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Was die vorgeblich unpassende historische Verbin, dung der Reden anbelangt, daß nämlich das Evangelium Vorträge an den oxλos gerichtet sein lasse, deren Sublimität die Fassungskraft des Volkes übersteige, welche deßhalb von Jesu gemäß seiner anerkannten Lehrweisheit nicht an dasselbe gehalten werden konnten, so ist weiter unten (§. 6.) die Erörterung nachzusehen, daß Jesus allerdings so zu den verschiedenen Personen gesprochen haben kann, wie das Evangelium berichtet, daß der Widerspruch gegen seine Lehrweisheit im Evangelium nur scheinbar ist und nur in Folge einer unrichtigen Erklärung des Tertes und bei Nichterkenntniß eines wohl überlegten Verfahrens gefunden werden kann. Es ist daselbst auch die Erklärung gegeben über die Erscheis nung, daß in den Reden der ersten zwölf Kapitel dies selben Gedanken in ähnlicher Form des Ausdruckes sich öfters wiederholen; es wird daraus hervorgehen, daß diese Erscheinung weder gegen die Aechtheit der Reden selbst, noch gegen die Wahrheit ihrer historischen Verbindung spreche.

Wenn nun aber solche Vorträge mitgetheilt werden, welche sich größtentheils mit demselben Gegenstande befassen, so ist es sehr natürlich, daß die gesonderten Lehrstücke Anknüpfungspunkte darbieten, wie diese Erscheinung auch in den Briefen Pauli vorkommt; ja es finden sich außer denjenigen, welche die Kritik bezeichnet hat, noch viele andere, und man könnte auch nach der Aehnlichkeit der Ideen ganz anders verbinden, als der Wiederhersteller der vorgeblichen Urschrift die Verbindung versucht. Während aber die gesonderten Reden und Lehraussprüche des Evangeliums nach ihrem Gedankeninhalte und zum Theile auch nach der Form des Ausdruckes eine Verbindung und Zusammenfügung gestatteten, so fällt dagegen sogleich in die Augen, wenn das Verhältniß des Historischen und Didaktis schen, das oben im Allgemeinen bestimmt wurde, im Einzelnen betrachtet wird, daß sich die einzelnen Lehrtheile von ihrem historischen Zusammenhange meistens durchs aus nicht lostrennen lassen, daß nicht in der Verbindung des Didaktischen mit einzelnen historischen Begebenheiten, sondern in der versuchten Trennung des Lehrstoffes von dem Geschichtlichen Willkür liegt. Die Willkür der versuchten Trennung tritt um so mehr hervor, wenn ein Lehrstück nicht nur überhaupt aus einem historischen Verbande, sondern auch zugleich aus einem

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Redezusammenhange losgeriffen werden soll, wie dies von Lehraussprüchen gefordert wird, welche ein Glied eines von historischen Umständen abhängigen Vortrages oder eines Gespräches bilden. Ein einziges Beispiel wird hinlänglich klar machen, was von solchen Trennungen zu halten ist. Der Ausspruch 4, 14.: TO ύδωρ, ὁ δωσω αυτῷ, γενήσεται εν αυτῳ πηγη ύδατος άλλο μενου εις ζωην αιωνιον soll aus seinem unmittelbaren Zus sammenhange herausgenommen und mit 3,36. verbunden werden; dort habe er sich in der Urschrift unmittelbar angeschlossen. Man betrachte nun den Zusammenhang von 4, 7 ff. genau, um ebensowohl die natürliche Stellung jenes Ausspruches, als das Willkürliche und Unnatürliche der Trennung recht deutlich zu erkennen. Jesus kommt am Jakobsbrunnen mit einer Samariterin zusam men und spricht sie an, ihm Wasser zu schöpfen. Die Frau ist erstaunt, daß ein Jude gegen die gehässige Volkssitte einer Sas mariterin freundlich begegnet und sie um eine Dienstleistung bittet. Diese freundliche Ansprache soll aber für sie eine Vorbereitung sein, noch Außerordentlicheres zu vernehmen. Er beginnt nun ihr nahe zu legen, daß er nicht ein gewöhnlicher Jude sei und daß ihr Zusammentreffen mit ihm ein ganz besonderer Gewinn für sie werden könnte. Er weiset auf höhere Gaben hin, die er zu verleihen vermöge und nach welchen er Verlangen erwecken will. Das natürliche Wasser, welches die Frau schöpfen wollte, vers anlaßt ihn, unter dem Bilde des Wassers von denselben zu sprechen. Die Frau denkt aber an natürliches Wasser von einer besondern Beschaffenheit, worauf der Herr ihr sinnliches Verständniß dadurch abzuwenden sucht, daß er die Wirkung seines Wassers der Wirkung des natürlichen Wassers entgegenseßt. Die Wirkung seines Wassers beschreibt er in zwei Säßen V. 14. negativ und positiv; der positive Saß ist der betreffende Lehrausspruch. Nun soll man nach der negativen Bestimmung den Grenzstein sehen und den lezten positiven Sah von der Unterredung und der his storischen Veranlassung trennen, während er doch mit dem unmits telbar vorausgehenden Saße aufs innigste zusammenhängt, nur die positive Ausführung desselben Gedankens enthält, der vors ausgehende Saß weiterhin in innerer Verbindung steht, das Gespräch überhaupt eine natürliche Entwicklung darbietet bis zum leßten positiven Saße, welcher die Spiße der Unterredung ist und die positive Erklärung von dem V. 10. angebotenen vdwe

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Sav gibt. Auch das Bild vom Wasser geht so natürlich aus den Umständen hervor, daß man sich nicht genug über die Willkür der Kritik wundern kann, welche den betreffenden Ausspruch des Herrn von seiner Verbindung trennen will. In gleichem Maße fällt die Willkür und Unnatürlichkeit der Trennung des Historischen vom Didaktischen an allen anderen Stellen in die Augen, wo die Reden oder Aussprüche eine unmittelbare Beziehung auf die historischen Personen oder äußere Umstände und Begebenheiten haben, wo das Historische die Bewegungsmomente der Reden ents hält, welche ihren Fortschritt und ihre Wendungen bestimmen.

Nach allen diesen Rücksichten muß diese Hypothese als eine unglückliche Schöpfung der Kritik angesehen werden, die im Evangelium keinen Grund für sich hat, vielmehr in demselben entschiedene Widerlegung findet 1).

Die andere Hypothese, welche Aler. Schweizer 2) aufgestellt und zu befestigen versucht hat, legt unserem Evangelium eine historische Urschrift zum Grunde, welche sich in der Hauptsache wieder darstelle, wenn aus demselben die galiläischen Erzählungen ausgeschies den werden. Die Urschrift war, wird angenommen, eine Darstellung des Wichtigern, was Jesus außerhalb Galiläa gethan hat, bestimmt, die galiläische Tradition zu ergänzen. Eine spätere Hand habe die galiläischen Stücke hinzugethan, um das werthvolle Buch zu einem wenn auch auswählenden, doch in der Auswahl allseitigen Evangelium zu machen und es mit der gewöhnlichen galiläischen Evangelientradition zu vermitteln. Die vorgeblich später eingeschaltenen galiläischen Stücke sind: das Wunder zu Kana K. 2, 1-12.; die Heilung nach Kapernaum 4, 44-54.; die Speisungsgeschichte 6, 1-16.; die damit verbundene Rückkehr über den See 6, 16-26. und das Anhangskapitel 21. Von derselben Hand sollen

1) Gegen diese Hypothese sprachen sich aus: Frommann Studd. und Kritt. 1840. 4. Ueber die Aechtheit und Integrität des Evang. Johannis mit besonderer Rücksicht auf Weiße's evangelische Geschichte." S. 909 ff.; Lücke Comment. über das Evang. Johann. III. Aufl. Bonn. 1840. I. Thl. S. 141 ff.; Schweizer Das Evang. Johann. nach seinem innern Werthe und seiner Bedeutung für das Leben Jesu kritisch untersucht. Leipzig. 1841. S. 8 ff.

2) A. a. D. S. 46 ff.

aber auch kleinere Bestandtheile herrühren, wie K. 2, 22. u. 22.; 16, 30.; 18, 9.; 19, 35-37. Außerdem habe die spätere Hand in dem Terte der Urschrift einige Veränderungen zum Zwecke der Einschaltung vorgenommen, um einen historischen und sachlichen Zusammenhang herzustellen. Die Perikope von der Ehebrecherin ist bei dieser Hypothese nicht betheiliget; sie wird nur im Vorbeigehen einer dritten Hand zugeschrieben.

Die galiläischen Stücke sollen sich als spätere Einschaltungen, als den Antheil einer zweiten Hand hauptsächlich kenntlich machen: durch ihre isolirte Stellung, die sie im Evangelium einnehmen, in welchem sonst die Erzählungen immer mit didaktischen Bes standtheilen in Verbindung stehen, ferner durch ihren eigenthümlichen Wunderbegriff und ihre besondere Wunderschäßung, endlich auch durch stylistische Abweichungen. Die kleinern Zusäße sollen im Allgemeinen sich durch einen sinnlichen Standpunkt, welcher einen Gegensatz bilde zu der sonst im Evangelium herrschenden geistigen Anschauung und Auffassung, als solche zu erkennen geben.

Bei der Prüfung dieser Hypothese lassen wir das Anhangskapitel, welches §. 2. besonders behandelt wird, unberücksichtiget; die Hauptgründe für die Annahme einer spätern Einschaltung galiläischer Stücke sollen bei jedem einzelnen Anwendung finden, so daß also ohne Berücksichtigung jenes Abschnittes untersucht werden kann, ob die galiläischen Erzählungen innerhalb des Evans geliums mit Recht einer zweiten Hand zugeschrieben werden.

Diese Einschaltungshypothese stüßt sich fürs Erste auf die Isolirtheit der galiläischen Erzählungen. Auf dieses kritische Moment, als auf ein allgemeines, kann man sich aber erst in Folge einer vorgenommenen Isolirung zweier galiläischer Erzählungen berufen. In unserm Evangelium ist nämlich die Speisungsgeschichte K. 5. mit einem längern Redevortrage in Verbindung gesezt, sie wird als die historische Einleitung zu demselben mitgetheilt; das Wandeln auf dem Meere, welches auf die Speisung folgt, bildet aber nur ein historisches Mittelstück zwischen jener und der folgenden Rede und ist mit dem Redevortrage als ein Theil seiner historischen Einleitung verbunden. Diese Verbindung der Rede Jesu mit dem Speisewunder will nun Schweizer auflösen und erklärt jene für eine Fortsetzung der im Tempel zu Jerusalem K. 5. gehaltenen Vorträge. Er trifft also, indem er hier den historischen und didaktischen Verband des Evangeliums

aufzulösen sucht, in diesem Punkte mit der ersten Hypothese zus sammen.

Allein diese Auflösung und neue Verbindung kann bei einer unbefangenen Betrachtung nicht als zulässig befunden werden; es gehört diese Trennung vielmehr unter diejenigen, welche wegen augenfälliger Beziehung des Didaktischen auf das Historische oben als rein willkürliche bezeichnet wurden. Die Forderung des Herrn V. 27., womit Schweizer den Vortrag ursprünglich bes ginnen läßt, hängt genau mit V. 26. zusammen. Hier wirft Jesus den Leuten tadelnd vor, daß sie wegen einer vorausges gangenen Speisung ihm nachlaufen, daß sie nur das Mas terielle in seinen Wundern zu ihm führe; dies weiset auf das vorher erzählte Speisewunder zurück. Mit seinem Ladel verbindet er nun die Mahnung, anstatt der irdischen Speise höhere Güter bei ihm zu suchen, und anknüpfend an ihr Verlangen nach sinnlichem Brode bietet er diese unter dem Bilde einer Speise an. Die Rede von einer höhern Speise ist damit eröffnet, die Fors derung eines neuen Speisewunders bestimmt nur die besondere Wendung. Der Zusammenhang des Historischen und Didaktischen ist so natürlich, daß man an eine gemachte Zusammenstellung nicht denken kann. Will man gegen die Anordnung unseres Evangeliums V. 27. mit 5, 47. als unmittelbare Fortseßung dieser Vorträge verbinden, so sieht man keine Veranlassung zu dem Bilde von der Speise, sieht keine Veranlassung zu der ernstlichen Entgegenfegung feiner forberung gegen δας εργαζεσθαι την βρωσιν την απολλυμενην," welche sock flat auf einen biforis schen Vorgang hinweiset. Mit Unrecht wird die Apologetik zus rückgewiesen, wenn sie die Einleitung dieser Rede nach der Anordnung unseres Evangeliums mit dem Verfahren des Herrn am Jakobsbrunnen K. 4. zusammenstellt. Die Vergleichung soll darum nicht zulässig sein, weil dort ganz gewöhnliches Wasser Veranlassung gibt, vom Lebenswasser zu reden, während diese Rede von einer Wunderspeise ausgeht. Allein darauf kommt es nicht an, ob Wasser und Brod auf natürliche oder wunderbare Weise herbeigeschafft ist, sondern darauf liegt der Nachdruck, daß beides nur leibliche Bedürfnisse befriediget und darum einen vers gänglichen Charakter hat; diese Eigenschaft kommt dem Wunders brode Kap. 6. in gleicher Weise zu, wie dem Wasser des Jas kobsbrunnens. Nach dieser Eigenschaft des natürlichen Wassers

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