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Leffing.

Und steigst du dann und wann, voll Schwindet aus
den Höhen,

Zufrieden mit dir selbst, wie hoch du steigst, zu sehen,
So kommst du, statt ins Herz, in einen Kritikus,
Der, was die Sinne reizt, methodisch mustern
muß,

Und treibst durch Regeln, Grund, Kunstwörter, Lehr-
gebäude,

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Aus Luft die Quintessenz, rektifizirst die Freude,
Und schaffst, wo dein Geschwäß am schärfßten über:

führt,

Daß viel nur halb ergözt, und vieles gar nicht rührt;
Das Fühlen wird verlernt, und nach erkiesten Grüns

den

Lernt auch ein Schüler schon des Meisters Fehler fin:
den,

Und hålt, was Körner hat, für ausgedroschnes
Stroh;

Denn Ekel macht nicht satt, und Eigensinn nicht froh.
Ist der Vergnügen Reich nicht klein genug umschråns
fet,

Daß unser eller Wiß auf engre Marchen denket?
Treibt denn der Baum der Lust, Holz, so im Uebera
fluß,

Daß man gewaltsam ihm die Aeste rauben muß?
Ist unsre Freud ein Feur, das sich zu reichlich nåhret,
Das uns, schwächt man es nicht, anstatt erwärmt,
verzehret?

Ist das, was uns gefållt, denn lauter starker Wein,
Den man erst wässern muß, wenn er soll heilsam
seyn?

O nein! denn gleich entfernt vom Geiß und vom Ver: schwenden,

Floß, was du gabst, Natur, aus sparsam klugen Håns

den.

Was einen Bauer reizt, macht keine Regel schlecht;
Denn in ihm würkt ihr Trieb noch unverfälschlich ächt;
Und wenn die kühne Kunst zum höchsten Gipfel flieget,
So schwebt sie viel zu hoch, daß ihn ihr Reiz vergnůs

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So wie des Weingeists Gluth, weil er zu reinlich, Leffing.

brennt,

Kein dichtes Holz entflammt, noch seine Theile trennt.

Freund, wundre dich nur nicht, daß einst des Ors
pheus Saiten

Die Tiger zahm gemacht, und lehrten Bäume schreis

ten:

Das ist, ein wildes Volk, den Thieren untermengt,
Hat, wenn er spielte, sich erstaunt um ihn gedrångt.
Sein ungeküßelt Ohr fühlt süße Zaubereyen,

Ihn lehrt die Macht der Kunst die Macht der Götter
scheuen,

Und was der Wundermann lobt, rathet und befiehlt,
Hat bey den Rauhesten den Reiß, mit dem er spielt.
Die Menschlichkeit erwacht; der Tugend sanftes
Feuer

Erhißt die leere Brust, und wird die Frucht der

Leyer.

Der Wald sieht sich verschmäht, man sammelt sich zu

Hauf,

Man herrscht, man dient, man liebt und bauet Flecken

auf.

So wirft ein Leyermann, und Gott weiß was für eis ner!

Den Grund zum größten Staat, und macht die Bür ger feiner

Doch, wars ein Wunder? Nein. Dem unverwöhne

ten Ohr,

Das noch nichts schöners kennt, kömmt alles göttlich

vor.

Jezt aber wähle selbst, nimm Hassen oder Grauen
Und sprich, ihr edler Stolz, wird er sich so viel
trauen?

Er beßre wenn er kann, das ungeschliffne Land.
Dem Junker und dem Bau'r fehlt noch gleich viel Vers
stand.

Er geh, sind sie es werth, und lehr mit Opertönen,
Was sich nicht lehren läßt, den ohne Murren frohs

nen,

Und

Leffing. Und jenen, ohne Stolz ein Bauerkönig seyn!

Der Priester räumt ihm gern dazu die Kirchen ein.
Doch er wird zehnmal eh die Karpfen in ́ den Teichen,
Als ihren dummen Baur, und Bauerherrn erweichen.
Nicht, weil er schlecht gespielt, weil er kein Orpheus
ist,

Des Kunst die Billigkeit, nach seinen Zeiten mißt;
Nein weil jezt (güldne Zeit!) der Pöbel auf den Straf
sen,

Ein etler Ohr besißt, als Kenner sonst besaßen.
Erst drångt er durch die Wach sich toll ins Opernhaus,
Urtheilt erbårmlich dann, und strömt in Tadel aus.
Die Wendung war zu alt, die kam zu oftmals wieder;
Hier stieg er all zu hoch, hier fiel er plöhlich nieder;
Der Einfall war dem Ohr zu unerwartet da,
Und jener taugte nichts, weil man zuvor ihn sah!
Bald wird das Traurige zum Heulen wüster Tone,
Bald ist die Sprach des Leids zu ausgekünstelt schöne!
Dem ist das Fröhliche zu schåkernd, possenhaft,
Und jenem eben das, ein Grablied ohne Kraft;
Das ist zu schwer gesetzt, und das für alle Kehlen;
Und manchen scheint es gar ein Fehler, nie zu fehlen;
Das Wort heißt zu gedehnt, und das nicht gnug ges.
schleift;

Die Loge weint gerührt, wo jene zischt und pfeift.
Wo kömmt die Frechheit her, so unbestimmt zu rich

ten?

Wer lehrt den gröbsten Geist die Fehler sehn und dichs
ten?

Ist nicht, uneins mit sich, ein Thor des andern Feind?
Und fühlt der Künstler nur sie all' auf sich vereint?
Ist nicht der Grund, weil sie erschlichne Regeln wis›

sen,

Und, auf gut Glück, darnach vom Tod zum Winkel
schließen?

Er ists. Nun tadle mich, daß ich die Regeln schmäh,
Und mehr auf das Gefühl, als ihr Geschwätze seh.
Die Schwester der Musik hat mit ihr gleiches Glücke,
Kritiken ohne Zahl, und wenig Meisterstücke,

Seit dem der Philosoph auf dem Parnasse streift,
Und Regeln abstrahirt, und die mit Schlüssen steift.
Der Schüler hat gehört, man müsse fließend dichs

ten.

Was braucht der Schüler mehr, des Schweizers Lied zu richten?

Grob, Lohensteinisch, schwer, giebt

Wucht.

seinen Worten

Die Menge lobt den Wahn, das ist des Wahnes
Frucht.

Ja, seine Tyranney hat leichte Besserungen

Nach langem Widerstand ihm endlich abgedrungen.
Und bersten möcht ich oft, wenn tadelndes Geschmeiß,
Das kaum mit Müh und Noth die drey Einheiten
weiß,

Den Plaut und Mollier zu übersehen glaubet,
Das ist, dem Herkules im Schlaf die Keule`raubet,
Und bracht ihm gern damit schimpfvolle Wunden an;
Nur Schade! daß kein Zwerg sie mächtig führen kann.
Kunstwörter müssen dann der Dummheit Blöße decken
Und ein gelehrt Citat macht Zierden selbst zu Flecken.
Ach arme Poesie! `anstatt Begeisterung,

Und Göttern in der Brust, sind Regeln jetzt genug.
Noch einen Bodmer nur, so werden schöne Grillen
Der jungen Dichter Hirn, statt Geist und Feuer fül:

len.

Sein Affe schneidert schon ein ontologisch Kleid
Dem zärtlichen Geschmack zur Maskaraden Zeit.
Sein kritisch Lämpchen hat die Sonne jüngst erhellet,
Und Klopstock ward durch ihn, wie er schon stand,
gestellet.

Tonarten, Intervall, Accorde, Dissonanz Manieren, Clauseln, Takt, Strich, Konterpunkt und Schwanz,

Mit hundert Wörtern mehr, die tausend nicht verstes
hen,

Worauf sich tausend doch pedantisch albern blåhen,
Freund, sey so gut, verbråm mein allzudeutsch Gedicht,
Damit man auch von mir, als einen Kenner spricht.

Leffing.

Doch

Leffing.

Doch nein › Es möchte mich ein Pfau zu rupfen fåße

sen,

Woben ich nichts gedacht, mag ich nichts genken lassen.
Zwar durch Bescheidenheit fliegt man nicht Himmel an.
Dem Mädchen steht die Scham, und Prahlerey detr
Mann.

Die Regeln sind dazu, daß wir nicht dürfen schweigen,
Wenn Meister emsig sind, und sich in Thaten zeigen.
Wer hat so müßge Zeit, und sißet mühsam still,
Daß er erst alles lern, wovon er reden will?

· Ein weiser braucht den Mund zum Richten und am Tis

sche

Wer schweigt, ist dumm. Drum sind das důmmste Vieh,
die Fische.

Bey einem Glase Wein kömmt manches auf die Bahn;
Da heißt es: rede hier, daß man dich sehen kann!
Und reden kann man ja. Vom Seßen, Dichten,
Mahlen,

Lehrt, auch das kleinste Buch, wo nicht verstehn, doch
prahlen.

Kåst

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