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zeichnen. Wenn die Zustimmung seitens der Regierung zu dieser Vorlage, die ich hiermit zu erklären die Ehre habe, erteilt ist, fo darf ich gleichzeitig die Opfer hervorheben, die der Chef der Finanzverwaltung der Unterrichtsverwaltung gebracht hat. Durch die soeben erfolgte Abstimmung ist der Schlußstein der großen Aufgabe gelegt, die dem Abgeordnetenhause durch die verfassungsmäßige Mitwirkung bei dem Geseze oblag. Ich schließe mit dem erneuten und tiefempfundnen Dank für die vom Geist der Opferwilligkeit und Versöhnlichkeit und fachgemäßer Auffassung getragne Mitwirkung dieses hohen Hauses. Sie haben es ermöglicht, daß ein Werk des Friedens für das Land und für die Schule jezt seine Vollendung hat, die der leztern zum Segen gereichen wird. Lassen Sie mich die Hoffnung aussprechen, daß die Zeit nicht fern sein wird, wo auch die Kreise, die dem Geseß noch ablehnend gegenüberstehen, sich an dem weitern Ausbau gern in gemeinsamer Tätigkeit mit der Unterrichtsverwaltung beteiligen werden.

15. Juni. Erste Beratung im Herrenhause. Der Kultusminister Studt legt die Gesichtspunkte dar, von denen die Staatsregierung bei der Vorbereitung dieses Geseßentwurfs vorgegangen ist.

v. Manteuffel: Wir haben schwere Bedenken gegen den Entwurf, wie er vom Abgeordnetenhause herübergekommen, haben aber den Wunsch, ihn noch in dieser Session zustande zu bringen. Uns befriedigt der konfessionelle Charakter des Gesezes; nicht nur der konfessionelle, auch der soziale Frieden des Landes wird befestigt durch Regelung dieser Materie. Eins unsrer schärfsten Mittel zur Bekämpfung der Sozialdemokratie ist die konfessionelle Volksschule. Aus diesen Gründen lassen wir andre Rücksichten verschwinden. Auch die finanziellen Nachteile, die ein großer Teil von uns durch das Gesetz hat, müssen vor dem hohen idealen Ziele dieses Gesezes zurücktreten. Noch manche andre Bedenken sprechen mit: so die Beseßung der Schulstellen, auch die Kirche findet nicht gerade die richtige Stellung. Oberbürgermeister Becker von Köln: Ich habe ein gewisses Mißtrauen gegen den Entwurf. Bisher war auf dem Gebiete des Volksschulwesens der Minister allmächtig. Das hatte seine großen_Schattenseiten, aber auch große Vorzüge. Dann bin ich der Meinung, daß die Rechte der Städte fast in allen Punkten beschränkt werden. Das zeigt sich in den Bestimmungen über die Rechte der Städte an dem Schulvermögen, über die widerrufliche Bestätigung und über die Anstellung der Lehrpersonen. Fürst v. Lichnowsky: Der Entwurf ist die äußerste Grenze der Konzessionen, die der Staat den Konfessionen machen kann. Wesentlich verschärft wird das Konfessionalitätsprinzip durch die Bestimmung, daß der Geistliche der betreffenden Konfession ohne weiteres Mitglied der Schuldeputation ist. Die Hauptsache bleibt die nationale Frage. Ich glaube, daß die deutsche Kultur der polnischen gewachsen ist, wenn ihr der weltliche Arm dauernd zur Seite steht. Der erfolgreichste Träger der Kultur in den polnischen Landesteilen ist von jeher der Schulmeister gewesen. Geben Sie dem Entwurf in der vorliegenden Form Gesezeskraft, so liefern Sie den Lehrer in gewissem Grade polnischen Einflüssen aus und ver mindern seine Widerstandskraft. Fürstbischof Kardinal Kopp: Die Herren, die die Simultanschulen befürworten, tönnten sich mit diesen Errungenschaften wohl zufrieden geben. Nicht aber die, die für die Konfessionsschule sind. Diese Deutscher Geschichtskalender 1906. I.

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haben ihre Position eigentlich aufgeben müssen und verloren. Nach der Verfassungsurkunde soll die Konfessionsschule die Regel sein, und das ent spricht auch der allgemeinen Stimmung des Landes. Von dieser ihrer Position find aber die Konfessionsschulen zurückgedrängt. In Oberschlesien ist die Bewegung erst in neuerer Zeit von fremden Agitatoren hineingetragen. Daß diese Agitation so fruchtbaren Boden fand, liegt daran, daß man in Oberschlesien mit gewiffen staatlichen Maßnahmen unzufrieden ist. Die Oberschlesier find ein religiöses Volk. Greift man ihre religiösen Interessen an, so sind fie leicht aufgeregt und mißtrauisch. Sie fühlen sich in ihren religiösen Empfindungen dadurch zurückgeseßt, daß man den Religionsunterricht nicht mehr in ihrer Muttersprache gibt und auch sonst ihr religiöses kirchliches Leben verkümmert. - Oberbürgermeister Fuß (Kiel): Die Freude an der sorgfältigen Vorbereitung des Geseßes wird getrübt durch die Eingriffe in die Selbstverwaltung der Städte und der ländlichen Gemeinden.

16. Juni. Oberbürgermeister Struckmann von Hildesheim führt aus, es hätte näher gelegen, statt der Gemeinden die viel leistungsfähigern Kreise mit der Aufgabe zu betrauen, Träger der Schulunterhaltungspflicht zu sein; sie könnten das ländliche Schulwesen so glänzend ausbilden, wie die Städte ihrerseits es bereits getan hätten. Profeffor Bierling aus Greifswald hält das Verlangen nach Erseßung der geistlichen Ortsschulaufsicht durch die Fachschulaufsicht für nicht unberechtigt. Oberbürgermeister Bender aus Breslau hält es für eine große Ungerechtigkeit dieses Gescßes, daß es bezüglich der Gewährung einer staatlichen Unterstüßung einen Unterschied nach der Größe der Städte macht, denn unter den Städten mit mehr als fünfundzwanzig Schulstellen befänden sich schr viele, die der Beihilfe bedürftiger seien als die andern.

6. Juli. Beratung des Abgeordnetenhauses über den in veränderter Gestalt vom Herrenhause genehmigten Gefeßentwurf. In der allgemeinen Besprechung führt Hahn aus, in diesem Gesetze sei zwar die bisherige Ungleichheit zwischen bäuerlichen und Großgrundbesißern zum Teil beseitigt, die Lasten im allgemeinen seien aber gesteigert.

Zu Paragraph 7, der von den Schullasten handelt, wird beschlossen, folgenden Absatz 2 hinzuzufügen: „Die Verpflichtung der nach Paragraph 40 Absaz 1 Nr. 1 und Absatz 3 sowie Paragraph 41 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893 von der Gemeindeeinkommensteuer befreiten Personen, zu den Volksschullasten beizutragen, wird durch Geseß geregelt." Paragraph 23 bestimmt die Unterverteilung der Staatsmittel auf die Schulverbände. Der Verteilungsplan ist vom Kreisausschusse im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde festzustellen. Nach dem Herrenhausbeschluß soll gegen den Verteilungsplan Rekurs an den Provinzialrat möglich sein. Dies wird genehmigt.

Paragraph 36 handelt von der Errichtung der Simultan- und konfessionellen Volksschulen. Das Herrenhaus will eine besondre Volksschule für die Kinder einer Konfession nur dann errichtet sehen, wenn die Zahl der Kinder, die für Errichtung einer besondern Konfessionsschule vorgesehen sind, während fünf aufeinanderfolgender Jahre die gleiche bleibt.

Dies wird genehmigt. Die von der Lehrerberufung handelnden Paragraphen werden, ungeachtet der Beschlüsse des Herrenhauses, in der Fassung der Kompromißparteien angenommen, und schließlich wird der von v. Heydebrand beantragte Wunsch angenommen: „Vom Tage

des Inkrafttretens dieses Gesetzes ab die Staatszuschüsse auf Grund des Geseßes über die Erleichterung der Volksschullasten für alleinstehende und erste Lehrer in Schulverbänden mit nicht mehr als vier Schulstellen von 500 Mark auf 700 Mark zu erhöhen."

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Hierauf wird das ganze Geseß gegen die Stimmen der Freisinnigen, Polen und einiger Zentrumsabgeordneter angenommen. (Geset vom 28. Juli 1906.)

II.

Förderung des Handfertigkeitsunterrichts.

7. Mai. Der von Mitgliedern aller Parteien unterstüßte Antrag v. Schenckendorffs:

In Rücksicht darauf, daß die auf Förderung des Handfertigkeitsunterrichts gerichtete Bewegung jezt auf eine fünfundzwanzigjährige gedeihliche freie Tätigkeit in Deutschland zurückblickt und in dieser Zeit in System und Methode festere Formen angenommen hat, sowie in Rücksicht darauf, daß ein nach pädagogischen Grundsäßen erteilter Handfertigkeitsunterricht, wie analoge Vorgänge im Auslande dartun, wesentlich dazu beiträgt, in der heranwachsenden Jugend die technischen und künstlerischen Anlagen in noch erweiterterm Maße zu entwickeln, als es jezt schon durch den seit 1901 in den Schulen einge= führten neuen Zeichenunterricht geschieht, wird die Staatsregierung ersucht, dem hierauf gerichteten Bemühen staatlicherseits, und zwar durch Unterstüßung der freien Bestrebungen in den einzelnen Regierungsbezirken, durch Einführung eines fakultativen Handfertigkeitsunterrichts in dazu geeigneten Präparandenanstalten und Seminaren sowie durch Vermehrung der staatlichen Kurse zur Ausbildung von Lehrkräften für diesen Unterricht eine weiter gehende Förderung zuteil werden zu laffen, als es in dankenswerter Weise bisher schon geschehn ist wird der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen.

Angelegenheiten für öffentliche Bauten.

I.

Bezirkseisenbahnräte.

20. März. Erste Beratung eines Gefeßentwurfs, betreffend die Einsezung von Bezirkseisenbahnräten und eines Landeseisenbahnrats für die Staatseisenbahnverwaltung. Die Vorlage bestimmt, daß aus außerpreußischen Bundesstaaten, deren Gebiet in größerm Umfange von preußisch - hessischen Eisenbahnen durchzogen wird, Vertreter des Handelsstandes, der Industrie oder der Land- und Forstwirtschaft in dem Landeseisenbahnrat zugezogen werden können, wenn die beteiligten wirtschaftlichen Körperschaften dies bean= tragen und die betreffende Regierung zustimmt.

12. Mai. Genehmigung in zweiter und dritter Beratung. (Geseß vom 15. Juni 1906.)

II.

Mainkanalisierung.

26. Mai. Beratung des Staatsvertrags über die Mainkanalisierung von Offenbach bis Aschaffenburg, der zwischen Preußen, Bayern, Baden und Hessen am 21. April d. J. vereinbart wurde.

Die Regierung übernimmt danach die Kanalisierung der Strecke Offenbach-Hanau und die bayrische die der Strecke Hanau-Aschaffenburg, während die badische und die hessische Regierung lediglich ihre Zustimmung erteilen. Die neue Strecke soll den untern Strecken in bezug auf die zulässigen Schiffsgrößen nicht nachstehn. Der Beginn der Bauarbeiten bleibt solange aufgehoben, bis die Frage der Einführung der Schiffahrtsabgaben auf dem Main und dem Rhein im Einverständnis der vertragschließenden Staaten geregelt ist. Die vertragschließenden Staaten gehn davon aus, daß hierdurch ihrer Stellungnahme zur Frage der Einführung der Schiffahrtsabgaben im Rheingebiet in keiner Weise vorgegriffen wird."

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Am Zehnhoff macht darauf aufmerksam, daß der Vertrag politisch nicht ohne Bedeutung sei, da er einen Strich durch die Mainlinie mache.

III.

Regelung der Hochwasser-, Deich- und Vorflutverhältnisse an der Oder.

28. Mai. Erste Beratung des Abgeordnetenhauses über einen Gesezentwurf betreffend die Bereitstellung von Geldmitteln für die nach dem Gesetz vom 12. April 1905 durchzuführenden Maßnahmen zur Regelung der Hochwasser, Deich- und Vorflutverhältnisse an der obern und mittlern Öder. Danach wird die Staatsregierung ermächtigt, zur Ausführung des genannten Gesetzes zunächst 15 Millionen zu verwenden, wovon 5 Millionen für Vorarbeiten usw. schon sofort vorschußweise verausgabt werden können.

31. Mai. Genehmigung in zweiter und dritter Lesung. (Gesetz vom 10. Juli 1906.)

Verwaltungsangelegenheiten.

I.

Befähigung zum höhern Verwaltungsdienste.

24. Januar. Das Herrenhaus genehmigt den am 1. Mai 1903 an seiner Haltung gescheiterten Gefeßentwurf mit der Aufforderung zu einer geseßlichen Neuregelung, die gleichzeitig die Vorbereitung zum höhern Verwaltungs- und zum höhern Justizdienste umfaßt. Während die Vorlage eine neunmonatige Beschäftigung der Referendare bei den Gerichtsbehörden vorsieht, soll die Beschäftigungs

dauer nach dem Kommissionsantrag auf ein Jahr bemessen werden. Doch soll durch Ermächtigung des Finanzministers und des Ministers des Innern die Vorbereitungszeit im Verwaltungsdienst bis auf neun Monate herabgesezt werden können. Entsprechend dieser Aenderung hat die Kommission die vorbereitende Beschäftigung im Verwaltungsdienst von drei Jahren drei Monaten auf drei Jahre herabgesezt. — Die Vorlage wird namentlich von dem frühern Präsidenten des Kölner Oberlandesgerichts Hamm und Professor Loening (Halle) bekämpft.

19. März. Erste Beratung im Abgeordnetenhause. Minister v. Bethmann-Hollweg: Die Vorlage soll keine großzügige Reform, sondern eine praktische Maßnahme darstellen. Jezt kommt entweder die juristische oder die administrative Vorbildung zu kurz. Die Mißstände, die jezt vorhanden sind, ergeben sich in erster Linie daraus, daß die zweijährige Ausbildungszeit bei den Gerichten nicht ordent= lich ausgenügt wird. Namentlich die landrätliche Station, die einzige, in der der junge Referendar mit der Praxis in Berührung kommt, ist jest zu kurz, fie muß mindestens ein Jahr dauern. Denn in der Tat ist dies die beste und vielleicht einzige Möglichkeit, die Bedürfnisse des praktischen Lebens und die Schwierigkeit der Ausführung der Geseze kennen zu lernen. Jezt ist ferner die theoretische Ausbildung zu mangelhaft. Die Folge davon ist, daß die Referendare jezt neun Monate in den Repetitorien bleiben, bevor sie das zweite Examen ablegen. Man soll die Anforderungen aber nicht überspannen, denn der Stoff ist ein großer. Mein Ziel geht dahin, die Beschäftigung bei den kleinen Regierungen einzuschränken und statt deffen gute wissenschaftliche Vorbereitungskurse einzurichten. Das zweite Examen soll dann auch reformiert werden. Die beiden Arbeiten bei dem Examen gedenke ich zu streichen. Sie sollen erseßt werden durch praktische Arbeit am Schluß der Ausbildungszeit bei der Regierung, zum Beispiel eine Relation, einen Bericht usw. und eine Klausurarbeit, die einen praktischen Fall zum Gegenstand haben soll. Der Referendar würde dann schon nach drei Wochen in die mündliche Prüfung kommen.

16. Mai. Die Vorlage wird in zweiter und dritter Lesung genehmigt. (Gesetz vom 10. August 1906.)

II.

Gegen Verunstaltung der Straßen und Plätze in geschlossenen Ortschaften.

28. Mai. Dieser Gesezentwurf sieht, entgegen dem jezigen Zustande, einen Einfluß der Behörden auf die ästhetische Ausgestaltung von Neubauten vor. Dadurch soll verhindert werden, daß das Gesamtbild einer Ortschaft oder

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