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Nicht überall durchgeführt ist jedoch die Bestimmung, daß zur Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten auch die der Ortspolizei gehöre. Die Einschränkungen, die in dieser Hinsicht be= stehen, sind folgende: In den Gemeinden der bereits im Jahre 1850 zur Monarchie gehörigen Landesteile, in denen sich eine Bezirksregierung, ein Land-, Stadt- oder Kreisgericht befindet, sowie in Festungen oder Gemeinden von mehr als 10000 Einwohnern kann die örtliche Polizeiverwaltung besonderen Staatsbeamten übertragen werden.1)

Diese Einrichtung ist analog auch in den neuen Provinzen durchgeführt worden.2) Demgemäß wird in 23 preußischen Städten die Polizei durch besondere königliche Polizeibehörden verwaltet. In den sechs östlichen Provinzen und in Schleswig-Holstein wird die Polizei in den Landgemeinden, soweit sie nicht dem Landrat übertragen ist, durch vom Oberpräsidenten ernannte Amtsvorsteher verwaltet, die je mehrere Landgemeinden unter sich haben.3)

In der Provinz Hannover wird die Polizeiverwaltung in den Landgemeinden von den Landräten geführt.) In Westfalen, der Rheinprovinz und Posen sind je mehrere Gemeinden zu Amtsbezirken, bezw. Bürgermeistereien, bezw. Distrikten vereinigt, in denen die Polizeiverwaltung von ernannten Amtmännern, Bürgermeistern oder Distriktskommissaren geführt wird.3)

Voll und ohne Einschränkungen verwirklicht ist die Forderung der Ziff. c des § 184, denn sowohl in den Städten wie in den Landgemeinden muß der Entwurf des Haushaltsvoranschlags acht Tage bezw. zwei Wochen offen zur Einsicht aller Gemeindeangehörigen ausliegen.")

Im allgemeinen ist endlich auch die Forderung der Ziff. d des § 184 erfüllt. In Städten sind die Sizungen der Stadtverordneten öffentlich, jedoch kann für einzelne Gegenstände durch besonderen Beschluß die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, die Sizungen des Magistrats sind dagegen nicht öffentlich, wie sich aus der Nichtaufnahme einer entsprechenden Bestimmung ergibt. Bei den Sizungen der Gemeindeversammlungen oder -vertretungen in den Landgemeinden findet beschränkte Öffentlichkeit statt, d. H. es können als Zuhörer alle zu den Gemeindeabgaben heran

1) § 2 d. Ges. über die Polizeiverwaltung v. 11. 3. 1850.

2) vgl. Verordn. v. 20. 9. 1867 und 29. 6. 1867.

vgl. §§ 47, 59 Kreis. v. 13. 12. 1872.

4) vgl. §§ 24-30 hannov. KreisD. v. 6. 5. 1884.

5) vgl. §§ 4, 69 westf. LGD. v. 19. 3. 1856; §§ 7f. GemeindeO. für die Rheinproving v. 23. 7. 1845 und Kab. v. 10. 12. 1836.

6) vgl. § 66 Städte. v. 30. 5. 1853; § 119 LGD. v. 3. 7. 1891.

7) § 45 Städte. v. 30. 5. 1853.

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gezogenen männlichen großjährigen Personen beiwohnen, die sich im Besiz der bürgerlichen Ehrenrechte befinden und Gemeindeangehörige oder Stimmberechtigte sind. Auch hier kann die Öffentlichkeit für einzelne Gegenstände ausgeschlossen werden.1)

Aus vorstehendem ergibt sich, daß die Bestimmungen des § 184 im allgemeinen durch die heutige Gesetzgebung verwirklicht sind, jedoch ist zu beachten, daß alle erwähnten Befugnisse der Gemeinden auf freier Verleihung durch den Staat beruhen und nicht etwa angeborenes Urrecht der Gemeinden sind, wie die Grundrechte wollten. Wenn auch selbstverständlich diese einmal verliehenen Befugnisse nicht mehr beschnitten oder wieder rückgängig gemacht werden können, und wenn auch die Entwicklung dahin führt und führen muß, allmählich die Befugnisse der Selbstverwaltung zu erweitern in dem Maße, wie Kultur und Volksbildung wachsen und die Ansprüche des Staates an die Gemeinden zunehmen, so muß sich doch zweifellos der Staat immer ein gewisses Aufsichts- und Leitungsrecht vorbehalten, da er nicht dulden kann, daß sich in seinem Körper von ihm vollständig unabhängige Mikroorganismen bilden. Wohin eine derartige Entwicklung führen würde, dafür haben wir in unserer Geschichte genug Beispiele.

§ 61.

Die Eingemeindung aller gemeindefreien Grund

stücke.

§ 185 RV. v. 28. 3. 1849 bestimmt: „Jedes Grundstück soll einem Gemeindeverbande angehören. Beschränkungen wegen Waldungen und Wüsteneien bleiben der Landesgesetzgebung vorbehalten".

Der Zweck dieses Paragraphen war, die zahlreichen gemeindefreien, d. H. außerhalb eines Gemeindeverbandes stehenden Grundstücke, die es bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts noch in Deutschland gab,) einem Gemeindeverbande anzuschließen und damit zu dessen Lasten mit heranzuziehen. Schon vor Erlaß dieses Paragraphen hatte in Preußen die sogen. oktroyierte Verfassungsurkunde v. 5. 12. 1848 in ihrem Art. 104 den Saß aufgenommen, daß das Staatsgebiet in Provinzen, Bezirke, Kreise und Gemeinden zerfalle. Aus diesem Artikel ergab sich als notwendige Folge,

1) § 109 LGD. v. 3. 7. 1891.

2) Das waren besonders die großen Güter, Domänen usw. und deren frühere Bestandteile, ferner auch vielfach Mühlen, Wirtshäuser u. dergl.

daß es keinen Teil des Staatsgebiets, also kein Grundstück geben solle, das nicht zu irgendeinem Gemeindebezirke gehöre.1) Dementsprechend hatte auch § 1 Gemeinde. v. 11. 3. 1850 den Grundsat ausgesprochen, daß zu einem Gemeindebezirke alle innerhalb der Grenzen desselben gelegenen Grundstücke gehören, und daß jedes Grundstück einem Gemeindebezirke angehören oder einen solchen bilden müsse. Dieser Grundsaß ist zwar mit der durch Gesez v. 24. 5. 1853 erfolgten Aufhebung der Gemeindeordnung von 1850 wieder beseitigt worden, auch enthält die preuß. Verfassungsurkunde keine dem Art. 104 der oftroyierten analoge Bestimmung, jedoch ist eine entsprechende Vorschrift in sämtliche preußischen Städte- und Landgemeindeordnungen aufgenommen,2) und infolgedessen sind die gemeindefreien Grundstücke in Preußen vollständig beseitigt.

Einschränkungen dieses Grundsages gibt es nicht. Auch die Einschränkung, die der § 185 bezüglich der Waldungen und Wüsteneien selbst vorgesehen hatte, ist durch das heutige Recht nicht rezipiert, tatsächlich liegt auch kein Grund vor, zumal Waldungen von dem Anschluß an einen Gemeindeverband auszuschließen.

Zwölftes Kapitel.

Staatsverfassungen, Ministerverantwortlich= keit und Rechte der Volksvertretungen.

§ 62.

Die Staatsverfassungen und die Minister-
verantwortlichkeit.

Art. 12 RV. von 1849 bestimmt in § 186: „Jeder deutsche Staat soll eine Verfassung mit Volksvertretung haben.

Die Minister sind der Volksvertretung verantwortlich".

Eine gewisse Art von Volksvertretung hat es in allen deutschen Landen schon seit sehr langer Zeit, etwa seit dem Ende des 13. Jahrhunderts, gegeben.

1) Dies erkannten auch die Motive zum § 1 des Entwurfs der Gemeinde. b. 11. 3. 1850 an (vgl. Rönne a. a. D. Bd. 2 S. 333).

2) vgl. § 2 der StädteD. v. 30. 5. 1853 und der westf. StädteO. v. 19. 5. 1856, wonach die gemeindefreien Grundstücke allerdings nur eingemeindet werden können, § 2 LGO. v. 3. 7. 1891, § 6 LGD. v. 19. 3. 1856 usw.

Erst der große Kurfürst und seine Nachfolger unterdrückten in ihrem Staate diese landständischen Vertretungen völlig und machten damit Preußen zu einer absoluten Monarchie. Immerhin gab noch sowohl Friedrich der Große wie seine Nachfolger den Ständen eine allgemeine Erklärung ab, sie bei ihren Privilegien, Freiheiten und Gerechtigkeiten schüßen zu wollen, wenn diese Erflärung auch praktisch wertlos war, da keinerlei Konsequenzen daraus gezogen wurden.

Erst im Jahre 1823 wurde dann in Preußen wieder der Versuch gemacht, eine Art Volksvertretung in Form der Provinzialstände einzurichten,1) ohne daß indes diese Einrichtung, die der inneren Wahrheit und damit der Lebenskraft entbehrte, zu einer sonderlichen Bedeutung gelangt wäre.) Das Jahr 1848 beseitigte sie wieder, aber dasselbe Jahr forderte auch von neuem eine Volksvertretung, allerdings beruhend auf einem ganz anderen Prinzip.

Bis dahin waren alle Volksvertretungen ständische gewesen, d. h. es waren immer nur einzelne Stände und Gruppen des Volkes vertreten, die naturgemäß in der Hauptsache den Zweck und jedenfalls den Erfolg hatten, die Interessen ihres Standes zu vertreten, der § 186 forderte dagegen eine Vertretung des ganzen Volkes, für die dann im folgenden Paragraphen eine Reihe sehr wesentlicher Rechte verlangt wurden. Es ist einleuchtend, daß eine solche Vertretung des ganzen Volkes, ausgestattet mit wichtigen Rechten, eines der wesentlichsten Momente für den Begriff jedes konstitutionellen Gemeinwesens ist.

voll

Abs. 1 des § 186 ist nun für Preußen übrigens auch für alle anderen deutschen Bundesstaaten außer Mecklenburg verwirklicht durch das Vorhandensein der preußischen Verfassungsurkunde und durch deren Titel 5: „Von den Kammern".

Bezüglich der Ministerverantwortlichkeit bestimmt Art. 44 VU. : „Die Minister des Königs sind verantwortlich" und Art. 61 VU. : Die Minister können durch Beschluß einer Kammer wegen des Verbrechens der Verfassungsverlegung, der Bestechung und des Verrates angeklagt werden.

Die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über das Verfahren und über die Strafen werden einem besonderen Geseze vorbehalten". Durch diesen Artikel würde an sich auch Abs. 2 des § 186 verwirklicht sein, da indes das in Art. 61 vorgesehene Gesez noch nicht ergangen ist, so kann die dem Landtag eingeräumte Befugnis bis auf weiteres nicht aus

1) vgl. das allgemeine Ges. wegen Anordnung der Provinzialstände v. 5. 6. 1823. 2) vgl. Rönne a. a. D. Bd. 1 S. 264.

geübt werden. Dies folgt schon daraus, weil ein Organ fehlt, das die Anklage vor dem Gerichtshofe vertreten könnte, außerdem könnte das Anklageverfahren nicht durchgeführt werden, weil das zu erlassende Gesetz ja erst die Strafen festseßen soll.1)

Abs. 2 des § 186 ist also nicht verwirklicht. Selbstverständlich können aber die Minister, da sie nicht von den Strafgesezen eximiert sind, wegen Verstößen gegen die Strafgesete, also z. B. auch wegen Bestechung und Verrats, jederzeit strafgerichtlich verfolgt werden. Als ein vollwertiger Ersaz für das fehlende Gesetz ist diese strafrechtliche Haftbarkeit der Minister, ebenso wie ihre natürlich auch bestehende zivilrechtliche, nicht anzusehen. Denn ein Disziplinarverfahren gegen Minister ist, da sie keiner anderen Behörde unterstehen, unmöglich, gerade dieses aber sollte durch die Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung ersetzt werden. Es läßt sich allerdings nicht verkennen, daß es außerordentlich schwierig sein wird, ein derartiges Gesetz zu erlassen, ohne die Würde der Staatsämter dem Parteihasse und der Parteileidenschaft zum Opfer zu bringen,) und es liegt die Gefahr vor, daß an Stelle des Druckes von oben, den das Gesetz verhindern soll, ein sehr viel schlimmerer Druck von unten treten würde.

§ 63.

Die Rechte der Volksvertretungen.

§ 187 RV. von 1849 bestimmt: „Die Volksvertretung hat eine entscheidende Stimme bei der Gesetzgebung, bei der Besteuerung, bei der Ordnung des Staatshaushalts; auch hat sie wo zwei Kammern vorhanden sind, jede Kammer für sich - das Recht des Gesetzesvorschlages, der Beschwerde, der Adresse sowie der Anklage der Minister. Die Sizungen der Landtage sind in der Regel öffentlich“.

Die Bestimmungen dieses Paragraphen sind, abgesehen von der Ministeranklage, in Preußen voll verwirklicht.

Hinsichtlich der Gesetzgebung bestimmt Art. 62 VU., daß die gefeßgebende Gewalt gemeinsam durch den König und zwei Kammern ausgeübt wird, und daß die Übereinstimmung des Königs und beider Kammern zu jedem Gesetz erforderlich ist. Soweit die gefeßgebende Gewalt auf das Reich übergegangen ist, kann der preußische Staat natürlich Geseze nicht mehr erlassen,

1) vgl. Arndt a. a. D. S. 177.

2) vgl. Schwarz a. a. D. S. 191 f.

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