf im Sommer 1781, bei welchem sich zwischen ihm und dem Vater Niebuhr eine auf verwandter Denkweise ruhende, fürs Leben ausdauernde Freundschaft gründete, für

1) Bd. I,. S. 9 ff.

den ungewöhnlich begabten Knaben das lebhafteste Interesse. Die deutsche Odyssee, die um diese Zeit erschien, wurde das Lieblingsbuch des ganzen Hauses.,,Niebuhr's Kinder", schreibt Boie dem Schwager den 28. Januar 1782,,, reden von nichts als von dem edlen Odysseus und der klugen Penelopeia. Mein Hund ist der Kyklop, und letzthin, da ein Brand aus dem Ofen fiel, sagte Barthold:,Nimm dich in Acht, Kyklop, dass sie dir das Auge nicht ausbrennen."" 1) Es ist die früheste Aeusserung, die uns von dem Knaben aufbewahrt ist, und mag als solche dem Gedächtniss erhalten bleiben. Acht Jahre später, den 24. December 1790, schreibt Boie an Voss 2), dessen Rath bei dem Vater wie bei dem Sohne stets in hohem Ansehn blieb,, Der kleine Niebuhr, der mächtig auf einen Philologen losstudiret und von nichts als Manuscripten und Varianten träumt, ist jetzt sehr glücklich durch ein Manuscript des Varro, das sein Vater aus der königlichen Bibliothek in Kopenhagen für ihn bekommen hat. Er hat schon Lesarten von Bedeutung und besonders gefunden, dass die Schwierigkeit mehrerer Stellen von Lücken herrührt, die in den gedruckten Ausgaben nicht bemerkt sind." Derselbe Boie, der vertrauteste Freund des väterlichen Hauses, schreibt über ihn den 8. Januar 1792 an eine Freundin 3):,,Wie leicht ein Knabe, der Kopf und Lust hat, Sprachen lernt, davon ist Niebuhr's im 16. Jahr stehender Sohn, ein kleines Wunder von Kenntnissen sehr verschiedener Art und an Reife des Verstandes, ein lebendiges Beispiel", und einige Jahre später 4):,, In dem jungen Niebuhr ist Stoff zu einem grossen Manne, und ich hoffe, dass er herauskommen werde."

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Seine raschen Fortschritte auf allen Gebieten des Wissens machten es nach dem Urtheil des gelehrten Rectors der Meldorfer Schule, Jäger, unthunlich, dass er den regel

1) Herbst, J. H. Voss, Bd. I, S. 227.

2) Ebendas., Bd. II, S. 136.

3) Weinhold, H. Chr. Boie, S. 104.
4) Ebendas., S. 105.

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