Qualis bona inventio *) Komische Kontraste durch possenhafte Zusammenstellung von Klängen sind auch auf andere Weise hervorgebracht worden. Dergleichen ist z. B. wenn bei Aristophanes (Ran. 1200 sq.) Aeschylos dem Euripides sagt: oùy τοίσιν θεούς από ληκυθίου σου τους προλόγους διαφθερώ, ihm dann an jeden Prolog das „anxúdiovinohen Ev" anflickt und ihm Euripides dies nachher durch seine Musik vergilt: το φλαττοθραττοφλαττοθρατ, welche er dessen aus verschiedenen Dramen zusammengeholten Versen anhängt. Ähnlich schliessen den Studentenvers bei Moscherosch (Wackern. 1. 3. p. 33) allerlei Interjektionen: Nocte studens graditur ludens testudine bom bom, Post sequitur miseros ictis vulneribus: o weh! Hos ego versiculos feci: tulit alter honores: Sic vos non vobis fertis aratra boves. Ferner Reimspiele, wenn statt des erwarteten Reimes ein anderes Wort eintritt, wie im Kladderadatsch (1851): ,,Kommt Hassenpflug heut nach Berlin, Er kriegte dennoch ho – he Meinung vom Berliner Volke.“ („Holze“ ist = Prügel); -- oder wenn der Reim gewaltsam durch Verunstaltung der Wörter herbeigeführt wird, wie: Der Saal erglänzt im hellsten Kerzenstrahle, Es gehört endlich hierher die eigentliche Parodie, von welcher, sofern sie der Darstellung eines grösseren Redeganzen dient, bereits (Bd. II, p. 222 sq.) gesprochen wurde. Sie bedient sich der Worte und Wendungen eines bedeutenden und allgemein bekannten Werkes, um ein Anderes darzustellen, wie auch der Cento, ist aber mit diesem nicht zu verwechseln. Der Cento bemüht sich, durch Verwendung derselben Wortklänge (nicht Worte, denn von deren wirklichen Bedeutung wird eben abgesehen) einen ganz fremden Inhalt darzustellen; die Parodie hingegen beabsichtigt eine gedankliche Beziehung zu dem Werke, dessen Worte sie entlehnt, und sie bringt diese Worte auch wohl mit einiger Veränderung ản, da für ihren Zweck es genug ist, wenn die Entlehnung als solche, die Allusion, erkennbar bleibt. Der Cento sucht also sein Gelingen darin, dass er trotz derselben Worte mit dem Original nichts Gemeinsames zeige, die Parodie will im Gegenteil das Original irgendwie in seinem Inhalt, seinem Wesen oder doch in der Art des Eindrucks, welche diesem zu eigen ist, durch Verwendung derselben Worte treffen, wenigstens berühren, sei es, um an diese Worte eine weitere, tiefere Bedeutung zu knüpfen, als ihnen im Original zukommt, sei es, um scherzend oder spottend deren Gewicht zu zerstören, sei es auch nur, um durch Erinnerung an ein von Trefflichen trefflich Gesagtes Teilnahme und verstärkte Wirkung für die eigene Darstellung zu gewinnen. Es entspricht dieser Begriff der Parodie dem oben (1. c.) angegebenen Sinne, in welchem die Alten den terminus brauchten, doch bedarf er in Bezug auf das zuletzt Gesagte noch einer Abgrenzung. Wir entlehnen nämlich auch Worte aus anderer Werken, entweder nur um sie als dort vorhanden zu zeigen, oder zur Bestätigung, oder zur Widerlegung einer Ansicht, führen sie auch wohl direkt als Vertreter unserer Meinung statt eigener Worte an, aber solche Citate werden doch nur dann zur Parodie, wenn sie in einem ihnen ursprünglich fremden Sinne zur Verwendung kommen, denn das Citat hat als solches den Sinn des Originals genau zu bewahren. *) So sind also z. B. Parodie die Verse des Krates gegen Stilpo, der ihn mit einem Wortspiel geärgert hatte, bei Diog. Laert. (II, 118): “Ο Στίλπων – ιδών τον Κράτητα χειμώκος συγκεκαυμένον, Ώ Κράτης, είπε, δοκείς μου χρείαν έχειν έματίου καινού (και νού), όπερ ήν, νου και ιματίου. Και τον αιδεσθέντα εις αυτόν ούτω, Lenoren sieht man mit dem Ritter Kunzen Lenoren seinen Dolch tief in den Bausen. oder, wie in Kortüms Jobsiade: „Er geriet drob in gar grossen Grimm mel! Hab' ich drum so viel angewendet ?“ u. S. W. Auch Accent und Rhythmus können in komischen Kontrast gestellt werden, wie z. B. in dem Scherz von J. v. Eichendorff (Werke, T. I, p. 413), dessen erster Vers heisst: „Zwischen Akten, dunkeln Wänden Και μην και Στίλπων' εσιδον χαλέπ' άλγε' έχοντα Την δ' αρετήν παρά γράμμα διώκοντες κατέτριβον. (cf. Hom. Od. 11, 582; 593); auch ein Fragment des Krates (bei Bergk Anthol. lyr. p. 128) beginnt: και μην Μίκυλον εισείδον auch die Píldor des Timon parodierten teilweise die Nekyia des Homer, und auch Platon (Protag. p. 315) citierte Od. 11, 601: τον δε μετ' εισενόησα, έφη “Όμηρος, Ιππίαν τον Ηλείον, und parodierte Od. 11, 586: Και μεν δή και Τάνταλόν γε εισείδον. επεδήμει γαρ άρα Πρόδικος. Man denkt hier an die von Schiller parodierten Homerischen Verse aus der Nekromantie in den Xenien, wie (auf Gleim): Melde mir auch, ob du Kunde vom alten Peleus vernahmest, Ob er noch weit geehrt in den Kalendern sich liest. Ach! ihm mangelt leider die spannende Kraft und die Schnelle, Die einst des G ... herrliche Saiten belebt. *) Die Travestie gehört nicht zu den Werken der Sprachkunst, sondern zu denen der Dichtkunst. Sie liefert in ganz selbständiger Form ein Gegenstück komischer Art zu einem ernsten und bedeutenden Werke und hat mit diesem nur dies gemein, dass sie denselben Stoff behandelt. So z. B. existiert neben Virgils Aeneis die „Enéide travestie“ von Scarron und die „ Travestierte Aneide“ von Blumauer. Man nannte indessen auch dergleichen Parodie z. B. in „Vergilii vita (Suetonii) de commentario Donati sublata": ,,Prolatis bucolicis innominatus quidam rescripsit antibucolica, dnas modo eclogas, sed insulsissime παρωδήσας" cet. (wozu cf. Od. 11, 494 sq.), unter denen sich auch die von Krates gebrauchte Wendung findet (Auf Shakespeares Übersetzung von Wieland und Eschenburg): Endlich erblickt' ich auch den gewaltigen Herkules! Seine Übersetzung! Er selbst leider war nicht mehr zu sehn. (Etwas verändert aufgenommen in die Parodie: Shakespeares Schatten. Die Stelle ist aus Od. 11, 601 sq.) Parodie ist auch, wenn (nach Appian. bell. Pun. 82) Scipio die Verse Homers (Ilias 4, 164 sq.) nach eigenem Eingeständnis auf Rom bezog, als er bei Karthagos Brand citierte: έσσεται ήμαρ όταν ποτ’ όλώλη Ίλιος ιρή Και Πρίαμος και λαός εμμελίω Πριάμοιο, oder wenn Cato (nach Plutarch Cat. M. 27) von Scipio sagte: oios TÉTVUTAI, roi de oxiaì discovot, was (Od. 10, 495) dem Teiresias zugesprochen war; oder wenn Krates, als er aus dem Gymnasion geworfen wurde, humoristisch mit dem Verse (Bergk Anth. I. p. 129): έλκε ποδός τεταγών δια βηλού θεσπεσίοιο Homers Worte (Od. 18, 101) parodiert, indem er sich statt des Iros setzt. Es genügt aber auch zur Parodie, wenn z. B. nur die Scherzwörter, die technischen termini bekannter litterarischer Erscheinungen verwertet werden, wie etwa in dem Spottliede, welches in Oxford als Chorlied „Deutscher Professoren“ (Hegelianer) (nach der National-Zeitung vom Jahre 1852, No. 297) gesungen wurde: The voice of yore Which the breezes bore Hail Light with Darkness joined! Of all indifference! Thou Positive Negation, Negative Affirmation! Thee do we sing The Pantheists King With ceaseless bug, bug, bug, and endless hum, hum, hum! So erzählt Goethe (Wahrh. u. Dicht. T. II), wie Clodius „sich eine Leiter auf den Parnass aus griechischen und römischen Wortsprossen zusammenzimmerte“, und giebt dann ein Gedicht an den Kuchenbäcker Hendel“, in welchem er „jene Kraft und Machtworte versammelte“. Die Entlehnung von Ausdrücken aus anderen Werken, durch welche die Parodie als solche wirkt, ist ein von selbst zur Komik und zum Spott einladendes Darstellungsmittel, und so sind Parodieen allerdings gewöhnlich komischer Art. Durchaus nötig ist dies nicht. So ist Krates schönes ,Paignion“ voll weltverachtenden Ernstes: Munuocúvns xai Znvos 'Olvuniov dyàaà téxva, Movodi Mɛgideç, xłūté uot eúxouévq – (Bergk, Anth. Lyr. p. 126) – Parodie zu der ebenso beginnenden Solonischen inoInxn εiç šavtov (ib. p. 15). Cl. Harms gab so eine Parodie zu Goethes: „Kennst du das Land, wo die Citronen blühn“, unter dem Titel: „Das Vaterland“, in welchem er die Sehnsucht nach dem Himmel schildert. Es fängt an: „Kennt ihr das Land – auf Erden liegt es nicht – Lasst, Freunde, fest uns richten Herz und Sinn.“ Auch eine blosse Form kann parodiert werden, wie z. B. J. H. Voss die Sonettenform in der deutschen Litteratur parodierte. |