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sondern hielt sich in der Dialektik vorzugsweise an die neuere Akademie, deren Stifter Karneades war; in der Ethik aber folgte er meist den Stoikern (vgl. unten I, 2, a. E.) durch die Annahme der Sätze: nihil bonum, nisi quod honestum, und virtus summum bonum est; doch mit Aufgebung ihrer zu schroffen und einseitigen Consequenz. Cicero war also ein Eklektiker, der eben durch die Auswahl des in jedem philosophischen Systeme Brauchbaren und Richtigen die Wahrheit zu ermitteln sich bemühte. Seine Schriften, und namentlich die vorliegende, eignen sich eben wegen ihrer nicht allzu systematischen Behandlung des Stoffes und wegen der vielen das praktische Leben in verständlicher Weise betreffenden und durch historische Beispiele beleuchteten Lehren zur Lektüre in den Schulen. Gerade Cicero's eklektische und oft von der streng systematischen Darstellung abschweifende Methode ist geeignet die Jugend vorbereitend an die philosophische Behandlung eines Gegenstandes zu gewöhnen.

Um endlich noch die kritische Grundlage des hier gegebenen Textes richtig würdigen zu können, wo derselbe von den Worten anderer Ausgaben, welche in der Schule gebraucht werden, abweicht; ist es nöthig über die Beschaffenheit der Handschriften, aus welchen der Text entlehnt ist, etwas zu sagen. Nachdem man nämlich lange Zeit sich bei der Herausgabe der Schriftsteller begnügt hatte, so viel Handschriften als möglich zu vergleichen und an zweifelhaften Stellen diejenige Lesart für die beste zu halten, welche in den meisten, oder die, welche in den ältesten Handschriften stand: kam man in neuester Zeit durch genaue, vollständige Vergleichung der Handschriften jedes Schriftstellers zu der Einsicht, dass manchmal viele Handschriften aus ein und derselben Quelle (Urschrift) geflossen waren, und daher auch zusammen nur als eine Stimme gezählt werden konnten, indem sie dann selbst die verderbteste, sinnloseste Lesart übereinstimmend darboten, während die offenbar richtige Lesart oft nur in einer oder wenigen, manchmal sogar in einer jüngeren (neueren) Handschrift sich fand. Es wurde hieraus klar, dass der Grundsatz, die Handschriften bloss zu zählen oder ihre Autorität bloss nach ihrem

Alter zu messen, falsch sei. Man untersuchte nun sorgfältig,

welche Handschriften so in den Lesarten, namentlich in den Fehlern übereinstimmten, dass man daraus schliessen durfte, sie seien entweder alle aus ein und derselben Urschrift, oder die eine aus der andern abgeschrieben. Die Handschriften nun, welche meist oder immer das Richtige an unzweifelhaften Stellen boten, mussten nun natürlich auch in zweifelhaften Fällen, wo die verschiedenen Lesarten alle gut oder doch nicht unrichtig waren, grössere Glaubwürdigkeit haben. Man fing also nun an die Handschriften in Gruppen zu bringen und jede Gruppe von gleichartigen, zusam

mengehörigen Handschriften Familie zu nennen, so dass man nun erstlich die zu derselben Familie gehörigen Handschriften bei Beurtheilung der Lesarten nur für eine Stimme zählte, und zweitens der Familie, welche gewöhnlich das unzweifelhaft Bessere darbot, nun auch an zweifelhaften Stellen grössere Autorität gab und ihre Lesarten denen der schlechteren Handschriftenfamilie vorzog.

So hat man bei Cicero's Schrift de officiis in der ziemlich grossen Zahl (über 30) von Handschriften (die freilich zum Theil so ungenau verglichen sind, dass man nur an einzelnen Stellen ihre Lesarten angegeben findet) — nach der Aehnlichkeit der Lesarten deutlich 2 Familien unterschieden: 1) eine bessere, bestehend aus dem Bernensis c, Augustanus oder Anemoecianus, Palatinus 1, Graevianus 1 (die Namen der Handschriften stammen theils von dem Orte, in dessen Bibliothek sie aufbewahrt werden, theils von dem Gelehrten, der sie zuerst verglichen), 2) eine schlechtere, wozu der Bernensis a u. b, Guelferbytanus 1 u. 2 u. a. gehören. Ausserdem findet sich noch eine Gruppe neuerer Handschriften, deren Abschreiber schon nach ihrem Gutdünken die Lesarten aus beiderlei Familien ausgewählt haben, welche daher bald mit der einen, bald mit der andern Familie übereinstimmen; dahin gehören der Bern. d u. e, der Guelferb. 4 u. 5.

Um die Sache durch ein Beispiel zu erläutern, so giebt an der Stelle lib. III, 2, gegen Ende: qui in Coa Venere eam partem absolverent, der Bern. c u. der Guelf. 1: qui in choa venere (richtig bis auf die Orthographie) und damit stimmt eine andere Handschrift, die man nicht genauer kennt, codex Tettii, und eine Oxforder überein; der Bern. a hat inchoavere; der Bern. b incho veneris; aus diesen beiden Verderbungen sind nun die Lesarten der übrigen Handschriften entstanden, indem die Abschreiber die offenbare Sinnlosigkeit der Stelle zu beseitigen suchten und im Guelf. 5 qui Choae Veneris, im Guelf. 3 qui Iconiae Veneris schrieben, oder das unverständliche Wort incho ohne Weiteres ausliessen (qui Veneris), wie der Guelf. 2 u. 4 und die ältesten Ausgaben, oder gar kühner aber schlechter verbesserten in templo Veneris, wie 2 Oxforder Handschr. Man kann hieraus sehen, wie durch die Verderbung des Bern. b die weniger beglaubigte, sonst keineswegs fehlerhafte Lesart Veneris, wegen der grossen Anzahl der ihr beistimmenden schlechtern Handschriften, in fast alle Ausgaben gekommen ist und die ursprüngliche Lesart in Coa Venere verdrängt. hat.

LIBER PRIMUS.

Inhaltsangabe. Vorwort: Gründe, aus welchen Cicero dies Buch für seinen Sohn verfasst, c. 1. Aufstellung des Thema's: die Lehre von den Pflichten, c. 2, 1-10. · Definition des Begriffs der Pflicht, c. 2, 11-3, 5. Eintheilung des Ganzen, c. 3, 6—10: I. über das Sittliche: a) an sich, b) im Conflict mit sich selbst. II. über das Nützliche: a) an sich, b) im Conflict mit sich selbst. III. über den Conflict des Sittlichen und Nützlichen. I. Ueber das Sittliche a) an sich, c. 4-42.

Ursprung und Begriff des Sittlichen, c. 4. Die 4 Hauptquellen des
Sittlichen: Weisheit, Gerechtigkeit, Seelenstärke, Mässigung, c. 5.
A) Die Weisheit, c. 6.

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5):

B) Die Gerechtigkeit und das Wohlwollen (c. 7-18, a) Gerechtigkeit (c. 7-13): Begriff der Gerechtigkeit, c. 7, 2-6; zweifache Ungerechtigkeit, nämlich: Unrecht zuzufügen, c. 7, 7c. 8; und Unrecht nicht abzuwehren, c. 9, 1-5. Beseitigung des Zweifels ob etwas gerecht sei, c. 9, 6-8. Scheinbare Verletzung der Gerechtigkeit und scheinbare Gerechtigkeit, c. 10. Gerechtigkeit gegen Feinde, c. 11-13, 8; und gegen Sklaven, c. 13, 9; Ungerechtigkeit durch Gewalt und durch List. b) Das Wohlwollen (c. 14-18, 5): die 3 Beschränkungen desselben c. 14. Niemand ist von demselben auszuschliessen, c. 15; doch ist es nach den Stufen der Angehörigkeit (Volk, Staat, Familie, Freunde) zu erweisen, c. 16 u. 17. Schluss, c. 18, 1-5. C) Die Seelenstärke (c. 18, 6 c. 26): allgemeine Anerkennung derselben, c. 18, 6–9. Verirrung derselben, c. 19. Die wahre Seelenstärke nach ihrem innern Wesen, c. 20, und ihrem äussern Hervortreten, namentlich im Staatsleben, c. 21; sowohl im Frieden, als im Kriege, c. 22 u. 23; besonders auch dem Feinde gegenüber und in Gefahren, c. 24. Pflichten der Seelenstärke für den Staatsmann, c. 25. Warnung vor Uebermuth im Glücke, c. 26, 1–7. Seelenstärke im Privatleben, c. 26, 8-11. D) Die Mässigung und das Geziemende (c. 27-42): der Zusammenhang des Sittlichen und Geziemenden, c., 27, 1-9. Eintheilung des Geziemenden in ein allgemeines und besonderes, c. 27, 10-28, 8. Die daraus entstehende doppelte Pflicht, seine Persönlichkeit würdig zu behaupten und seine Begierden zu beherrschen, c. 28, 9-29, 5. Von dem Geziemenden: a) für die menschliche Natur überhaupt, c. 29, 630, 6; b) für die Persönlichkeit des Einzelnen, c. 30, 7-31; c) für des Einzelnen Stellung, Stand, Alter, c. 32-34. Von dem Geziemenden in Aeusserlichkeiten: Maass und Ordnung in Worten, Handlungen und Gebehrden, c. 34-42.

b) Der Conflict sittlicher Pflichten unter einander, C. 42-45.

1

L

Quamquam te, Marce fili, annum iam audientem Cratippum, idque Athenis, abundare oportet praeceptis institutisque philosophiae propter summam et doctoris auctoritatem et urbis, quorum alter te scientia augere potest altera exemplis: tamen, ut ipse ad meam utilitatem semper cum Graecis Latina coniunxi, neque id in philosophia solum, sed etiam in dicendi exercitatione feci; idem tibi censeo faciendum, út par sis in utriusque orationis facultate. 2 Quam quidem ad rem nos, ut videmur, magnum attulimus adiumentum hominibus nostris, ut non modo Graecarum litterarum rudes, sed etiam docti aliquantum se arbitrentur adeptos et ad dicendum 3 et ad iudicandum. Quam ob rem disces tu quidem a principe huius aetatis philosophorum, et disces, quam diu voles; tam diu autem velle debebis, quoad te, quantum proficias, non poenitebit: sed tamen nostra legens, non multum a Peripateticis dissidentia, quoniam utrique Socratici et Platonici volumus esse, de rebus ipsis utere tuo iudicio, (nihil enim impedio,) orationem autem Latinam 4 efficies profecto legendis nostris pleniorem. Nec vero hoc arroganter dictum existimari velim. Nam philosophandi scientiam concedens multis, quod est oratoris proprium, apte, distincte, ornate dicere, quoniam in eo studio aetatem consumpsi, si id mihi assumo,

KAP. 1.

annum iam, vgl. die Einleitg. Cratippus ein ausgezeichneter Philosoph der peripatetischen Schule, aus Mitylene, wo ihn Pompejus nach der Schlacht bei Pharsalus besuchte; nachher nahm derselbe auf Bitten der Athener bei ihnen seinen Aufenthalt. instituta sind

du deinerseits, du allerdings. poenitebit; poen. oft s. v. a. sich nicht befriedigt fühlen von etwas, wie Liv. I, 8 cum (eos) iam virium suarum haud poeniteret. eine doppelte Erklärung zu, enta Peripateticis; die Worte lassen weder als Neutr. plur. wie nachher nostris, oder als Masculin.; jedenfalls s. v. a. die Lehren der Peripatetiker. utrique; die Pewelripatetiker und Cicero selbst, hier demie gehörte (s. Einleitg. S. 4 f.), cher eigentlich zur neuern Aka

die nach den Lehren (praec.) gemachten Lebenseinrichtungen oder Grundsätze.

--

auctoritas

Antrieb, denn auctor ist uns Jeder,

der uns zu etwas veranlasst oder
in etwas bestärkt.
ut ipse; dem
ut entspricht statt des regelmässi-
gen sic das folgende idem.
usque, der griechischen und la-
tein. Sprache.

utri

ut videmur mit Auslassung des nobis, wie gleich nachher videor vindicare. -tu quidem, das Pronomen ist hier nöthig wegen des Ueberganges vom Allgemeinen (docti) zum Speciellen (tu); quidem dem folgenden sed tamen entsprechend; also:

wollen doch beide für Schüler des Aristoteles ein Schüler des Plato, Sokrates und Plato gelten, da ja dieser des Sokrates gewesen ist.

legendis nostris ist eigentlich nur Wiederholung des obigen_nostra legens wegen des langen Zwischensatzes.

concedens indem ich hierin Andern den Vorrang zugestehe. apte, dist., orn. dicere ist umschreibender Ausdruck der Redekunst im Gegensatz zur Philosophie.

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videor id meo iure quodam modo vindicare. Quam ob rem ma- 5 gnopere te hortor, mi Cicero, ut non solum orationes meas, sed hos etiam de philosophia libros, qui se iam illis fere aequarunt, studiose legas. Vis enim dicendi maior est in illis, sed hoc quoque colendum est aequabile et temperatum orationis genus.

Et id quidem nemini video Graecorum adhuc contigisse, ut 6 idem utroque in genere laboraret, sequereturque et illud forense dicendi, et hoc quietum disputandi genus: nisi forte Demetrius Phalereus in hoc numero haberi potest, disputator subtilis, orator parum vehemens; dulcis tamen, ut Theophrasti discipulum possis agnoscere. Nos autem quantum in utroque profecerimus, aliorum 7 sit iudicium: utrumque certe secuti sumus. Equidem et Platonem 8 existimo, si genus forense dicendi tractare voluisset, gravissime et copiosissime potuisse dicere; et Demosthenem, si illa, quae a Platone didicerat, tenuisset et pronuntiare voluisset, ornate splendideque facere potuisse. Eodemque modo de Aristotele et Isocrate iudico: quorum uterque suo studio delectatus contempsit alterum.

Sed cum statuissem scribere ad te aliquid hoc tempore, multa 2 posthac; ab eo ordiri maxime volui, quod et aetati tuae esset aptissimum, et auctoritati meae. Nam cum multa sint in philosophia 2

vindicare, ergänze mihi, wie auch bei videor.

se-illis - aequarunt. Die Handschriften schwanken hier zwischen der gegebenen Construction, und illis aequarunt oder illos aequarunt ohne se. Die bessern Handschr. Bern. c, Gu. 1, Pal. 1 (vgl. EinItg.) haben alle illis theils mit, theils ohne se; da nun aequare mit dem Dativ allein sonst nicht vorkommt bei Cicero, ist die gegebene Lesart in dem Sinne: sie haben sich jenen gleichgestellt (an Zahl), die beste. Vis enim giebt den Grund an zu hos etiam studiose legens.

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laboraret. Eine einzige Handschrift (Gu. 2), zwar eine nicht schlechte, aber doch nicht von der bessern Gattung (vgl. Einltg.), giebt das hier allerdings gefälligere elaboraret s. v. a. etwas lei sten, während lab. nur sich bemühen heisst ohne Andeutung eines Erfolges. Konnte aber nicht Cicero gerade mit gesuchter Bescheidenheit den minder bedeuten

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