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mehr so beliebt, als er sonst gewesen: das macht, daß er von feinen Nachfolgern, auch in der Reinigkeit der Verse, weit übertroffen worden. Ja diese Zärtlichkeit geht zuweilen so weit, daß man deswegen die allerelendesten Reime, die nur etwas ungezwungen fließen, bey aller ihrer Unvernunft und Niederträchtigkeit der Gedanken, für schön; und hingegen, bey einer kleinen Härte des Ausdruckes, die schönsten Ge dichte großer Meister für elend und mager ausruffet. Wie ich aber iko denen hier das Wort nicht reden will, die in der Rauhigkeit des Ausdruckes eine Schönheit suchen; sondern ihnen immer mit dem Horaz zuruffe:

Non fatis eft, pulchra effe poemata; dulcia funto! so kann ich auch deren Geschmack nicht verwerfen, die lieber ein angenehm fließendes, als ein gezwungenes Gedicht lesen. Habe ich also nicht Ursache gehabt, mich auch vor dem Efel der zärtlichsten Ohren zu hüten; sonderlich in einem Gedichte, daraus fie die innern Schönheiten der wahren Poesie sollen beurtheilen lernen?

Ist es mir nun darinn nach Wunsche gelungen, so trage ich keinen Zweifel, daß meine Arbeit ihren Nußen haben werde. Es ist nicht eines jeden Werk, sich mit dem Lateine der alten Poeten so bekannt zu machen, daß er seinen Horaz ohne Mühe verstehen, geschweige denn mit Luft lefen könnte. In deutscher Sprache wird er also vielen verständlicher seyn, und auch Anfänger auf einen guten Weg weisen, die sich vieleicht sonst durch üble Anführer håtten verderben lassen. Daß es bereits vielen so gegangen sey, daran ist wohl kein Zweifel: daß aber auch viele durch Horazen von ihren Jrrwegen wieder zurecht gebracht worden, das könnte ich durch mein eigen Erempel erweisen, wenn es wichtig genug wäre. Doch Benjamin Neukirch wird vermuthlich Unsehens genug haben, uns za zeigen: daß auch Leute, die bereits in ganz Deutschland für große Poeten gehalten werden, in unserer horazischen Dichtkunst noch genug zu lernen finden. Er hat solches in einem Hochzeitgedichte von sich selbst öffentlich gestanden, welches

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er 1700. allem Ansehen nach, aus Berlin nach Breslau abge schicket hat, und woraus ich hier ein paar Stellen anführen will. Es steht in seinen von mir ans Licht gestellten Gedichten a. d. 198. S.

Er ruffet gleich anfangs die Musen um Hülfe an, weil er abermals ein Gedicht nach Schlesien zu verfertigen vorhätte; dabey er denn besorgen müßte, daß es nicht mehr so gut, als die vorigen, würde aufgenommen werden.

The Musen! helft mir doch, ich soll schon wieder fingen,
Und ein verliebtes Paar in deutsche Verse bringen;
Und zwar in Schlesien. Ihr kennt dieß Land und mich),
Jhe wißt auch, wenn ihr wollt, wie sonst Budorgis sich,
Zum Theil an mir ergeßt. Iht scheinen meine Lieder
Ihm, wo nicht ganz veracht, doch mehrentheils zuwider.
Die Ursache, sagt er, wåre die Uenderung, so mit seiner Poesie
vorgegangen. Er habe aufgehöret, seinen Vers mit Musca-
tellersaft und Amberkuchen zu nähren. Es sey weder Zibeth
noch Bisam, kein Plautus, Tacitus, Seneca oder
Plato mehr darinn zu spüren; ja er habe auch so gar die
Sinnbilder gänzlich ausgemustert.

Mein Reim ist mehrentheils ganz matt und ohne Kraft:
Das macht, ich trånk ihn nicht mit Muscatellersaft,

Ich speis ihn auch nicht mehr mit theuren Amberkuchen;
Denn er ist alt genug, die Nahrung selbst zu suchen.

Zibeth und Bisam hat ihm manchen Dienst gethan:
Jht will ich einmal sehn, was er alleine kann.

Alleine? fraget ihr: Ja, wie gesagt, alleine:

Denn was ich vormals schrieb, war weder mein, noch seine.
Hier hatte Seneca, dort Plato was gesagt,

Dort hatt ich einen Spruch dem Plautus abgejagt,

Und etwan anderswo den Tacitus bestohlen.
Auf diesen schwachen Grund, ich sag es unverholen,
Baut ich von Versen oft ein ganzes Götterhaus,
Und ziert es noch dazu mit Sinnebildern aus.

Darauf sagt er, daß ihm alle diese Pußwerke ißo ganz lächerlich vorkamen, ungeachtet sie sonst viel hundert Leser verblendet, und ihm selbst viel Ruhm gebracht hätten. Man håtte ihn gar dem großen Opitz vorgezogen, den er doch noch niemals håtte erreichen können.

Wie oftmals muß ich doch der abgeschmackten Sachen,
Wenn ich zurücke seh, noch bey mir selber lachen!
Gleichwohl gefielen sie, und nahmen durch den Schein,
So schlecht er öfters war, viel hundert Leser ein.

Ha! schrie man hier und dar: vor dem muß Opiß weichen!
Ja, dacht ich, wenn ich ihn nur erstlich könnt erreichen.
Den Willen hått ich wohl. So wie ich es gedacht,
So ist es auch geschehn. Ich habe manche Nacht,
Und manchen Tag geschwißt: allein ich muß gestehen,
Daß ich ihm noch umsonst versuche nachzugehen.

Endlich bricht er in den feurigen Ausdruck aus, der uns die
Quelle anzeiget, daraus diese merkliche Veränderung seines
Geschmackes in der Poesie hergeflossen. Es heißt:

O grausamer Horaz! was hat dich doch bewegt,
Daß du uns so viel Last im Dichten auferlegt?

So bald ich nur dein Buch mit Wiß und Ernst gelesen,
So ist mir auch nicht mehr im Schreiben wohl gewesen.
Vor kamen Wort und Reim; ist lauf ich ihnen nach:
Vor flog ich Himmel an; iht thu ich ganz gemach.
Ich schleiche wie ein Dachs aus dem Poetenorden,

Und bin mit größer Müh noch kaum dein Schüler worden.
Kommt, sprech ich oftermals, Gold, Marmel und Porphyr!
Nein, denk ich wiederum, flieht, fliehet weit von mir:
Ihr seyd mir viel zu theur, bey diesen schweren Jahren;
Ich habe jung verschwendt, ich will im Alter sparen.
Wie viel Schüler würde nicht Horaz noch bekommen, wenn
alle deutsche Poeten, die dessen bedürftig wåren, dem Exempel
dieses wackern Mannes folgen wollten!

Die kleinen Anmerkungen, die ich unter den Text gesehet, werden vermuthlich nicht ohne Nußen seyn, und in mancher Sache ein gutes Licht geben. In Versen lassen sich nicht alle Alterthümer so erklären, daß man sie sattsam verstehen könnte, wenn man von der Zeit des Scribenten fast ein paar tausend Jahre entfernet ist. Gelehrtere Leser, die derselben nicht nöthig haben, können sie nach Belieben ungelesen lassen : wie mans mit den lateinischen Noten ben alten Scribenten zu machen pflegt, wenn man darinn schon geübt ist. Ich habe meinen Zweck völlig erreichet, wenn nur Anfänger meinen Poeten daraus etwas besser verstehen lernen. Q. HO

A 5

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H

AD PISONES.

umano capiti cervicem pictor equinam

Iungere fi velit, & varias inducere plumas,
Undique collatis membris; ut turpiter atrum

Definat in pifcem mulier formofa fuperne:
Spectatum admiffi rifum teneatis amici!
Credite, Pifones, ifti tabulae fore librum
Perfimilem, cujus, velut ægri fomnia, vana
Fingentur fpecies: ut nec pes, nec caput uni
Reddatur formæ. ,, Pictoribus atque poëtis

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Scimus, & hanc veniam petimusque damusque viciffim:
Sed non ut placidis coëant immitia; non ut
Serpentes avibus geminentur, tigribus agni.
Incaptis gravibus plerumque & magna profeffis
Purpureus, late qui fplendeat, unus & alter
Affuitur pannus; cum lucus, & ara Dianæ,

1. Fürwahr ein artig Bild! Diese Worte hat der Grundtert nicht. Horaz fångt gleich an, sein Gleichniß von einem seltsamen Gemälde vorzutragen. Allein da sichs im Deutschen nicht in einen einzigen Saß bringen Ließ, und also zertrennet werden mußte; so macht dieser Anfang den Leser aufmerksam, und sagt ihm kurz, was er zu gewarten habe.

2. Des Malers. Die alten Ma ler pflegten ihre neuverfertigte Stücke zur öffentlichen Schau auszustellen, um die urtheile der Vorbeygeben den darüber zu vernehmen. Die Historie vom Apelles und dem Schus ster, ist bekannt. Wer nun so was

Et

ungereimtes gemalt hätte, der würde gewiß aller Welt zum Gelächter geworden seyn.

3. Schrift. Eigentlich ein Buch; aber nach alter Art: da auch ein klei nes Gedichte, auf eine eigene Rolle geschrieben, ein Buch beißen konnte. Dieses Gleichniß kann zwar auch von ungebundenen Schriften gelten; dar: inn oftmals eben so wenig Zusammena hang, Ordnung und Geschick, als in einem solchen Bilde zu finden ist. Allein Horaz redet bier hauptsächlich von Voesien, sonderlich vom Heldengedichte und den Schauspielen, die mit einer besondern Kunst angeordnet werden müssen.

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II

Horaz

Von der Dichtkunst,
an die Pisonen.

ürwahr, ein artig Bild! (1) Es steht ein Menschenkopf
Auf eines Pferdes Hals. Den dicken Vogelkropf
Bedeckt ein bunter Schmuck von farbigtem Gefieder:
Hernach erblicket man verschiedner Thiere Glieder.

Von oben zeigt ein Weib ihr schönes Angesicht,

Von unten wirds ein Fisch. Ihr Freunde, lacht doch nicht!
Wir wollen mit Geduld des Maters (2) Thorheit schonen.
Indessen glaubet mir, ihr trefflichen Pisonen,

Dafern mein Wort was gilt: daß eine tolle Schrift, (3)
Wo weder Haupt noch Schwanz geschickt zusammen trifft,
Und nicht mehr Ordnung herrscht, als wann ein Kranker träumet,
Sich unvergleichlich wohl zu solchem Bilde reimet.

Ich weis wohl, was man glaubt. Man spricht (4) und bleibt dabey:
Ein Maler und Poet folgt seiner Phantasey;

Er kann sich seiner Kunst nach eigner Luft bedienen,

Und sich durch Geist und Wih, was ihm beliebt, erkühnen.
Ganz recht, ich geb es zu, (5) und mach es selber so:
Allein man mische nie das Fener in das Stroh;

Kein Tyger zeug ein Lamm; kein Adler hecke Schlangen.
Doch manches Dichters Schrift wird prächtig angefangen,
Man schmückt sie hin und her mit Edelsteinen (6) aus,
Beschreibt Dianens Hayn, Altar und Götterhaus,

4. Man spricht. Dieß ist die Meynung derer, die ihren Einfål: len gern alles erlauben, und sich einbilden, die poetischen Sachen wå ren ganz willkührlich. Daher pileget man sich vergebens auf diese Stelle zu berufen, wenn man was ungereimtes entschuldigen will: PiAtoribus atque etc. Dieß sind nicht Horazens, sondern eines Stümpers Worte.

15. Ich geb es zu 2c. Dacier will
in seinen Anmerkungen über diese
Stelle dieses wären nicht Horazens
Worte, fondern er habe sie im Na-
men seines Gegners vorgebracht.

Ents

Allein ich sehe nicht, warum? Horaz konnte wohl sagen: Ein Poet habe Macht, nach Belieben zu dichten; da er so gleich die Bedingung hinzufest, daß es nur nicht wider die Wahrscheinlichkeit laufen müsse.

6. Mit Edelsteinen. Ich hätte auch Purpurßtreifen sehen können,welches dem Grundtexte näher kömmt: aber wegen der alten Art der römifchen Kleidung, die bey uns nicht mehr bekannt ist, habe ichs lieber so gemacht. Denn es ist nur auf einen übelanges brachten Zierrath angesehen. Dazu müssen nun unsern Voeten fenderlich die Diamanten und Rubinen, Schma

ragden

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