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Das Problem der Einigung beider Seiten in Christus, sagt sie zunächst, ist umgangen von dem Nestorianismus, der einen todten Dualismus, es ist aber auch umgangen vom Eutychianismus, der eine Resorption des Menschlichen durch das Göttliche für Einigung ausgeben will. Ausserdem aber faßten die Väter dieser Synode das Problem selbst positiv so: in Christo sei anzuerkennen eine Zweiheit des Göttlichen und des Menschlichen; diese beiden, eine Zweiheit unendlich und wesentlich verschiedener Naturen, seien gleichwohl zu und innerhalb Einer Person vereinigt. Schon um für diese Aufstellung des Problems die kirchliche Sanction zu erreichen, mußte die Kirche auf Partheien verzichten, die ihr christliches Bewußtseyn darin nicht wieder erkannten. Wenn die Nestorianer fühlten, daß Christi menschliche Natur vor einem einseitigen Uebergewicht der göttlichen durch die chalcedonensischen Formeln nicht sicher gestellt sei, so beklagten sich die Monophysiten, daß gegen die alte Sprachweise von der uia quos die Lehre von zwei solchen Naturen in Christus jedes Versuches ihrer Einigung spotten müsse.

Aber auch aus der Mutterkirche selbst bildeten sich die im Nestorianismus und Monophysitismus entlassenen Gegensäge von Neuem hervor, als stete Mahnung an die vom Chalcedonense noch nicht getilgte Schuld. Dieses bildet den Hauptgegenstand der beiden andern Abschnitte.

Der zweite vom Jahre 451-793 stellt dar, wie die in der griechischen Kirche übermächtigen und in immer neue Formen sich kleidenden monophysitischen Neigungen, mit der Richtung auf die Einheit vornemlich durch die abendländische Kirche siegreich bekämpft und wie die chalcedonensische Zweiheit nicht blos behauptet, sondern geschärft wurde, indem die Zweiheit wesensverschiedener Naturen auch zur Zweiheit der Vermögen des Willens und des Wissens, ja auch zur Zweiheit der sämmtlichen Funktionen ausgebildet wurde. Die Zeit vom Jahr 451 bis ins achte Jahrhundert ist also durch ihre synodalen Entscheidungen die Zeit der Schärfung und Durchführung des chalcedonensischen Gegensages der beiden Naturen; für die Einigung ihrer selbst geschah wenig der Rede Werthes.

Als nun aber diese Richtung auf den Gegensaß der Naturen in dem Adoptianismus gipfelte, welcher gleichsam das Facit aus der bisherigen Bewegung ziehen wollte, da erschrack das Abendland vor der antiochenischen Consequenz, und es trat mit dem Concil von Frankfurt 793 ein Wendepunkt ein.

Der dritte Abschnitt dieser Epoche von dem Frankfurter Cencil bis zur Reformation ist im Allgemeinen die Zeit der Sänftigung des chalcedonensischen Gegensages, zeigt überwiegend die Richtung auf die Einheit der Person. Schon die Zeit des zweiten Abschnittes hatte in ihrer Durchführung des Gegensages beider Naturen sich dadurch beruhigt, daß ja das Personbildende in Christus exclusiv der allmächtige Logos sei, der als solcher wohl vermöge die Zweiheit, wie weit sie auch auseinander gebe, in Einheit zusammenzuhalten, wie denn auch allerdings dieser eine Punkt genügt, um die göttliche Natur in einseitigem Uebergewicht zu erhalten. Gegen diesen monophysitischen oder doketischen Rest der kirchlich noch nicht sanktionirt war, noch es je wurde, hatte der Adoptianismus sich besonders erhoben, in der Hoffnung, die Einheit der Person Christi bewahren zu können auch wenn die menschliche Seite wie die göttliche persönlich gedacht sei. Aber seit der von seiner Niederlage an datirenden Wendung der kirchlichen Wissenschaft zur Einheit der Person ward nun die Unpersönlichkeit der menschlichen Natur Christi der am lebhaftesten vertretene und ausgebildete Sag, der aufs engste mit der ganzen magischen Seite der mittelalterlichen Gnadenlehre zusammenhängt; wie denn darin auch gleichsam das Urbild der mystischen Entzückung des Menschen in Gott verborgen war. Allein bald genug zeigte sich die Folge: nemlich eine solche selbstlose Menschheit Christi hebt die Wahrheit der Menschwerdung auf. Christi Menschheit wird zum bloßen Gewand der Gottheit, zur Theophanie; die eigentliche Idee der Gottmenschheit ist im Nihilianismus aufgegeben. So ist Christus gleichsam nur wieder zum Logos mit einem menschlichen Kleide geworden, und die Echolastik sucht zu beweisen, daß eine Menschwerdung auch nicht nötbig aber doch möglich und wirklich war, im uneigent= lichen Sinne genommen. So war denn das Problem unter

dem Vorgeben der Lösung eigentlich begraben, und bereits treten Surrogate der Christologie in Masse in die Kirche ein. Zwar das ehrliche Wort des Lombarden, welches das Geheimniß dieser kirchlichen Christologie unverhohlen aussprach, wurde officiell desavouirt. Aber die Sache konnte sich nicht ändern, so lange die menschliche Natur selbstlos ohne eigene Bedeutung in sich dastand. Immer enger schürzte sich der Knoten, je mehr der Begriff der menschlichen Persönlichkeit anderweit, freilich meist in pelagianifirender Weise, zu tagen und sich dem Magischen zur Seite, ja entgegenzusehen begann. Ein Theil der Scholastik bleibt in der traditionellen Bahn, aber in ihrer Unproduktivität und in ihrem Rückgange zu einfacheren mystischen Anschauungen von der Person Christi zeigt sich schon ein beginnendes Absterben des Interesses für die bisherige begriffliche Ausbildung der Christologie. So bei Thomas. Ein anderer Theil lenkt zu adoptianischen Säßen zurück, die auch jezt keine Verdammung mehr erfahren; aber eingeengt in die kirchlichen Formeln und im Gefühl der Schwierigkeiten ihrer Vereinigung ringt man vergeblich nach einer Lösung. So Duns Scotus. Im Ganzen wird ein Schwanken, eine Unsicherheit sichtbar, die in einem rathlosen Skepticismus mit blinder Unterwerfung unter die kirchliche Autorität endigt, der die Verantwortung für die Enantiophanien oder wirklichen Widersprüche in ihren Sägen überlassen wird. Doch ist noch Eine lebendige Linie übrig, in der sich der Faden der christologischen Entwicklung fortspinnt: das ist die mystische Richtung, die in der Reformation ihr normales kirchliches Ende durch ihre Vollendung fand. Zwar bleibt auch sie bei der Unpersönlichkeit der Menschheit in Christus stehen, aber faßt diese allgemein als Vollendung der menschlichen Natur. So ist darin der Sah enthalten: daß es dem Wesen Gottes und des Menschen nicht widerspreche, sondern einzig gemäß sei, in die innigste persönliche Gemeinschaft zu treten, ja daß nur Gott die wahre Persönlichkeit des Menschen sei und hierin keine Verkürzung des Menschlichen liege. Wie weit war sie hiemit von dem Geiste und den Sägen des chalcedonensischen Conciles abgegangen! Es ist aber das Verdienst besonders der lutherischen Kirche und ihrer Lehre von der Communicatio idiomatum, nicht wie die Mystik

blos bei der Einheit des Ich verweilt und in dasselbe d. h. in die göttliche Hypostase die menschliche Seite versenkt, sondern die Einigung der Naturen selbst untereinander als das Hauptproblem aufgestellt und an seiner Lösung gearbeitet zu haben. Da jedoch sichtlich hierin schon ein Abbrechen des Baues der vom Jahr 451-793 aufgeführt war beginnt, obschon die alten Voraussehungen noch vielfach nachwirken, so gehört die lutherische Christologie in die zweite Epoche unserer Periode. Es wird sich zeigen lassen, daß sie einerseits den Abschluß der alten Zeit bildet, jedoch dieses durch ein Princip das sie andrerseits schon auch zum Anfangspunkt einer neuen macht.

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Was der Puls der christologischen Bewegung in den verschiedenen Abschnitten der ersten Epoche (von 381-1517) war, haben wir übersichtlich darzulegen versucht. Wir haben nun noch die Unionsweisen zu überblicken, welche bei den so manchfaltigen christologischen Standpunkten dieser Epoche sich ergeben.

Keine christliche Zeit wollte ohne eine Christologie sein: jede wendet das Maaß ihrer Erkenntniß Gottes und des Menschen. auf dieses Dogma an, dessen Geschichte insofern eine Haupterkenntnigquelle des Begriffes ist, den jede Zeit von Gott und von dem Menschen hatte. Aber eine Christologie ist noch nicht da, wo Christus nicht als eine Einheit des Göttlichen und Menschlichen gedacht ist, und so stellte sich an jede Zeit, was auch sonst ihr Standpunkt oder ihr christologisches Hauptbestreben war, die Forderung anzugeben, wie sie sich bei ihren Prämissen die Unio dente.

Die verschiedenen der Reihe nach auftretenden Unionsweisen nun zerfallen in drei Gattungen, die einen Fortschritt bilden: aber so, daß die erste und die zweite einander direkt entgegenstehen.

A. Die erste Gattung, deren Hauptvertreter zum Theil noch der vorigen Periode angehören, hat noch am meisten Aehnlichkeit mit dem Doketismus und Ebjonitismus, indem sie durch die Unio die Eigenthümlichkeit der einen oder der andern Natur ganz oder theilweise verlegt, sei es, daß sie die göttliche Natur sich in die menschliche verwandeln läßt, was ebjonitisch, oder die mensch

liche in die göttliche, was doketisch ausfallen muß, oder daß sie endlich beide sich durch einander temperiren läßt, so daß wie in der Chemie das Produkt ein Gemeinsames, eine Mischung aus beiden Faktoren ist. Von der ersten Form war im ersten Bande vielfach die Rede; der zweiten gehört der Eutychianismus, der dritten der Theopaschitismus an. Sie alle gehören der monophysitischen Familie zu, die das Menschliche und Göttliche nicht minder als die Antiochener erclusiv gegen einander denkt, so daß die Einheit die sie sucht nur durch ganze oder theilweise Absorption zu Stande kömmt, und zwar durch das Göttliche, das überwiegend unter physischen Kategorien gedacht ist.

B. Die zweite Gattung die sich besonders an die kirchliche Verdammung des Apollinarismus anschloß, wußte gleichfalls die beiden Naturen nur als sich ausschließende Gegensäge zu denken, wollte aber beide in ihrer Eigenthümlichkeit vollständig bewahren im Interesse vornemlich für die Menschheit und einen geseßlichen Gottesbegriff. Dennoch meinte sie eine Einheit der Gesammt= person behaupten zu können, natürlich nur durch ein drittes ausserhalb der beiden Naturen gegebenes Princip.

Kaum nennenswerth ist die Vorstellung, welche ohne auf das zusammenschließende Princip weiter zu achten, die Person Christi nur als das Facit der zusammentreffenden zwei Naturen denkt, also sich gar nicht die Mühe nimmt zu erwägen, ob denn die zwei Naturen zusammengehen können, ob sie so gleichartig seien, daß sie in Eine Summe (Person) addirt werden können; und ob nicht jede derselben schon für sich Person sei. Da offenbar ist, daß hier die zwei Naturen nur gleichsam arithmetisch zusammenaddirt, zusammengesprochen, nur in Gedanken als eine Einheit gesezt werden, so ist die unio hier zugleich eine blos nominelle, unio verbalis; es ist nur gefordert, beide Naturen zu gleicher Zeit zu denken, das Problem ist noch nicht präcisirt, ge= schweige denn etwas zur Lösung gethan.

Ward nun aber eine reale Unio gesucht, so lag

a) am nächsten der Gedanke, die göttliche und die menschliche Natur seien dadurch Eins, daß die erstere in der legtern sei als in ihrem Tempel oder Kleid. Aber dieses bloße reale Zu

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