Obrazy na stronie
PDF
ePub

Weshalb wir zugleich die schönsten Blumen aus des Minnefangs Frühling zu einem Strauß gebunden und den Liedern Walthers vorausgeschickt, rechtfertigt die Einleitung. Auch bei der Anordnung dieser Lieder sind wir so verfahren, daß der Fortschritt in der Entwicklung vom einfachsten Ausdruck des Naturgefühls bis zum gedankenreichsten lyrischen Gedichte zur Anschauung gebracht ist.

Die mittelalterlichen Lieder zu erklären ohne Zuhilfenahme der Originale halten wir für unmöglich. Denn keine Übertragung kann das Ursprüngliche wirklich wiedergeben oder ersetzen. Hier erhält nun auch der begabtere Schüler Gelegenheit, sich mit dem Urtext bekannt zu machen. Zu diesem Zwecke ist ein kleines Wörterverzeichnis beigefügt. Wir hoffen hierdurch das Interesse für unser deutsches Altertum, das uns vielfach zu ermatten scheint, zu beleben. Der mittelhochdeutsche Text folgt den Ausgaben von Lachmann und Wilmanns.

Die Anmerkungen sind an das Ende gesetzt, damit der Schüler sich ev. vorher auf die Stunde vorbereiten könne.

Was unsre Übertragung der mittelhochdeutschen Gedichte betrifft, so waren wir in erster Linie bemüht, den Gedanken. des Dichters möglichst genau in gutem Neuhochdeutsch wiederzugeben, erst in zweiter Linie stand uns die getreue Anlehnung an die alte Form des Ausdrucks.

Über die allgemeinen Grundsäge unsrer „Denkmäler" geben die Vorbemerkungen zur ganzen Sammlung Auskunft, welche durch die Verlagsbuchhandlung zu beziehen sind.

Für die methodische Behandlung des Gegenstandes ist zu verweisen auf Epische und lyrische Dichtungen erläutert für die Oberklassen der höheren Schulen“, herausgegeben von F. Polack (Gera, Th. Hofmann 1887) und Lehrproben und Lehrgänge", herausgegeben von O. Frick und H. Meier (Halle, Waisenhaus 1889) 19. Heft. Dies lettere haben wir erst nach Vollendung unsrer Arbeit eingesehen.

"

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors][ocr errors]
[ocr errors]

90

104

113

40. Jugendlehren. Niemand zwingt mit Ruten
41. Das heilige Land. Nun erst ist mir wert
42. Schwanengesang. O weh, wohin entschwanden

Anmerkungen

Einleitung.

Walther von der Vogelweide und seine Vorgänger.

Walther von der Vogelweide ist nicht als ein das „finstre Mittelalter" wunderbar erleuchtendes Meteor aufzufassen, das unerwartet und durch nichts vorbereitet die Wolken durchbrach, sondern er bezeichnet den Höhepunkt einer zwar kurzen, aber sehr reizvollen Entwickelung. Daher gehört zu seinem vollen Verständnis ein Blick auf die Geschichte der mittelhochdeutschen Lyrik und eine Kenntnis der schönsten Blüten, welche des Minnesangs Frühling hervorgebracht hat.

Zwar mögen schon lange, bevor die deutsche Kunstlyrik geboren wurde, Liebeslust und Liebesleid in kurzen, volkstümlichen Versen ihren einfachen Ausdruck gefunden haben, etwa so wie es die kleinen, ohne Namen der Verfasser uns überlieferten Liedchen [Nr. 1-5] zeigen: der eigentliche kunstmäßige Ausdruck der Empfindung fand bei unsern Vorfahren keinen Raum, solange die alten Heldenlieder erklangen, solange dann die Geistlichen in drei Jahrhunderten fast allein die Träger der Poesie waren oder (im 11. Jahrhundert) mit den neu aus der Verborgenheit auftauchenden Spielleuten um die Wette Harfe und Fiedel zum Gesang ertönen ließen. Erst als im 12. Jahrhundert das Leben der Höfe einen höheren Schwung nahm, als durch die Kreuzzüge u. a. eine idealere Lebensauffassung Plah griff, als aus den niederen Dienstmannen der neue Stand der Ritter sich entwickelte, als durch die Teilnahme der Frauen an der Gesellschaft feinere Sitten den Verkehr veredelten und der Frauendienst entstand, sproßte wunderbar schnell, durch die Ritter ge= pflegt, die neue Kunst hervor, um in etwa dreißig Jahren die hohe Blüte zu erreichen, welche wir bei Walther bewundern. Es Denkmäler älterer deutscher Litteratur. II, 1. Fünfte Aufl.

1

ist keine relative Höhe, welche sie in ihm erklommen. Die besten Gedichte unsres mittelalterlichen Klassikers stellen sich den besten aller Zeiten würdig an die Seite und weichen, recht aufgefaßt und gewürdigt, auch denen Goethes nicht. Ja bei aller Bewunderung und Liebe, welche wir den schönsten Liedern dieses größten modernen Lyrikers zollen: einen Vorzug müssen wir gerechter Weise der Muse Walthers von der Vogelweide zuerkennen, das ist ihre religiöse und ihre patriotische Seite.

Obgleich der Anstoß zur Entwickelung der deutschen Lyrik wohl unstreitig auf den Kreuzzügen durch den Verkehr unsrer Ritter mit den Franzosen gegeben worden ist, welche schon vor jenen im Besitz einer solchen Kunst waren, halten sich doch die ältesten ritterlichen Dichter von französischem Einfluß ziemlich frei und ahmen ihre Lieder nicht nach. Wir finden sie in Österreich an der Donau thätig.

Fünfzehn Strophen sind uns unter dem Namen eines Herrn von Kürenberg überliefert, in welchem man einst den Dichter der Nibelungen zu sehen glaubte, weil dreizehn derselben in der Nibelungenstrophe verfaßt sind. Der Ritter war in der Nähe von Linz zu Hause, wo mehrere Männer dieses Namens nachgewiesen. sind. Näheres wissen wir von ihm wie von der Mehrzahl der mittelalterlichen Sänger nicht. Die meisten dieser Strophen sind Frauen in den Mund gelegt. Sie zeichnen sich durch Schlichtheit der Gedanken und Empfindungen aus und sind außerdem noch dadurch so eindrucksvoll auf unsre Vorstellungskraft, daß sie uns meist in bestimmte klare Situationen versehen. Siehe Nr. 6.

In höherer Ausbildung zeigt uns die Lyrik schon der Österreicher Dietmar von Eist, welcher vermutlich zwischen 1170 und 1200 im Dienste der Herren von Eist stand. Ihre Stammburg lag im Lande ob der Ens, in der Riedmark, auf einem Hügel, der noch jest Alteist heißt. Anfangs dichtete Dietmar in der einfachen älteren Weise, später schloß er sich der neuen Kunstrichtung an, welche durch den unmittelbaren Verkehr mit Frankreich aus den Rheinlanden sich verbreitete. [Nr. 7-9.]

Als Begründer derselben ist Heinrich von Veldefe zu betrachten. Er stammt aus der alten Grafschaft Looz und war bei Limburg zu Hause, wo noch heute eine Mühle den Namen Veldeke trägt. Seine Zeitgenossen sagten von ihm, er habe das erste Reis der höfischen (epischen) Dichtung dem Baum der Poesie durch sein erzählendes Gedicht Eneit eingeimpft. Die Worte Gottfrieds

« PoprzedniaDalej »