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Hineln gelockt zu seyn; wenn es an Feyertagen (85)
Den Gottesdienst vollbracht, und dann bey Saufgelagen,
Sich toll und voll gezecht. So fieng das Lustspiel an.
Doch wagt sich unter uns ein neuer Dichter dran: (86)
So muß er seinen Scherz und sein satirisch Lachen
Nicht frech und regellos, vielmehr so klüglich machen;
Daß, wenn ein Gott, ein Held (87) sich auf der Bühne zeigt,
Der Gold und Purpur trägt, und kaum vom Throne steigt;
Sein Mund sich weder ganz zum tiefsten Pöbel neige,
Noch gar zu voller Schwulst die Wolken übersteige. (88)
So chrbar eine Frau, (89) wenn sie ein hohes Fest,
Nach unsrer Stadt Gebrauch, zum Tanze rufen läßt,
In ihrem Reihen geht: so pflegt sich bey Satyren
Das hohe Trauerspiel ganz schamhaft aufzuführen.

Wenn ihr denn selbst einmal ein solch Gedichte schreibt: (90)
So denkt nicht, daß ihr nur bey schlechten Worten bleibt,
Bey Namen stolzer Art, von Königen und Kronen,
Die sonst kein Puß erhöht; ihr trefflichen Pisonen!
Auch unterscheidet sich mein Reim vom Trauerspiel,
Im Ausdruck nicht so sehr; als wår es mir gleichviel, (91)
Ob Davus etwas sagt? ob Pythia gelogen,
Die Simons schnöden Geiz um ein Talent betrogen?

Schauspieler verliert viel von seiner
Hochachtung, wenn er gleich wieder ei
nen Lumpenkerl vorstellet. Siehe des
Zuschauers 446. Blatt.

88. Sich weder 2. noch 2c. Die Schreibart in dieser Art von Schau: spielen soll das Mittel halten; weder pobelhaft und niederträchtig, noch gar zu bochtrabend und aufgebläsen seyn. Die Römer batten noch Fabulas Tabernarias, da auf der Bühne die Hütten schlechter Leute vorgestellt worden, und worinn lauter schlechte Leute auftra: fen, die ganz gemein redeten. Zwischen diefen und den tragischen Ausdrückun gen sollen die atellanischen Fabeln das Mittel halten.

89. Se ehrbar eine Frau. Dick Gleichniß ist überaus geschickt, das obige zu erläutern. Eine Matrone mußte zwar an Festtagen tanzen; aber ganz ehrbar; nicht so luftig, als junge Mägdchen, die sich recht ergehen wollten. So follte auch diese Art von Tragödien sepn. Es waren aber nur gewisse Feste, da die Frauen in Rom den Göttern zu

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Ehren tanzen durften, und sie wurden von den Priestern dazu gewählet. Das heißt moveri juffa.

90. Ein solch Gedicht. Im Grundterte Satyrorum Scriptor, ein Schreiber solcher satyrischen Gedichte, oder solcher atellanischen Tragikomödien. Dieß giebt allen Nachspielma chern eine treffliche Regel. Sie sollen nicht grob, båürisch und gemein reden; sondern auch das Nachspiel hat seinen Adel im Ausdrucke. Z. E. Euripides in dem Cyklops, einem satyrischen Stücke, läßt den Ulysses durch den Sis lenus fragen: Weil ihr nun die schöne Helena aus Troja wiedergeholet, habt ihr sie nicht alle ein wes nig lieb gehabt, weil sie doch ohnedem ihre Männer gern wechseln mag? Was für Boten hätte da nicht ein heutiger Possenreißer einem solchen Satyr in den Mund geleget?

91. Als war es mir gleich viel. Der Character der Personen muß doch in Acht genommen werden: und wenn gleich in der Tragödie alles erhaben

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und

An cuftos, famulusque dei Silenus alumni.
Ex noto fictum carmen, fequar, ut fibi quivis
Speret idem, fudet multum, fruftraque laboret
Aufus idem: tantum feries, juncturaque pollet;
Tantum de medio funtis accedit honoris!

Silvis deducti caveant, me judice, Fauni,
Ne, velut innati triviis, ac pæne forenfes,
Aut nimium teneris juvenentur verfibus unquam,
Aut immunda crepent, ignominiofaque dicta.
Offenduntur enim, quibus eft equus, & pater,
Nec fi quid fricti ciceris probat, & nucis emtor,
Equis accipiunt animis, donantve corona.

& res:

Syllaba longa brevi fubjecta, vocatur ïambus, Pes citus: unde etiam trimetris accrefcere juffit. Nomen fambeis, cum fenos redderet ictus. Primus ad extremum fimilis fibi; non ita pridem, Tardior ut paullo, graviorque veniret ad aures, Spondæos ftabiles in jura paterna recepit.

und edel klingen foll; so muß doch der Knecht Davus nicht so reden, wie By: thia, die in Lucils Komödie einen alten Simon ums Geld gebracht; vielweniger,vie Silenus selbst,des Hottes Bacs chus Hofmeister, der im Trunke auch wohl eine Zote init unterlaufen ließ.

92. Viam cewas wahrem. Die da: maligen Porten mochten sich in den atellan schen Tragödien eben die Frey heit nehmen, die in Komödien gilt, und ihre Fabeln nicht aus der Historie zie: hen. Aber Horaz will, man soll es eben fo, wie mit andern tragischen Fabeln machen, die am besten sind, wenn sie aus den Geschichten gezogen worden. Davon gehen unsre Nachspiele sehr ab.

93. So viel kömmt 26. Dieses han

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delt nicht von der Schreibart, fondern
von der Einrichtung eines Schauspie-
Ics: weselbst die artige Verknüpfung
der Begebenheiten auch gemeine und
bekannte Sachen beliebt macht, und
ihnen ein neues Ansehen giebt.

94. Wehmt. Horaz kömmt noch einz
mal auf die Mittelstraße, die in satiri-
schen Schauspielen wegen des Ausdru-
ces beobachtet werden soll. Die gar zu
große Zierde und Zärtlichkeit der da
maligen Römer schickte sich nicht für
die Satyren, die vom Lande hergeholet
waren; aber auch keine Unflatereyen,
die gewiß in üppigen Städten cher, als
auf dem Lande bey derEinfalt gefunden
werden. Virgil ist in seinen Schäfer-
gedichten so keusch, daß er nicht einmal

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Ob gar der båurische verlebte Greis Silen,
Der sich geschickt erwies, dem. Bacchus vorzustehn,
Sich redend hören läßt. Ich werde zwar was dichten;
Doch meine Fabel stets nach etwas wahrem richten, (92)
Das jeder kennt und weis. Ein jeder, der es sieht,
Wird glauben: es sey leicht. Doch wenn er sich bemüht,
Mir wirklich nachzugehn, wird er vergeblich schwitzen,
Und bey dem größten Fleiß umsonst darüber sißen.
So viel kömmt auf die Art und die Verbindung an; (93)
Indem die Fügung auch was schlechtes adeln kann.

Nehmt (94) euch auch wohl in acht, ihr Künstler in Satyren!
Sie nicht nach Römerart ganz artig aufzuführen,
Wie sonst die Zärtlichkeit der edlen Jugend spricht.
Doch überhäuft den Vers mit schnöden Fraßen nicht;
Schreibt niemals årgerlich, und lernt das Lästern meiden:
Den Unflath kann kein Mensch von gutem Stande leiden;
Kein züchtiges Gemüth, das Ehr und Tugend liebt.
Denn ob der Pöbel euch gleich seinen Beyfall giebt, (95)
Wird doch ein edler Geist euch allezeit verhöhnen,
Und eure Scheiteln nie mit Lorberzweigen krönen.
Ein Jambus heißt vorlängst in unsrer Kunst ein Fuß,
Da eine Sylbe kurz, die andre lang seyn muß.

Er fließt ganz schnell und leicht: daher man solchen Zeilen,
Darinn er sechsmal klappt, den Namen läßt ertheilen,
Daß man sie dreyfach nennt. (96) Von Anfang hat er sich
Mit andern nicht vermischt: nur neulich aber wich
Derselbe hier und dar den langsamen Spondåen,
Um desto männlicher damit einherzugehen. (97)

feinen Silenus etwas anstößiges fagen läßt. Er verspricht seinen Zuhörern,die gern Verse hören wollten, was vorzu, singen; seiner Nymphe Aegle aber, et: was anders zur Belohnung: Carmina quæ vultis, cognofcite; Carmina vobis; (fcil. dabo) Huic (fcil. Aeglae) aliud mercedis erit. Wie hätte er sich hier züchtiger ausdrücken sollen? Un fere neuern Dichter würden hier grobe Zwendeutigkeiten gemacht haben.

95. Der Pöbel. Fricti ciceris aut nucis emtor. Man verkaufte in Rom gekochte Erbsen und gebratne Nüffe, oder vieleicht Castanien: und diese kaufte wohl auf der Gaffe nur das gemeinste Volk. Solche Leute liebten damals auch die unflåtighten Vossen;

Doch

aber die Vornehmern hatten einen beffern Geschmack.

96. Dreyfach. Der Jambus ist ge= schwinde in der Aussprache; denn die erste Sylbe ist kurz, und man fällt alsofort mit dem Accente auf die andere. lange. Sechsfüßige Jamben, hießen also dreyfache; weil man gleichsam zween Jamben zusammen nahm, urd als einen gedoppelten Fußzählete. Im Deutschen gehen unsre sechsfache Jams ben so geschwinde nicht von der Zunge; weil unsre Sprache zu viel Mitlauter hat, die ben den kurzen Sylben sowohl, als ben den langen häufig vorkommen.

97. Desto männlicher. Die Sponz dåen klingen freylich männlicher, weil sie aus zwo langen Sylben beßchen: € 4

und

Commodus & patiens; non ut de fede fecunda
Cederet, aut quarta focialiter. Hic & in Acci
Nobilibus trimetris apparet rarus, & Enni.
In fcenam miffos magno cum pondere verfus,
Aut operæ celeris nimium, curaque carentis,
Aut ignoratæ premit artis crimine turpi.

,, Non quivis videt immodulata poëmata judex:
,, Et data Romanis venia eft indigna poëtis.
Idcircone vager, fcribamque licenter? an omnes
Vifuros peccata putem mea, tutus, & intra
Spem veniæ cautus? Vitavi denique culpam,
Non laudem merui. Vos exemplaria Græca
Nocturna verfate manu, verfate diurna.

At noftri proavi Plautinos & numeros, & Laudavere fales: nimium patienter utrumque,

und daher haben die lateinischen Poe: ten gemeiniglich etliche derselben unter ihre Jamben gemischt. Im Deutschen ift es uns auch so ungewöhnlich nicht, daß wir manche langeSylbe da dulden, wo eigentlich eine kurze stehen sollte; daraus an ftatt des Jambi ein Spon: daus entsteht. Rechnen dieses einige unter die poetischen Freyheiten: so könnte man es zuweilen gar für eine Schönheit halten: wenn sie nur auf die von dem Horaz angewiesene Stelle tommen, als wo sie am erträglich ften sind. Dich ist wohl zu merken.

98. Man spürt ihn. Nämlich den Epondaus; aber nicht so regelmäßig und auf den gehörigen Stellen. Ja die se alten Voeten haben wohl zuweilen ganze spondaische Zeilen, darinn nur der leste Fuß jambisch ist, unter ihre, Jamben fließen laffen: nicht anders,

Ne

als es unsere alte Meistersånger gemacht, auch wohl einige neuere noch thun, welches aber ihre Verse rauh und hart machet; gefeßt, die Gedanken wären noch so schön. Gewisse Grillenfånger wollen wohl gar eine Schönheit in solchen stolpernden Versen finden.

99. Zurichten. Dieses müssen sich die Kunstrichter gewiffer Landschaften gefagt fenn laffen, deren Sprache so rauh ist, daß sie von dem Wohlflange gar keinen Begriff haben. Sie loben oft, was einem zarten Ohre unerträglich klingt, Schnitzer wider dieSprachkunft.

100. Mehr als tadelfrey. Horaz will nicht nur untadelhafte Verse schreiben; sondern er will auch Lob ver dienen. Keine Schnißer wider die Regeln machen, das ist gut, und nothwendig: aber es macht noch keinen Voeten. Es gehört weit mehr dazu. Was würde

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Doch so gefällig er in diesem Stücke war;

So wich er doch nicht ganz. Das zweyt und vierte Paar
Der Sylben hat er sich beständig vorbehalten."

Man spürt ihn auch bereits in mancher Schrift der Alten. (98)
Es hat ihn Accius und Ennius gebraucht:
Hingegen wem es ist was ungemeines daucht,
Den Jamben gar zu viel Spondåen einzumengen,
Als wenn sie prächtiger auf unsern Bühnen klången :
Da dächt ich, daß man sie gewiß in Eil gemacht,
Wo nicht, doch an die Kunst der Musen nie gedacht,
Die Regeln nie gelernt.,, Von Liedern und Gedichten,
" Weis nicht ein jedes Ohr, wie sichs gebührt, zu richten. (99)
,, Wie mancher Stümper hat, ohne alle Kunst und Fleiß,

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Ben unserm Römervolk der Dichtkunst hohen Preis

"Bisher gar oft erlangt!" Sollich deswegen hoffen,
Es stehe mir der Weg zu jeder Freyheit offen?

Soll ich verwegen seyn, weil irgend niemand sieht,
Wie oft mein Kiel gefehlt? und wenn das gleich geschicht,
Dieweil man mir auch dann die Fehler leicht vergiebet?
Fúrwahr! so denkt kein Geist, der Ruhm und Ehre liebet;
Und ich verlange mehr, als tadelfrey zu seyn. (100)

:

Ihr Freunde, blåttert doch bey Sonn und Mondenschein,
Bey Tage, wie bey Nacht, der Griechen alte Schriften: (101)
Denn diese werden euch den schönsten Vortheil stiften.

Hat unfrer Väter (102) Mund des Plautus Scherz und Kunst Im Lustspiel sehr gelobt; so wars aus blinder Gunst. (103)

Horaz von der Menge unserer Vers: macher sagen, die es zum höchsten so weit bringen, daß man nichts sonderliches an ihren Versen tadeln kann? Wir werden hernach noch was von mittelmäßigen Poeten finden.

101. Der Griechen. Was bey den Römern die Griechen waren, das sind für uns iso die Franzosen. Diese haben uns in allen großen Gattungen der Poe: fie fehr gute Muster gegeben, und sehr viel Discurse, Censuren, Kritiken und andere Anleitungen mehr geschrieben, daraus wir uns manche Regel nehmen Fönnen. Ich scháme mich nicht, unsern Nachbarn in diesen Stücken den Vorzug zu geben; ob ich gleich meine Lan: desleute in andern Stücken ihnen vorsiebe. Aber die alten Griechen und Römer sind uns deswegen nicht verbothen: denn ohne sie hätte uns Opig

Man

nimmermehr eine so gute Bahn zu brechen vermocht. Aus Lesung der Alten ist er ein Poet geworden; und wer ihm nicht folget, der wird es nimmermehr werden.

102. Zwar unsrer Våter. Eigents lich unserer Altvåter 2c. Dacier meynt, dieses sey ein Einwurf,den die Pifonen, oder sonst jemand, dem Poeten gemacht: weil Horaz, als eines Frenge lassenen Sohn, dieses von sich nicht fas gen können. Allein was brauchts dieser Schärfe im Reden? Horaz war ein Rdmer, also konnte er ja alle alte Ein» wohner seiner Stadt, feine Vorfahren nennen; zumal da er nicht sagt, mei ne Vorvåter, sondern unfre.

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103. Aus blinder Gunst. Horaz erkühnt sich seiner ganzen Vaterstadt ein unrichtiges Urtheil vorzuwerfen. Plautus ist im Sylbenmaaße sehr uns

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richtig:

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