Obrazy na stronie
PDF
ePub

Vergleich in Frage kommenden Ländern Einrichtungen bestehn, die eine ständige Nachfrage nach Staatspapieren sicherstellen. In England und Frankreich müßten alle Sparkasseneinlagen in Staatspapieren angelegt werden; in den Vereinigten Staaten bestünden für die Notenausgabe der Nationalbanken und für fremde Versicherungsgesellschaften Bestimmungen, die eine erhebliche Inanspruchnahme der Staatsfonds gewährleisten. Deutschland und Preußen hätten bisher derartige Verpflichtungen für Unterbringung ihrer Anleihen nicht gekannt. Die Vorlage sieht nun eine zwangsweise Anlage von nur 15 v. H. der Spareinlagen in Staatsanleihen vor, die unter besondern Verhältnissen auf 10 v. H. herabgesezt werden kann. Die zugrunde liegenden statistischen Berechnungen über die Anlage der Spargelder recht= fertigten die Annahme, daß nach dem Inkrafttreten des Gesezes die öffentlichen Sparkassen jährlich für 50 bis 60 Millionen Staatspapiere kaufen würden; und man nehme an, daß die Unterbringung eines solchen Betrags bedeutend genug sei, um eine nicht unbeträchtliche Einwirkung auf den Kurs herbeizuführen.

Minister v. Rheinbaben: Wir haben Sparkaffen, die die Rücksicht auf einen höhern Gewinn höher stellen als die auf die Liquidität, und die infolgedessen verhältnismäßig viel zu viel Geld in Hypotheken angelegt haben. Selbst ländliche Sparkassen suchen mehr und mehr städtische Hypotheken auf, es gibt Sparlaffen, die Agenten herumreisen lassen, um sich in entfernten Städten Hypotheken zu verschaffen. Dagegen geht die Anlegung von Sparfaffenbeständen in Inhaberpapieren immer mehr zurück, 79 v. H. unsrer Sparfassen entsprechen nicht der an sie zu stellenden Anforderung, daß ein Drittel ihres Geldes liquid sein sollte. Das kann, namentlich in Kriegszeiten, sehr bedenklich werden. Als vorausschauende Männer aber müssen wir dafür jorgen, daß die Sparkassen auch in ungesunden Zeiten den Ansprüchen genügen können. Diesem Zweck dient der vorliegende Entwurf.

Oberbürgermeister Körte von Königsberg hat das Bedenken, daß die Vorlage einen neuen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht bedeute; den Sparkassen werde das Recht der freien Verfügung über ihre Gelder genommen. Dies bestreitet der Bankpräsident Koch mit dem Bemerken, es handle sich darum, für den Fall einer Krisis Vorsorge zu treffen; und dazu sei es nötig, daß die Sparkassen möglichst viel Geld in Papieren anlegen, die sie ohne weiteres lombardieren können. Sonst könnte der Geldmarkt erheblich erschüttert und großes Unheil über weite Bevölkerungskreise gebracht werden.

9. März. Zweite Beratung im Herrenhause. Minister v. Rheinbaben:

Die Vorlage ist nicht gegen, sondern für die Sparkassen geschaffen, ge= schehe sie nicht, so würde der Staat für den Fall ernster Zeiten sich den schwersten Vorwürfen ausseßen. Der unbefriedigende Zustand unsrer Anleihen entsteht dadurch, daß keine regelmäßigen Käufer für unsre Papiere vorhanden sind, und deshalb liegt die Vorlage im Interesse des Publikums und des Staats.

Oberbürgermeister Becker von Köln: Daß die Staatspapiere bei

den Sparkassen so unbeliebt sind, liegt an dem Staat selber. Die mir unterstehende Sparkasse hat zum Beispiel durch die Konvertierung 80000 Mark verloren, die wird also nicht wieder für Staatspapiere zu haben sein. Troßdem bin ich für den Gefeßentwurf, da an dem Hochstand der Staatskurse auch die Stadtobligationen das höchste Intereffe haben und mit ihnen steigen und fallen.

Die Vorlage wird genehmigt.

20. März. Erste Beratung im Abgeordnetenhause.

[ocr errors]

Wolff: Die Wirkung des Gesezes wird eine Herabseßung des Zinsfußes sein. v. Savigny: Es handle sich in Wahrheit um eine Besteuerung der Sparkassen, d. h. der Einleger, von denen die Mehrzahl kleine Leute sind. Minister v. Rheinbaben: Der Entwurf bringt den Sparkassen nicht Gefahren, sondern soll Gefahren fernhalten, von deren Umfang wir uns kaum einen Begriff machen können. Die Sparkassen sollten ursprünglich nur örtliche Aufnahmen für die Spargroschen des kleinen Mannes sein. Von dieser Grundlage haben sie sich weit entfernt. Die Einlagen über 10000 Mark sind um 11 v. H. gestiegen. Weiter haben die Sparkassen aus Gewinnrücksichten den ländlichen Hypothekenkredit auf Kosten des städtischen in den Hintergrund gedrängt. Ich kenne Fälle, in denen ländliche Sparkassen in Westfalen ihre Gelder in städtischen Grundstücken in Oberschlesien angelegt hatten. Man soll nicht auf die Erfahrungen des Jahres 1870 verweisen, denn damals hat der gnädige Gott uns glückliche und schnelle Siege gegeben.

Die Gesezvorlage bleibt in dieser Tagung unerledigt.

VIII.

Verstaatlichung des Kalibergwerks „Hercynia“.

3. April. Erste Beratung eines Gesezentwurfs, demzufolge dieses Werk für den Betrag von 30 950 000 Mark für den Staat angekauft werden soll, eine Summe, die durch Ausgabe von Schaßanweisungen oder Staatsschuldverschreibungen beschafft werden soll. Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Binsfuß, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Kursen die Schaßanweisungen und die Schuldverschreibungen verausgabt werden sollen, soll der Finanzminister bestimmen. Da sehr zahlreiche neue Werke im Entstehn begriffen sind, muß damit gerechnet werden, daß sich dieses Verhältnis noch weiter zuungunsten des Fiskus verschiebt. Der Staat glaubt daher nicht länger zögern zu dürfen, seine Beteiligung an der Kalifalzförderung wieder ange= messen zu erhöhen.

16. Mai. Nach kurzer Beratung, in der von einigen Rednern Bedenken gegen die Vorlage erhoben werden, wird sie in zweiter und dritter Lesung genehmigt. -Der Handelsminister Delbrück erklärt, daß die Regierung nicht daran denke, irgendwie die Produktion weiter verstaatlichen zu wollen. Vorlagen wie die Hercyniaund Hiberniavorlage dürften in Zukunft ausgeschlossen sein. Da=

gegen stellt er die Einbringung einer Vorlage über die Ausbeutung staatlicher Felder in Aussicht.

28. Mai. Zustimmung des Herrenhauses. (Gesetz vom 19. Juni 1906.)

IX.

Erweiterung und Vervollständigung des Staatseisenbahnnetzes und Beteiligung des Staats am Bau von Kleinbahnen.

4. Mai. Erste Beratung eines Gefeßentwurfs, wonach 271147 000 Mark gefordert werden:

1. Zur Herstellung von vierundzwanzig Eisenbahnstrecken und zur Be: schaffung der für diese erforderlichen Betriebsmittel zusammen 89 850 000 Mart. 2. Zur Anlage eines zweiten Gleises auf vierundzwanzig Strecken und zu den dadurch bedingten Ergänzungen und Gleisveränderungen auf den Bahnhöfen zusammen 68 504 000 Mark. 3. Zu verschiednen Bauausführungen 7793 000 Mark. — 4. Zur Beschaffung von Betriebsmitteln für die bereits bestehenden Staatsbahnen 100000000 Mart. - 5. Zur Förderung des Baues von Kleinbahnen 5000000 Mart.

5. und 7. Mai. Die Beratung dreht sich um eine Reihe von einzelnen Bahnprojekten.

15. Mai. Beim Beginn der zweiten Beratung führt sich der neue Minister der öffentlichen Arbeiten, Breitenbach, der Nachfolger des verstorbnen Ministers v. Budde, mit der Erklärung ein, daß er bemüht sein werde, in den Bahnen zu wandeln, die der Verstorbne beschritten hat. Es wird meine einzige und größte Aufgabe sein, die preußische Staatseisenbahnverwaltung auf der Höhe ihrer Aufgaben zu erhalten. Neben den Ansprüchen, die der stetig wachsende Verkehr an den Betrieb stellt, und neben der unbedingt notwendigen Rücksicht auf die Interessen der Betriebssicherheit stellt die Sorge für das riesige Personal gewaltige Anforderungen, die sich in Zahlen ausdrücken, wie sie die heutige Vorlage erbringt. Aber die Entwicklung der preußischen Staatsbahnen gibt Gewähr dafür, daß diese umfassenden Mittel nur im allgemeinen Verkehrsinteresse verwandt worden sind und verwandt werden. Sie gibt ferner Gewähr dafür, daß durch alle diese Aufwendungen das werbende Kapital, das in der Staatseisenbahnverwaltung steckt, vermehrt und verbessert werden kann. Ich stehe noch unter dem vollen Eindruck einer fast zehn= jährigen Tätigkeit im Westen der Monarchie und fühle mich vollständig durchdrungen von der Ueberzeugung, daß diese riesigen und berechtigten Anforderungen, die der Verkehr an die Staatseisenbahnverwaltung stellt, nur erfüllt werden können, wenn wir dauernd sorgfältig abwägen und stark eingreifen. Ich bin in der glücklichen

Lage, auch auf einem andern Gebiete meinem hochverehrten Amtsvorgänger durchaus zu folgen. Er hatte sein Intereffe in der ihm eignen tatkräftigen Art und mit vollem Erfolge der praktischen Sozialpolitik und der Wohlfahrtspflege zugewandt. Sie können versichert sein, daß ich ihm auch auf diesen Bahnen folgen werde, daß ich bemüht sein werde, die Wohlfahrt des Staatseisenbahnpersonals, der Beamten wie der Arbeiter, zu fördern, für die Verbesserung ihrer Lebenshaltung zu sorgen und für verbesserte Wohnungsverhältnisse.

Auf Vorschlag der Kommission wird beschlossen, „die Staatsregierung zu ersuchen, alljährlich in das Ordinarium des Etats der Eisenbahnverwaltung aus deren Mitteln die Beträge einzustellen, die erforderlich sind, um die jährlich ausgemusterten Betriebsmittel voll zu erseßen und außerdem eine der Verkehrsentwicklung entsprechende Vermehrung der Leistungsfähigkeit des Gesamtbestandes an Betriebsmitteln zu sichern". Zur Beschaffung von Betriebsmitteln wird die Einseßung von 100 Millionen Mark beschlossen. Die Vorlage wird im ganzen und einzelnen genehmigt.

29. Mai. Zustimmung des Herrenhauses. (Gesetz vom 15. Juni 1906.)

X.

Novelle zum Einkommensteuer- und zum Ergänzungssteuergesetze.

8. Mai. Zweite Beratung der am 9. Dezember 1905 an die Kommission gewiesenen Vorlagen.

Der erste Abschnitt des Einkommensteuergeseßes betrifft die „subjektive Steuerpflicht". Paragraph 1 des geltenden Gesezes bezeichnet als einkommensteuerpflichtig u. a.: 4. Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Berggewerkschaften, die in Preußen einen Siß haben, sowie die eingetragnen Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht; 5. Konsumvereine mit offnem Laden, sofern dieselben die Rechte juristischer Personen haben. Die Vorlage schlägt vor, hinzuzufügen: 6. Die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die ihren Siz in Preußen haben, jedoch nicht die, a) deren Stammkapital 100000 Mark nicht übersteigt, b) deren Gesellschafter ausschließlich nichtphysische in Preußen steuerpflichtige Personen sind. Die Kommission schlägt folgende Fassung vor: Konsumvereine mit Laden".

Die Besteuerung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung hat die Kommisson genehmigt, jedoch von der Steuerpflicht ausgenommen die, 1. deren Gesellschafter ausschließlich öffentliche Korporationen in Preußen sind, 2. deren Einkünfte faßungsgemäß ausschließlich zu gemeinnüßigen wissenschaft lichen oder künstlerischen Zwecken zu verwenden sind“.

Nach Paragraph 16a soll als steuerpflichtiges Einkommen der Gesellschaften mit beschränkter Haftung der erzielte Geschäftsgewinn gelten. Für

deren Besteuerung hat die Kommission einen neuen Tarif aufgestellt, der etwas höhere Säße enthält als der allgemeine Tarif für die Einkommensteuer.

Die Kommission hat ferner einen Paragraph eingefügt, der die Doppelbesteuerung beseitigen soll und bestimmt, daß von den Gesellschaften der Teil ihrer Einkommensteuer nicht erhoben wird, der auf Gewinnanteile von Gesellschaften mit beschränkter Haftung entfällt; bei Gesellschaften, die aus nichtphysischen Personen gebildet sind, soll der zulässige Abzug von 311⁄2 Prozent des Kapitals vom Gesamteinkommen nicht gemacht werden.

In der Verhandlung bezeichnet der Minister v. Rheinbaben eine angemessene Besteuerung der Gesellschaften mit beschränkter Haftung als unumgängliche Bedingung für das Zustandekommen des Gesetzes.

9. Mai. Was die Bestimmungen über die Konsumvereine betrifft, so macht das geltende Geseß einkommensteuerpflichtig die „Konsumvercine mit offnem Laden, sofern dieselben die Rechte juristischer Personen haben“. Die Vorlage wollte daran nichts ändern. Die Kommission beantragt dagegen die Fassung: Konsumvereine mit Laden“. Beschlossen wird jedoch: „Vereine, einschließlich eingetragner Genossenschaften, zum gemeinsamen Einkauf von Lebens- oder hauswirtschaftlichen Bedürfnissen im großen und Ablaß im fleinen, auch wenn ihr Geschäftsbetrieb nicht über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht."

Hiernach werden die am 8. Mai beratnen Bestimmungen über die Steuerpflicht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung und damit der ganze Paragraph 1 in der Kommissionsfassung ange= nommen. Ferner wird beschlossen, daß von der Besteuerung noch ausgeschlossen sein sollen bei landschaftlichen Kreditinstituten die Zinsen des von amortisierbaren Schulden angesammelten Amortis sationsfonds, soweit die Erhebung der leztern noch zulässig ist“. Bei der Frage der Abzüge wird beschlossen, daß auch die Beiträge abzugsfähig sein sollen, die auf Grund besondrer Geseße zum Schuße gegen Hochwassergefahren erhoben werden, insoweit sie zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung des einzelnen Grundstücks dienen.

Bezüglich der Art der Veranlagung zur Einkommensteuer wird beschlossen:

1. Maßgebend für die Veranlagung der physischen Personen ist der Bestand der einzelnen Einkommensquellen bei Beginn des Steuerjahres. 2. Die Veranlagung erfolgt nach dem Ergebnis des vorangegangnen Kalenderjahres. 3. Der Geschäftsgewinn aus Handel, Gewerbe und Bergbau wird bei physischen Personen, die Handelsbücher führen, nach dem Durchschnitt der drei vorangegangnen Wirtschafts- (Betriebs-) Jahre veranschlagt. Die Vorschrift der Nummer 3 findet sinngemäß Anwendung auf die Veranschlagung des Ertrags aus Land- und Forstwirtschaft, wenn über den Betrieb geordnete Bücher geführt werden. 5. Ob ausreichende Buchführung vorliegt, entscheidet die Berufungskommission endgiltig. 6. Die Veranlagung der nichtphysischen Personen erfolgt nach dem durchschnittlichen Ergebnis der drei vorangegangnen Geschäftsjahre. Auf Verlangen der Beteiligten ist vorher ein Sachverständiger zu hören.

« PoprzedniaDalej »