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Göttingische

81070

gelehrte Anzeigen.

Unter der Aufsicht

der

Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

1872.

Zweiter Band.

Göttingen.

Verlag der Dieterichschen Buchhandlung.

1872,

Göttingen,

Druck der Dieterichschen Univ.-Buchdruckerei.

W. Fr. Kaestner.

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Della Sublimità. Libro attribuito a Cassio Longino tradotto da Giovanni Canna. Firenze, Successori Le Monnier 1871. 175 S. 12o.

Die vorliegende Schrift liefert einen erfreulichen Beleg, dass in Italien trotz der wiederholten lebhaften Agitation der »liberalen « Presse gegen den griechischen Unterricht ein gründliches Studium des Griechischen doch noch einige kundige Vertreter hat. Als solchen dürfen wir neben Comparetti auch den Verfasser dieser Uebersetzung der Schrift neoì ovç bezeichnen. Herr Canna zeigt sich in dem seiner Uebersetzung voraufgeschickten Proemio, welches über ein Drittel der ganzen Schrift einnimmt, mit dem Gegenstand und der einschlägigen Literatur, bis auf halbverschollene Tractate und Inauguraldissertationen jüngsten Datums, mit den (wirklichen und vermeintlichen) Ergebnissen der neuern Forschung über diese Schrift und mit den Forderungen der literarhistorischen Kritik durchweg vertraut. In gefälliger, übersichtlicher, auch für den weiteren

Leserkreis, auf welchen die Uebersetzung berechnet ist, anziehender, doch immer sachgemässer Form, die sich ebenso glücklich von allzu gründlichem Eingehen auf gelehrtes Detail (Manches der Art ist in die angehängten Noten verwiesen) wie von der den Landsleuten des Verfassers sonst nicht fernliegenden Neigung zu weitschweifigem Erörtern wohlbekannter Dinge frei hält, behandelt er zunächst im ersten Capitel die Frage nach dem Autor des Buchs.

Nach übersichtlicher Zusammenstellung der Nachrichten über das Leben und die Schriften des Cassius Longinus untersucht Canna die Berechtigung des handschriftlichen Titels Aovvotov

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Aoyyívov, und weist zuvörderst die Ansichten zurück, nach welchen Dionysios von Halikarnassos oder ein anderer der uns bekannten Dionyse Verfasser der Schrift und folglich auch der in derselben citirten περὶ Ξενοφώντος und пεQì σvνIÉσεшÇ - sein soll, sowie die unglückliche Hypothese Vauchers, der dieselbe Plutarch zuschreibt. (Ein positives Argument dagegen gab übrigens schon Cobet nov. lect. S. 645). Darauf werden, wesentlich im Anschluss an Buchenau und Vaucher, aber immer mit selbständiger Prüfung und gesunder Auffassung die Gründe dargelegt, welche gegen die Autorschaft des Longinos, und für eine weit frühere Abfassungszeit des Buches sprechen. Die Beweiskraft dieser Gründe, die Canna selbst um einige neue vermehrt hat, muss unanfechtbar erscheinen. Zu unserer Ueberraschung jedoch wandelt sich mit einer plötzlichen Schwenkung der Ankläger in einen Vertheidiger und versucht die eben gegebene Beweisführung Stück für Stück zu widerlegen, um schliesslich doch

die Möglichkeit, wo nicht Wahrscheinlichkeit zu retten, dass Longin der Verfasser sei.

Ob die dafür geltend gemachten und mit unleugbarem Geschick ausgeführten Argumente diesen Zweck erreichen, darf indess bezweifelt werden. Selbst wenn der Versuch, die der Autorschaft Longins entgegenstehenden Momente abzuschwächen, in einzelnen Fällen gelänge, so bilden dieselben zusammen doch eine Collectivinstanz, deren Gewicht nur durch ganz positive Beweismittel erschüttert werden kann. An solchen aber fehlt es hier: und vage Möglichkeiten, allgemeine Wahrheiten, mit denen Herr C. etwas zu freigebig ist, vermögen diesen Mangel nicht zu ersetzen. So ist, um die Abfassung der Schrift noch im späten dritten Jahrhundert n. Chr. wahrscheinlich zu machen, der Hinweis auf die Fruchtbarkeit der griechischen Epigonenliteratur und ihre geschickte Nachahmung der guten Muster nicht ausreichend: zumal gegenüber einem Autor von so originellem Gepräge, so unabhängigem Geschmack, so selbständigem und eindringendem Studium. Die Thatsache, dass in der citatenreichen Schrift lediglich ältere Autoren genannt sind (der jüngste Name ist Theodoros von Gadara aus dem Anfang des ersten Jahrh.) wird durch die Lückenhaftigkeit der handschriftlichen Ueberlieferung nicht beseitigt, und durch die Annahme einer Vorliebe für die Alten, die auch den philosophischen Studien des Longinos nachgerühmt werde und in dem aristotelischen Charakter der von ihm erhaltenen rhetorischen Fragmente zur Erscheinung komme, kaum befriedigend erklärt. Dass insbesondere von Bekanntschaft oder Berührung mit Hermogenes sich nirgends eine Spur zeige, muss die abweichende Methode des Rhetors ent

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