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stellt er es dem Lebenswasser entgegen und geht von jenem zu diesem über; von diesem Charakter des Brodes geht auch unsere Rede aus, und es kann daher die genaueste Analogie nicht geläugnet werden, welche ebenso, wie der natürliche Zusammenhang der Rede mit der Erzählung, für das ursprüngliche Verbundensein desselben nach der Anordnung unseres Evangeliums spricht. Wenn nun diese Rede sich nicht von der Speisungsgeschichte trennen läßt, so fällt also bei dieser galiläischen Erzählung ein Hauptgrund hinweg, welcher die Ansicht von einer spätern Einfügung stüßen soll; er fällt auch für die angeschlossene Erzählung vom Wandeln Jesu auf dem See hinweg, da diese ein historisches Mittelglied zur Einleitung der Rede bildet, wenn diese mit der Speisungsgeschichte zusammenhängt. Da aber die Speisungsrede als ein Bestandtheil der Urschrift anerkannt wird, so können bei der Speisungsgeschichte und der ihr angehängten Erzählung andere Gründe gegen ihre Ursprünglichkeit im Evangelium gar nicht mehr in Betracht kommen, sobald die Untrennbarkeit des Lehrvortrages von dem Speisungswunder zugegeben wird; beide Erzählungen mußten dann ebenso gewiß ursprünglich im Evangelium enthalten sein, als die durch dieselben eingeleitete Rede. Die Ursprünglichkeit dieser galiläischen Stücke erweckt aber schon ein günstiges Urtheil für die Ursprünglichkeit der übrigen galiläis schen Erzählungen; es muß der stärkste Zweifel entstehen, ob überhaupt an galiläischen Stücken eine spätere Hand Antheil habe, wenn sogleich bei einer ruhigen Betrachtung zwei derselben als ursprüngliche Bestandtheile des Evangeliums sich bewähren. Die zwei übrigen galiläischen Erzählungen, das Wunder zu Kana und die Heilung nach Kapernaum stehen isolirt, sind mit keinem Lehrvortrage verbunden; allein dies beweiset für sich nichts gegen ihre Ursprünglichkeit. Während sich hierin eine Abweichung von der Gewohnheit des Evangeliums kund gibt, da sonst das Historische in Verbindung mit Didaktischem vorkommt, so stehen diese Erzählungen doch mit dem ganzen Evangelium in innerer Einheit, indem sie eine gleichmäßige Beziehung zum Zwecke (K. 20, 31.) der ganzen Schrift haben; auch sie dienen zur Nachweisung, daß Jesus der Christ, der Sohn Gottes sei, Daraus muß wenigstens so viel erhellen, daß diese Erzählungen von der ersten Hand kommen können, da sie dem Zwecke des ganzen Evangeliums angemessen sind. Der Verfasser hat viels

leicht diese beiden isolirten Erzählungen gegen seine Gewohnheit bei der Auswahl des geschichtlichen Stoffes darum aufgenommen, weil er die erste Wirksamkeit des Herrn in Galiläa, die von den Synoptikern übergangen ist, nicht im Verborgenen lassen wollte (§. 9.). Läßt sich nun außer der innern Angemessenheit dieser galiläischen Stücke zum Plane des ganzen Evangeliums noch ein besonderer Grund ihrer Aufnahme denken, so kann in ihrer Isolirtheit für sich keine Beweiskraft für die Annahme einer spätern Einschaltung liegen; die Beweise müssen in andern Momenten gesucht werden.

Es sollen zweitens die galiläischen Erzählungen sich durch ihren eigenthümlichen Wunderbegriff als fremde Zuthaten kenntlich machen. Die galiläischen Wunder, wird bemerkt, durchbrechen vollends die Schranken der natürlichen Ordnung, während die übrigen Wundererzählungen durchaus einen relativen Wunderbegriff ausweisen, Begebenheiten darstellen, welche das Reich des Natürlichen nicht absolut überschreiten, und auch von dem Referenten, so wie von den betheiligten Personen nicht als solche stupende Thaten angesehen werden.

Ob diese Unterscheidung Grund habe, wird sich aus der Betrachtung eines einzigen Wunderberichtes ergeben, welcher von unserem Kritiker als Bestandtheil der Urschrift und als sachgetreue Relation anerkannt wird; die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus K. 11. soll nämlich in Betrachtung und Vergleichung gezogen werden. Lazarus, meint unser Kritiker, war nicht todt, sondern es war sein Leben nur zurückgetreten; Jesus habe also an ihm nicht eine Todtenerweckung im eigentlichen Sinne volls zogen, sondern es sei nur bei der Eröffnung des Grabes ein wirkungsloses Leben wieder zu Kraft gekommen. Seine Erklärung der vorliegenden Begebenheit unterscheidet sich von der frühern natürlichen Erklärung, welche Jesum einen glücklichen Versuch der Wiederbelebung eines Scheintodten machen läßt, dadurch, daß er dem Herrn das zuversichtliche Vertrauen, die entschiedenste innere Gewißheit beilegt anfangs, daß er den kranken Lazarus heilen, und sodann, daß er ihn wiederbeleben werde. Das Wunder sei nicht das Wiedererstehen an sich, da kein wirklicher Tod vorhanden gewesen, sondern das Zusammentreffen mit Jesu Zuvers sicht und Deffnung des Grabes. Als eine Todtenerweckung im eigentlichen Sinne soll diese Begebenheit auch nicht dargestellt

werden. Es ist nun zugegeben, daß in der Geschichte des Las zarus nicht solche objektiv-historische Momente liegen, welche für sich zu dem Zugeständnisse absolut nöthigten: Lazarus sei vor der Wiedereröffnung des Grabes wirklich todt gewesen. Der vier. tägige Aufenthalt im Grabe hat keine zwingende Beweiskraft, und die Aeußerung der Martha: non oseɩ ist nicht nothwendig so zu verstehen, als ob sie eine durch ihren Geruchsinn gemachte Erfahrung ausspreche, sie kann auch als bloße Vermuthung angesehen werden, die sich auf den viertägigen Aufenthalt des Las zarus im Grabe gründet. Aber womit beweist man nun bei der Annahme der historischen Treue des Berichtes das Gegentheil, wenn die äußern Umstände jedenfalls für die höchste Wahrscheinlichkeit eines wirklichen Lodes sprechen? Die Gewißheit eines nur scheinbaren Lodes kann nach dem Berichte, welcher keine objektiven Beweise dafür liefert, nur auf die Präsumtion gebaut werden: daß ein Uebergang vom wirklichen Lode zum Leben unmöglich ist. Allein mit solchen Säßen wird nichts entschieden. und die historische Kritik gibt den ihr zugehörigen Standpunkt auf, wenn sie die Geschichte nach metaphysischen Voraussetzungen construiren will. Während nun von dem kritischen Standpunkte aus der Mangel zureichender objektiv-historischer Beweise für den wirklichen Tod des Lazarus zugegeben wird, jedoch mit dem aus. drücklichen Bemerken, daß die historischen Umstände die höchste Wahrscheinlichkeit desselben feststellen, so muß dagegen der Bes hauptung entschieden widersprochen werden, daß in dem Berichte die Ansicht von einer wirklichen Todtenerweckung überhaupt nicht liege, daß sie dem Berichte zufolge weder den handelnden und betheiligten Personen, noch dem Referenten eigen sei. Wenn der Herr schlechtweg den Jüngern ankündiget: Aɑlagos añɛFave, so können diese Worte nur bedeuten, daß Lazarus wirklich gestorben sei, nicht etwa, daß er todt zu sein scheine; seine Jünger konnten ihn nicht anders verstehen und der Evangelist kann nichts Anderes dabei denken, wenn er diese Worte einfach mittheilt. Wenn aber Christus diese Worte aussprach, wie der Bericht aussagt, so muß er auch selbst den Lazarus für todt gehalten haben; seine Worte bezeichnen den wirklichen Tod, wie sie auch verstanden wurden; er konnte sich aber nicht anders ausdrücken, als er dachte, nämlich einen Zustand, der ihm als Scheintod gewiß wäre, als wirklichen Tod bezeichnen. Ein solcher Zwie.

spalt des Aeußern und Innern kann in dem Charakter des Herrn keinen Plaß finden. Auch Maria und Martha denken an Nichts weniger, als an die Möglichkeit eines nur scheinbaren Todes, sonst würden sie den Lazarus nicht begraben, oder wenn sie erst später auf diese Vermuthung gekommen wären, ohne auf den Herrn zu warten das Grab geöffnet haben; Martha ist so ferne von dieser Meinung, daß ihr schon der Beginn der Verwesung gemis ift. Die Borte des ferrn: Λαζαρε δεύρο έξω habent nach Analogie anderer Stellen die Bedeutung, daß mit denselben Lazarus in das Leben zurückgerufen werde, sie stehen als Machtworte da, welche das Wiederaufleben des Lazarus bewirken; vgl. Joh. 5, 8. Matth. 8, 3. 13. 16.; 9, 6. 29. 2c. In diesem Sinne berichtet sie der Evangelist und so müssen sie auch die Gegenwärtigen überhaupt aufgefaßt haben, wenn Lazarus auf den Ruf des Herrn, ohne daß inzwischen etwas Anderes vorgegangen ist, sich erhebt. Nach der vorher bestehenden Ansicht über den Zustand des Lazarus müssen die Jünger und die übrigen Gegenwärtigen diese durch den Ruf bewirkte Auferweckung auch als eine wirkliche Todtenerweckung angesehen haben, wern sie jene Ansicht nicht aufgaben; es zeigt sich aber von einer Umänderung ihres frühern Dafürhaltens im Berichte keine Spur, sie hat also wohl bei den Gegenwärtigen überhaupt nicht Statt gefunben; ber Evangelift ergäbit einfach: και εξηλθεν ὁ τεθνη κως .... πολλοι ουν εκ των Ιουδαιων.... επιστευσαν εις αυτόν. Hätte aber Jesus das Bewußtsein gehabt, daß nur ein zurückgetretenes Leben bei der Deffnung des Grabes wieder Kraft gewonnen habe, so hätte er wenigstens jeßt, wenn man an seiner frühern Aeußerung: alapos anɛJavε feinen Anstoß nehmen wollte, über den Vorgang eine richtige Erklärung geben müssen, wenn er bemerkte, daß er für etwas gehalten wird, was keine Wahrheit hat; er konnte nicht sich das Ansehen eines wahren Lodtenerweckers verschaffen und es beibehalten wollen, wenn er sich dieses selbst nicht beilegte, eine solche Läuschung ist von seiner Persönlichkeit nicht denkbar; er würde, wenn er ohne Absicht eine irrthümliche Meinung veranlaßt hätte, den Irrthum nachträglich beseitiget haben. Da aber die evangelische Relation den Herrn keinen Irrthum berichtigen läßt und das Fortbestehen der frühern Ansicht über den Zustand des Lazarus bei den Gegenwärtigen eine Berichtigung dieser Art ausschließt, so kann Jesus

dem Berichte gemäß auch nach dem Erfolge das Bewußtsein nicht gehabt haben, welches ihm von unserm Kritiker zugeschrieben wird. Dafür, daß das Wunder von den Leuten für eine wirkliche Todtenerweckung angesehen wurde, spricht auch der Umstand, daß es ein ungewöhnliches Aufsehen machte; die Synedristen bes fürchten jezt einen Volksaufstand und die Furcht vor den römis schen Heereszügen veranlaßt einen förmlichen Vorschlag, Jesum zu tödten. Aus dieser Betrachtung geht zur Genüge hervor, daß der Evangelist eine Todtenerweckung im eigentlichen Sinne erzählen will und daß nach seinem Berichte die Wiederbelebung des Lazarus in dem Urtheile der Personen der Geschichte übers haupt eine wirkliche Todtenerweckung ist. - Es ist also falsch, daß in den Wundererzählungen außer den galiläischen Stücken nur ein relativer Wunderbegriff herrsche, daß sie sich eben dadurch von dem galiläischen Wunder, wie z. B. von der Wasserverwandlung, unterscheiden; es läßt sich also auch von diesem Gesichtspunkte aus kein Beweis für spätere Einschaltung der letztern finden.

Drittens soll eine eigenthümliche Wunderschäßung in den galiläischen Stücken ihre Fremdartigkeit verrathen. In den andern Theilen des Evangeliums, wird bemerkt, erscheinen die Wunder in einem untergeordneten Verhältnisse zur geistigen Wirksamkeit des Herrn und ein durch die Wunder erregter Glaube werde als nicht befriedigend hingestellt; in jenen Theilen gelten aber die oŋuɛia, Wunder im eigentlichen Sinne, als das Höchste und der durch sie erweckte Glaube als ein befriedigender. - Diese Bestimmungen sind aber in dem Evangelium wieder nicht begründet; der Wiederspruch, welcher vorgegeben wird, ist nicht vors handen. Zieht man die erste galiläische Wundererzählung K. 2. in Verbindung mit K. 1, 51. 52., wo er am klarsten in die Aus gen fallen soll, in Betrachtung, so zeigt sich sogleich, daß nur eine falsche Eregese hier eine verschiedene und widersprechende Wunderschäßung finden kann. K. 1, 51. 52. sollen die geistigen Wirkungen des Herrn als die größern Chaten, μɛisw, den Wundern im engern Sinne als den kleinern messianischen Werken entgegengestellt sein; indem nun die Erzählung K. 2. ein Wunder mit der unverkennbaren Meinung berichte, daß dieses σημειον unter δίε μείζω, unter bie größten Berte Sefu gehöre, so trete diese Erzählung in einen auffallenden Widerspruch mit

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