keines Beweises. Man darf nur Zieglers und Lehms biblische Heldenliebe nachschlagen, so wird man sehen, daß sie ihren Meister nicht nur erreichet, sondern oft übertroffen haben. Z. E. Wenn Adam an die Eva schreibt, so redet er von Mordtrompeten, von der Tugend Lorberreis; von der Sichel scharfer Sorgen; ja von Gift, Gicht, Pest, Fieber, Leichen, Tod und Hölle: die er gewiß im Stande der Unschuld nicht kannte. Und wie klingt folgendes? Es darf kein harter Stahl viel tiefe Furchen ziehen, Das segenreiche Feld trågt ungedungte Frucht. Es darf sich keine Hand bis auf den Schweiß bemühen, So Feld als Baum und Thier steht in bestallter Zucht. Das holde Paradies schafft tausend Lieblichkeiten, Der Blumen Ambra schenkt den lieblichsten Geruch. Der Tuberrosen Kraft will Tulp und Klee bestreiten, Der Wiesen bunte Pracht, ist ein gesticktes Tuch. Wo Ros und Lilien und Hiacynthen spielen, Wo Nelken und Jasmin, Narzissen, Majoran, Durch das beperkte Gras nach Aug und Sinnen zielen, Da man den stolzen Fuß auf Rosen sehen kann. Wo hat doch Adam alle solche neue Begriffe herbekommen? Wenn ja Fräulein Eva den stolzen Fuß bis auf die Höhe eines Rosenstorkes håtte heben wollen; so wurde es sich doch mit ihren zarten und bloßen Füßen, sehr unsanft auf die Dornen ^ desselben getreten haben. Noch viel årger aber hat es sein Fortseher Lehms gemacht, so daß ich nicht einmal etwas zur Probe anführen mag. 9. §. Amthor ist auch in dieser Art so glucklich nicht, als in andern Gedichten. Die prachtige Schreibart klebte ihm gar zu sehr an, so, daß er sich nicht herunter lassen, und einen zärtlichen Affect in einem niedrigen Ausdrucke vorstellen konnte. Wir dörfen nur die Elegie ansehen, die er auf den Tod seiner ersten Ehezattinn geschrieben, die gewiß das unnaturlichste Klagegedicht ist, so ich gelesen habe: Ich Spiel! ich Ball des Glücks! was muß ich nicht erfahren? Ich lerne schon so viet bey vier und zwanzig Jahren, Die Tugend heißt mich noch auf frischen Rosen gehen, 1 Schon bey der Morgenzeit zum Abend abwärts gieng? Reißt eure Tyranney mir auch den Baum von hinnen, Der meinem siechen Leib noch etwas Schatten gab? Sag an, getheiltes Herz, was wirst du nun beginnen? Befeucht dein halber. Theil doch schon das finstre Grab. с. Sind das nicht ampullæ und sesquipedalia verba, so weis ich in der That keine zu finden. Der Poet hat sein Gedicht Liebeschrånen genennet; aber mich dunkt, es sind sotche, davon Kaniz geschrieben: Geußt solche Thränen aus, die lachenswurdig scheinen, Und aus diesen Erempeln der Schreibart, die sich für die Elegie nicht schicken, wird man leicht urtheilen, was man für eine Behutsamkeit dabey zu gebrauchen habe. 10. §. Wegen des äußern habe ich nur noch zu erinnern, daß man sich bemühen musse, so viel möglich, einer jeden Zeile einen vollkommenen Verstand zu geben; oder doch wenigstens in zwoen, denselben völlig vorzutragen. Sollte aber auch dieses zuweilen nicht angehen: so muß doch an der vierten Zeile ein Schlußpunct kommen, der dem ganzen Sake ein Ende macht. Denn es klingt überaus widrig, wenn sich die Rede erst in der fünften Zeile endiget: wie man ! ! man aus folgendem Erempel Johann Frankens, wird So hast du auch nunmehr, du Wonn und Zier der (Deinen, Jüngst gute Nacht gesagt. Wie leicht håtte der Poet diesen Uebelstand vermeiden kön So eilst du auch nunmehr aus dieser Eitelkeit! håtte sehen, und die fünfte Zeile mit einem neuen Sahe an 11. §. Zum Beschlusse merke ich noch an, daß man die Vergönne mir mein Freund, daß ich dir etwas stifte, : Das långer dauren soll, als Erzt und Marmelstein;. Du 1 Du wirst des Fürsten Rath im allerhdchsten Orden, Den dir Verdienst und Wunsch schon lange zuerkannt. ic. Ich sehe wiederum zum Beschlusse des Boileau Regeln von Dieser Materie hieher: Mit einer etwas höhern Sprache, (schreibt er in seiner Dicht= kunst,) die doch aber nicht verwegen ist, weis die klagende Elegie, in langen Trauerkleidern, mit zerstreueten Haaren, unter einem Sarge zu seufzen. Sie malet die Freude und Betrübniß der Liebenden; sie schmäuchelt, drohet, reizet und besänftiget eine Geliebte. Allein, um diesen glücklichen Eigensinn recht wohl auszudrucken, ist es nicht genug, daß man ein Dichter sey, man muß auch verliebt seyn. Ich hasse die eiteln Dichter, deren gezwungene Muse mich mit einem allezeit kalten und erstorbenen Feuer ergehen will; die sich aus Kunst betrüben, und sich mit gesättigten Sinnen, nur des Reimens wegen, zu erhitzten Liebhabern aufwerfen. Ihre schonsten Entzuckungen sind nichts als leere Wortfügungen. Sie können gar nichts, als sich beständig mit Ketten schleppen, ihre Marter verehren, ihre Gefangenschaft segnen, und die Leidenschaften wider die Vernunft zu Felde liegen lassen. Es war ja vorzeiten ein solcher lächerlicher Ton nicht, in welchem die Liebe einem Tibullus die Verse vorsagte; oder mit welchem Ovidius die süßen Töne stimmte, und die reizenden Lehren seiner Kunst ausschrieb. Das Herz allein muß in der Elegie reden. Des I. Abschnitts XIII. Hauptstuck. Von poetischen Sendschreiben oder Briefen. 1. §. o gut andere Leute in ungebundener Rede an einander schreiben können; so leicht kann ein Poet solches in gebundener Schreibart thun. Wie es aber dort eine besondere Kunst ist, ein schönes Schreiben abzufassen: so ist es auch nicht eines jeden Werk, einen guten poetischen Brief zu machen. Ja in gewisser Absicht ist dieses noch schwerer. In prosaischen Briefen macht man zuweilen lauter Compli= menten und unnuke Umschweise in Worten, die durch die Höflichkeit eingeführet worden. Man schreibt auch oft von nöthigen Angelegenheiten und Hausgeschäfften, die sonst niemand wissen mag oder soll, als den sie angehen. In der Poesie aber würde es lächerlich seyn, solche Briefe zu schreiben. Sie müssen allezeit gewisse Materien betreffen, die allerley Lesern nüßlich und angenehm seyn können. Sie complimentiren daher nicht viel; sondern gehen gerade zu: daher es denn auch kommt, daß man in Versen alle Titel und Ehrenworte der vornehmsten Personen zu vermeiden pflegt. Die deutschen Poeten haben auch überaus wohlgethan, daß sie, in den Anreden an die vornehmsten Leute, sich, nach alter Art, das edle Du vorbehalten haben, welches die prosaischen Scribenten gar nicht mehr brauchen dorfen. -2. §. Die alten Römer und Griechen haben uns sehr schöne Muster solcher Briefe hinterlassen. Einen guten Theil davon haben wir schon im vorigen Hauptsticke, unter den Elegien betrachtet: es ist aber noch eine andere Art übrig, die eine besondere Abhandlung verdient. Dort herrschte, nach dem Character der Elegie, ein zärtliches und trauriges 1 Wesen: 1 1 1 1 |