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ALFONS PETZOLD.

(Geboren 1882 in Wien.)

Proletarierkinder.

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Dreißig lichthungrige Fenster, eng aneinander gereiht Aus jedem mit hungriger Stimme nach Freude die Armut schreit.

An jedem zweiten und dritten Fenster ein blasses Kindergesicht Und jedes hat in den Augen eine klagende Stimme, die spricht: Wir sollen die hoffnungsvollen Blüten der Menschheit sein, Wir sollen schließen die Kraft und die Schönheit der Zukunft

ein, Doch unsere Väter hungern am Werktisch und an der Bank, Die Brüste unserer Mütter sind schlaff und krank. Luft suchen unsere Lungen, die Hände frisches Brot; Was wir als Erbe bekommen, ist Siechtum und früher Tod. Und hinter unserer Gasse ist die Welt so reich und weit...«

Dreißig lichthungrige Fenster, eng aneinander gereiht, Aus jedem mit grausiger Stimme die Schande der Großstadt schreit.

Deine Hände sind nicht fein und schlank, drauf schlug ja Tag und Nacht

Das Leben, unser Hammerschmied, und hat sie hart gemacht. Und dennoch, als ich einmal lag vor dir als weinend Kind, Da lagen sie auf meinem Haupt so seidenweich und lind.

Herbstsonne.

Herbstsonne, die mir küßt die gelbe Hand,
Bist du ein Gruß aus jenem Sehnsuchtsland,

In das die Armen und vom Glück Verbannten Zu allen Zeiten ihre Herzen sandten?

Herbstsonne, bleich und kränklich so wie ich,
In deiner stillen Armut lieb' ich dich!

Könnt' ich wie du mit meinen siechen Händen Ein wenig Glück noch einem Menschen spenden!

Mein Feld.

Ein früchtereifes Kornfeld bin ich nicht;

Froh macht's mich schon, wenn meine Ackerspalten

Ein wenig Saat in ihrem Schoße halten,

Die langsam keimt entgegen goldenem Licht.

O heilige Saat von lieber Hand gesät,
Ich will beschützen dich und sorgsam pflegen,
Daß ich noch schaue deinen Ährensegen,
Bevor der große Schnitter selbst mich mäht.

Der Mittag.

Reglos, einem toten Auge gleich

Starrt zum Himmel auf der Wiesenteich.

Neben ihm ein blitzerdolchter Baum
Ragt gespenstig in den stillen Raum.

Von dem Sonnensegen goldumsäumt
Steht ein Christusbild am Weg verträumt,

Und der Wald, der hier zur Höhe steigt,
Voll von hoher Andacht sinnt und schweigt.

Der Pfad.

Aus dem Dunkel hin zur Helle naht
Sich ein wiesentiefer, schmaler Pfad.

Ferne schon im düstern Gartenland
Leuchtet sein dem Quarz entraffter Sand.

Weg, mein Weg, der du zur Helle führst,
Wenn du auch viel dunkles Land berührst,

Gleiche diesem, der da schwarzumgrenzt
Wird von seinem eignen Licht beglänzt.

FELIX BRAUN. (Geboren 1885 in Wien.)

Schlaflied.

Im Zimmer sacht
ein Rauschen geht,
die dunkle Nacht
am Waldrand steht.
Ihr Schleier weht.

Ihr Schleier ist der Mondenschein :
Sie wirft ihn weit ins Land hinein;
der hüllt auch dich in Träume ein:
schlaf ein, schlaf ein.

Die Lampe schwimmt
in rotem Flor,

ein Schatten klimmt

die Wand empor

und tastet vor.

Bald schaut die Nacht zu dir herein:

da darf im ganzen Kämmerlein

kein Licht, kein blasses Leuchten sein: schlaf ein, schlaf ein.

Die Arme schlingt der Wind ums Haus, sein Flüstern klingt wie Waldgebraus.

Das Licht lischt aus.

Das Licht lischt aus, das Licht wird klein,

jetzt ist es nur ein Edelstein:

Traumkönig wird im Zimmer sein:

schlaf ein, schlaf ein.

Gespräch.

So tief hast du mich lieb?

Dann lieb' auch meine Traurigkeit.
Dann lieb' auch meine Kinderzeit,

die mir als leiser Schatten

fürs Leben blieb,

Sieh mich nur einmal an,

bin ich mit tiefster Seele dein.

Du merkst vielleicht nicht, daß ich wein'.

Das hat die alte Traurigkeit

mir angetan.

Nicht, was ich sag' und tu'

das, was Gewalt hat über mich,

was waltet dunkel, innerlich, leisestes Lebenshallen,

das liebe du!

ALFRED GRÜNEWALD.

(Geboren 1884 in Wien.)

Erscheinung.

Ein Nachen fährt auf dunklem See.

Versunken ich am Ufer steh',

muß schauend ihn geleiten.

Und weiß, daß ich ihn einst schon sah, daß alles einmal schon geschah,

vor unermeßnen Zeiten.

Erkennst du mich, ersehntes Bild?

Du bist wie ich so ungestillt.

Nun winkst du mir von ferné.
Leg' an, verfließende Gestalt.

Wir sind schon viele Leben alt.
Wir ruhten beide gerne.

WLADIMIR FREIHERR VON HARTLIEB. (Geboren 1887 in Görz.)

Um Mitternacht.

Durch Schlafes Macht

Zur Ruh gebracht,

Was sind wir Menschen um Mitternacht?

Die Sterne leuchten klar und weit

Wie in ur-uralter Vormenschenzeit.
Die Flüsse rauschen ungehört,
Nachtfalter schwirren ungestört,
Die Wälder stehen regungslos,
Es spielt der Mond im Wiesenschoß

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