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Gotter.

Gotter.

Nicht bloß in der dramatischen Dichtkunst, seiner Liebs lingssphäre, hat sich der Gothaische Legationsrath Friedrich Wilhelm Gotter, geb. 1746, mit vielem gerechten Beifall hervorgethan; auch durch seine übrigen, jezt von ihm gesammelten, Poesieen verdient er unter unsern bessern heus tigen Dichtern eine ausgezeichnete Stelle. Man findet in dem ersten Bande einige schöne Episteln, von welchen ich die trefflichste, über die Starkgeisteret, gewählt hatte, wenn ich nicht des Raums schonen müffte. Aber auch in der fol genden ist der herzliche Ton, und die Sprache des innigsten Gefühls und der edelsten Gesinnung, mußterhaft.

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Freund, welcher Nordwind, schwarz vom Gifte,

Giesst seines Aushauchs bange Düfte

Auf deines Lebens schönste Zeit,
Und raubet dem verwelkten Herzen
Den Eifer und die Thårigkeit?
Tief wütende, geheime Schmerzen
Zernagen langsam deine Kraft,
Dein ganzes Triebwerk ist erschlafft.
Du denkst zerrissene Gedanken
Durchkreuzen sich, von Troste leer.
Du gehst, und deine Schritte wanken,
Und hinter dir hinkt Reue her.
Verlaßen, scheu, dich selbst verzehrend,
Durch nichts zum Leben angefacht,
Am Morgenroth die Nacht begehrend,
Noch matt von der, die du durchwacht,
Gleichgültig wenn ein Tag verloren,

Bor

Bor jedem neuen Tage bang;
Berzeihe meines Herzens Drang,
O, du, vor allen mir erkohren!
Und lausche mit geneigten Ohren
Der Freundschaft tröstendem Gesang,
Dem Rath, den die Vernunft geboren!

Und du, die mit gelinder Hand
Mir tiefe Wunden oft verband,
O Göttin! Wohlthun ist dein Name
Freundschaft! jeder Tugend Saame!
Du, unsers Wesens bester Theil,
Erhabne Leidenschaft des Weisen!
Dir fleh' ich, deine Macht zum Heil
Des besten Mannes zu beweisen!
O! låchle mir Erhörung zu,

Daß wir dich Schöpferin der Ruh,
Und Schußgöttin des Lebens preisen!
Ein Herz, das lang' im Stillen litt,
Mit Schwachheit und mit Irrthum stritt,
Gern weihst du es zum Heiligthume,,
Bewährest dich zum schönern Ruhme,
Gern unter Leidenschaften groß.
In gifterfüllter Kräuter Schoos
Blüht so die edle, kleine Blume.
Fort aus der Freundschaft Heiligthume,
Ihr Stolzen, deren kalte Brust
Nicht brüderliche Nachsicht nähret,
Die ihr aus Furcht nur Tugend ehret,
Und schuldlos bleibt, weil keine Lust
Das matte Blút in euch empdret!
Das Paar der ersten Freunde war
Gewiß ein unglückseligs Paar;
Zwei Seelen ihres Daseyns müde,
Durch gleiche Leiden sich verwandt,
Bon gleicher Neigung lang' entbrannt;
Sie fanden sich, und fanden Friede,
Und schlangen schmelzend Arm in Arm,
Und trauten, von Empfindung warın,

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Gotter. Sich ihres Herzens tiefste Schwäche
Und mischten ihre Thrånenbäche,

Und drückten sich, zum ew'gen Bund,
Der Treue Kuß auf ihren Mund..
Folg' ihrem Beispiel! Laß uns weinen!
Laß meine Wehmuth mit der deinen
In lauten Klagen sich vereinen!
Wie? hat des Schicksals Tyrannei
So gar die Thrånen dir entriffen?
Weh dir! Auch ihren Trost zu missen !
Du grånzest an den Finsternissen
Unheilbarer Melancholei.

Auf! sprenge dieses Schlummers Bande,
Der deinen Geist gefesselt hält.
Wer leidet, ist noch auf der Welt.
Fühllosigkeit schwebt schon am Rande
Der Gruft. O, brich, wie ein Volkan,
Nach dumpfer Stille, los. Es schlage
Des Unmuths Flamme himmelan!
Es übertaube deine Klage
Den Sturmemporten Ocean!
Verzweifle! Fluch' im bittren Wahn,
Dem milden Vater deiner Tage

Der ganzen Welt! Ja schon' im Grimm
Selbst meiner nicht! Dein Ungestüm,
Er wird mich schmerzen nicht erschrecken.
Doch dieser Zustand stråubt mein Haar.
Er ist der Gipfel der Gefahr,

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Den schon des Todes Schatten decken;
Wo unser Geist, durch nichts erfrischt,
Verschmachtend in sich selbst erlischt.
Den Steuermann, seit langen Jahren
Mit den unzähligen Gefahren
Der ungetreuen See vertraut,
Ihn, den vor Stürmen nicht mehr graut,
Verlässt der Muth, wenn Todtenstille
Den Aether füllt, das Schiff erstarrt,
Und Kunst, und Fleiß und guter Wille
Unthätig auf Befreiung harrt,

Der

Gotter.

Der West das schlaffe Seegel tühlet,

Und matter Schaum das Nuder spület.
Erfahner Eifer, weiser Muth

Bestehen, ohne feiges Zittern,

Den Kampf mit Stürmen und Gewittern.
Sie sind die Bilder unsrer Wuth;
Ihr Toben schweigt, es sinkt die Fluth,
Und bei des jungen Morgens Helle,
Entdeckt des Bootmanns wacher Blick
Das nahe Land, und preist sein Glück.
So rissen Fehler, Unglücksfälle
Ein edles Herz von Tugend los;
So wirft selbst der Verzweiflung Welle
Es wieder oft in ihren Schoos.

Glaubst du, der Menschheit Elend drücke
Nur dich? (Oft ists der Selbstsucht Wahn.)
O sieh mit unbefangnem Blicke
Die Menschen, deine Brüder, an.
Sie kämpfen alle, leiden, klagen;
Der glücklichste hat seine Plagen,
Der Freiste seine Sklaverei;
Der eine wirklich; andre zagen
Vor Schrecken ihrer Phantasei.
Es sehn, es hören alle Zonen

Des Kummers Spur; der Schwermuth Ach!
Monarchen weinen hoch auf Thronen,

Der Landmann unterm Hüttendach!

Oft fließet die geheime Thräne

Bei eines Grabes dunkler Scene,
Von Menschenaugen ungesehn;
Oft wird sie grausam stark ersticket;
Die selbst, die kaum das Licht erblicket,
Beweinen, daß sie es gesehn.

Doch, Freund, in diese Saat von Kummer

Ift auch Vergnügen eingestreut;

Der Hoffnung Reiz, der süße Schlummer,
Der Trost erhabner Zärtlichkeit,

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Gotter. Was lehrten fie uns nicht vergessen?
Nein, ganz an Freuden arm ist nie
Das Loos, dem Staube zugemessen.
Der Himmel schenkte dir Genie;
Genie, sein seltenstes Geschente,
Er hat dich nicht voll schwarzer Rånke,
Nicht zum Beherrscher einer Macht,
Nicht groß, nicht reich, nicht arm gemacht.
O dank' ihm durch ein frohes Leben.
Erkenn', erfülle deine Pflicht

Als Mensch, als Bürger, als Gemahl,
Als Bater! Jede kröne Segen.
Versuch' es! Ruhn wird deine Qual,
Der Sturm in deiner Brust sich legen.
Umsonst sucht der Sophisten, Chor
Der Tugend Samen auszurotten
Und bitter jeder Pflicht zu spotten.
Leih' ihrem Hohne nicht dein Ohr!
Gott selbst gab uns der Pflichten Bande.
Durch sie bereiten wir uns vor

Bu jenem våterlichen Lande.

Dem Frevler nur sind sie zur Last,
Thier wünscht er sich des Thieres Rast.
Voll Dankes ehret sie der Weise.
Ihm sind sie auf der dden Reise
Aufmunterung, Erquickung, Speise,
Sein leßter Wunsch wenn er erblasst.

Wer ist so tief in Schmerz versunken,

Daß auch nicht Eines Triebes Funken,
Im Innersten der leeren Brust,

Vielleicht ihm selbst noch unbewusst,

Des Hauchs der Freundschaft wartend, glimmte?

Nicht Eine Saite seiner Brust

Mit ihrem sanften Tone stimmte?

O daß ich der Beglückte sey,
Der durch die frömmste Zauberei
Dein krankes Herz unmerklich tåusche,
Und endlich, fern von eitler Pracht
Und von ermüdendem Geräusche,
In einer Laube holden Nacht,

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