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Fortschrittsmöglichkeit als die Objektivierung seiner gefühlsgesättigten Ideen. Sie schafft eine Distanz zwischen ihm und seinen eigenen Gedanken und ermöglicht so eine kritische Betrachtung, nötigenfalls auch eine Abstoẞung derselben. Das ist es, was Augustin und Calvin in dem oben zitierten Worte unter dem scribendo proficere verstehen.

Lehrreich ist die Aufnahme, die das Büchlein in den verschiedenen Lagern fand. Die Urteile, die von katholischer, protestantischer und ,,neutraler“ Seite gefällt wurden, sind sehr verschiedenartig, z. T. sogar widersprechend. Die katholischen Beurteiler, Theologen wie Laien, nahmen in ihrer überwiegenden Mehrzahl eine überraschend freundliche und wohlwollende Haltung ein. Trotz entschiedener Kritik an der Methode wie an den einzelnen Aufstellungen erkennen sie nicht nur das ernste und ehrliche Streben des Verfassers an, sondern heben ebenso seine Pietät gegen die alte Kirche wie seine Wärme in der Schilderung katholischen Frömmigkeitslebens hervor; sie sehen in der Schrift mehr ein Zeugnis für den Katholizismus als gegen ihn. Sie glauben ihr entnehmen zu können, daß der Verfasser wohl mit dem Kopfe Protestant, aber mit dem Herzen Katholik sei, daß er von tiefem Heimweh nach der Mutterkirche erfüllt sei und schließlich doch seine,,Irrfahrt" im Hafen der katholischen Mutterkirche beenden werde. Bei manchen von ihnen steigert sich der fromme Wunsch zur optimistischen Hoffnung, ja, geradezu zur apodiktischen Gewißheit. Einige charakteristische Beispiele seien hier angeführt1.

P. Peter Lippert, einer der hervorragendsten jesuitischen Schriftsteller der Gegenwart, schreibt in den,,Stimmen der Zeit" 1920 (August): Die Vorträge ,,zeigen ein schier verzweifelndes Ringen einer Seele, die mit allen Wurzeln ihres Wesens mit dem Katholizismus verwachsen ist, deren beste Ideale wieder im Katholizismus münden, und die doch von dieser Religion fortstrebt. Heiler will sich mit allen Mitteln religionsgeschichtlichen Wissens und noch mehr prophetischer Sehnsucht klarmachen, daß jenes Ideal des Christentums, das ihm mit zweifelloser Klarheit vorschwebt und das er evangelische Katholizität nennt,... nimmermehr im römischen Katholizismus verwirklicht werden könne... Zunächst scheint der römische Weg in hoffnungslosem Gegensatz zur evangelischen Katholizität zu verlaufen. Dann aber kommt er doch dem ersehnten Ideal so nahe, da kaum noch ein Abstand zu erkennen ist, daß römische und evangelische Katholizität zusammenzufallen scheinen. Es wäre nun sehr reizvoll, die wechseln

1 Vgl. auch die Äußerungen der Konvertitin Gertrud v. Zezschwitz, die in ihrer sehr beachtenswerten Schrift,,Warum katholisch?", Freiburg 1922, den schwedischen Vorträgen ein eigenes Kapitel widmet.

den Hoffnungen und Befürchtungen, Kämpfe und Siegesgewißheiten, Unruhen
und Verzagtheiten dieser suchenden Seele zu beschreiben, die dem Katholizismus
entrinnen zu müssen glaubt und sich doch immer wieder auf ihn zurückgeworfen
sieht... Als Gesamtergebnis der Heilerschen Vorträge können wir, entgegen
seiner eigenen Meinung und Absicht, doch wohl feststellen, daß in der römisch-
katholischen Kirche die evangelische Katholizität, die ihm als Ideal vorschwebt,
bereits verwirklicht ist, wenn auch erst in Keimen und Ansätzen, die noch bis
zur Vollendung ausgestaltet werden müssen (!)... Die Vorträge und die
religiöse Entwicklung Heilers sind ein Beweis dafür, daß es unmöglich ist und
immer unmöglicher wird, über das katholische Christentum hinauszukommen.
Heiler ist wie ein Entdecker ausgezogen gen Westen, ein neues Land zu finden.
und trifft nach einer religionsgeschichtlichen Weltumseglung wieder auf seine
religiöse Heimat, die alte Mutterkirche. Aber er weiß es wohl noch nicht, daß
er wieder nach Hause kommen muß“.

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Der kürzlich verstorbene feinsinnige und kenntnisreiche katholische Historiker
Georg Grupp, der seinerzeit die katholische Welt vor der kleinen Schrift des
Verfassers über,,Luthers religionsgeschichtliche Bedeutung" gewarnt hatte, schreibt
in den,,Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland“ 1920.
61 f.:
Man denkt unwillkürlich an Bileam, der auszog, um zu fluchen.
dafür aber das Volk Gottes segnete, und noch mehr an Abälard, den Meister des
Sic et non. Die Gegensätze treten freilich nicht so scharf hervor wie bei dem
magister contradictionum... Dies kommt daher, daß Heiler die für die
Protestanten bitteren Wahrheiten in Süßigkeiten einhüllt, daß er Klüfte mit
Blumen überkleidet und daß er dann sein Blumengewinde für eine gangbare.
dauerhafte Brücke ausgibt. In seinem jugendlichen Optimismus... hält er...
eine Vertiefung und Verinnerlichung des Protestantismus zu größerer Katholizität.
sozusagen einen katholischen Protestantismus für möglich... Aber kaum waren
diese Sätze gedruckt und an die Öffentlichkeit gedrungen, da mußte der Ver-
fasser einsehen, daß er wirklich einem Phantom nachgejagt hatte, daß eine
Wüste sich in keinen Blumengarten verwandeln lasse. Von maßgebender Seite
hat man ihm rundweg erklärt: Eine Synthese von Mystik und biblischer
Religion ist unzulässig'; evangelische Katholizität gibt es nicht. Eine begeisterte
Schülerin aus führenden protestantischen Kreisen schrieb ihm: Ihr Buch er-
scheint mir wie ein wehmütiger, trauriger Rückblick auf vergangene, innerste.
reine Erlebnisse, der ausklingt in den Worten: So ideales, so reines Gotterleben,
wie ich es als Kind im Schoße meiner Kirche gefunden, werde ich bei euch
Protestanten nicht mehr zu sehen bekommen. Die Schreiberin dieser Zeilen
verrät eine feine Psychologie. Allzu schwer fiel es ihr ja allerdings auch nicht,
die wahren Herzenstöne aus dem gefühlswarmen Buche herauszuhören. Wir
hoffen, daß die in Heilers Seele schlummernde Sehnsucht ihn wieder auf die
richtigen Wege, zurück in seine Heimat führt."

Der Würzburger Professor für Apologetik, G. Wunderle, schreibt in der
Literarischen Beilage der ,,Augsburger Postzeitung" 1920, Nr. 24: „Ich kann es
mir nicht denken, daß orthodoxe Lutheraner und protestantische Rationalisten
eine restlose Befriedigung über den Inhalt dieser Vorträge haben können. So
sehr darin die
abstoßenden Schwächen des Katholizismus ausgebreitet
werden, oft genug bricht doch noch das religiöse Urgefühl des ehemaligen

...

...

Katholiken durch; so besonders in der ergreifenden Verherrlichung der Mystik und des mystischen Gebetlebens. Es muß trotz allem ein tiefes, gewaltiges Heim weh in der Seele Heilers leben, das auch durch die eifrige Vertretung der ... Lieblingsidee von der evangelischen Katholizität' nicht gestillt wird.“

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...

Der Laienkonvertit Max Fischer schreibt im ,,Literarischen Echo", Berlin, 1920, 15. Oktober: Heiler hat statt einer Kritik seines verlassenen Jugendglaubens ganz wider Willen eine, so will uns scheinen, glänzende Apologie desselben geschaffen. ... Wie ist es möglich so wird man unwillkürlich fragen daß eine Persönlichkeit, die aus so intensivem Nacherleben und so scharfem persönlichen Eindringen die Tiefe des katholischen Glaubenslebens kennt, von der allgemeinen Kirche sich getrennt und dem Protestantismus sich zugewendet hat? ... Man sollte meinen, daß Heiler durch seine ganze Empfindungs- und Gedankenrichtung zu einem solchen religiösen Universalismus hingedrängt werden müsse ... Alle nörgelnden Einzelkritiken an Institutionen der katholischen Kirche reichen nicht dazu aus, um den unbefangenen Leser zu überzeugen, daß das Ideal evangelischer Katholizität, d. h. einer Kirche, deren Seele evangelisch und deren Leib katholisch ist, nicht vom Katholizismus, sondern vom Protestantismus her zu verwirklichen sei ... Vermutlich ist der Verfasser noch nicht am Ende seines Entwicklungsweges; denn die dürren, apodiktischen Antworten, mit denen er vorläufig die qualvoll aufgerissenen Probleme zu verstopfen sucht, werden auf die Dauer sein starkes religiöses Bedürfnis nicht zu befriedigen vermögen."

Ein katholischer Geistlicher schreibt in der Beilage zur ,,Rheinischen Volkswacht", 26. Januar 1921: ,,Heiler wird zweifellos viele Leute zum Nachdenken bringen, die sich sonst nicht mit dem Katholizismus beschäftigt hätten. Es gehört Mut dazu, in den erzprotestantischen nordischen Ländern solche Vorträge zu halten, wie er es getan hat. . . Ich glaube annehmen zu können und zwar mit Grund-, daß Heiler über kurz oder lang Wesentliches aus seiner Theorie fallen lassen wird. . . Für Heiler persönlich kann man wünschen, daß ihm der Rückweg zur Kirche leicht gemacht werde.“

nur

P. Pacificus (Pseudonym eines Benediktiners) schreibt in der „Katholischen Kirchenzeitung", 1920, Nr. 28: Die Vorträge,,stellen wohl gegen den Willen des Autors eine glänzende Apologie des Katholizismus dar... Angenehm berührt die geradezu unverwüstliche Liebe des Verfassers zu der Kirche, der er die glücklichsten und heiligsten Stunden seiner Jugend verdankt. Er bekennt sich offen zu dem evangelischen Glauben und kann doch nicht loskommen von seiner religiösen Heimat, dem geistigen Vaterlande', wie er den Katholizismus nennt . . . Nie ist mir der Unterschied zwischen katholischer und evangelischer Kirche so klar geworden als bei der Lektüre dieses psychologisch hochinteressanten Buches, das teilweise mit blutendem Herzen geschrieben. Nie ist mir die Unerschütterlichkeit des Felsens Petri so zum Bewußtsein gekommen wie hier ... Wird doch der Verfasser zu dem Geständnis genötigt: die ganze Religionsgeschichte kennt keine Parallele der una sancta catholica' Ich lege das Buch aus der Hand mit dem Gefühl, daß es ein Glück ist, im katholischen Glauben geboren und erzogen zu sein aber das weitaus größte Glück, in diesem Glauben mit der

Gnade Gottes auszuharren bis ans Ende."

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Das größte persönliche Wohlwollen, das liebevollste Verständnis, aber ebenso der höchste Optimismus redet aus den Ausführungen von Karl Adam in

,,Glauben und Wissen", XVIII. Jahrgang, 1920: Die Schrift ist,,die glänzendste Apologie des Katholizismus, die ich seit langem gelesen". Hier redet einer,,,dessen Herz katholisch und dessen Denken protestantisch ist, und der sich vergebens müht, sein durch den Übertritt gequältes Herz zu beruhigen". „Ein junger Stürmer, erfüllt mit reichstem persönlichen Leben, berauscht sich an diesem Leben und verliert die Ehrfurcht vor dem objektiv Gegebenen, vor dem Dinglichen. Er ritzt sich die Finger blutig an dem Starren, Unpersönlichen, Gesetzlichen, Amtlichen der kirchlichen Einrichtung und sieht nicht, daß das religiöse Leben, das er so heiß liebt und so hinreißend feiert, nur in dieser Starrheit ungefährdet gedeihen kann. Er ärgert sich an dem stacheligen Zaun des blühenden Gartens, an der rauhen Rinde des lieblichen Strauches. Wer möchte dem jungen Stürmer ernstlich gram sein? Nur der, der nicht selbst schon einmal jung gewesen ist! Mir persönlich ist es eine teure Überzeugung, daß wir Heiler bald wieder als einen der Unsrigen haben dürfen, und daß er wie keiner dereinst berufen ist, die innere Schönheit des Katholizismus der wissenschaftlichen Welt zu enthüllen. Wer dem Katholizismus so tief ins Herz geschaut, der kommt von ihm nicht mehr los. Die Vorsehung liebt Wege, die nicht unsere Wege sind. Es gibt seelische Prozesse, die der Gegensätze bedürfen, um sich zu entwickeln. Es gibt Katholiken, die erst fern von der Kirche lernen, wie schön sie ist. So mag Heilers Schrift gegenüber die Mahnung Augustins am Platze sein: „Diligite homines, interficite errores, sine superbia de veritate praesumite, sine saevitia pro veritate certate. Orate pro eis, quos redarguitis atque convincitis."

Neben dieser Gruppe von Beurteilern, die alle kräftig die katholische Grundempfindung der Schrift hervorheben, steht eine zweite kleinere Gruppe von solchen, die den prinzipiellen Gegensatz der Schrift gegen die katholische Auffassung betonen und sich mit ihm kritisch doch stets im Tone vornehmer wissenschaftlicher Sachlichkeit auseinandersetzen. Wohl die bedeutendste und feinsinnigste Entgegnung hat der bekannte Bonner Theologe Romano Guardini geliefert. Er, der gelegentlich mündlich äußerte, das Buch sei der gefährlichste Angriff gegen den Katholizismus seit David Friedrich Strauß, tritt in seinem Aufsatz ,,Universalität und Synkretismus“ (Jahrbuch des Verbandes der Vereine katholischer Akademiker zur Pflege der katholischen Weltanschauung, Augsburg 1920/21, 150 ff.) der Grundthese des Verfassers vom Wesen des Katholizismus als Synkretismus, als complexio oppositorum entgegen, freilich um sie zuletzt zu einer Rechtfertigung der katholischen Wahrheit zu stempeln.

,,Das Buch wird manchem Leser zu schaffen machen. Daß es von vornehmer Gesinnung getragen ist, und man trotz allem die Liebe zur Kirche hindurch fühlt. wird seine Wirkung noch verstärken, denn es weckt den Eindruck schwer errungener Erkenntnis. Und doch freuen wir uns, daß es erschienen ist. Der Nutzen wird größer sein als der Schaden, denn in diesem Buch überführt der Historismus sich seiner eigenen Ohnmacht. Hat man es gelesen, den ersten Ein

druck überwunden, welchen Fragestellung und vielfach richtige Einzelheiten machen, und prüft nun, was es denn zu dem gewaltigen Problem zu sagen hat, zum,Wesen des Katholizismus', so fragt man sich mit Erstaunen: Ist das alles? Wenn etwas die Unauflöslichkeit dessen, was katholische Religion heißt, für die bloße Historie erweisen konnte, so war es Heilers Schrift...

Die Antikritik wird von verschiedenen Seiten herausgefordert. Einmal von der Art, wie Heiler die Einzelheiten zusammengefügt. Man möchte fast darauf anwenden, was einmal von H. St. Chamberlains Methode gesagt worden ist: ,Was sie sagt, ist wahr, aber nichts in der Weise wahr, wie sie es sagt... Heiler hat den Versuch gemacht, das Problem des Katholizismus mit den Vorurteilen und Methoden des einseitigen Historismus zu lösen, und so die Antwort gegeben, welche dieser allein zustande bringt: Die katholische Religion ist keine innere, sondern eine äußerliche Einheit, zusammengehalten durch eine gewisse geschichtliche Beharrungskraft. Und: Was heute ist, stellt keine lebendige, das Wesen bewahrende Entfaltung dessen dar, was Christus war und wollte, sondern letzteres, das Evangelische' . . . ist nur ein Element unter vier anderen ihm wesensfremden . . . Das ist aber im Grund nichts anderes als die mechanistische Anschauung: ein lebendiges Ganzes sei durch Zusammenfügung von Teilen aufzubauen; und: die Identität der Anfangs- und Endgestalt einer Veränderungsreihe müsse durch die Gleichheit von Qualität und Quantität nachgewiesen werden. Es fehlt also die grundlegende Anschauung für die Eigenart des Lebendigen. Hat man die angeblichen Bestandteile eines Lebendigen, so hat man von ihm selbst noch so gut wie nichts. . . Ferner: Hat man den Anfang einer lebendigen Entwicklungsreihe, so kann aus dessen Eigenschaften und Massenverhältnissen über die späteren Formen noch gar nichts gesagt werden. . .

Es ist so bezeichnend, daß Christus, als er von dem Wachstum des Reiches Gottes sprach, das Bild vom Samenkorn wählte. Gleicht die Form der entwickelten Pflanze der des Samens? Sie ist von dieser grundverschieden, und doch liegt das nämliche Wesen vor... Und ferner: Kann man im Bestand der Pflanze die Elemente ihrer Umgebung aufzeigen? Gewiß; und doch ist die Pflanze kein Gemisch aus ihnen, sondern eine eigentätige Einheit, denn sie ist lebendig. Das Leben ergreift die Stoffe, macht sie seinen eigenen Bau- und Wirkgesetzen dienstbar, und, geschweige daß seine Individualität bei solcher Aufnahme verlorenginge, kommt sie vielmehr erst darin zu voller Entfaltung. Das Gleichnis ist klassisch und sagt für die Kirche alles.

Die Geschichte weist nach, daß die Äußerungsformen des urchristlichen LeLens sich anders darstellen als die der heutigen Kirche? Sie wird sich nie so weit unterscheiden wie die Staude vom Senfkorn. Können diese beiden ein einziges Lebewesen sein, dann noch vielmehr die Kirche des Vatikanums und der Jüngerkreis um Jesus oder die erste Gemeinde in Jerusalem. Ja, es wäre bedenklich, wenn die Formen des ersten Jugenddaseins sich erhalten hätten, denn das bedeutete Versteinerung. Und die Geschichte weist nach, daß weltliche und religiöse Kultur der von der Kirche durchlebten Zeiten und durchdrungenen Länder in ihr aufgenommen seien? Sie hat nichts anderes getan als die Pflanze. die aus Luft und Boden die brauchbaren Stoffe an sich zieht. . . Und gerade in dem, was die Kirche an sich zieht und was sie abstößt offenbart sich

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