21. Erlösung. Ich hab' gedienet lange Der in der Hölle Wohnung hat. Sein Lohn ist leider böse. Drum hilf mir nun, o heilger Geist, Daß ich von seinen Banden schnell mich löse. 22. Unverzagter Mannesmut. Es ziemt dem Helden, daß er froh nach Leiden sei. Ein Heil möcht' sein; des sollst du dich versehen: 5 Was ihr verlort, war eitles Gut, 5 So denkt, und nicht verzaget, Ihr tapfern Männer, hoch den Mut! 23. Weibes Tugend. Ob auch ein reines Weib nicht reiche Kleidung trägt, Doch kleidet ihre Tugend sie, wer's recht erwägt, Daß sie so schön geblümet geht, So wie die lichte Sonne steht An einem Tag mit vollem Glanz, Erstrahlend hell und reine. So viel die Falsche sich mit Kleidern schmückt: Ihr Ehre bleibt doch kleine. 24. Freundschaft. Wer seinen guten Freund sich gern erhalten will, Und sage ihm, was er nicht recht gethan, 5 So daß kein fremdes Ohr es hört. Denkmäler älterer deutscher Litteratur II, 1. Fünfte Aufl. 3 5 er zürne in dâ vil sêre, und halte in vor den liuten wol. 5 10 XXV. Priamel. Swer einen friunt wil suochen, dâ er sîn niht enhât, und vert ze walde spüren, số der snê zergất, und koufet ungeschouwet vil, und haltet gerne vlorniu spil, dem wirt wol afterriuwe kunt, XXVI. Unthätiger Groll. Zwên hunde striten umbe ein bein. dô stuont der bæser unde grein. waz half in al sîn grînen? er muostez bein vermîden. der ander der truogez von dem tische hin ze der tür, er stuont ze sîner angesiht und gnuogez. Er schelt' ihn heimlich sehre Und red' ihm vor den Leuten wohl. 25. Priamel. Wer einen Freund will suchen, Und spürt des Wildes Fährte, Den wird es einmal noch gereun, 10 Wenn er's zu lange treibet. 26. Unthätiger Groll. Zwei Hunde stritten um ein Bein. 5 Er sah den andern tragen Es von dem Tische hin zur Thür, |