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Politik, die von dem Bestreben nach einem gerechten Ausgleich erfüllt ist, bildet die unerläßliche Bedingung für die wirtschaftliche Entwicklung und den Fortschritt der Zivilisation der Völker. Seien Sie überzeugt, daß Italien zu dieser Politik mit freimütiger Aufrichtigkeit und mit hohem Bewußtsein seiner Pflichten und seiner Rechte beiträgt.

3.

Aeber Unregelmäßigkeiten in der Marineverwaltung.

7. Mai. Veröffentlichungen in der Presse über Zustände in der Marine verwaltung hatten schon vor längerer Zeit zur Einseßung einer parlamentarischen Untersuchungskommission geführt. In dieser schienen, nach weitern Veröffentlichungen, die Vorwürfe gerechtfertigt zu sein, daß die Gesellschaft der Stahlwerke zu Terni, die der Marine seit zwanzig Jahren die Panzerplatten liefert, den Staat schlechter bedient habe, als vordem ausländische Werke es getan, insbesondre ihn stark ausgebeutet habe. Nunmehr stellt in der Deputiertenkammer Bergamasco eine Anfrage über das Ergebnis dieser Untersuchungen. Darauf antwortet der Marineminister Admiral Mirabello: Die italienische Flotte ist weder hinsichtlich des Materials noch der Bewaffnung geringwertiger als die Flotten der andern Mächte. Einen Beweis für die Güte dieses Materials hatte man gelegentlich des Ostasiatischen Krieges. Im geeigneten Augenblick wird der Vorschlag auf Gründung eines staatlichen Stahlwerks in Erwägung gezogen werden. Die Panzer der italienischen Kriegsschiffe sind von guter Beschaffenheit und werden den Schiffen wirksamen Schuß gewähren können. Alle Geschüße sind von ausgezeichneter Beschaffenheit, und auch über die Geschoffe der italienischen Marine kann das Land vollständig beruhigt sein. Der Minister macht dann Mitteilungen von den bei der Kohlenbeschaffung, Verproviantierung und der Lieferungen überhaupt geplanten Reformen und schließt, es werde beständig an der Verbesserung der Organisation der Marine gearbeitet. Franchetti, Berichterstatter der Kommission, weist darauf hin, daß diese wiederholt die Korrektheit und den Eifer des Marineministers erkannt habe.

4.

Aeber den allgemeinen Aussland.

10. Mai. In der Deputiertenkammer beantwortet der Ministerpräsident Sonnino mehrere Anfragen über die um die Mitte des vorigen Monats infolge eines Ausstandes entstandnen Unruhen in Calimera sowie über die ähnlichen Vorgänge in der Provinz Lecce, in Turin und in Bologna:

Die Unruhen in Calimera hätten ihren Ursprung nicht in einem Konflikt zwischen Kapital und Arbeit, sondern seien durch die dortige Bevölkerung verschuldet worden und hätten die in Turin und Bologna nach sich gezogen. Der Präfekt von Turin habe sich bemüht, eine Verständigung herbeizuführen. Redner beklagt die politische Agitation, vermittels deren eine Partei versuche, sich zur Herrin der politischen Anschauung der Arbeiterklasse zu machen, und geht sodann auf die Vorfälle in Bologna ein. Er erklärt,

Gewalttätigkeiten könnten von keiner Seite geduldet werden. Es sei beklagenswert, daß die Arbeitermassen zu Unruhen aufgereizt würden, und die Aufwiegler trügen alle Verantwortung. Die einzige Abhilfe sehe er in der Erziehung der Volksmaffen. Die Regierung werde ihre Pflicht tun und mit Strenge die öffentliche Ordnung aufrechterhalten. Sie werde die Schuldigen ohne Zögern verhaften lassen und zähle auf die moralische Unterstüßung der Kammer und des Landes.

V.

Ministerium Giolitti.

30. Mai. Nachdem das seit dem 8. Februar d. J. im Amte befindliche Ministerium am 17. Mai in der Deputiertenkammer hinsichtlich der Frage der Reihenfolge von Beratungsgegenständen mit 27 Stimmen unterlegen war und deshalb um Rücktritt gebeten hatte, wird folgendes neue Ministerium ernannt: Präsidium und Inneres Giolitti, Auswärtiges Tittoni, Justiz Gallo, Schaz Majorana, Finanzen Massimini, Krieg Generalleutnant Viganò, Marine Admiral Mirabello, Unterricht Fusinato, öffentliche Arbeiten Gianturco, Ackerbau Coccu-Ortu, Post Schanzer.

VI.

Das Parlament zur Zeit des Ministeriums Giolitti.

1.

Programm des Minifteriums.

12. Juni. Der Ministerpräsident Giolitti spricht sich in der Deputiertenkammer also aus: Die Regierung plane umfangreiche Reformen zur Beseitigung wirtschaftlicher Mißstände und zur Besserung der Lage der Arbeiterklassen. Drei Bedingungen seien für raschen Fortschritt auf dem Reformwege unumgänglich nötig: Friede nach außen, Ordnung im Innern und festgefügte Finanzen. „Der Friede ist uns glücklicherweise durch die Bündnisse gesichert, denen wir entschlossen treu bleiben werden, sowie durch die herzliche Freundschaft, die uns mit allen Mächten verbindet, insbesondre mit denen, zu denen unsre Beziehungen häufiger und traditioneller find. Im Innern werden wir die Ordnung mit strenger Achtung vor dem Gesetz und allen Volksfreiheiten und mit großer Unparteilichkeit in dem Kampfe zwischen Kapital und Arbeit aufrechterhalten. Die Finanzlage ist vortrefflich, aber die größte Sorgfalt ist nötig, um das Budget festgefügt zu erhalten und den Staatskredit auf der Höhe zu halten, auf dem wir ihn jezt sehen. Die große liberale Partei wird sich um das von mir dargelegte Programm sammeln können, das vom Freiheitsgeiste und von der aufrichtigsten Liebe zu den

Arbeiterklassen erfüllt ist."
Ministerium ihr Vertrauen aus.

Darauf spricht die Kammer dem

2.

Aeber die Abrüftungsfrage.

14. Juni. In der Deputiertenkammer erklärt der Minister des Aeußern Tittoni auf eine Anfrage, welche Anweisungen die italienischen Delegierten zur zweiten Haager Konferenz bezüglich des Beschlusses des englischen Unterhauses über die Einschränkung der Rüstungen erhalten würden, er freue sich, aussprechen zu können, daß die damaligen Ausführungen des Staatssekretärs Sir Edward Grey seine lebhafte Sympathie gefunden hätten. Er sei immer der Ansicht gewesen, daß es für Italien eine Tollheit, ein Verbrechen gegen das Vaterland sein würde, wenn es allein seine Rüstungen vermindern würde, während es sich inmitten eines gewaltig bewaffneten Europas befinde, das die Vervollkommnung der Rüstungen als Mittel zur Erhaltung des Friedens betrachte. Er möchte wünschen, daß der Plan einer allgemeinen Abrüstung sofortige praktische Anwendung finden möge. Doch fürchte man vielfach, daß dieser Plan noch einige Zeit ein edler Wunsch bleiben werde aus Mangel einer konkreten Formel, die jedermann sichere Gewähr dafür biete, daß er nicht allein abrüste. Der österreichisch-ungarische Minister des Aeußern, Graf Goluchowski, habe am 11. Juni in der ungarischen Delegation in seinem Exposé bei Besprechung der ausgezeichneten Beziehungen zwischen Desterreich-Ungarn und Italien erklärt, die loyale Haltung beider Regierungen habe die Versuche unverantwortlicher Stellen, ihr gutes Einvernehmen zu stören, zum Scheitern gebracht. Dieser Ausspruch scheine ihm sehr richtig zu sein, denn er glaube, daß in allen Ländern die Unverantwortlichen eine fortwährende Gefahr für den Frieden darstellten, sei es, indem fie in der Presse kleine Meinungsverschiedenheiten aufbauschen und verschärfen, sei es, indem fie in der öffentlichen Meinung unedle und unüberlegte Erregungen hervorrufen.

3. Rentenumwandlung.

29. Juni. Der Ministerpräsident legt der Deputiertenkammer einen Gesezentwurf vor, zu deffen Begründung gesagt ist: Da auswärtige Ereignisse den Markt der italienischen Werte beeinflußten, so verbot sich bisher die Konversion. Da die Gesamtschuld acht Milliarden beträgt, so kann man in der ersten Periode bis 1912 auf 20, in der zweiten Periode auf 40 Millionen als Gewinn für

den Staatsschat rechnen. Der solide Zustand unsers Budgets, das hohe Ansehen unsers Kredits, der ständig günstige Wechselkurs, die starken Mittel unsers Schaßes, das Zusammenwirken der italienischen Anstalten unter der Leitung der Bank von Italien und der großen ausländischen Banken, die sich um das Haus Gebrüder Rothschild gruppieren, werden zu dem Erfolge dieser großen Operation beitragen.

Beide Kammern nehmen die Vorlage sofort an.

4.

Aeber das internationale landwirtschaftliche Juftitut.

22. Juni. Die Regierung legt der Deputiertenkammer einen Gesezentwurf vor, der ihr die Ermächtigung erteilt, das internationale Abkommen vom 7. Juni 1905 betreffend die Schaffung eines ständigen internationalen landwirtschaftlichen Instituts mit dem Siße in Rom zur Ausführung zu bringen und sich in die erste Gruppe der beigetretnen Staaten gemäß Artikel 10 des erwähnten Vertrags einzutragen. Die nötigen Fonds, die jährlich in ein Kapitel des Budgets der auswärtigen Angelegenheiten eingetragen werden, find mit 20000 Lire veranschlagt. Bevor die Anstalt ins Leben treten kann, hat die Genehmigung des Abkommens durch mehrere Regierungen zu erfolgen.

VII.

Auswärtige Beziehungen.

1.

Beziehung zum Deutschen Reiche.

17. April. In der italienischen Presse zeigt sich eine Erregung gegen Deutschland wegen des vom Deutschen Kaiser an den österreichisch-ungarischen Minister des Aeußern gerichteten Telegramms (S. 45), und weil Italiens Stellungnahme auf der Konferenz in Algeciras Anlaß zur Mißstimmung in Deutschland gegeben hatte.

Ein italienisches Blatt sagt, die Haltung Kaiser Wilhelms könnte nicht feindseliger sein. Die Deutschen sollten aber wissen, daß, wenn der Dreibund brüst gebrochen wird, die Italiener keineswegs verzweifeln und auch feine Träne vergießen werden. Das Blatt „Ora“ von Palermo sagt, die Italiener seien einer Allianz müde, auf deren Früchte sie heute noch warten. Das Blatt „Domani“ meint, die Tatsache, daß der italienische Botschafter in Berlin, Graf Lanza, in Urlaub verreist sei, beweise, daß eine Erkältung zwischen den Höfen von Berlin und Rom eingetreten sei. Kaiser Wilhelm werde erfahren, daß Italien die erniedrigende Rolle eines „Stiefelwichsers der verbündeten Mächte" nicht annehme. Der Mailänder „Secolo" sagt,

Kaiser Wilhelm sei so weit gegangen, die Italiener als seine Vasallen zu betrachten; doch wüßten die Italiener zu unterscheiden zwischen Kaiser und Nation; die deutschen Denker sollten dem Kaiser klar machen, daß seine Haltung nur eine Parodie sei, und daß er ebensowenig der Herr der Welt sei wie der alte Barbarossa, den die verbündeten Langobarden über die Alpen zurückgeworfen hätten. Die italienischen Minister hätten sich vor Kaiser Wilhelm erniedrigt; das italienische Volk habe immer eine unbezwingliche Antipathie dem Dreibund entgegengesezt und sei daher glücklich, wenn dieser von selbst verfalle, denn Bündnisse dieser Art könnten niemals von Dauer sein.

Ein andrer Teil der Presse spricht sich fortgesetzt wohlwollend für Deutschland aus. So sagt vor allem „Avenire d'Italia":

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Man muß es laut und stark sagen und in allen möglichen, auch feier= lichen Formen dartun, daß, wenn es die italienische Regierung für opportun gehalten hat, das zu übertreiben, was vernünftig bei der Annäherung an Frankreich war, und diese Uebertreibung bis zu dem Punkt gelangen zu laffen, daß die deutsche Regierung und das deutsche Volk argwöhnisch wurden wenn das geschehn ist, wie wahrscheinlich, um die extremen Parteien zu befriedigen auf Kosten der andern Parteien, die für die Ruhe und die innere und äußere Sicherheit des Staates eintreten, ein großer Teil der italienischen Nation absolut nicht diese Haltung der Regierung gegenüber Deutschland billigt, das noch immer unser Verbündeter ist. Wenn auch der Kaiser und die deutsche Presse unrecht taten, im gegenwärtigen Augenblick ihr Herz auszuschütten, so genügt das nicht, in uns die Erinnerung auszulöschen, wie bei andern für Italien gleich traurigen Anlässen ein Wort des Kaisers wie zu seines Vaters und Großvaters Lebzeiten das erste war, das als süßer Trost an unser Ohr gelangte. Zu der neuen Orientierung der italienischen Politik haben uns Radikalismus und Freimaurertum getrieben, während das monarchische und konservative Italien schon allein aus Achtung vor den alten Traditionen dem befreundeten und verbündeten Deutschland treu geblieben wäre, anstatt mit dem republikanischen, extremen und antiklerikalen Frankreich gemeinsame Sache zu machen.

18. April. Auch „Giornale d'Italia“ spricht sich in wohlwollender Gesinnung also aus:

Ein Teil der deutschen Preffe hat in den lezten Tagen über die italienischdeutschen Beziehungen Anschauungen ausgesprochen, die der Wahrheit nicht entsprechen. Auf der Konferenz in Algeciras hat Italien eine uneigennüßige Vermittlungstätigkeit entfaltet und wesentlich zu dem guten Ausgang der Konferenz beigetragen. Alle Mächte, die auf der Konferenz vertreten waren, wissen vollkommen, daß Italien mit größerer Loyalität und mehr im Geiste der Eintracht nicht hätte handeln können. Die Stellung Italiens war heikel infolge der Bande, die es mit dem Dreibunde vereinigen, und wegen seiner Abkommen mit Frankreich in Mittelmeerfragen; aber seine Haltung war so klar und ausgesprochen, daß weder seine Verbündeten noch seine Freunde sich über sie beklagen können. Deutschland hat Italiens Verbindlichkeiten gegenüber Frankreich in der Marokkofrage, die in keiner Weise seine Pflichten gegen den Dreibund verlegten, vor dem Zusammentritt der Konferenz gekannt. Italien ist ohne jeden Hintergedanken zur Konferenz gegangen und hat einzig die Herbeiführung einer Verständigung im Auge gehabt.

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