gefeiert, das setzen wir als unbestreitbare und allgemein anerkannte Wahrheit voraus" (ibid. p. 242). Um nun auf das Wort Liturgie zurückzukommen, so sei bemerkt, dass dieses Wort bei den Griechisch-Katholischen die Messe mit den daran sich anschliessenden Gebeten bezeichnet; in der römisch-katholischen Kirche hingegen bezeichnet das Wort Liturgie nicht nur die Messe sondern auch das Breviarium, das Rituale und Pontificale. (La liturgie, grecque d'origine, le mot désignait primitivement la Messe et les prières qui s'y récitent. Chez les Chrétiens du rite grec, il a conservé ce sens. Chez les Latins le mot a pris une extension plus grande, et il désigne non seulement la Messe, mais le Bréviaire, le Rituel et le Pontifical. Ces quatre volumes comprennent ce qu'on nomme la Liturgie romaine, en prenant le mot Liturgie dans son sens le plus étendu). (Briefliche Mittheilung des Benedictinermönches F. Emmanuel aus Mesnil St. Loup vom 12. Nov. 1885.) Wir werden nun in unseren Nachweisen stets alle 4 Theile der Römischen Liturgie berücksichtigen und in den Anmerkungen auf die übrigen Riten der christlichen Völker unser Augenmerk richten. §. 3. Liturgische Gesänge. Da die Liturgie, wie wir oben im §. 2 gezeigt, auch Belehrendes und Erbauendes enthielt, so werden wir dies ausser Acht lassen, und uns mit dem gesanglichen und dichterischen Theile der Liturgie zu befassen haben. Die Gesänge haben verschiedene Namen je nach Zeit und Umständen. Die wichtigsten wollen wir kurz erörtern. Der Apostel Paulus unterscheidet drei Arten liturgischer Gesänge u. zw. 1) die Psalmen Davids, 2) Cantica d. h. die übrigen biblischen Gesänge (z. B. Cantica Mosis, trium puerorum, Benedicite, Zachariae, Mariae, Simeonis) 3) und die Hymnen, aber nicht die biblischen christlichen Gesänge. Dass unter Psalmen nur die 150 alttestamentlichen verstanden werden, muss nicht erst bemerkt werden. Allerdings zählen die in der Septuaginta beigefügten Psalmen, also auch die Psalmen Salomonis dazu. Viel schwieriger steht es mit der Festsetzung des Begriffes Hymne (vuvos) Hymnus. Da es bis jetzt keine Geschichte der kirchlichen Hymnodik) gibt, wird diese Frage endgiltig nicht gelöst werden können. Wir wollen hier nur zeigen, wie schwankend dieser Begriff war. Dr. Johann Kayser in seinem trefflichen Buche: „Beiträge zur Geschichte und Erklärung der ältesten Kirchenhymnen, mit besonderer Rücksicht auf das römische Brevier (Paderborn 1881)" sagt (p. 9): „Die Hymnen unterscheiden sich von den Psalmen durch die Form." Seite 10 sagt er: Fixiren wir nun den Begriff des kirchlichen Hymnus, so ist derselbe zu definiren als ein geistliches Lied, welches die religiösen Gefühle in gebundener Redeform vorträgt und zu öffentlichem liturgischen Gebrauch gedichtet oder doch herangezogen wird... Gugetus unterscheidet Psalmen von Hymnen dadurch, dass die Psalmen das Lob Gottes im Allgemeinen, die Hymnen aber mit Rücksicht auf ein Geheimniss oder einen Heiligen verkünden. 17 Hingegen sagt Walafried Strabo ausdrücklich: Unde et liber psalmorum apud Hebraeos liber hymnorum vocatur (Walafr. Strabo, de rebus ecclesiasticis, caput 25). Herder, der feinsinnige Kenner der Hymnen urtheilt nicht eben zu zart über dieselben) wie folgt: „Gedanken sind in den Hymnen überhaupt sparsam, manche sind nur feierliche Recitationen einer bekannten Geschichte oder sie sind bekannte Bitten und Gebete. Fast kommt der Inhalt aller in allen vor." Nicht unerwähnt dürfen wir des Clichtoveus) Ansicht über den Begriff hymnus lassen: Nomen hymnus (ut probati sentiunt autores) Graecum est vocabulum, laudem Dei significans, alicuius metri lege " 64 3) Nicht einmal die Hymnographie de l'église grecque (Dissertation accompagnée des offices du 16 janvier etc, par le cardinal J. B. Pitra, Rome 1867) bietet Befriedigendes. 4) Gesammelte Werke, 7. Sammlung, Theil 9. 5) Elucidatorium ecclesiasticum ad officium ecclesiae pertinentia planius exponens et quatuor libros conplectens Jodoco Clichtoveo explanatore. Basileae 1519 p. 3b in folio. compositum. Sicut et omnes psalmi in hebraea lingua dicuntur certa carminis lege esse formati, ut asserit Cassiodorus in expositione psalmi 66. Proinde et psalmodia saepenumero hymnus dicitur, ut eo loco psalmi 64: Te decet hymnus in Sion et tibi reddetur votum in. Hierusalem." Apte itidem et haec Apte itidem et haec divinarum laudum cantica dicuntur hymni, quoniam in Dei laudem concinunt et certa aliqua lege carminis constructa sunt atque comprehensa." ་་ Die vielsagende Bedeutung des Wortes im Griechischen erläutert am ausführlichsten Jacob Goar) in seinem Evyokoytov sive rituale Graecorum pag. 117, fol a u. b. Als Urbild der Hymnen wird der apokryphe Gesang der drei Männer (oder wie die katholischen Liturgien es nennen (trium puerorum) im Feuerofen bezeichnet. Schon daraus erhellt zur Genüge, dass der Hymnus in seiner ursprünglichen Fassung nicht an das Metrum gebunden war und erst einer verhältnissmässig späteren Zeit war es vorbehalten, einen gewissen Rhythmus beim Hymnus zu beobachten. Mit Recht bemerkt also Kayser,7) dass die Abfassung metrischer Hymnen erst dann in allgemeinere Aufnahme kam, als die häretischen Sekten durch ihre kunstvollen Lieder die Menge in ihre gottesdienstlichen Versammlungen lockten. Soviel über die Bedeutung des Wortes Hymne, das vom griechischen dew „loben, preisen" stammt, also im allgemeinen Loblied ohne Rücksicht auf den Gegenstand oder die Person, die besungen wird, bedeutet. Die Hymnen, im Gegensatz zu den Psalmen, wurden nicht immer und besonders in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten zum Gottesdienst als zulässig erklärt. Paulus von Samosata, der im Jahre 260 zum Patriarchen von Antiochia erwählt wurde, wurde von einem Concile, das einige Jahre später abgehalten wurde, verurtheilt, weil er 6) Wir benützten folgende Ausgabe dieses höchst wertvollen Buches: Evxolóytov sive rituale Graec rum complectens ritus et ordines Divinae liturgiae, officiorum, sacramentorum, consecrationum etc juxta usum orientalis ecclesiae etc. Opera R P. Jacobi Goar Parisini Editio secunda expurgata et accuratior. Venetiis Ex Typographia Bartholomaei Javarina MDCCXXX. 7) Beiträge zur Geschichte p. 36. die Psalmen und Hymnen auf Christus als nicht göttlich verwarf. (Encyclopédie méthodique s. v. hymne.) Trotz alledem bieten die Hymnen aller christlichen Völker zahlreiche Berührungspunkte mit den Psalmen, die wir bei jedem Psalm speciell anführen werden. Oft wurde für das Wort Hymne von deutschen und französischen Dichtern Ode (ode), manchmal auch Lied gebraucht; bei dieser Unterscheidung ist nur auf das äussere metrische Gewand Rücksicht genommen worden. Unter den deutschen Dichtern ist hier besonders Klopstock und Gellert, und unter den französischen Jean Baptiste Rousseau zu erwähnen. Wenn nun auch die Hymnen besonders in späterer Zeit ihren biblischen Character abstreifen und die klassischen und späteren Dichtungen des Mittelalters sich zum Vorbilde nehmen, so sind die Hymnen trotzdem ursprünglich biblische m Muster nachgebildet.8) Dies beweisen am besten die hymni epistolici, welche bei der Messe vor der Epistel und die Hymni evangelici, welche vor dem Evangelium gesungen werden. Der Hymnus angelicus oder das Gloria in excelsis Deo ist eine Erweiterung des biblischen Chronik I. Buch, Cap. 29, Vers 11, das wie alles, was in den Büchern der Chronik erhalten ist, in der That im salomonischen Tempel gesungen wurde. Der hymnus trinitatis, griechisch trishagion (tois ayiov) genannt, ist aus Jesajas Cap. Vers 3 entnommen. Auch das Buch Sirach, das für die jüdische Liturgie am Versöhnungstage bei der Schilderung des Glanzes des Hohenpriesters (Simon) verwendet wird, hat mustergebend auf die christliche Liturgie, auf die katholische) wie die protestantische, 10) gewirkt. 8) Siehe besonders die Einleitung zur Hymnodia Hispanica von P. Faustinus Arvalo: De hymnis ecclesiasticis 9) Oesterreichische Monatsschrift für den Orient. 15 April 1886, wo D. Kaufmann den Zusammenhang und die Abhängigkeit des Ordo commendationis animi mit dem Gebete nachweist. Der Nachweis, dass dieses Gebet schon in der Mischnah_sich befindet, haben wir bereits im Jahre 1885 erbracht. 10) Gustav Karpeles' Geschichte der jüdischen Literatur p. 173 sagt daher richtig: „Neben diesen ethischen und didaktischen Sprüchen " Auch die Doxologien, die kleine wie die grosse, werden füglich zu den Hymnen gerechnet und sind zweifelsohne jüdisch-biblischen Ursprungs; besonders sind die orientalischen, zu welchen auch die griechischen gehören, dem Achtzehn Sprüche Gebet (Schemone esreh) nachgebildet und beginnen mit den Worten: Gelobt seist Du Gott Abrahams, Gott Isaks und Gott Jakobs." Selbst die collectio der gallicanischen Messe beginnt mit den Worten: Deus Abraham, Deus Isak, Deus Jacob. Dieselbe Erwähnung der Patriarchen steht in den Constit. apostol. 7, 26, 33, 8, 40. . Im altrōmischen Messbuch (Leonis I. opp. ed. Ballerini 2, 24) steht sogar noch die Bezeichnung patribus nostris Abraham, Isaak et Jacob, das dem 1 entspricht. Die missa s. Jacobi p. 257 hat auch noch ἐν τοῖς κόλποις ̓Αβρὰμ καὶ Ισὰκ καὶ Ιακώβ, τῶν άyíav natέgov ucv. (Mone, lat. und griech. Messen aus dem II. bis VI. Jahrh. p. 2,) auch ein Hymnus beginnt mit den Worten: Benedictus es Domine patrum nostrorum (Missale Romanum. Venetiis 1755, fol. 10). Clemens Alexandrinus gibt allerdings dieser Bezeichnung patribus nostris Abraham, Isaak et Jakob" eine allegorische Bedeutung, indem er orgáμara 2, 6 sagt: Aßoàu ἡμεῖς δι' ακοῆς καὶ ἡμῖν πιστευτέον, Ισραηλῖται γαρ ἡμεῖς μὴ οὐ σημείων, δι ̓ ἀκοῆς δὲ εὐπειθεῖς (Abraham sind wir durch den Gehorsam und uns ist zu trauen. Israel sind wir nicht dem Namen nach, sondern durch Gehorsam im wahren Glauben). So hat das Christenthum, von Clemens Alexandrinus angefangen, den Namen Israel für sich in Anspruch genommen, und dies ist bis zum heutigen Tage die Auffassung der gesammten Christenheit, der katholischen wie der protestantischen, geblieben. Die Hymnen und Psalmen (in der Vulgata) sind voll solcher Anspielungen finden sich aber auch im Sirachbuch Lieder von so erhabener Stimmung, von so innerer Frömmigkeit, dass sie jede Schranke der nationalen oder religiösen Abgeschlossenheit durchbrochen und in allen gläubigen Gemüthern einen schönen Wiederklang gefunden haben. So jener Segensspruch, nach dem das bekannte Kirchenlied: „Nun danket alle Gott" entstanden ist. Siehe über dieses Lied A. W. Fischer's Kirchenlieder-Lexicon (Gotha 1878) p. 101 bis 105, II. Theil. |