Obrazy na stronie
PDF
ePub

in landschaftlich hervorragenden Gegenden das Landschaftsbild verunstaltel wird. Das Gesez will den Erlaß eines Ortsstatuts ermöglichen, durch das bei Neu- oder Umbauten die Beeinträchtigung der Eigenart des Ortsbildes vermieden wird. Von einheitlichen, gleichartigen Einzelvorschriften für die ganze Monarchie wird Abstand genommen. - Die Vorlage wird vom Herrenhause genehmigt.

Die Vorlage bleibt beim Schlusse der Tagung unerledigt.

III.

Ausweisung russischer Staatsangehöriger.

12. Mai. Kindler und Genoffen (freis. Vp.) stellen die Anfrage: Sind der Staatsregierung der Umfang und die Gründe der von dem Polizeipräsidenten von Berlin angeordneten Ausweisungen russischer Staatsangehöriger bekannt? Billigt sie die ange= ordneten Maßnahmen, und was gedenkt sie zu tun, um einer mit Härten und Unbilligkeiten verbundnen, willkürlichen Handhabung der Ausweisungsbefugnis entgegenzutreten?

Träger begründet die Anfrage, indem er ausführt: Es ist natürlich, daß viele in Rußland um ihre Existenz gebrachte Ruffen und darunter besonders viel Juden im Auslande ihre Zuflucht suchen. Daß man nun_den_wohlhabenden Russen freundlich empfiehlt, innerhalb acht Wochen Preußen zu verlassen, und andrerseits zu den weniger wohlhabenden sagt: „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt“, ist direkt deutsche grobe Art. Redner geht auf eine ganze Reihe einzelner Fälle ein. Es zeige sich bei allen, daß man einfach im blinden Eifer ausgewiesen habe, ohne die persönlichen Verhältnisse beurteilen zu können. Der Minister v. Bethmann - Hollweg antwortet, er habe angeordnet, daß nur solche Leute sofort ausgewiesen würden, die sich mittellos hier im Lande umhertrieben, daß aber andern mitgeteilt würde, sie sollten sich einen andern Wohnort suchen, denn in Deutschland könnten sie auf die Dauer nicht bleiben. Es seien meist Juden, die hier in Betracht kommen, von denen die meisten sich durch revolutionäre Umtriebe in Rußland unmöglich gemacht haben, und die Regierung handle im Sinne des deutschen Volks, wenn sie diesen Elementen den Aufenthalt in Deutschland versagt oder beschränkt. Der Minister verteidigt das Verhalten der Polizei im allgemeinen, gibt aber einige Mißgriffe zu, die er gerügt habe; allein schließlich sei es nicht verwunderlich, wenn bei so vielen Ausweisungen auch einmal ein Mißgriff vorkomme. Vielfach wird sodann das Verlangen nach einer gesetzLichen Regelung des Fremdenrechts laut, wovon aber der Minister nichts wissen mag, weil es der Regierung in vielen Fällen, wo rasches Handeln geboten ist, Hindernisse in den Weg lege, die die Wirkung des Gesezes vielfach_illusorisch machen würden.

21. März.

Soziale Angelegenheiten.

I.

Bauart der Warenhäuser.

Beratung eines von Hammer (kons.) und Genossen gestellten Antrags, „die Staatsregierung zu ersuchen, durchgreifende

Maßnahmen zu treffen, in denen mit Rücksicht auf die hervorragende Feuergefährlichkeit der Warenhäuser besondre Vorschriften über deren Bauart dahin erlassen werden, daß Verkaufsräume nur im Erdgeschoß und im ersten Stockwerk eingerichtet werden dürfen, und darüber befindliche Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen nicht benußt werden dürfen". Geh. Rat Franke: Die Regierung hat eine Kommission eingesetzt unter Hinzuziehung von Feuerwehr= fachleuten. Bei den Vorschriften werden nicht nur die Warenhäuser berücksichtigt werden, sondern auch alle ähnlichen Geschäfte. Vielleicht wäre es schon ein wesentlicher Schritt, wenn jedes Stockwerk besondre massive Treppen ins Freie erhalten würde.

Verweisung an die Gewerbekommission.

II.

Frage der Feuerbestattung.

21. März. Beratung eines Antrags von Kreitling und Genoffen: „Die Staatsregierung zu ersucher, die Einführung der fakultativen Feuerbestattung durch politische Gemeinden oder sonstige Verbände zu ermöglichen, insbesondre durch Aufhebung etwa entgegenstehender geseßlicher Bestimmungen oder Verwaltungsvorschriften“.

Deser weist darauf hin, daß andre deutsche Bundesstaaten, wie SachsenKoburg-Gotha, Hessen, Sachsen-Meiningen, die Feuerbestattung bereits fakultativ gestattet haben, während ihre Zulassung in Württemberg, Anhalt und SachsenWeimar geplant sei. In Hagen habe der Feuerbestattungsverein zwar die polizeiliche Genehmigung zur Errichtung eines Krematoriums, aber nicht zu dessen Benußung erhalten. Es sei Klage beim Oberverwaltungsgericht angestrengt. Graf v. Wartensleben: Die Feuerbestattung widerspricht keinem christlichen Dogma, wohl aber einer alten christlichen Sitte. Die Einwände der Kriminalisten gegen die Feuerbestattung halten wir doch für erheblicher. Dittrich: Wir sind Gegner der Feuerbestattung, weil es unsern natürlichen Gefühlen widerspricht, den Naturgeseßen entgegen unsre Verstorbnen der Vernichtung anheimzugeben.

Hierauf wird der Antrag abgelehnt.

Landwirtschaftliche Angelegenheiten.

I.

Zulassung einer Verschuldungsgrenze für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke.

10. März. Beratung des Herrenhauses über einen Gesezentwurf dieses Inhalts.

Minister v. Podbielski: Die gegenwärtigen Mißverhältnisse sind aus der Tatsache entstanden, daß der Ertrag der Landwirtschaft nicht mehr den Produktionskosten entspricht. Durch die neuen Handelsverträge sind der Landwirtschaft bessere Aussichten entstanden, sodaß die Landwirte heute mit be

rechtigten Hoffnungen an ihre Tätigkeit herangehen, und an der Erfüllung dieser Hoffnungen haben wir alle das gleiche Interesse. Auf Grund einer eingehenden Statistik ist ein wesentlicher Anhalt für den Gesezentwurf gewonnen. Die durch die Handelsverträge entstandnen Vorteile mögen die Landwirte zur Schuldentilgung benußen, damit diese schneller vorgenommen wird als früher. Die Landwirtschaft muß durch Amortisation allmählich ihre Verpflichtungen abtragen und durch Lebensversicherung des Besizers beim Todesfall für die Abtragung der Schuld mit dem Versicherungsbetrage sorgen. Durch billige Zinsen und hohe Amortisation würde das Ziel am schnellsten erreicht werden. Daß der Staat den hoch belasteten Landwirten durch Kapitalzuwendungen entgegenkommt, kann nicht erwartet werden, das muß die Landwirtschaft aus sich selber heraus machen. Die Erhaltung eines langansässigen Bauernstandes ist die gesundeste Land- und Bodenpolitik. Sobald Land zum Handelsobjekt wird, geht die Liebe zu Grund und Boden verloren. Die Amortisation, die jest etwa 56 Jahre dauert, muß beschleunigt werden, damit der einzelne selber in den Genuß dieses Zustandes kommen kann.

v. Buch greift die Vorlage scharf an, weil sie nicht leiste, was sie leisten solle; ohne materielle Staatshilfe sei eine Entschuldung der Landwirtschaft nicht möglich, und die Landwirtschaft namentlich im Often müsse zugrunde gehen, wenn ihr nicht Hilfe gebracht werde. Dieser Zusammenbruch werde sich beschleunigen, wenn erst die neue Erbschaftssteuer ihre Wirkung täte. Der Oberlandesgerichtspräsident Hamm verwirft die Vorlage aus juristischen Gründen; sie würde das Gegenteil von dem erzielen, was sie beabsichtige. Profeffor Schmoller, v. Schorlemer und v. Dziembowski meinen, die Vorlage befände sich auf dem rechten Wege, aber daß sie eine durchgreifende Hilfe bringen werde, könnten sie nicht behaupten.

3. Mai. Erste Beratung im Abgeordnetenhause. Minister v. Podbielski: Die Ursachen der zunehmenden Verschuldung der Landwirtschaft beruhen auf dem mangelnden Erträgnis der landwirtschaftlichen Arbeit, dem bestehenden Erbrecht und dem bestehenden viel zu hohen Kaufpreis für landwirtschaftliche Grundstücke. Wenn auch durch die neuen Handelsverträge eine Befferung zu erhoffen ist, so müssen wir doch durch weitere gesetzliche Maßnahmen weitere Möglichkeiten zur Entschuldung geben. Es sollen mit diesem Geset praktische Versuche gemacht werden. Dem Landwirte muß Geld zu billigem Zinsfuß verschafft und eine hohe Amortisation ermöglicht werden. Real- und Personalkredit geht bei Landwirten vollständig ineinander über, eine nachteilige Wirkung dieses Gesetzes ist daher nicht zu befürchten. Der Geschmack an diesem Geseze wird ständig wachsen. Es bedeutet ein großes Werk für unser Vaterland, da es den Grundpfeiler unsers Staatswesens, die Landwirtschaft, auf ge= sunde Beine stellen will.

5. Juli. Die Vorlage wird genehmigt. (Gesez vom 20. August 1906.)

II.

Ansiedlungen in Posen und Westpreußzen.

28. März. Beratung einer Denkschrift über die Beförderung deutscher Ansiedlungen in den Provinzen Posen und Westpreußen.

v. Dziembowski behauptet, das Ansiedlungsgeseß von 1904 habe Mißstände allerärgster Art hervorgerufen. Minister v. Podbielski erwidert, daß diese Beschwerden nach den Akten meist nicht berechtigt seien. Es werde vielfach der Versuch gemacht, das Gesez zu umgehen. v. Wolff wünscht an der Parzellierung großer Güter das Privatkapital zu beteiligen. Neben der Bildung von Parzellen sollte man auch auf Erhaltung des Großgrundbesißes im Osten bedacht sein. Glazel: Die Polen sollten aufhören, von einem Vaterland außerhalb Deutschlands zu träumen, sie sind mit uns für immer verbunden. — Kindler behauptet, viele deutsche Handwerker und Kaufleute müßten infolge der Ansiedlungspolitik aus dem Osten auswandern. Gerade weil die Polen untrennbar mit Preußen verbunden sind, sei ihre Gleichberechtigung mit den Deutschen nötig. Jedes Ausnahmegeses sei nur geeignet, die Agitation der Polen zu steigern. Eine Folge der Ansiedlungspolitik sei die Polonisierung der Städte. Wenn man immer darüber klagt, daß so viele Deutsche ihre Namen polonisieren, so hätten sich doch auch manche Träger polnischer Namen germanisiert.

29. März. Bei der Fortseßung dieser Beratung sagt Abramsti: Wenn die Regierung die Polen in Oberschlesien durch Liebe zu germanisieren suchte, so wäre das durchaus recht und es gäbe heute keine großpolnische Agitation, aber die Regierungspolitik der Gewalt ist verwerflich. v. Zedlitz: Beim Schuße des Deutschtums im Osten seien viel Fehler gemacht, deren Quelle in der Nervosität und der Tendenz, viel äußerliche Forschheit zu zeigen, liege. Minister v. Podbielski: Jm Osten sei gute, ehrliche Arbeit geleistet. „Zu den Aufgaben der innern Kolonisation gehört es auch, daß wir die erforderlichen Mittel für Schulen und Kirchen bereitstellen; wir können unmöglich Privatleuten die Zerschlagung des Grundbesißes zugestehen, wenn sie nicht die Verpflichtung übernehmen, die öffentlich-rechtlichen Ansprüche der neuen Ansiedler zu befriedigen. Unrichtig ist, daß der Hundert - Millionenfonds zum Teil weggeworfen sei; denn die aus dicsem Fonds angekauften Domänen bringen 3 bis 31, v. H. Pacht." Sieg: „Das Ansiedlungsgeseß von 1904 hat sich durchaus bewährt. Mit den Polen läßt sich ganz vortrefflich zusammenleben, solange nicht die Heßer dabei sind. Die Angriffe der Polen gegen den Ostmarkenverein sind nur so zu erklären, daß dieser Verein in alle dunkeln Winkel hinein geleuchtet, und was er dort fand, an die Oeffentlichkeit gezogen hat."v. Starzynski: Das ganze Ansiedlungssystem steckt in einem Sumpfe von Demoralisation und Korruption.

Bergwerksangelegenheiten.
Knappschaftsgesetz-Novelle.

22. Januar. Erste Beratung eines Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des siebenten Titels im Allgemeinen Berggeseße vom 24. Juni 1865 (Knappschaftswesen). Er bezweckt eine zeitgemäße

Neuregelung des Knappschaftswesens insbesondre nach den zwei Richtungen hin, daß durch Auflösung der kleinen und Vereinigung derselben mit größern Knappschaftskassen eine dauernde Leistungsfähigkeit der Kaffen sichergestellt sowie durch Erleichterung des Uebergangs der Knappschaftsmitglieder von einer Kasse zur andern die bisherige schwer empfundne Beeinträchtigung ihrer Freizügigkeit behoben wird.

Minister Delbrück führt zur Begründung aus, daß die Knappschaftskassen, die dem Bergarbeiter eine Unterstüßung im Falle der Krankheit und der Erwerbsunfähigkeit und den Hinterbliebnen eine Unterstützung im Falle des Todes gewähren, in Uebereinstimmung mit der Reichsgesetzgebung gebracht werden sollen. - Die Novelle wird im Hause allseitig sympathisch aufgenommen, eine Meinungsverschiedenheit entspinnt sich fast nur über die Frage des Wahlmodus, sofern der nationalliberale und die konservativen Redner gegen die im Entwurf vorgesehene geheime Wahl Bedenken äußern, wogegen Zentrum und Freifinn hierin gerade einen Hauptvorzug der Novelle erblicken.

16. Mai. In zweiter Beratung wird die Vorlage mit einem Zusaße genehmigt, durch den hinsichtlich der Wählbarkeit auch invalider Mitglieder für die Uebergangszeit Erleichterungen geschaffen werden sollen.

21. Mai. Annahme in dritter Lesung.

22. Mai. Endgiltige Genehmigung.

31. Mai. Zustimmung des Herrenhauses. (Gesetz vom 19. Juni 1906.)

Bekämpfung der Sozialdemokratie.

25. Januar. Graf Find v. Findenstein-Schönberg und Graf zu EulenburgPrassen stellen im Herrenhause die Anfrage: Erscheint es der Staatsregierung möglich, die vaterlandsfeindlichen Unternehmungen der Sozialdemokratie mit den Mitteln der bestehenden Gesetzgebung erfolgreich_zu_bekämpfen? Graf zu Eulenburg begründet die Anfrage: Die Wahrnehmung, daß die staatsfeindlichen Angriffe der Umsturzpartei stetig wachsen, die sich gegen Religion, Krone, Vaterland, Familie und Besiz richten und sogar nicht davor zurückschrecken, das Ausland gegen das eigne Vaterland zu Hilfe zu rufen, die die Revolution in Rußland, ihre Morde und Brandstiftung als ein nachahmenswertes und gestattetes Mittel des „geknechteten und entrechteten" Volkes in Wort und Schrift darzustellen erlaubt, hat uns das Gewissen geschärft, dahin, daß es Pflicht sei, gegen eine solche Partei Stellung zu nehmen. Die Anfrage soll dazu beitragen, daß die großen Massen vor der Verführung seitens der Parteileiter bewahrt werden, damit nicht dereinst der Tag kommt, wo das geblendete Volk in Massen das Pflaster der Straßen als Opfer der Revolution deckt. Ist auch der lezte Sonntag ohne Störungen verlaufen, so müssen wir uns doch fragen, ob die bestehenden Geseze für die

« PoprzedniaDalej »