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Deutschland, die dahin gehn, zwischen beiden Ländern Feindseligkeiten hervorzurufen. Die Gesellschaft bittet darum, daß Kaiser Wilhelm und König Eduard sich ermutigt fühlen möchten, das gute Einvernehmen zwischen den beiden Nationen zu fördern und keine den vornehmlichsten Interessen der Mittelklassen entgegengeseßte Politik zu begünstigen.

10. Januar. In London findet eine Versammlung zugunsten der internationalen Annäherung statt, bei der Vertreter deutscher, französischer, belgischer und holländischer Handelskammern Gäste der Londoner Handelskammer sind.

12. Januar. Es wird ein Schriftstück zur Förderung der Annäherung an Deutschland veröffentlicht, nämlich ein Brief von einundvierzig maßgebenden Vertretern der englischen Gesellschaftsklassen an alle, die ohne Vorbehalt und mit herzlicher Freude alle Versicherungen ihrer deutschen Kollegen aufnehmen. Sie bitten, ihnen zu glauben, daß sie nicht weniger unangenehm durch die kriegerische Haltung einiger englischer Zeitungen berührt worden seien, als sie selbst. Der Brief erwähnt die jüngsten Zeichen der englischen Zuneigung zu Deutschland auf dem Gebiete der Literatur, der Wissenschaft und der Musik und schließt, ein englisch-deutscher Krieg würde ein Unglück für die Welt sein. Die Leichtfertigkeit, mit der gewisse Journalisten gelegentlich eine solche Möglichkeit erörterten, sei ein Maßstab für ihre große Unkenntnis der wirklichen Gefühle der englischen Nation.

20. Januar. Bei einem Festmahle im Londoner Lyceumklub weist Graf Keßler auf das in obigen Briefen von hervorragenden englischen Künstlern und Denkern zum Ausdruck gebrachte Wohlwollen gegen Deutschland hin. Dieser Brief sei ein weiterer Beweis dafür, daß nichts vorhanden sei, was das Geistesleben der beiden Völker trennen könne. Freundschaft entwickle sich leichter zwischen englischen Gentlemen und Deutschen der gebildeten Stände als zwischen Angehörigen von irgendwelchen andern zwei Nationen, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Ich glaube, fährt der Graf fort, daß dieses Gefühl der Freundschaft, das so regelmäßig und natürlich in die Erscheinung tritt, ein Zeichen dafür ist, daß diese beiden Völker durch etwas Tiefes, Wahres und Unwiderstehliches aneinander gebunden sind.

Bei dem Jahresbankett der Vereinigten Handelskammern Großbritanniens in London sagt der Minister Bryce in einem Trinkspruche, es sei die vornehmste Aufgabe der Regierung, den Frieden mit aller Welt zu erhalten, und er sei erfreut, aussprechen zu können, daß die Aussichten in dieser Hinsicht günstig wären, da ja England zu seinen beiden mächtigen Nachbarn die denkbar günstigsten Beziehungen unterhalte. Sie wüßten ja alle, welche herzlichen Bande sie mit der großen Nation jenseits des Kanals verknüpften und welche herzlichen Gefühle England für die große Nation, deren Vertreter Graf Wolff-Metternich sei, hegte. Sie alle hätten die Beweise der Freundschaft und des guten Willens, die sie erst kürzlich bei dem Besuch in München von deutschen Städten erhalten hätten, wohl zu würdigen gewußt.

20. März. Der deutsche Botschafter in London hält in der Handelskammer zu Bradford eine Rede, in der er sagt:

Wenn die Handelswelt in England und Deutschland nicht überzeugt wäre, daß die beiden Nationen einander sehr nüßlich sind, ließe es sich schwer erklären, woher die spontane, allgemeine, wohltuende Bewegung entstanden ist, die auf freundliche Beziehungen abzielt und die Unterstüßung der Handelskammern in beiden Ländern gewinnt. Die Kassandrarufe können wir daher getrost den Pessimisten, vielmehr Spezialisten_überlassen, die anscheinend eine Vorliebe dafür haben, die Zukunft unsrer Länder am dunkelsten darzustellen. Das Zusammenwirken auf dem Gebiete des Handels und der Wettbewerb um die Güter der Kultur wird künftig England und Deutschland in den gleichen Beziehungen finden wie in der Vergangenheit.

Der Präsident der Handelskammer, Mitchell, sagt in seiner Erwiderungsrede:

Unser Gast sagte, daß durchaus kein Grund bestehe, aus dem wir nicht eine beständige und dauernde Freundschaft mit dem deutschen Bolke unterhalten können. Wenn in vergangner Zeit irgendwelche Mißverständnisse vorgelegen haben, so hatten sie ihren Ursprung in der Tatsache, daß wir nicht genug voneinander gewußt haben. Wir haben niemals auf die Zukunft Deutschlands mit Gefühlen der Eifersucht gesehen.

21. März. Das englische Komitee für die Befestigung der Freundschaft zwischen England und Deutschland hält in London unter dem Vorsiß des Lords Avebury und in Anwesenheit einer deutschen, von de Neufville aus Frankfurt a. M. geführten Deputation eine Versammlung ab. de Neufville überreicht eine von vielen deutschen Parlamentariern, Gelehrten, Handelskammerpräsidenten, Bürgermeistern, kirchlichen Würdenträgern unterzeichnete Adresse. Lord Avebury dankt und sagt, die Zivilisation in jeder Gestalt verdanke Deutschland viel, und die, die für ein engeres Freundschaftsverhältnis zwischen Deutschland und England sowie für ein besseres Verständnis zwischen den beiden großen Nationen arbeiteten, täten dies auch zum Wohle der ganzen Menschheit.

19. April. In der englischen Presse wird das vom Deutschen Kaiser an den österreichisch-ungarischen Minister gerichtete Telegramm dem Telegramm an die Seite gestellt, das der Kaiser am 3. Januar 1896 an den Präsidenten Krüger von Transvaal gerichtet hatte.

13.-19. Mai. Ueber die Aufnahme der deutschen Städte= vertreter in England siehe S. 32-34. Ueber den Besuch der deutschen Stadtvertreter schreibt „Daily Chronicle“:

Der Besuch hat sich zu einem Ereignis von nationaler Bedeutung gestaltet. Manche würden es viclleicht lieber gesehen haben, wenn die Leiter der deutschen Stadtverwaltungen uns auf offizielle Veranlassung hin besucht hätten, aber das Ergebnis hätte wirklich kein bemerkenswerteres sein können, als es jezt der Fall ist, und sollte um so höher von unsern deutschen Freunden eingeschäßt werden, als die ihnen zu Ehren veranstalteten Empfänge

freiwilliger Natur waren. Der Besuch wird die im öffentlichen Leben stehenden Männer und durch sie das deutsche Volk in den Stand seßen, uns besser zu verstehn und zu erkennen, daß das englische Volk die freundschaft. lichsten Gefühle gegen Deutschland hegt.

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Indem wir den deutschen_Stadtvertretern Lebewohl sagen, freuen wir uns, Gelegenheit gehabt zu haben, zu zeigen, welch treue Freundschaft wir für unsre teutonischen Stammesgenossen hegen. Unfre Bewunderung für die großen Eigenschaften unsrer Besucher dürfte nicht verfehlt haben, sie davon zu überzeugen, wie man in England über internationale Angelegenheiten denkt. Sie haben, das dürfen wir offen sagen, weder Feindseligkeit noch Nervosität angetroffen, sondern freimütige Anerkennung von Deutschlands Recht, seine Zukunft auf seine eigne Weise zu gestalten, und aufrichtige Bewunderung des Ernstes und der Methode, mit der es sein Ziel verfolgt. Wenn es möglich wäre, würden wir gern mit Deutschland eine ähnliche Berständigung herbeiführen, wie wir es mit Frankreich getan haben und im Begriff stehn, es mit Rußland zu tun. Es ist nur deshalb unmöglich, weil zwischen unsern Ländern keine großen Fragen stehn, die einer Regelung bedürften. Man kann von Wiederherstellung von Liebe nur sprechen, wenn die Bande der Zuneigung vorher gerissen sind.

23. Mai. In einer Rede bei dem Mahle zur Eröffnung der deutschen Kunstausstellung in London erinnert der den Vorsitz führende Kriegsminister Haldane an den Besuch der deutschen Bürgermeister und sagt, ebenso große Sympathie, wie sich bei diesem Besuche auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens gezeigt habe, bestehe zwischen beiden Völkern auch im Reiche der Kunst: Deutschland verehre Shakespeare nicht minder als England, und Goethes Einfluß sei in England fast ebensogroß als in Deutschland.

20. Juni. Die in England eintreffenden deutschen Redakteure werden vom Londoner Institute of Journalists herzlich begrüßt (siehe G. 39-42).

3.

Berhältnis zu Frankreich.

6. März. König Eduard VII., der am 3. unter dem Namen eines Herzogs von Lancaster in Paris eingetroffen ist, hat hier eine Busammenkunft mit dem Präsidenten der Republik Fallières und dem Ministerpräsidenten Rouvier und sieht in der englischen Botschaft bei sich den frühern französischen Minister des Aeußern, Delcassé.

7. März. Die englische Presse will in der Einladung des Königs an Delcaffé nicht ein Bekenntnis des Königs zu dessen Politik, sondern lediglich die Wirkung persönlicher Beziehungen sehen.

„Daily Chronicle" erblickt darin das Bestreben des Königs, von allen Seiten über vorliegende Fragen zu lernen. „Daily Expreß" bemerkt, daß der Empfang des Erministers zu lebhaften Vermutungen in Paris Veranlaffung gegeben habe. Man nehme an, daraus schließen zu können, daß der

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König große Freundschaft für Frankreich hege, und daß England klarzumachen wünsche, es unterstüße die französische Haltung auf der Marokkokonferenz vollständig. Das Blatt fährt fort: „In Wirklichkeit hat dieser Zwischenfall keine derartige Bedeutung. Delcaffé war bei den ausländischen Diplomaten in Paris einer der populärsten Männer, und er war so lange Minister des Aeußern, daß König Eduard ihn ebensogut, wenn nicht besser als irgendeinen andern Mann, der im öffentlichen Leben steht, kennt. Des Königs Einladung beweist deshalb nichts weiter, als daß der König im Privatleben die Beziehungen zu erhalten wünscht, die so fordial waren, solange sie amtlicher Natur waren." Dagegen schreibt der französische Schriftsteller Judet im Eclair": "Der König tam wieder einmal als Versucher, um das Herz der Republik zu gewinnen, um ihren Staatsmännern den Pakt anzubieten, den Delcassé im Frühjahr 1905 schon angenommen hatte, der aber in dessen ungeschickten Händen so arg seinen Zweck verfehlte." Aehnlich heißt es in den „Hamb. Nachr.“, man habe aus dem Besuche abgeleitet, der König habe dadurch aufs neue vor aller Welt bekunden wollen, daß er in bezug auf Deutschland genau auf demselben Fleck stehe wie zur Zeit der englischen Zusicherung an Delcassé, betreffend die englische Hilfe für den Fall eines Krieges gegen Deutschland. Jedenfalls ruft die Einladung des Königs von England an Delcassé die Erinnerung an die »Enthüllungen« wach, die im Herbst vorigen Jahres über ein Angebot englischer Hilfe an Frankreich für einen Krieg mit Deutschland im »Matin«, der »Dépêche de Toulouse< und andern Blättern veröffentlicht und auf Delcaffé zurückgeführt wurden. Es muß befremden, daß der König in Paris den Verkehr mit dem frühern Minister gesucht hat, da er sich sagen konnte, man werde in dieser Auszeichnung Delcaffés eine Beglaubigung der »Enthüllungen« sehen und darüber hinaus einen Beweis des Fortbestandes der Gesinnungen und Tendenzen König Eduards, die seinerzeit zu den englischen Quertreibereien gegen Deutschland geführt haben."

30. Mai. Vertrag mit Frankreich wegen Aenderung der Grenzen zwischen dem Tschadsee und dem Niger.

4.

Vertrag mit China.

27. April. In Peking wird ein Vertrag Großbritanniens mit China geschlossen, in dem festgesezt ist, daß China dem englischtibetanischen Vertrage vom 7. September 1904 beitritt, und daß England und Tibet das chinesische Protektorat über Tibet anerkennen. Großbritannien verpflichtet sich, in innere Angelegenheiten Tibets nicht einzugreifen, außer wenn dies andre Mächte tun. China erklärt sich damit einverstanden, mehrere tibetanische Märkte dem indischen Handel zu öffnen, Telegraphenlinien in Tibet zu bauen und Großbritannien bei der Erteilung von Eisenbahnkonzessionen in Tibet zu bevorzugen. Ferner willigt China ein, 2400000 Taels Entschädigung für die Kosten der britischen Expedition nach Lhafsa zu zahlen. (Damit ist Rußland politisch und wirtschaftlich aus Tibet ausgeschlossen.)

Italien.

I.

Das Parlament zur Zeit des Ministeriums Fortis. 30. Januar. In der Deputiertenkammer spricht sich der Minister Fortis, Vorsitzender des am 24. Dezember 1905 umge= bildeten Ministeriums, über dessen Programm also aus:

Die Umbildung des Ministeriums sei nicht infolge eines Wechsels in der bisherigen Richtung der allgemeinen Politik erfolgt. Im Gegenteil, diese Richtung sei durch die Kammerabstimmung vom 17. Dezember vorigen Jahres bestätigt worden. Was die innere Politik betrifft, so ist das Ministerium dem Grundsaße der Freiheit völlig und dauernd ergeben. Die Richtung, die wir bezüglich der internationalen Beziehungen verfolgen, ist ebenso fest wie sicher. Unfre auswärtige Politik in ihren allgemeinen Linien steht über allen Parteifragen. Seinen Verbündeten getreu und seine Freundschaften achtend strebt Italien unter Beobachtung steter untadliger Loyalität gegenüber allen und im Bewußtsein seiner Pflichten und Rechte mit Erfolg nach der Aufrechterhaltung des Friedens, der mit Recht als höchste und unschäßbare Wohltat ange= sehen wird. Gegenwärtig trägt es auch auf der bedeutungsvollen Konferenz in Algeciras zu dem Werke der Versöhnung bei, die auch von den mehr direkt interessierten Mächten aufrichtig gewünscht wird. Was die Finanzlage angeht, so können wir wegen neuer, dringender, durch die Entwicklung des Landes hervorgerufner Bedürfnisse nicht an eine bedeutende Steuerermäßigung denken, die zu einer Schwächung führen würde. Wir müssen jede Verschwendung öffentlicher Gelder verhindern und keine neuen Ausgaben machen, wenn sie nicht not= wendig und unaufschiebbar sind. Wir müssen für eine fortschreitende Verbesserung des Budgets sorgen und den hohen Kredit des Staats aufrecht erhalten. Die Finanzlage und der Ertrag der Steuern sind, ein Zeichen für die wachsende wirtschaftliche Kraft des Landes, gut, aber man darf nicht vergessen, daß es nötig ist, den Staatsbetrieb der Eisenbahnen neu zu ordnen; es ist dies durch mehrere Ursachen nötig geworden, für die wir sicher nicht verantwortlich sind. Fortis kündigt alsdann eine Anzahl von hierauf bezüglichen Maßnahmen an und fügt hinzu, daß er demnächst die endgiltigen Abrechnungen mit den Eisenbahngesellschaften und ein Abkommen betreffend das Neß der Meridionalbahn vorlegen werde. Bezüglich der Ausgaben für militärische Zwecke erinnert der Ministerpräsident daran, daß die Kammer im Juni vorigen Jahres die

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