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keine Erbschaft antreten können; Niemand soll gezwungen seyn, ihnen ihn Betreff eines Geschäftes Antwort zu geben. Sind sie Richter, so haben ihre Aussprüche keine Giltigkeit, keine Rechtssache soll ihnen zur Verhandlung vorgelegt werden. Sind sie Advocaten, so darf man ihre Vertheidigung nirgends annehmen; sind fie Notare, so bleiben die von ihnen gefertigten Instrumente ohne Kraft und Einfluß. Und überdieß sollen Geistliche, welche die Keßerei in Schuß nehmen, an welcher Kirche sie seyen, an Kathedral, Metropolitan-, Patriarchal- und Primatkirchen, von welcher Würde sie sehen, bei Klöstern und Pfründen, auch wenn sie in gehöriger Eigenschaft davon Besitz genommen haben, ihre Stellen verlieren. Gleichermassen sollen auch solche Laien aller Königreiche, Herzogthümer, Herrschaften, Lehen und zeitlichen Güter beraubt seyn; ihre Königreiche, Herzogthümer, Herrschaften, Lehen und Güter müssen veräußert werden und bleiben; sie müssen Jenen als Gerechtsame und Eigenthum zufallen, die sie zuerst in Besih genommen haben, wenn sie nur im reinen Glauben und in der Einheit unserer Römischen Kirche und unter unserem und der uns folgenden canonischen Römischen Päbste Gehorsame geblieben sind."

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Besonders väterlich warnt Clemens VIII. in einem Breve vom 26. Juli 1596 seine Italiener vor der Keßerei. „Zu unserer großen Betrübniß,“ sagt er,,,haben wir vernommen, daß sehr viele Christgläubige aus verschiedenen Gegenden Italiens ihre Heimath, wo die wahre und heilige katholische und apostolische Religion blüht und öffentlich gepredigt wird, sich entfernen und an Orte begeben, wo nicht nur die Keßereien ganz ungestraft herrschen, sondern, was noch schlimmer ist, die Ausübung der katholischen Religion ganz untersagt ist. Um solchem Unheile, so weit es uns mit Gott möglich ist, abzuhelfen, gebieten wir durch diese unsere ewig giltige Constitution, daß ferner kein Italiener, er sey ein Kaufmann oder sonst irgend eines Standes, unter feis nem Vorwande sich unterstehen soll, in einer Stadt oder in einem Ort zu wohnen, wo keine katholische Kirche und kein katholischer Pfarrer oder sonst ein Geistlicher ist, wo sie Messe hören, die Sacramente empfangen und ihre Todten nach dem Ritus der katholischen Kirche begraben können. Die Italiener sollen ferner keine kezerische Frau heirathen, keinem Begräbniß eines Kehers beiwohnen, ihre Kinder nicht von Keßern zur Taufe halten lassen

und eben so wenig keherischer Kinder Taufpathen werden, es sey denn, daß sie nach katholischer Weise von katholischen Priestern getauft werden. Auch dürfen sie nur im Nothfalle und in Ermangelung eines Katholiken einen keßerischen Arzt gebrauchen.”

Schon aus der oben angeführten Bulle von Paul IV. kann man entnehmen, wie der Pabst sich als den Herrn auch der Königreiche und Fürstenthümer betrachte; ein Umstand, der für die verdammten Kezer freilich von höchst gefährlichen Folgen seyn müßte, wenn die Päbste die nöthige Macht zur Ausführung ihrer Wünsche besäßen, Es ist bekannt, daß Alexander VII. die neue Welt vertheilte; aber auch in Betreff der alten zeigt die Geschichte dergleichen Versuche. Johann XXII. erließ im Jahre 1316 eine Bulle, worin er „Italien gänzlich von dem Kaiserthum und dem Deutschen Reiche trennt, und es befreit von aller Unterwerfung gegen den Kaiser und Reich, es absondert von einer solchen Gemeinschaft und einer solchen Jurisdiction." ,,Wir sehen eine nothwendige Scheidewand dazwischen,“ sagt er,,, und befreien Italien mit gänzlicher Machtvollkommenheit, gebietend, daß es weder jeht, noch zu irgend einer Zeit mit dem Reiche vereint und zu einem Körper gemacht werden dürfe."

Hat nun der Pabst das Recht, die Kronen zu vergeben, so wird er natürlich auch nur gezwungen kezerische Fürsten dulden. Man glaube nicht, daß der Römische Stuhl in neue rer Zeit diese Ansicht etwa aufgegeben habe. Er ist nicht geneigt, je irgend Etwas aufzugeben, sondern erklärt jede Nachgiebigkeit für erzwungen und verwahrt sich sein altes sogenanntes Recht. Selbst diese Behauptung, daß Keßer keinen Thron inne haben dürften und der Pabst befugt, ja verpflichtet sey, sie nicht darauf zu dulden, hat er erst vor wenigen Jahren in die Rüstkammer seiner alten Anmaßungen zurückgelegt, so sehr ihn die Großmächte England und Preußen von der Unmöglichkeit der Durchführung schon längst hätten überzeugen müssen. Er gibt die. Hoffnung nicht auf, daß einst eine Zeit eintreten könnte, wo es möglich wäre, dieses sogenannte Recht wieder geltend zu machen; obgleich er diesen Zeitpunkt wohl eben so vergeblich erwarten wird, wie die heutigen Juden ihren Messias.

Merklich hat sich diese alte Pflicht, keinen keherischen Fürsten zu dulden, in Clemens XI. geregt, als der Kurfürst Frie

drich von Brandenburg den Titel eines Königs von Preußen an nahm. In einem am 8. April 1701 gehaltenen geheimen Const storium, wo er die Cardinäle von diesem Vorfall benachrichtigte, dußerte er sich darüber folgender Maßen;

" „Ihr habt längst vernommen, denn es ist ja weltbekannt, daß sich Friedrich, Markgraf von Brandenburg, mit Verachtung der Autorität der Kirche Gottes und mit schwerer Ver legung der Rechte der Deutschen Ordensritter, öffentlich den Nas men und die Infignien eines Königs von Preußen angemast habe, ein wahrhaft profaner und bei den Christen bisher ganz unerhörter Brauch. Somit hat er sich, unvorsichtig genug, der Zahl Jener beigesellt, von denen es in der Schrift heißt: Sie haben regiert, aber nicht durch mich; sle waren Fürsten, aber ich kannte sie nicht. Wie kränkend dieses Unternehmen gegen den apostolischen Stuhl sey, wie sehr es den heiligen Canonen zuwiderlaufe, die eher den Sturz eines fezerischen Fürsten, als dessen Erhöhung begünstigen, brauche ich eurem erprobten Eifer und eurer Frömmigkeit nicht weiter zu erklären. Doch sollt ihr wissen, daß wir, vermöge unseres Amtes, diese verwegene und irreligiöse Frevelthat nicht mit Stillschweigen übergangen, sondern in unseren Schreiben an die katholischen Fürsten unumwunden verdammt und dieselben ernstlich ermahnt haben, diese angemaßte Würde des Markgrafen auf keine Weise anzuerkennen, und nicht zu gestatten, daß die königliche Würde, ein besonderes Geschenk Gottes und die Stüße und Zierde der wahren Religion, in einem nichtkatholischen. Fürsten erniedrigt werde 17).

Wie wenig der Römische Stuhl selbst in der neuesten Zeit von derartigen Gesinnungen zurückgekommen ist, zeigt eine Instruktion des Pabstes Pius VII. vom Jahre 1805 an seinen Nun-` tius in Wien. Man liest darin Folgendes:

„Nicht nur hat sich die Kirche bemüht, zu verhindern, daß die Keßer sich nicht der Kirchengüter bemächtigten, sondern sie hat noch weiter, als Strafe gegen das Vergehen der Keßerei, die Confiscation und den Vermögensverlust derer, die sich dessen schuldig machten, aufgestellt. Diese Strafe ist beschlossen, was die Güter von Privatpersonen betrifft, durch eine Bulle von Innocenz III.; und in Rücksicht der Fürstenthümer und Lehen ist es eine Regel des canonischen Rechts: Absolutos XVI.

de Haereticis, daß die Unterthanen eines keherischen Fürsten von aller Pflicht gegen ihn befreit bleiben, freigesprochen von aller Treue und Lehenspflicht. Wer auch nur ein wenig in der Geschichte bewandert ist, den können die von Päbsten und Concilien gegen jeden in der Keßereis beharrenden Fürsten ausgesprochenen Abseßungssentenzen nicht unbekannt seyn. In Wahrheit, wir sind in so unglückliche Zeiten gefallen, zu einer solchen Erniedrigung für die Braut Christi, daß es ihr nicht möglich ist, so heilige Marimen in Ausübung zu bringen, noch nüßlich, sie in's Gedächtniß zurückzurufen; und fie ist gezwungen, den Lauf der gerechten Strenge gegen die Feinde des Glaubens zu unterbrechen. Aber wenn sie ihr Recht nicht ausüben kann, die Anhänger der Keßerei von ihren Fürstenthümern abzusehen und sie ihrer Güter ver lustig zu erklären, könnte man jemals zugeben, daß man, um jene zu bereichern, sie ihrer eigenen Domänen beraubte? Welch ein Gegenstand des Spottes würde sie nicht den Kehern selbst seyn und den Ungläubigen, daß man endlich die Mittel gefunden habe, sie tolerant zu machen *).“ —

Man könnte allerdings von protestantischer Seite über dergleichen Flüche und Verwünschungen der Römischen Curie eher hinwegsehen, wenn sie sich nur auf die ersten Zeiten der Reformation beschränkten. Es war dieses Ereigniß für den Römischen Stuhl zu bitter, als daß man ihm hätte zumuthen können, dasselbe mit Gelassenheit zu tragen, und nicht die gewohnten Fluchformeln, mit denen er selbst katholische Kaiser und Könige belegte, auch über die Protestanten zu schleudern. Ja ich wollte mir selbst noch die Bulle gegen den Westphälischen Frieden gefallen lassen, welche Pabst Innocenz X. im Jahre 1648 zum ewigen Andenken ergehen ließ 18); denn es mußte dem heiligen Vater wohl allzu schmerzlich fallen, nun durch Waffengewalt den Protestanten Religionsfreiheit in Deutschland gesichert zu sehen. Jeht aber, nachdem seitdem wieder zwei Jahrhunderte vorüber sind und an eine Bekehrung der Abgefallenen doch gewiß nicht mehr zu denken ist, jeht möchte es wohl an der Zeit seyn, ein Verdammungsurtheil aufzu

* Der Italienische Grundtert findet sich ebenfalls bei Eisenschmid. Röm. Bull. II, 686.

geben, um das sich schon längst Niemand mehr bekümmert; und es wäre wahrlich einem mächtigen protestantischen Fürsten heut zu Tage nicht zu verdenken, wenn er endlich, dergleichen Neckereien müde, einen ernstlichen Schritt thäte, um sich für immer davon zu befreien.

Worauf will denn der Pabst heutiges Tages mit seinèn Bannflüchen noch fußen? Im Volke haben sie längst keine Wir kung mehr, seitdem auch der gemeinste Mann in Europa weiß, daß Millionen Christen seit Jahrhunderten es getrost dahin wagen, mit dem päbstlichen Fluche beladen in die Ewigkeit zu gehen: und die katholischen Regenten? die haben sich ja längst mit protestantischen Fürstenhäusern verschwägert und werden wohl nicht gegen ihre eigenen Familien zu Felde ziehen! Ist es nicht eine gröbliche Anmassung, dem König von Bayern in's Gesicht zu sagen: deine Gemahlin ist verdammt! der Kronprinzessin von Preußen in's Gesicht zu sagen: dein Gemahl kann nicht seelig werden! dem Kronprinzen von Frankreich in's Gesicht zu sagen: deine Gemahlin ist ewig verloren! die kaiserlichen und königlichen Häuser von Rußland, von Preußen, von England, von Würtemberg, Hannover, Dänemark, Holland, Schweden, Belgien, die Deutschen souveränen Fürsten fast durchgängig mit vielen Millionen Unterthanen dem Teufel zuzuwerfen? Und das hat der Erzbischof von Köln, das hat der Pabst noch dieser Tage gethan, indem er bis heute darauf dringt, die Kinder aus gemischten Ehen sämmtlich in der katholischen Confession zu erziehen, weil sie außerdem nicht seelig werden könnten!

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