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12. Mai. Hinsichtlich der Ermäßigung der Steuersäße wird beschlossen, bei der Feststellung der für die Ermäßigung maßgebenden Personenzahl die Ehefrau des Steuerpflichtigen und die Kinder und Angehörigen nicht mitzurechnen, die das vierzehnte Lebensjahr überschritten haben und in dem landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebe des Steuerpflichtigen dauernd tätig sind oder ein eignes Einkommen von mehr als der Hälfte des ortsüblichen Tagelohns nach ihrer Altersklasse und nach ihrem Geschlecht“ haben. Die Bestimmungen über die Rechtsmittel werden auf Vorschlag der Kommission umgeändert.

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14. Mai. Dritte Lesung.

26. Mai. Beratung im Herrenhause. Minister v. Rheinbaben erklärt, daß die Beiträge für die soziale Versicherung nur seitens der Arbeitnehmer bis zum Betrage von 600 Mark abzugsfähig seien. (Gesetz vom 19. Juni 1906.)

XI.

Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von

Arbeitern.

12. Mai. Beratung eines Gefeßentwurfs betreffend die Bewilligung von 15 Millionen Mark zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering befoldeten Staatsbeamten. Die Vorlage wird in erster, zweiter und dritter Lesung genehmigt.

28. Mai. Ebenso vom Herrenhause. (Gesez vom 16. Juli 1906.)

XII.

Etatsüberschreitung.

8. Mai. Freisinnige Abgeordnete stellen die Anfrage: „Ist es richtig, daß die im Haushalt für 1906 angeforderten und vom Landtage bereits bewilligten Mehrkosten des Umbaues des Königlichen Schauspielhauses in Berlin zum erheblichen Teile auf Umständen beruhen, die in der seitens der Königlichen Staatsregierung dem Hause zur Begründung ihrer Forderung unterbreiteten, vom Geheimen Hofbaurat Genzmer verfaßten Denkschrift nicht angegeben sind; insbesondre ist es richtig, daß eine doppelte Fertigstellung des innern Umbaues einmal zum 21. März 1905, sodann für die dauernde Benutzung des Theaters stattgefunden hat? Bejahendenfalls: sind diese dem Hause nicht mitgeteilten Umstände der Königlichen Staatsregierung bei Vorlegung des Haushalts bekannt gewesen ?“

Minister v. Rheinbaben antwortet, daß die frühern Darlegungen der Staatsregierung hinsichtlich der Ursachen der Kostenüberschreitung bei diesem Umbau auch nach den neuern Prüfungen als im wesentlichen richtig anzusehen, und daß keinerlei wesentliche Punkte dem Hause und der Budgetkommission vorenthalten worden seien.

Verfassungsfragen.

I.

Gesetzentwürfe betreffend die Landtagswahlen.

19. März. Dem Abgeordnetenhause gehn zwei Gesezentwürfe betreffend Landtagswahlen zu. Die den Entwürfen beigegebne allgemeine Begründung lautet:

Die Wahlen zum Hause der Abgeordneten haben im Jahre 1903 in mehreren Landtagswahlbezirken nur mit großen Schwierigkeiten vorschriftsmäßig durchgeführt werden können. Der Grund dafür lag, abgesehen von stellenweise unternommnen absichtlichen Störungsversuchen, zum Teil in der erheblichen Stärke der zur Wahl zusammentretenden Wahlkörper, zum Teil in der Unzulänglichkeit der an den Wahlorten vorhandnen Wahllokale, zum wesentlichen Teil aber auch in gewissen, das Wahlverfahren erschwerenden Formvorschriften, an denen, weil sie auf der Verordnung vom 30. Mai 1849 beruhen, durch das Wahlreglement vom 14. März 1903 zweckmäßige Erleichterungen nicht hatten eingeführt werden können. Ohne eine Aenderung der geseßlichen Vorschriften kann nach den im Jahre 1903 gemachten Beobachtungen das gesezmäßige Zustandekommen der Wahlen für die Zukunft nicht überall mehr als gesichert angesehen werden. Die Staatsregierung hat daher die Teilung einiger der größten Landtagswahlbezirke, die Verlegung einer Anzahl nicht mehr geeigneter Wahlorte im Bereich des Gesetzes vom 27. Juni 1860 und die Einführung erleichternder Vorschriften für das Wahlverfahren in Aussicht nehmen müssen. Die vorgesehene Teilung von Wahlbezirken läßt sich nicht ohne eine Vermehrung der verfassungsmäßigen Zahl der Mitglieder des Hauses der Abgeordneten durchführen. Im ganzen soll die Vermehrung zehn betragen. Aus diesem Grunde ist der Sat 1 des Artikels 69 der Verfassungsurkunde abzuändern, während die beabsichtigte Umgestaltung der Verordnung vom 30. Mai 1849 eine entsprechende Abänderung des Artikels 115 der Verfassungsurkunde nach sich zieht. Auf diesen Erwägungen beruhen die beiden Gefeßentwürfe.

1.

Gesetzentwurf betreffend Vermehrung der Mitglieder des Hauses der Abgeordneten und Aenderungen der Landtagswahlbezirke und Wahlorte.

Der Entwurf sezt die Zahl der Abgeordneten auf 443 fest. Für Berlin sind zwölf neue Wahlbezirke mit je einem Abgeordneten in Aussicht genommen, also zwölf gegen bisher neun. In dem Wahlbezirk Potsdam wird ein neuer Wahlkreis aus dem Stadtkreis Charlottenburg und ein zweiter aus Schöneberg und Nixdorf mit je einem Abgeordneten gebildet. Den beiden zu einem Wahlkreis zu vereinigenden Landkreisen werden die bisherigen zwei Abgeordneten gelassen. Der Wahlkreis Oppeln 5 wird ge= teilt und erhält statt zwei drei Abgeordnete. Der Wahlkreis Arnsberg, der größte der Monarchie, erhält sechs statt drei Abgeordnete,

die aus sechs Wahlbezirken zu wählen sind. Der Wahlbezirk Düffeldorf 5 erhält vier statt drei Abgeordnete, wobei ein neuer Wahlbezirk Düsseldorf 15 aus Mülheim a. d. Ruhr, Kreis Mülheim und Kreis Ruhrort gebildet wird.

Ferner wird eine entsprechende Aenderung der Wahlorte zur Vermeidung zukünftiger Wahlen in den Kirchengebäuden und die Benutzung von günstigern Verkehrsbedingungen vorgeschlagen.

2.

Der Gesetzentwurf betreffend Abänderung der Vorschriften über das Verfahren bei den Wahlen zum Abgeordnetenhause.

Die Vorlage bringt eine Reihe von Aenderungen des Wahl= verfahrens in Vorschlag, um die Umständlichkeit des bisherigen Systems in wichtigen Punkten zu beseitigen. So sollen die Protokollführer und die Beisißer für den Wahlvorstand bei der Wahl der Abgeordneten fortan durch den Wahlkommissarius aus der Mitte der Wahlmänner ernannt werden, während sie bisher von der Versammlung der Wahlmänner gewählt wurden. Von Belang ist fol= gende Bestimmung des Paragraphen 3:

In Gemeinden, deren Zivilbevölkerung nach der letzten Volkszählung mindestens 50000 beträgt, findet die Abstimmung bei der Wahl der Wahlmänner in einer nach Anfangs- und Endtermin festzuseßenden Abstimmungsfrist (Fristwahl) an Stelle der Abstimmung in gemeinschaftlicher Versammlung der Urwähler zu bestimmter Stunde (Terminswahl) statt. Abteilungen, die 500 oder mehr Wähler zählen, können in Abstimmungsgruppen geteilt werden. Auf den Antrag des Gemeindevorstandes kann der Minister des Innern_an= ordnen, daß bei der Wahl der Wahlmänner die Abstimmung auch in Gemeinden mit 50000 oder mehr Einwohnern in der Form der Terminswahl oder in Gemeinden mit geringerer Einwohnerzahl in der Form der Fristwahl vorzunehmen ist.

Der Minister des Innern soll ferner anordnen können, daß in Wahlbezirken, in denen die Zahl der Wahlmänner 600 oder mehr beträgt, die Wahl der Abgeordneten in Gruppen der Wahlmänner vorzunehmen ist. An Stelle dieser Bestimmungen kann unter der gleichen Vorausseßung vom Minister auch angeordnet werden, daß in Wahlbezirken die Abstimmung bei der Wahl der Abgeordneten in der Form der Fristwahl stattfindet. Ueber die Giltigkeit der Wahlmännerwahlen, die der Wahlkommissarius für ungiltig erachtet hat, und über die Ausschließung der Wahlmänner, deren Wahl für ungiltig erkannt wird, entscheidet, wo Gruppen der Wahlmänner gebildet sind, die Gruppe, zu der der Wahlmann gehört, dessen Wahl beanstandet ist, wo

Fristwahl stattfindet, der Wahlvorstand mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit ist der Wahlmann zur Wahl der Abgeordneten zuzulassen.

23. März. Erste Beratung dieser beiden Geseßentwürfe. Minister v. Bethmann-Hollweg: Die Vorlagen sollen eine Handhabe dazu bieten, um das Zustandekommen der Abgeordnetenwahlen auch in großen Wahlbezirken zu sichern. Bei den lezten Wahlen 1903 hat sich diese Sicherheit als fehlend gezeigt. Die Vorschrift, daß die gesamte Wählerschaft zeitlich und örtlich zusammengefaßt werden muß, bringt für die Wahlkommissare und für die Wahlvorsteher derartige Anstrengungen mit sich, daß sie kaum zu ertragen sind. Die gegenwärtige Vorlage ist notwendig, aber auch ausreichend, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Die beiden Geseßentwürfe gehören untrennbar zusammen. Das Reichswahlrecht ist für die Staatsregierung unannehmbar. In gewissem Sinne beneide ich die Anhänger des Reichstagswahlrechts; es ist so furchtbar einfach, die Schablone ist vorhanden, nach der man ohne sehr viel Arbeit ein neues Gesetz würde vorlegen können, und man kann sich dabei auf Deutschlands größte Zeit und auf Deutschlands größten Staatsmann berufen. Aber wie waren damals die Zeiten? Eine Nation, bis dahin zerklüftet in Uneinigkeit und Unentschlossenheit, belastet auch mit manchen Vorurteilen, hatte sich endlich auf sich selbst be= sonnen, sie hatte auf den Schlachtfeldern die größten Opfer gebracht, und ihrem Kraftgefühl entsprach das unbedingte Vertrauen, mit der die Geschicke des Reichs in die Hände der Wähler gelegt wurden. Man muß offen und ehrlich sein: es wäre Heuchelei, es zu leugnen, daß ein bitteres Gefühl der Unlust auf unserm öffentlichen Leben lastet. Dieses Gefühl der Unluft - rührt es davon her, daß wir in Preußen noch nicht das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht haben? Es besteht ja auch im Reiche, wo wir noch dieses angebliche ideale Wahlrecht besißen. Ein Zusammenhang besteht aber in einem ganz andern Sinne. Wenn die Geschichte einmal das Verdikt über das lezte Zeitalter abgeben wird, wird sie rühmend hervorheben, daß ein Grundzug unsers Zeitalters der ist, die armen Schichten der Bevölkerung in etwas erhöhtem Grade an den Seg= nungen der Kultur und Zivilisation teilnehmen zu lassen; aber fie wird uns nicht den Tadel ersparen können, daß wir bei diesem Bestreben in einen gewissen Konflikt von Stimmungen geraten sind. Es ist etwas durchaus Ungesundes, es ist ein Unheil, daß wir jede politische Aktion abhängig machen von den Wirfungen, die sie auf die Sozialdemokratie ausübt. Es ist ein Unheil, daß die großartigen sozialpolitischen Institutionen zu parteipolitischen Interessen mißbraucht werden. Es ist ein Unheil, daß unsre Presse nicht mehr in ihrer großen Gesamtheit das Echo

einer selbständigen und unabhängigen Parteipolitik bildet, sondern daß sie umgekehrt, wenigstens teilweise, eine Diktatur über die Partei auszuüben beginnt, die nicht weit von der Rücksicht auf die aura popularis ist. Ich erblicke in dem Streben der Schwachen des Volkes, emporzustreben, ein großes, vielleicht das größte und edelste Gesetz der Menschheit, und auch an der Verwirklichung dieses Gesezes mitzuarbeiten, muß ein Stolz für jeden Starken sein. Aber dieses Streben darf nicht der alleinige und ausschließliche Inhalt unsers Lebens bilden. Parallel muß das Streben gehen, die besten und edelsten Kräfte, die ein Volk und darüber hinaus die Menschheit zu produzieren vermag, zu Führern des Lebens zu machen. Das sollten auch diejenigen bedenken, die so ungestüm nach einem neuen Wahlrecht rufen, und die sich in erster Linie als die Vertreter der modernen Entwicklung bezeichnen. Wenn die Kräfte, die in unserm Volke noch nicht erstorben sind, Kräfte, die mit unsrer historischen Entwicklung zusammenhängen, die sich mit Unwillen abwenden von den Auswüchsen einer Bewegung, die schließlich alles Menschliche zu vernichten trachtet, weil ihr nichts Menschliches mehr heilig ist, weil sie keine Achtung vor den ewigen Gesezen der Liebe und Treue zum Stamme ihres Volkes hat, vor dem gemeinsamen Heer und vor allem, was das Haus beherbergt, die nicht will, als ihre Macht zu etablieren auf den Fundamenten des Hasses und Terrorismus nein, es bestehen in unserm Volke noch Kräfte, die dieses Treibens satt sind, und diesen Kräften wird unsre Zukunft gehören. Der Minister schließt mit der Versicherung, daß alle treibenden und schaffenden Elemente der Nation sich zusammenfassen müssen, und daß es kein Wahlrecht der Zukunft geben kann, das nicht aufgebaut ist auf dem offnen und ehrlichen Zusammenarbeiten dieser Elemente.

Fischbed: Die beiden Gefeßentwürfe sind nichts als eine Konservierung des bestehenden Wahlunrechts. Wir wollen keine Vermehrung der Abgeordneten, wir wollen nur eine gerechtere Einteilung. Die Zahl der Abges ordneten für Berlin in der beabsichtigten Höhe von 12 genügt nicht, es müßten mindestens 23 sein. Warum ist aber nicht auch Stettin, Breslau und Frankfurt in der Vorlage berücksichtigt? — Krause: Die Vorlage enthält sehr viel weniger, als selbst der Bescheidenste unter uns angenommen hat. Sie bedeutet auch nicht den kleinsten Anfang einer Wahlreform. Es ist ein Notgesez, ein Flickgesez allerhöchsten Grades. Das Kleid bekommt einen neuen Flicken, die Löcher bleiben aber in großer Zahl vorhanden, so daß eine Besserung nicht zu erblicken ist. Broemel: Die bedeutende Rede des Ministers stand in keinem Verhältnis zu der unbedeutenden Vorlage, der jedes einheitliche Prinzip fehlt. Ein Notgescß ist nicht nötig, da keine Not besteht, vor den Wahlen stehen wir jezt auch nicht. Porsch: Meine Freunde erkennen an, daß die beiden vorliegenden Geschentwürfe die schreiendsten Mißstände des bestehenden Wahlrechts bekämpfen und eine gewisse Verbesserung darstellen. — v. Dziembowski; Die Vorlage bildet geradezu eine Provokation

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