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der Beschlagnahme die Aufforderung oder Anreizung ein Verbrechen oder Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde.1)

über die Bestätigung oder Aufhebung der vorläufigen Beschlagnahme hat das zuständige Gericht zu entscheiden. Diese Entscheidung muß binnen 24 Stunden beantragt und binnen weiteren 24 Stunden erlassen werden. Selbstverständlich rifft eine derartige Beschlagnahme nicht die schon in Privatbesitz übergegangenen Stücke.

Eine weitere Beschränkung der Preßfreiheit enthalten die §§ 9 u. 10 preuß. PreßG. v. 12. 5. 1851, die, wie oben erwähnt, in Geltung geblieben sind. Danach dürfen Anschlagezettel und Plakate, die einen anderen Inhalt haben, als Ankündigungen über gefeßlich nicht verbotene Versammlungen, über öffentliche Verfügungen, gestohlene, verlorene oder gefundene Sachen, über Verkäufe oder andere Nachrichten für den gewerblichen Verkehr, nicht angeschlagen oder sonstwie öffentlich ausgestellt werden, doch gilt diese Bestimmung nicht für die amtlichen Bekanntmachungen öffentlicher Behörden.) In erster Linie ist also hierdurch das politische Plakat verboten.

Ferner darf niemand ohne vorherige polizeiliche Erlaubnis auf öffentlichen Wegen, Plägen usw. Schriften oder Bildwerke ausrufen, verkaufen, verteilen oder anschlagen.3)

Schließlich kann die Preßfreiheit sehr erheblichen Beschränkungen unterworfen werden in Zeiten des Krieges, der Kriegsgefahr, innerer Unruhen usw. In dieser Beziehung bestimmt zunächst der schon oben angeführte § 15 RPreßG.: „In Zeiten der Kriegsgefahr oder des Krieges können Veröffentlichungen über Truppenbewegungen oder Verteidigungsmittel durch den Reichskanzler mittels öffentlicher Bekanntmachung verboten werden". Daß diese Einschränkung im Interesse der Sicherheit des Reiches unbedingt nötig ist, ist klar,) ebenso klar, daß sie in dieser Form in der Praxis von wenig Wert sein würde, da sie längst nicht weit genug geht, es sei denn, daß man die beiden Worte Truppen= bewegungen und Verteidigungsmittel sehr extensiv interpretiert. Übrigens ist auch der Begriff Kriegsgefahr ziemlich unklar und juristisch schwer mit Sicherheit festzulegen.

Sehr viel weitergehend ist die Bestimmung des § 30 Abs. 1 a. a. O.: „Die für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, des er

4) bgl. §§ 23, 24 a. a. D.

2) vgl. § 9 d. Gef. v. 12. 5. 1851. übrigens kann auch das öffentlich angeschlagene Extrablatt einer Zeitung als Plakat angesehen werden; Erl. d. KG. b. 15. 12. 1884.

3) vgl. § 10 a. a. D.

vgl. auch die Mot. zu § 15 S. 18.

klärten Kriegs- (Belagerungs-) zustands oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in bezug auf die Presse bestehenden besonderen gesezlichen Bestimmungen bleiben auch diesem Geseze gegenüber bis auf weiteres in Kraft". Denn einmal erstreckt sich diese Bestimmung auch auf innere Unruhen, nicht bloß auf Krieg und Kriegsgefahr, sodann sind die Gegenmaßregeln, die nach diesem Paragraphen ergriffen werden können, sehr viel weitergehend. Denn dieser Paragraph hat den Zweck, ausdrücklich die Suspen= dierung der im Preßgesetz aufgestellten Beschränkungen der Staatsgewalt zugunsten der freien Bewegung der Presse in bestimmten Fällen auszusprechen,1) ermöglicht also eine vollständige zeitweilige Aufhebung der Preßfreiheit.

Als besondere gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 30 a. a. D. kommt zunächst der Art. 68 RV. in Betracht, nach dem der Kaiser, wenn die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiete be= droht ist, jeden Teil desselben in Kriegszustand erklären kann. Für die Vorausseßungen, Form und Wirkungen einer solchen Erklärung gelten die Vorschriften des preußischen Gesezes über den Belagerungszustand v. 4. 6. 1851. Nach dessen § 5 aber kann bei Erklärung des Belagerungszustandes der Art. 27 VU., also die Preßfreiheit, zeit- und distriktsweise außer Kraft gesezt werden. Da nun nach dem Wortlaut des Art. 68 RV. das ganze Reichsgebiet gleichzeitig in Kriegszustand erklärt werden und demnach im ganzen Reich die Preßfreiheit suspendiert werden kann, só ergibt sich daraus, daß auf diesem Wege die, wie oben erwähnt, unzulängliche Bestimmung des § 15 RPreßG. ergänzt werden

fann.

Endlich bestimmt der § 16 d. Ges. v. 4. 6. 1851 noch für Preußen, daß auch bei nichterklärtem Belagerungszustande im Falle des Krieges oder Aufruhrs bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Preßfreiheit durch das Staatsministerium zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden kann.

Nicht verwirklicht ist die Forderung der Grundrechte, daß über Preßvergehen durch Schwurgerichte geurteilt werden solle, denn die Aburteilung der durch die Presse begangenen strafbaren Handlungen steht, wenigstens in Preußen, den gewöhnlichen Gerichten zu.")

1) So Rönne a. a. D. Bd. 2 § 271.
2) vgl. § 7 StPO.

Fünftes Kapitel.

Die Glaubens- und Kultusfreiheit.

(Art. 5 der Grundrechte.)

§ 21.

Die Glaubens- und Religionsfreiheit.

Art. 5 der Grundrechte bestimmt in seinen ersten beiden §§ 14 u. 15, die eng zusammen gehören und die ich deshalb zusammen behandeln will: § 14: Jeder Deutsche hat volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren“.

§ 15: Jeder Deutsche ist unbeschränkt in der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen übung seiner Religion.

Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetz zu bestrafen“.

Die Glaubensfreiheit, welche § 14 festseßt, ist das Recht des Einzelnen, seinen Glauben oder auch seinen Mangel an jedem Glauben ohne Nachteil zu bekennen, also die Ausschließung jedes direkten oder indirekten Glaubenszwanges. Die selbstverständliche Schranke, daß der Inhalt des Bekenntnisses nicht die bestehenden Strafgeseze verlegen und daß die Art der Ablegung des Bekenntnisses nicht die öffentliche Ordnung und Wohlfahrt schädigen darf, ist keine Einschränkung dieser Freiheit.

Die notwendige Ergänzung dieser Glaubensfreiheit ist die Religions- und Kultusfreiheit, welche § 15 festseßt, das ist das Recht derjenigen, die dieselben religiösen Anschauungen haben, sich zu Vereinigungen zusammenzutun und in Gemeinschaft Religion und Kultus zu üben. Denn jedem religiösen Glauben wohnt der Trieb nach gemeinsamer Betätigung inne, und er muß verkümmern, wenn er auf Hausandachten beschränkt wird.1)

Auch für die Religionsfreiheit gelten dieselben Schranken, die oben bei der Glaubensfreiheit erwähnt sind. Der zweite Sat des § 15 der Grundrechte enthält also eine Selbstverständlichkeit und ist nicht als eine Einschränkung des Rechts der Kultusfreiheit aufzufassen.

Der Grundsatz der Glaubens- und Religionsfreiheit war in Preußen mit seiner verschiedenen Bekenntnissen angehörenden

1) P. Hinschius in Stengel a. a. D. unter Gewissensfreiheit.

Bevölkerung früher, als in den anderen deutschen Ländern und lange bevor die Grundrechte ihre obige Forderung aufstellten, anerkannt. Schon das Religionsedikt v. 9. 7. 1788 enthielt diesen Grundsak, der dann vom allgem. Landrecht in ausgedehnterem Umfange anerkannt und durch das Patent v. 30. 3. 1847 betr. die Bildung neuer Religionsgesellschaften ausdrücklich bestätigt wurde. Heute sind die Forderungen dieser beiden Paragraphen der Grundrechte für Preußen grundsätzlich voll erfüllt durch Art. 12 Saz 1 VU.: Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgesellschaften (Art. 30 u. 31) und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet".1)

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Dieser Artikel gewährleistet die drei in der Religionsfreiheit enthaltenen Rechte, nämlich die Freiheit des Religionsbekenntnisses, die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften und die Freiheit der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung.

In Ausführung der Bestimmungen dieses Artikels sind dann eine Reihe von Gesezen ergangen, welche die einzelnen, aus ihm sich ergebenden Folgerungen speziell geregelt und festgesezt haben. Hierhin gehören die Geseze v. 14. 5. 1873 und v. 28. 7. 1876 betr. den Austritt aus der Kirche bezw. aus einer jüdischen Synagogengemeinde, wonach der Einzelne das Recht hat, durch Erklärung vor dem zuständigen Amtsrichter aus seiner bisherigen Religionsgesellschaft nach freier überzeugung auszutreten und sich einer anderen oder gar keiner anzuschließen, ohne daß ihn irgendwelche staatlichen Nachteile treffen, und zwar unter Loslösung von allen bisherigen, namentlich durch die religiösen Anschauungen bedingten Pflichten, ausgenommen die bereits entstandenen Verpflichtungen zur Entrichtung fälliger Abgaben und Steuern.2) Infolgedessen kennt das heutige Recht auch weder Keßerei noch Schisma oder Apostasie und bestraft sie folglich auch nicht.

Daß ein bestimmtes Alter und bestimmte Formen für den Austritt vorgeschrieben sind, verträgt sich mit dem Grundsaß der Gewissensfreiheit und ist nicht als eine Einschränkung aufzufassen. Eine weitere Folge der oben zitierten Bestimmungen des Art. 12 VU. ist die Verpflichtung des Staates, den Eltern die Befugnis

1) Sat 2 des § 14 der Grundrechte ist nicht mit in den Art. 12 VU. aufgenommen. Daß er auch verwirklicht ist, ergibt sich daraus, daß nirgends im Gesez die Verpflichtung jemandes ausgesprochen ist, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Wie übrigens dieser Saß, der nur dem Mangel an moralischem Mut entgegenkommt, in die Grundrechte des deutschen Volkes" aufgenommen werden konnte, ist schwer verständlich.

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2) Hinschius a. a. D.; vgl. §§ 1—4, 8, 9 d. Ges. v. 14. 5. 1873 und das Gesez v. 28. 7. 1876.

v. Münchhausen.

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zu gewähren und zu sichern, über die religiöse Erziehung ihrer Kinder frei und selbständig Entscheidung zu treffen. Auch dies ist durch die heutige Gesezgebung geschehen, genauer gesagt durch das insoweit noch in Geltung gebliebene allgem. Landrecht, wonach die Kinder zwar grundsäglich in der Religion des Vaters zu erziehen sind, die Eltern sich aber über eine anderweite Erziehung einigen können.1)

Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses unterliegt keinerlei Einschränkungen, abgesehen von den schon oben erwähnten Grenzen, die ihr durch die Rücksicht auf die bestehenden Strafgeseze gezogen werden. Allerdings kann hierdurch die Glaubensund Kultusfreiheit wieder problematisch werden, aber als absolute läßt sie sich in einem geordneten Staatsleben überhaupt nicht denken, weil von ihr, wie übrigens von jedem Rechte, nur insoweit Gebrauch gemacht werden darf, als nicht dem Rechte Einzelner oder der Gesamtheit dadurch Eintrag getan, oder die Verfassung und der einheitliche Organismus des Staates dadurch gestört wird.2)

Wohl aber erleidet die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung eine ziemlich beträchtliche Einschränkung durch den Unterschied, den die preuß. Verordnung v. 11. 3. 1850 zwischen kirchlichen und religiösen Vereinen mit und ohne Korporationsrechten macht. Die diesbezüglichen Bestimmungen der genannten Verordnung sind durch § 24 RVereinsG. aufrechterhalten, mit Rücksicht auf die verschiedenartige Stellung der einzelnen Bundesstaaten zur Kirche. Kirchliche und religiöse Vereine gelten nun als solche, die eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, und ihre Versammlungen als solche, in denen öffentliche Angelegenheiten erörtert werden.) Sie sind in jeder Beziehung den Vorschriften der Verordnung v. 11. 3. 1850 unterworfen, müssen also Statuten und Mitgliederverzeichnis der Ortspolizeibehörde zur Kenntnisnahme einreichen und dieser von ihren Versammlungen vorher Anzeige machen.*)

Diese Bestimmungen gelten auch für alle sich neu bildenden religiösen Gesellschaften, da diese durch ihre Vereinigung keine

1) vgl. ALR. II, 2 §§ 77f., 81-84; Deklar. v. 21. 11. 1803 (Nov. Corpus Const. XI, 1931) und EG. z. BGB. Art. 134.

2) vgl. Mohl, Enzyklop. der Staatsw. 2. Aufl 1872 G. 329.

So Rönne 4. Aufl. Bd. 2 S. 158f. Anm. 4 (in der 5. Aufl. fehlt der Abschnitt über Glaubens- und Religionsfreiheit).

4) vgl. §§ 1, 2 des auffallenderweise als Verordnung bezeichneten Gesezes v. 11.3. 1850 über die Verhütung eines die geseßliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechts.

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