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BETTY PAOLI.

(Geboren 1815 in Wien, gestorben

1894 in Baden bei Wren.)

Wandlung.

Willst du erschaun, wie viel ein Herz kann tragen,

O blick' in meins!

So reich an Wunden, vom Geschick geschlagen,

War wohl noch keins.

Doch mitten in den wütendsten Orkanen

Erhob ich mich,

Und schritt dahin auf meinen fernen Bahnen

Wie stark war ich!

Wie ward mir doch nur so mit einem Male

Die Kraft geraubt?

Es trotzte mutig dem Gewitterstrahle

Mein stolzes Haupt,

Doch als du zu mir sprachst mit leisem Grüßen:

»Ich liebe dich!«

Da sank ich still und weinend dir zu Füßen

Wie schwach bin ich!

Was du mir bist.

Was du mir bist? O frage Blumenkelche,
Was ihnen wohl der Tau, der sie besprengt?
Die letzte Faser bist du mir, durch welche
Mein Herz mit Gott zusammenhängt.

Der Mittler bist du mir, der von Zerwürfnis
Und ird'schem Gram die Seele mir befreit:
Bist meines Daseins innerstes Bedürfnis,
Mein Anteil an der Seligkeit!

Abschluß.

Es hat mein Herz an deiner Brust geschlagen,
Ich habe deiner Seele Gruß vernommen,

In meinem Dunkel sah ich's herrlich tagen,
Jetzt mag das Ärgste, mag das Letzte kommen!

Nach jener Stunde, jener himmlisch reinen,

Kann nichts mehr süß und nichts mehr bitter scheinen.

Herbstgefühl.

Jetzt, da von kalter Lüfte Schauern
Die Bäume blatt- und blütenlos,
Fühl' ich in mir ein reuig Trauern,
Daß ich den Frühling nicht genoß.

Er war so schön mit seinen Rosen,
Mit seinem Nachtigallensang,
Mit seiner Weste mildem Kosen
Und seines Hauches Blütendrang.

Mir aber floß ein Born der Tränen
Inmitten dieser Frühlingslust,
Ich fühlt' bei allen Glückesszenen
Den Jammer nur der eignen Brust.

Und jetzt erst, da entlaubt die Bäume,
Jetzt, da die Bäume blütenlos,

Reut mich's, daß ich die Frühlingsträume
Der lichtern Tage nicht genoß.

So werd' vielleicht in künft'gen Tagen,
An eines andern Herbstes Grenz',
Ich bang in eitler Sehnsucht klagen
Um meines Seins entflohnen Lenz.

O jetzt schon fühl' ich's, wie die Frage
Tief schmerzlich meiner Brust entkeimt:
Warum ich meine Frühlingstage
Auf wüster Meeresfahrt verträumt.

Meine Grabschrift.

Die hier im dunkeln Grabesschoße ruht,

Nach langen Kampfes Mühsal und Beschwerde,
Wie jedes andre arme Kind der Erde

War sie ein Doppellaut von Schlimm und Gut.

Nichts unterschied sie von der großen Schar,
Behaglich atmend in der Lüge Brodem,
Als daß die Wahrheit ihrer Seele Odem
Und daß getreu bis in den Tod sie war.

ADA CHRISTEN. (Geboren 1844, gestorben 1901 in Wien).

Ach, nur einmal möcht' ich sinken
Noch in deine Arme hin,
Und nur einmal noch vergessen,
Was ich war und was ich bin!

Ach, nur einmal so dich sehen,
Wie du einst gewesen bist;
Und dann alles wieder leiden,

Was schon war und was noch ist.

Ich sehne mich nach wilden Küssen,

Nach wollustheißen Fieberschauern; Ich will die Nacht am hellen Tag

Nicht schon in banger Qual vertrauern.

Noch schlägt mein Herz mit raschem Drang,
Noch brennt die Wang' in Jugendgluten
Steh still, lösch' aus mit einem Mal!
Nur nicht so tropfenweis verbluten!

Nichts mehr.

Nicht mehr die heißen, süßen Küsse,
Nicht mehr die Worte mild und warm,
Nicht mehr den treuen Blick der Augen,
Nicht mehr den Druck von deinem Arm.

Nichts mehr von allen jenen Wonnen,
Die Liebe hat und Liebe gibt,
Nichts will ich um noch fortzuleben
Sag' nur, daß du mich einst geliebt!

Wiedervereinigung.

Küsse mich, denn, ach! sie bluten
Alle noch die alten Wunden,
Küsse mich, daß ich vergesse
Alle die verfluchten Stunden!

Laß mich von den süßen Lippen
Wieder Glück und Liebe saugen,
Laß mich sterben, überstrahlet

Von dem Himmel deiner Augen!

FERDINAND VON SAAR. (Geboren 1833, gestorben 1906 in Wien.)

Nun ist das Korn geschnitten

Nun ist das Korn geschnitten,
Die Felder leuchten fahl,
Ringsum ein tiefes Schweigen
Im heißen Sonnenstrahl.

Verblüht ist und verklungen,
Was duftete und sang,
Nur sanft tönt von den Triften
Der Herdeglockenklang.

Das ist, o Menschenseele,

Des Sommers heil'ger Ernst, Daß du, noch eh er scheidet, Dich still besinnen lernst.

Herbst.

Der du die Wälder färbst,

Sonniger, milder Herbst,

Schöner als Rosenblühn

Dünkt mir dein sanftes Glühn.

Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur atmest du

Tiefer Erfüllung Ruh.

Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht,
Daß es zu Ende geht.

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