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behalten bleiben.) Zahl, Zeit und Dauer der Messen und Märkte fest jedoch die Verwaltungsbehörde fest; hieraus folgt, daß die Regeln der Gewerbeordnung über den Marktverkehr keine Anwendung finden auf Veranstaltungen von Privatunternehmern; eine Veranstaltung oder Genehmigung seitens der Verwaltungsbehörde ist für den Begriff des Marktes wesentlich.2) Auf Jahrmärkten dürfen Verzehrungsgegenstände und Fabrikate aller Art feilgehalten werden, zum Verkauf von geistigen Getränken zum Genuß auf der Stelle bedarf es jedoch der Genehmigung der Ortspolizeibehörde.3) Auf Wochenmärkten dagegen dürfen nur bestimmte in der Gewerbeordnung aufgeführte Gegenstände feilgehalten werden.) Nicht als eine Einschränkung des Marktverkehrs ist die Bestimmung anzusehen, daß die Ortspolizeibehörde eine Marktordnung nach den örtlichen Bedürfnissen festseßen kann,5) denn eine derartige Marktordnung hat lediglich die Ordnung auf dem Markte zu sichern, ein etwaiger Zwang zum Besuch des Marktes, oder eine Beschränkung oder ein Verbot des Gewerbebetriebes außerhalb des Marktes würde ungesetzlich und unzulässig sein.®)

Abgesehen von den vorstehend aufgeführten bestehen noch folgende Einschränkungen der Gewerbefreiheit: Die Gewerbeordnung hat die Beschränkungen, die hinsichtlich des Gewerbebetriebes für Personen des Soldaten- und Beamtenstandes, sowie deren Angehörige bestehen, aufrechterhalten. Diese Beschränkungen sind außerordentlich weitgehend und laufen im allgemeinen darauf hinaus, daß Militärpersonen, Reichs- und Landesbeamte ohne Genehmigung ihrer vorgesezten Behörde überhaupt keine Gewerbe betreiben dürfen.8) Der Grund dieser Beschränkung liegt also in der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Berufe, ihr Zweck ist, die Angehörigen der betreffenden Berufe zu veranlassen, ihre Zeit und Kraft ganz ihrem Amte zu widmen.

Ferner hat die Gewerbeordnung die Beschränkungen des Betriebs einzelner Gewerbe, die auf den Zoll-, Steuer- und Postgesehen beruhen, aufrechterhalten.") Die Bestimmungen der Zollund Steuergesetze enthalten allerdings keine Einschränkung der

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6) vgl. Brauchitsch a. a. D. Bd. 5 Anm. 2 zu § 69 GewO.

7) GewO. § 12.

8) vgl. RMilG. v. 2. 5. 1874, § 43; RBeamt.G. v. 31. 3. 1873 § 16; preuß. GewO. v. 17. 1. 1845 § 19.

9) Gew. § 5.

Gewerbefreiheit als solcher, zum mindesten seitdem die Besteuerung eines Gewerbebetriebes und des aus ihm herrührenden Einkommens nur dem Bundesstaate gestattet ist, in dessen Gebiet das Gewerbe betrieben wird,') wohl aber ist durch die Postgesetze eine sehr weitgehende Einschränkung der Gewerbefreiheit eingeführt. Es besteht nämlich, wenigstens hinsichtlich verschlossener Briefe, Zeitungen und Telegramme, staatliches Monopol.) Wenn dieses Monopol auch einige Ausnahmen aufweist,3) und wenn auch für den Transport von Personen, Paketen, Geldsendungen, Drucksachen und offenen Briefen der Postzwang überhaupt nicht besteht, so haben doch die Bestimmungen der erwähnten Geseze zur Folge gehabt, daß der Privatgewerbebetrieb auf diesem Gebiete fast völlig verschwunden ist.

Endlich hat die Gewerbeordnung eine Reihe von Gewerben aufgeführt, auf die sie selbst und damit auch der Grundsaß der Gewerbefreiheit keine Anwendung findet.4) Auch in diesem Fall liegt der Grund für die Ausnahme in der Eigenart der betreffenden Gewerbe, sei es, daß sie von besonderer Wichtigkeit für den Staat als solchen oder doch für die einzelnen Staatsbürger sind, und daß ihre Ausübung infolgedessen besonderen Garantien unterstellt werden sollte.

Allgemeine Einschränkungen der Gewerbefreiheit enthalten endlich die Bestimmungen der Gewerbeordnung über Sonntagsruhe,3) über den Ladenschluß ®) und über die Beschäftigung jugendlicher bezw. minderjähriger und weiblicher Personen.) Die Gründe dieser Maßregeln beruhen auf der staatlichen Anerkennung der Sonn- und Feiertage als solcher bezw. auf dem Alter und Geschlecht der betreffenden Personen, ihre Festseßung ist ausschließlich im sozialen Interesse der Betroffenen erfolgt.

§ 5.

Das Recht, überall Gemeindebürgerrecht zu

gewinnen.

Dieses Recht ist für jeden preußischen Staatsbürger verwirklicht durch die Vorschriften der neueren Städteordnungen in Verbindung

1) Reichsges. wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung v. 13. 5. 1870 § 3. 2) Reichsges. über das Postwesen v. 28. 10. 1871 und über das Telegraphenwesen v. 6. 4. 1892; Reichsges. betr. Änderung von Bestimmungen über das Postwesen v. 20. 12. 1899.

3) vgl. Ges. v. 28. 10. 1871 §§ 1, 2.

4) vgl. die Aufzählung in Gew. § 6.

5) vgl. Gew. §§ 105a-i.

) vgl. GewO. §§ 139 c-f.

2) vgl. Gew. §§ 107–114, 120c, 135-138 a, 139 a.

mit §§ 1 u. 11 d. Ges. über die Freizügigkeit und § 1 d. Ges. über den Unterstützungswohnsiz. Danach kann jeder preußische Staatsbürger, der Einwohner der betreffenden Gemeinde ist, das Ortsbürgerrecht durch einjährigen Aufenthalt in der Gemeinde erwerben, ohne daß es einer besonderen Verleihung bedarf, vor= ausgeseßt, daß er die speziell festgesezten Erfordernisse erfüllt.

Diese legte selbstverständliche Bestimmung ist keine Einschränfung des hier fraglichen Rechts; die Befugnis aber, sich an jedem beliebigen Orte niederzulassen und dauernd da zu bleiben, ist durch § 1 d. Ges. v. 1. 11. 1867 gewährleistet.

Die einzigen Beschränkungen, die dieses Recht erleidet, find die schon oben besprochenen, denen auch die Freizügigkeit unterliegt, da natürlich jemand, der sich an einem Orte gar nicht niederlassen darf, dort auch nicht das Bürgerrecht erlangen kann.

Die in § 3 Abs. 2 der Grundrechte verheißenen Gesetze sind ergangen in Gestalt der Reichsgeseße über die Freizügigkeit v. 1. 11. 1867, über den Unterstüßungswohnsig v. 6. 6. 1870 und der Reichsgewerbeordnung v. 26. 6. 1869.

§ 6.

Die Gleichheit der Angehörigen der einzelnen Bundesstaaten vor dem Gesetz.

Der 4 der Grundrechte bestimmt: „Kein deutscher Staat darf zwischen seinen Angehörigen und anderen Deutschen einen Unterschied im bürgerlichen, peinlichen und Prozeßrecht machen, welcher die letteren als Ausländer zurückseßt“.

Nachdem diese Forderung im wesentlichen schon durch Art. 3 RV. erfüllt war,1) ist sie jest voll verwirklicht durch das Bürgerliche Gesetzbuch, Strafgeseßbuch, die beiden Prozeßordnungen und das Gerichtsverfassungsgesetz und eine Reihe anderer Reichsgesetze, welche die Materien einheitlich für sämtliche Reichsangehörigen geregelt haben. Irgendwelche Einschränkungen dieses Rechts gibt es nicht.

1) vgl. 3orn, Das StaatsR. des Deutschen Reichs Bd. 1 S. 347: „Der Art. 3 gab einen durchgreifenden, unmittelbar anwendbaren Rechtsgrundsaß, der dahin zu formulieren ist: Kein Deutscher darf in irgendeinem Teile des Reiches für die Sphäre des bürgerlichen Rechts schlechter gehalten werden als die Angehörigen des betreffenden Staates“.

$ 7.

Die Abschaffung der Strafe des bürgerlichen

Todes.

§ 5 der Grundrechte bestimmt: „Die Strafe des bürgerlichen Todes soll nicht stattfinden und da, wo sie bereits ausgesprochen ist, in ihren Wirkungen aufhören, soweit nicht hierdurch erworbene Privatrechte verlegt werden".

Diese Strafe hatte den vollständigen Verlust der Rechtsfähigkeit zur Folge und erschien als die aufs höchste gesteigerte Ehrlosigkeit.1)

Sie war für Preußen schon durch Nichtaufnahme in das preußische Strafgesetzbuch v. 14. 4. 1851 beseitigt, sowie durch Art. 10 VU. staatsgrundgesezlich aufgehoben und ist jezt für ganz DeutschLand durch Nichtaufnahme in das Reichsstrafgesetzbuch in Verbindung mit der Bestimmung, daß nur auf die im Strafgesetzbuch enthaltenen Strafarten erkannt werden darf, abgeschafft.) Der zweite Teil des § 5 der Grundrechte hat sich inzwischen von selbst erledigt.

Irgendwelche Ausnahmen oder Einschränkungen von diesem Grundsag gibt es nicht; die z. B. mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe verbundenen bedeutenden Einschränkungen der Rechts-, und Handlungsfähigkeit enthalten keine Einschränkung von dem Grundfaz des § 5 der Grundrechte.

Mönche und Nonnen, die das Klostergelübde als votum solenne abgelegt haben, werden allerdings nach den noch geltenden Bestimmungen des allgem. Landrechts in Ansehung aller weltlichen Geschäfte als verstorben angesehen, sie sind also unfähig, Eigentum oder andere Rechte zu erwerben, zu besizen oder darüber zu verfügen,3) indes enthalten auch diese Bestimmungen keine Einschränkung des § 5 der Grundrechte, da dieser Paragraph nur den bürgerlichen Tod als Strafe, aber nicht als Folge eines Gelübdes aufheben wollte. Aus demselben Grunde sind die erwähnten Paragraphen des allgem. Landrechts auch durch den Art. 10 VU. nicht als aufgehoben zu betrachten, da dieser Artikel dasselbe wollte, wie der § 5 der Grundrechte.*)

1) Rönne a. a. D. Bd. 2 S. 205 Anm. 1.

2) vgl. § 6 EG. z. StGB.

3) ALR. II, 11 §§ 1199-1204.

4) So Rönne a. a. D. Bd. 2 S. 205 Anm. 2.

§ 8.

Die Auswanderungsfreiheit.

§ 6 der Grundrechte bestimmt: „Die Auswanderungsfreiheit ist von Staats wegen nicht beschränkt, Abzugsgelder dürfen nicht erhoben werden. Die Auswanderungsangelegenheit steht unter dem Schuß und der Fürsorge des Reiches".

Die Auswanderungsfreiheit, die, wenn sie auch nicht grundsäglich schon in der Freizügigkeit mit enthalten ist, doch in nahem inneren Zusammenhange mit ihr steht,) umfaßt ein doppeltes Recht, nämlich einmal das Recht, sowohl die Reichs- als auch die Staatsangehörigkeit aufzugeben, das heißt seine Entlassung aus dem Reichs- bezw. Staatsverbande zu fordern, und ferner das Recht, unter Beibehaltung der Reichsangehörigkeit seinen Wohnsit im Auslande zu nehmen.2)

Beide Seiten dieses Rechts, die für Preußen zuerst schon im allgem. Landrecht,) zuletzt durch Art. 11 VU. anerkannt waren, sind jezt grundsäglich für jeden Deutschen durch die §§ 15-17 d. Reichsges. über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit v. 1. 6. 1870 verwirklicht. Art. 11 VU. hat auch die Forderung der Grundrechte aufgenommen, daß Abzugsgelder nicht erhoben werden dürfen, indes hierdurch nur bestätigt, was in Preußen bereits früher geltendes Recht über diesen Gegenstand war.")

Die einzigen Einschränkungen, die das Recht der Auswanderungsfreiheit erleidet, sind im Interesse der Wehrpflicht festgesezt und durch sie bedingt. Denn da naturgemäß nur Reichsangehörige wehrpflichtig sind, so erlischt mit dem Verlust der Reichsangehörigkeit auch von selbst die Wehrpflicht. Man könnte sich also durch die Auswanderung der Erfüllung der Wehrpflicht entziehen, und aus diesem Grunde bewirkt die Wehrpflicht eine Erschwerung der Voraussetzungen, unter denen die Auswanderung gestattet ist.5) Die in dieser Hinsicht bestehenden Beschränkungen sind folgende: Aktiven Militärpersonen, einschließl. der zum Dienst einberufenen Reservisten und Landwehrleute, muß die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit zum Zwecke der Auswanderung unbedingt verweigert werden.")

1) vgl. Rönne-3orn a. a. D. Bd. 2 S. 200.

2) Rönne a. a. D. Bd. 2 S. 201.

3) ALR. II, 17 §§ 127-140.

4) vgl. Rönne a. a. D. Bd. 2 S. 202.

5) So Laband a. a. D. Bd. 4 S. 128f.

§ 15 d. Ges. v. 1. 6. 1870 über den Erwerb und den Verlust der Bundes

und Staatsangehörigkeit.

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