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Der Prolog.

Spekulative Einleitung in die Geschichte Jesu Christi.

Kap. I. 1.-18,

Es wurde in der Einleitung (§. 7.) dargestellt, daß das Logosbewußtsein bei den Juden zur Zeit Christi schon in einem gewissen Grade der Ausbildung vorhanden war, daß also auch der damaligen jüdischen Theologie auf die Bildung und Entwicklung des Logosbewußtseins bei Johannes ein Einfluß zuzuschreiben ist. Aber die höchste Entwicklung seines Logosbewußtseins hat ihren objektiven Grund in dem Mensch gewordenen Logos selbst, in seiner ganzen geschichtlichen Erscheinung, insbesondere aber in seiner Offenbarung im Worte. Dieses Bewußtsein, das sich in seinem Geiste vermöge seiner spekulativen Anlage zur begrifflichen und systematischen Bestimmtheit durchgebildet hatte, ist nun in dem Prologe des Evang. in dieser Bestimmtheit niedergelegt. Der Prolog stellt dar a) die ewige Eristenz des Logos und sein Verhältniß zu Gott, V. 1. u. 2.; b) das Verhältniß des Logos zur Welt, zur physischen und moralischen, seine Wirksamkeit im Menschengeschlechte überhaupt und in einer Geschlechtsreihe insbesondere bis zu seiner Menschwerdung in Jesu, V. 3.-13.; c) die zeitige Menschwerbung und die erhabene und gnadenvolle Erscheinung und erlösende Thätigkeit des Mensch gewordenen Logos im Allgemeinen, V. 14.-19. Nebenbei wird das Verhältniß des Läufers zum Logos und Messias nach der eigenen Anschauung des Evangelisten und mit Berufung auf das von dem Täufer ausgesprochene Urtheil bes stimmt, V. 6.-8. u. V. 15.

V. 1. 2. Durch die historische Erklärung, welche in der Eins Leitung von dem Ausdrucke Loyos gegeben wurde, sind die grammatischen Erklärungsversuche beseitiget; Johannes verbindet damit

nach dem Sprachgebrauche seiner Zeit den Begriff einer Hypostase, welche im Evang. mit dem Ausdrucke vios vov Iɛov bezeichnet wird. Von diesem Wesen wird nun zuerst die Existenz im Anfang ausgefagt: εν αρχή ην ο λογος. Εν αρχη weifet auf bas Mosaischen Genes. 1, 1., das dem Evangelisten vorschwebte, und der Sinn ist also: beim Beginne der Welt existirte der Logos, er war schon, als die weltschöpferische Thätigkeit Gottes anfing; 3. vgl. find die Stevensarten προ του τον κόσμον ειναι Sof. 17, 5.; προ καταβολης κοσμου ερή. 1, 4.; προ παντων fol. 1, 17., welche εv ɑoxy im angegebenen Sinne erläutern. Aus diesem Wortsinne ergibt sich zunächst für den Logos nur die Vorweltlichkeit, und nicht die Ewigkeit der Eristenz; allein diese liegt nach der Denkungs- und Ausdrucksweise der Hebräer mittelbar in den Worten des Evangelisten. Die Hebräer dachten sich nämlich ein außerhalb der irdischen Weltperiode liegendes Sein in einem absoluten Gegensaße mit der Existenz der sichtbaren Welt; jenes ist ihnen also ein Sein ohne Grenzen, ein ewiges. So sagt der Psalmist 90, 2. LXX.: Пgo tov ogŋ yɛvndyvai xai πλασθηναι την γην και την οικουμένην, και απο του αιώνος ἕως του αιωνος συ ει· die leßten Worte bestimmen den Sinn

der vorausgehenden näher, sie drücken den Gedanken genauer aus, den der Psalmist schon in jenen beabsichtigt; vgl. Sprüchw. 8, 22 ff. Sir. 1, 4. 24, 9., wo die Weisheit ihr Dasein über den Weltanfang hinauffeßt, die Weisheit, welche hier die Idee des Endlichen ist, welche immer in Gott war, welche er zugleich mit dem Gedanken von sich Selbst, der ewig ist, dachte. Daß Johannes, indem er dem Logos die Existenz vor dem Weltanfange zuspricht, diese Eristenz so in einem absoluten Gegensaße mit der sichtbaren Welt denkt, diese also als ein unbegrenztes, ewiges Dasein aufzus faffen ist, ergibt sich bestimmt aus dem dritten Gliede d. V., welches die wesenhafte Einheit des Logos und Gottes feststellt. Mit Recht wurde darauf aufmerksam gemacht, daß die Ewigkeit des Logos auch aus dem Saße folgt: o deos ayanŋ ɛoтı 1 Joh. 4, 8. 16.; nach diesem Saße ist die Liebe so in Gott, daß sie sein Wesen ausmacht, also mit seiner Eristenz immer zugleich gedacht werden muß; die Ewigkeit der Liebe in Gott seßt aber auch die Ewigkeit eines Gegenstandes voraus, auf welchen sich die Liebe bezieht, da mit der Liebe nothwendig eine Beziehung zu einem Andern gedacht werden muß; von der Welt ist aber ein begrenztes Dasein

ausgesprochen, und somit werden wir auf dasjenige Wesen als den ewigen Gegenstand der Liebe Gottes hingewiesen, welches vor der Welt war 1).

Die ewige Eristenz des Logos wird im zweiten Versgliede beftimmt als ein Gein bei Gott: και ο λογος ην προς τον 9εov. Пgos mit dem Accusat. steht hier (vgl. Matth. 13, 56. Mark. 6, 3. 4, 1. 1 Cor. 16, 6.) im Sinne von лaga mit dem Dativ, s. Joh. 17, 5. Durch das von dem Logos ausgesprochene προς τον θεον ειναι it bem Bortfinne nach eine äbe, eine Gemeinschaft oder Verbindung des Logos mit Gott ausgedrückt; aber die Vorstellung des Beisammenseins oder der Vers bindung schließt auch die Vorstellung einer Besonderheit in sich, und dies ist die Absicht des Evangelisten, den Logos und Gott in ihrer Unterschiedenheit darzustellen, als besondere Hypostasen zu bezeichnen, und als solche, als besondere Persönlichkeiten einander entgegen zu stellen 2). In o deos liegt also bei dieser Ents gegenstellung der Begriff einer göttlichen Persönlichkeit, und zwar ist es von derjenigen göttlichen Hypostase zu verstehen, welche sonst in Entgegenstellung mit dem vios, welcher mit dem Loyos Eins ift, πατηρ genannt wirt.

Mit der Erkenntniß der hypostatischen Verschiedenheit zwischen dem Loyos und dem Jɛos лarηo ist aber das metaphysische Verhältniß zwischen beiden erst zur Hälfte erfaßt; um die Anschauung bei seinen Lesern zu vervollständigen, fügt Johannes die weitere Bestim mung bei: και θεος ήν ὁ λογος. Das Subjett it ὁ λογος, das Prädikat Deos, welches vorausgestellt wurde, damit die Einheit des Unterschiedenen, welche Johannes auszusprechen bes absichtiget, durch das neben einander stehende 9ɛos desto klarer hervortrete. e os im leßten Gliede nimmt das vorausgehende deos in der Weise wieder auf, daß es jeßt die Gottheit nach ihrer Natur oder Wesenheit bezeichnet, welche dort im Begriffe der göttlichen Person eingeschloffen lag (ó hoyos yv προς τον πατερα, ός εστι θεος, και θεος λ.), unb barunt fehlt hier der Artikel vor Jɛos, weil die göttliche Substantialität

1) Frommann Joh. Lehrbegr. S. 102 f. u. S. 118.

2) Cyrill. Alex. Comment. in Joann. L. I. c. 1.: dia de zou paraι τον λογον οντα προς θεον ἑν μεν τι και ύφεστηκος αυτο καθ' ἑαυτο τον υἱον επιδεικνύων, ἕτερον παλιν τον θεον και πατέρα, προς ὁν ην ὁ λογος λ. Maier, Evang. Joh.

bezeichnet werden soll; so 5 Mos. 4, 35. LXX.: wote ɛidnoɑi σε, ότε κυριος ὁ Θεος σου ούτος Θεος εστι (φύσει Gal. 4, 8.), και ουκ εστιν ετι πλην αυτου vgl. 1 Cor. 8, 4. Der loyos ist dɛos heißt also: er ist Gott substantiell, seine Wesenheit ist die göttliche Wesenheit, sie ist also dieselbe, welche die des hypostatisch von ihm verschiedenen Θεος πατηρ ift. Sm Beige ber göttligen Satur fino aber die beiben Sypoftafen nicht awei Götter (ὁ Θεος εἷς εστι Gal. 3, 20.); die Substanz beider ist, so wie nicht innerlich verschieden, so auch nicht geschieden, es sind der Logos und Gott als Vater nur verschiedene persönliche Eristenzweisen der Einen göttlichen Substanz 1). Der Unterschied, den Johannes im zweiten Gliede ausgesprochen hat, ist also nur als ein hypostatischer aufzufaffen, dagegen besteht zwischen dem Logos und Gott dem Vater die Einheit des Wesens; damit ist das beiderseitige Verhältniß vollständig ausgesprochen. Philo stellt das artikellose Jɛos dem o Jɛos mit der Unterscheidung entgegen, daß dieses den wahren Gott bedeute, jenes aber ein Wesen bezeichne, welchem im uneigentlichen Sinne das Prädikat der Gottheit zukomme 2), wie er seinen Logos beschreibt, der ein Mittelwesen zwischen Gott und dem Menschen ist 3). Es darf aber unsere Stelle nicht nach dieser Philon'schen Unterscheidung gedeutet werden; denn dadurch, daß Johannes im dritten Versgliede. Dɛos vorausstellt, so daß es neben o 9ɛos im zweiten Gliede zu stehen kommt, will er offenbar anzeigen, daß das Wort so gebraucht sei, daß es sich dem Sinne nach an das vorausgehende 9ɛos anschließe, was nach obiger Deutung der Fall ist; er kann, wenn er verstanden

1) Theodor Mopsv. in Catena Corderi: επηγαγε (τῳ την προς τον θεον), και θεος ην' μονουχι τουτο λεγων, ότι ουκ ην ἑτερον, αλλ' η τουτο, ὅπερ ην εκείνος, προς όν ην. Cyrill. Alex. I. 3.: ου μονον ην ὁ λογος προς θεον, αλλ' ην και θεος, ἵνα δια μεν του είναι προς θεον, ἕτερος ων παρα τον πατερα γνωρίζηται, και υἱος ὑπαρχειν ιδια και καθ' ἑαυτον πιστεύηται δια δε του είναι θεος, ὁμουσιος τε και εξ αυτου νοηται κατα φυσιν, άτε δη και θεος και εκ θεου προσελθων αμηχανον γαρ, μιας ειναι παρα πασιν ὁμο λογουμένης θεοτητος, μη παντως εις ταυτοτητα φυσεως την άγιαν αναβαινειν τριαδα, οὕτως δε εις τον ἕνα της θεοτητος αναφέρεσθαι λογον λ,

2) De somniis Pf. V. 106.

3) Ibid. p. 184. 186.: Μαλλον δε, ει το αληθες ειπειν δει, μεθόριος τις θεου φυσις, του μεν ελαττων, ανθρωπου δε κρείττων. Ebenfo faften bie Arianer den Logos auf; s. Athanas. contr. Arian. orat. II. c. 21.

werden wollte, es nicht in einem ganz neuen Sinne gebrauchen; es findet sich auch sonst bei Johannes nicht, daß er die Unterscheidung des Philo befolgt, denn er gebraucht im Evang. Geos ohne Artikel, wie ó Jeos von dem Einen, wahren Gotte; s. 1, 6. 12. 13. 18. 3, 2. 21. 13, 3. 16, 30. vgl. 16, 27. 8, 24. c. Weil der Logos in seinem Verhältnisse zur Welt, auf welches Johannes nun übergehen will, als besondere, vom Vater verschiedene Hypostase erscheint, so wird V. 2. der Saß wieders holt, welcher die hypostatische Besonderheit des Logos ausspricht; diese Wiederholung soll also den Uebergang zum Folgenden bilden.

V. 3. Der Logos wird nun zuerst zur Welt überhaupt in das Verhältnises döpfers geftellit:παντα δι' αυτου εγενετο 2. Das Neutr. π аνт а bezeichnet Gal. 3, 22. die gesammte Menschenwelt, Kol. 1, 20. die Geister- und Menschenwelt, Kol. 1, 16. aber die Gesammtheit aller Dinge, und in dieser Allgemeinheit, von der Natur, Geister- und Menschenwelt ist es auch hier aufzufassen, vgl. Apg. 17, 24. Das All ist geworden, eyeveto, und zwar im absoluten Sinne, da eine relative Beziehung von yɩvɛodaɩ nicht ausgedrückt ist; das Werden, yɩvɛodaɩ, im absoluten Sinne ist das Uebergehen vom absoluten Nichtsein zum Sein; es fand also in keinem Bereiche der Welt nur eine bloße Weltbildung Statt, fons dern allgemein eine Weltschöpfung im eigentlichen Sinne; die Welt hat sowohl ihrer Substanz, als auch ihrer formellen Existenz nach im Ganzen und Einzelnen einen Anfang. Die Weltschöpfung geschah durch den Logos, di avrov, und zwar durch ihn allein, so daß alles Gewordene durch ihn und Nichts durch ein anSeres Befen geworsen it: και χωρις αυτου εγενετο ουδε Ev 2. Das zweite Versglied ist nicht eine bloße nachdrucksame Wiederholung des ersten in negativer Form; in diesem liegt der los gische Accent auf navтa ɛyɛvɛto und es tritt also der Hauptgedanke hervor, daß Alles einen Anfang habe und nichts von Ewigkeit eristire; im zweiten Gliede ist der Hauptgedanke, daß der Logos der einzige und allgemeine Weltschöpfer sei. In der Präpos. dia ist zugleich das Verhältniß angedeutet, in welchem der Logos als Weltschöpfer zu Gott dem Vater steht. Das kaus sale Verhältniß der Gottheit zur Welt wird durch ex und dia bezeichnet, Röm. 11, 36. 1 Kor. 8, 6. und zwar mit Beziehung auf die persönliche Verschiedenheit der Gottheit als Vater und Sohn oder Logos; das ex gilt dem Vater und ist dem vom Sohne

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