Obrazy na stronie
PDF
ePub

daß seinem Geiste die höhere Natur Christi, seine himmlische Abstammung und seine metaphysischen Verhältnisse mit ausnehmender Klarheit offenbar wurden. Seiner Vorstellung von einem Messiaskönige, welche sich in seinem Geiste neben der Idee vom Gottessohne noch erhielt und sich erhalten konnte, weil beides an sich vereinbar ist, trat insbesondere der Verlauf der leßten Schicksale des Herrn entgegen, und wenn auch Johannes noch Theil hat an der Frage, welche die Jünger an den Auferstandenen stellen: Herr, wirst du nun das Reich Israel wieder herstellen? (Apg. 1, 6.), - so war es endlich das Licht des heiligen Geistes, welches diese äußerliche Vorstellung vom Werke Christi in ihm austilgte. Zur Entwicklung seines metaphysischen Erkennens gaben auch die Religionsideen, welche zur Zeit Christi in seinem Vaterlande gefunden werden (s. §. 6.), und später während seines Aufenthaltes in Asien die ihn umgebende griechische Bildung, insbesondere die Gegensäße zur christlichen Wahrheit in der dort verbreiteten Gnosis (f. §. 9.), eine fortdauernde Anregung. Die fehlerhaften Züge seines Herzens wurden schon durch den beständigen nahen Umgang mit dem Herrn mehr und mehr zurückgedrängt; die umschaffende Kraft des heiligen Geistes in Verbindung mit dem ganzen Bilde des Herrn, wie es nach dem Ablaufe seines Lebens vor der Seele des Apostels stand, vollendete die Läuterung. Die frühere Heftigkeit wurde in einen innerlich kräftigen, unternehmenden, beharrlichen und opferwils ligen Eifer für Christus und seine Sache umgewandelt; das Gefühl seines eigenen neuen Lebens erfüllte ihn mit dem bes geisterten Bestreben, auch außer sich diese Seligkeit in möglichst großen Kreisen zu begründen. Seine Liebe zu Christus wurde als Liebe überhaupt der Grundzug seines Herzens, und so wie er in dieser Gott und Christus und alle seine Mitbrüder umfaßte, so war auch der Hauptinhalt seiner Ermahnungen an die Chris sten die Liebe, die Alle unter einander zu einer großen Bruderfamilie verbinden sollte. Ein unternehmender und angestrengter Eifer für die Sache des Christenthums, für das Heil der Mens schen, spricht sich schon in seiner Wirksamkeit im Vaterlande aus, insbesondere aber in seiner weit ausgedehnten Thätigkeit während seines Aufenthaltes in Kleinasien. Clemens von Alerans drien erzählt 1) aus diesem Aufenthalte einen Vorfall, welcher 1) Quis dives saly.? c. 42. bei Euseb. H. E. III. 23.

ganz besonders einen brennenden Eifer und die unbegrenzte Sorgfalt für das Heil der Menschen an den Tag legt. Johannes hatte dem Bischofe einer Stadt in der Nähe von Ephesus einen Jüngling, bei dem er ausgezeichnete Eigenschaften wahrgenom men, dringend zur Seelenpflege anempfohlen. Als aber derselbe nach empfangener Laufe aus der strengen Aufsicht des Bischofes herausgetreten war, gab er sich einem lasterhaften Leben hin und wurde sogar das Haupt einer Räuberbande. Als Johannes wieder in diese Stadt kam und den Fall des Jünglings hörte, da durchdrang seine Seele ein tiefer Schmerz, aber sogleich war er entschlossen, nicht achtend seines Greisenalters, den Jüngling aufzusuchen, um ihn von seiner Frevelbahn zurück zu führen. Er eilt an den Ort, wo die Räuberbande sich aufhält; als der Anführer den Greisen erblickt, da ergreift ihn Scham, und er will fliehen; Johannes bittet und beschwört ihn aber, seinen greisen Vater zu hören, die Hoffnung des Heils, die ihm noch leuchte, nicht von sich zu stoßen. Der Jüngling wird gerührt, wirft die Waffen von sich und folgt dem Apostel, welcher ihn in den Schooß der Kirche zurückführt. Wie sehr die Liebe sein Inneres erfüllte, erhellt aus der anmuthigen Erzählung des Hieronymus, welcher berichtet 1), daß der Apostel, als er in seinem hohen Alter sich noch in die Versammlung der Gläubigen tragen ließ und nicht mehr im Stande war, längere Vorträge zu halten, immer nur die Worte an die versammelte Gemeinde ges sprochen habe: Kindlein, liebet einander! - Es ist endlich noch zu erwähnen, daß Johannes den Nachrichten der Alten zufolge 2) während seines ganzen Lebens im Stande der Virginität geblieben ist, weßwegen ihm mit Auszeichnung der Beiname παρθενος, παρθένιος, gegeben wurbe. Begen feiner hohen Erkenntniß vom göttlichen Logos oder von der Gottheit Christi wurde er auch o ɛoloyos benannt 3) und mit einem Adler verglichen *).

1) Comment. in epist. ad Gal. c. 4.

2) Hieron. adv. Jovin. I. 26. Epiphan. Haeres. LXXVIII. n. 10. Hippolyt. opp. ed. Fabr. I. app. p. 47. Theophyl, prooem. in Joannem. 3). Baronius Annal, ad ann. 97. XII.

4) Iren adv. Haeres. III. 11. Augustin, de Consens. evangelistt. I. 9. u. A. Vgl. über das Leben und den Charakter des Johannes: Lampe Prolegg. ad comment. p. 3 sqq.; Wegscheider Versuch 2c. S. 7 ff.;

§. 5. Echtheit.

Das vierte Evangelium wurde im christlichen Alterthume mit Ausnahme einer einzigen häretischen Parthei allgemein als eine Schrift des Apostels Johannes anerkannt. Drigenes) ist sich keines Widerspruches gegen die Echtheit desselben bewußt, und Eusebius spricht ein gleiches historisches Bewußtsein aus, wenn er in seinem Kanon das Johanneische Evangelium in die Klasse der du oloy ovμɛva seßt 2). Nur die sogenannten Aloger leugneten seinen apostolischen Ursprung und schrieben es sammt der Apokalypse dem Cerinth zu. Diese Häretiker wurden gegen das Ende des zweiten Ihrdts. durch die Montanisten hervors gerufen; sie seßten sich der schwärmerischen Lehre derselben vom Paraklet entgegen, wurden aber in ihrem Widerspruche dahin getrieben, überhaupt den Prophetengeist in der Kirche zu bestreiten und damit das Evang. Johann. zu verwerfen, in welchem die Sendung des heiligen Geistes verheißen ist, und auf welches sich die Montanisten bei ihrer verkehrten Anwendung der Lehre vom heiligen Geiste hauptsächlich stüßten; so viel erfahren wir über diese antimontanistische Parthei von Irenäus ), welcher sie noch nicht unter einem besondern Sektennamen anführt. Epiphanius gibt ihnen den Namen "Ahoyo", weil zu ihrem Widerspruche gegen die kirchliche und montanistische Lehre vom Paraklet auch noch der Widerspruch gegen die kirchliche Lehre vom Logos hinzugekommen war, und bemerkt ausdrücklich, daß

Lüde Einltg. 3. Comment. S. 6 ff.; Klee Einltg. z. Comment. S. 1 ff.; Credner Einltg. I, 1. S. 208 ff.; Matthiä Auslegung des Evang. Johannes. Götting. 1837. G. 13 ff.; Frommann Joh. Lehrbgr. S. 1 ff.; Neudecker Einltg. S. 278 ff.

1) Comment. in Matth. T. II. p. 440. edit. de la Rue (bei Euseb. Η. Ε. VI. 25.): Ως εν παραδοσει μαθων περι των τεσσαρων ευαγγελιων, ά και μονα αναντιῤῥητα εστιν εν τῇ ύπο τον ουρανον εκκλησια του θεον" ότι πρωτον μεν... επι πασι δε το κατα Ιωαννην.

2) H. E. III. 25.

3) Adv. Haeres. III. 11. Alii vero, ut donum Spiritus frustrentur, quod novissimis temporibus secundum placitum Patris effusum est in humanum genus, illam speciem non admittunt, quae est secundum Joannis evangelium, in qua Paracletum se missurum Dominus promisit; sed simul et evangelium et propheticum repellunt spiritum.

Maier, Evang. Joh.

5

sie für das Evang. und die Apokalypse den genannten Häretiker als Verfasser bestimmten 1). Sie wissen sich aber auf keine historischen Beweise gegen die apostolische Abkunft dieser Schriften zu berufen, sondern bestreiten sie nur aus innern Gründen 2); ihre Verwerfung des Evang. hat also für die Kritik keine andere Bedeutung, als jeder andere in späterer Zeit sich erhebende Widers spruch aus innern Merkmalen 3).

In der Folge blieb der Johanneische Ursprung des vierten Evang. unangetastet bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts, von welcher Zeit an bis zur Gegenwart die Kritik vielfältig beschäftiget war, die Echtheit desselben zu bezweifeln und zu bestreiten. Es ist zur Beurtheilung dieser auflösenden Kritik wichtig zu bemerken, daß eine dem historischen Christenthume zuwiderlaufende philosophische Richtung sie hervorgerufen hat, so wie sie denn auch in der neuesten Zeit bei ihren angesehensten Vertretern im Dienste einer modernen Philosophie steht und von ihr beherrscht wird. Der neue Widerspruch gegen die Echtheit des vierten Evang. ging nämlich von den englischen Deisten aus, welche für den Ausdruck ihrer Mißstimmung gegen dieses biblis sche Buch in Evanson) ein heftiges Organ fanden. Der Widerspruch dieses englischen Kritikers verpflanzte sich bald auch

1) Haeres. LI. n. 3.: Επει ουν τον λογον ου δεχονται τον παρα Ιωαννου κεκηρυγμένον, Αλογοι κληθησονται ... και ούτε το του Ιωάννου ευαγγελιον δεχονται, ουτε την αυτου αποκαλυψιν αισχυνομενοι αντιλεγειν τῷ ἁγίῳ Ιωαννη δια το ειδεναι αυτους και αυτον εν τῳ αριθμό των αποστολων οντα και ηγαπημενον ὑπο του κυριου . και έτερως αυτα ανατρέπειν πειρωνται

....

....

λεγουσι γαρ, μη ειναι αυτα Ιωαννου, αλλα Κέρινθου και ουκ αξια αυτα φασιν ειναι εν τη εκκλησία.

2) Ibid. n. 4.: Φασκουσι γαρ καθ' ἑαυτων, ου γαρ ειποιμι κατα της αληθειας, ότι ου συμφωνει τα αυτου βιβλια τοις λοιποις αποστολοις κ. τ. λ.

3) Vgl. über die Aloger: Merkel Historisch-krit. Aufklärung über die Streitigkeiten der Aloger c. 1782. Heinichen De Alogis, Theodotianis atque Artemonitis. Lips. 1829. Lücke Comment. I. S. 59 ff.

4) The dissonance of the four generally received Evangelists and the evidence of their respective authenticity examined by Edward Evanson. Ipswich. 1792. Gegen ihn trat auf J. Priestley: Letters to a young man. P. 2. 1793. und Dav. Simpson: An essay on the authenticity of the new testament designed as an answer to Evanson dissonance and Volneys ruins. 1793.

nach Deutschland; Eckermann 1), J. E. C. Schmidt 2), (Vogel,) 3) Horst *), Cludius 3) und Ballenstedt 6) bezweifelten oder bestritten nach einander, zum Theile mit Leichtfertigkeit und Frivolität, den apostolischen Ursprung des Evangeliums. Evanson und seine Nachfolger beriefen sich auf äußere und innere Gründe. Der Mangel an ausdrücklichen Zeugnissen der apostolischen Väter, die vorgebliche Unzuverlässigkeit der vorhandenen spätern Zeugnisse und einige Erscheinungen im Inhalte des Evang. sind die Stüßen des Zweifels und Widerspruches 7); aber sowie Evanson in England, so fanden auch diese in Deutschland sogleich ernstliche und gründliche Gegner.

Die sorgfältige Beleuchtung der Unhaltbarkeit der vorgebrachten Einwürfe gegen die Echtheit des Evang. und die neuen positiven Begründungen, welche die Angriffe veranlaßten, schienen ihm

1) In s. Theolog. Beiträgen V. 2 St. 1796. S. 106 ff. Er wurde bekämpft von Storr in Flatts Magazin. St. 4. S. 234 ff. und von Süskind ebends. St. 6. S. 95 ff., worauf er, wie auch Schmidt, feine Zweifel wieder zurücknahm; s. seine Erklärung aller dunkeln Stellen des N. T. II. Kiel 1807.

2) Bibliothek für Kritik und Eregese II. St. 1.

3) In der anonym erschienenen Schrift: Der Evangelist Johannes und seine Ausleger vor dem jüngsten Gericht. 1801–1804. 2 Thle. Entgegen schrieb Süskind in s. Magazin Hft. 9. und Schlecker Versuch einer Widerlegung der hauptsächlichsten Einwürfe, die in der neuesten Zeit ges gen die Echtheit des Evang. Johannis gemacht sind, mit einer Vorrede von Dr. Ziegler. Rostock. 1802.

4) In Henke's Museum. I. Hft. 1. S. 20 ff. u. 47 ff. Entgegen vertheidigte die Echtheit wieder Süskind in s. Magazin St. 11. S. 57 ff. und 110 ff., Nöldeke in Henke's Museum II. Hft. 1., Glafer in s. Dissert. De Joanne Apost, evangelii, quod nomen ejus prae se fert, vero auctore, respectu recentior. quarundam dubitationum atque criminationum. Helmst. 1806., Wegscheider in der Schrift: Versuch einer vollständigen Einltg. 2c. S. 78 ff. u. Herib. van Gruithuysen: Pro Evangelii Joannei avdertig. Hardevici. 1807., u. A.

5) Uransichten des Christenthums, nebst Untersuchungen über einige Bücher des N. T. Altona. 1808.

6) Philo und Johannes, oder fortgesette Anwendung des Philo zur Interpretation der Johanneischen Schriften, mit besonderer Rücksicht auf die Frage: ob Johannes der Verfasser der ihm zugeschriebenen Schriften sein könne. Götting. 1812.

7) S. Wegscheider a. a. D. u. Stein Authentia Evang. Joannis contra Bretschneideri dubia vindicata etc. Brandenb. 1822. p. 7 ff.

« PoprzedniaDalej »