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Ich ging auf die Grube Vereinigt-Zwitterfeld und fand daselbst den Steiger mit seinen Leuten über Tage mit Ausklauben beschäftigt. Hier sondern sie den Zinnstein von den anhängenden Gangarten, vorzüglich vom Wolfram, der häufig vorkömmt und beim Schmelzen Unheil macht. Der Schacht ist achtundvierzig Lachter tief, ebensoviel bringt auch der Stollen ein. Sie bauen auf sogenannten Flözen, welche aber völlig die Eigenschaft der Erzlager haben, meist ganz horizontal liegen und nur gegen das Ende einen mehreren Fall bekommen. Die Bergleute sagen: die Flöze richten sich nach der Form des Berges; besser würde man sich ausdrücken: sie bringen die Form des Berges hervor. Sechs solche Hauptflöze liegen übereinander, von verschiedener Mächtigkeit. Das mächtigste ist 6/4 Ellen, aber nicht durchaus von gleicher Stärke; die schmälsten, von sechs bis acht Zoll, sind die reichsten. Die Flöze bestehen durchgängig aus Quarz, welcher, von beiden Salbändern herein, gleichsam strahlenweise kristallisiert erscheint, weil er aber wenig Räume zwischen sich läßt, für derb angesehen werden kann. Zerschlägt man ihn, so sondert er sich in stängliche Stücke. Die beiden Salbänder dieser Flöze oder Horizontallager sind kristallisierter Glimmer, und in diesen Salbändern, vorzüglich aber in dem untersten, findet sich der Zinnstein eingesprengt; der Quarz dagegen des Flözes ist durchaus taub, so wie auch das obere Salband keinen Gehalt hat. Zwischen diesen Flözen liegen zwei verschiedene Bergarten, Greisen und Sandstein (sie sprechen Sandstein aus, daß es klingt wie Sansten oder Sansken) genannt. Die erste ist aus Quarz und Glimmer gemischt, derjenigen ähnlich, woraus das Schlackenwalder Stockwerk besteht, die andere aus Quarz und Ton und daher leicht verwitterlich.

Durch diese ganze Masse nun schneiden stehende, seigere Gänge durch (sie sprechen, daß es klingt wie Stehnichen), meistens sehr schmal, höchstens drei bis vier Zoll breit. Sie streichen in der zweiten Stunde, sind an sich zinnhaltend und veredeln die Flöze, wo sie solche durchschneiden.

Noch eine andere Erscheinung ist das, was sie Klüfte nennen; man könnte sie auch für Gänge ansprechen. Sie streichen in der dritten Stunde, gleichfalls seiger, und schneiden alles durch. Sie sind ellenbreit, enthalten einen weichen tonartigen Schmand, den die Bergleute Besteg nennen, und führen niemals Metall. Das Merkwürdigste dabei ist, daß sie die Flöze verwerfen. Wie nämlich eine solche Kluft auf das Flöz trifft, es sei von welcher Mächtigkeit es wolle, so schleppt sie dasselbe abwärts mit fort und verwirft es dergestalt, daß es erst drei, vier, sechs Lachter tiefer wieder vorkommt und auch wohl wieder zu seiner vorigen Stärke gelangt.

Nachdem ich mir dieses alles erklären und die genannten Produkte auf den Halden vorzeigen lassen, auch von jedem Musterstücke abgeschlagen, so begab ich mich mit dem Steinschneider in sein Haus. Außer einem kleinen Mineralienkabinett, das er für sich gesammelt hat, findet man bei ihm kleinere und größere Musterstücke von den Produkten des Leitmeritzer Kreises, besonders von allem, was sich auf die Pseudovulkane bezieht; er hat eine besondere Geschicklichkeit im Zuschlagen seiner Muster, die deswegen sauber und appetitlich aussehen.

Nun ging ich mit ihm abwärts gegen Nordwest bis an das Stollenmundloch; unterwegs fanden wir viel aufgerissenes Erdreich in kleinen Hügeln. Hier wurden vor alten Zeiten die Tagflöze abgebaut, welche nah unter der Oberfläche lagen und zeigen, daß der ganze Berg zinnisch war und das, was man Dammerde nennt, in den ältesten Zeiten unbedeutend.

Wir wanderten nun den Berggraben hin, welcher das Wasser dieser Höhen, wie es hier von den Pochwerken kommt, nach Altenberg leitet; er zieht sich, wie gewöhnlich, an dem Bergrücken her, und der Weg ist sehr angenehm, weil es immer durch Waldung geht. Ist man ungefähr eine halbe Stunde gegangen, so überschaut man die sich abstufenden Berge und Hügel zwischen hier und der Elbe. Den Fluß sieht man zwar nicht, aber die Bergreihen drüben bei klarem Wetter ganz deutlich. Der kleine Ort Geising wird zuerst im Tale sichtbar, die

Häuser ziehen sich in dem engen Grunde herauf. Nun öffnet sich der Blick nach Altenberg, und zwar sieht man zuerst eine hohe steile Felswand; diese ist aber nicht durch Natur, sondern durch jenen großen Erdfall, Erdbruch entstanden, wodurch so viele Gruben zugrunde gegangen.

Man muß sich vorstellen, daß die sämtlichen Gruben an dem Abhange eines Berges gelegen, und da sie zusammengestürzt, so hat sich ein Trichter gebildet mit Wänden von ungleicher Höhe, die vordere viel niedriger als die hintere. Sie nennen diesen Trichter, nach dem gewöhnlichen bergmännischen Ausdruck, die Binge. Punkt neune hatten wir den untern Rand erreicht. Von dem obern bis in die Tiefe mag es viel über hundert Fuß betragen. Das Gestein an den Wänden ist sowohl senkrecht als auch nach allen Richtungen zerklüftet, hat äußerlich eine rote Farbe, die sich von dem Eisengehalt des Gesteines herschreiben mag.

Unsere Absicht zu melden, ging mein Führer zu dem Bergmeister; dieser war nicht zu Hause, sondern in der Bergpredigt, indem heute gerade das Quartal Crucis eintrat, mit den gewöhnlichen Feierlichkeiten.

Das Städtchen Altenberg liegt näher zusammen als Zinnwalde, an einem sanften Abhange des Berges, und ist, nach sächsischer Art, schon städtischer gebaut als jenes. Man sieht auch hier verschiedene Göpel. Der mit Fichten wohlbewachsene Geisingsberg, welcher rechter Hand in einiger Entfernung hervorragt, gibt eine angenehme Ansicht.

Da ich auszuruhen wünschte, trat ich in die Kirche und fand die ganze Knappschaft im Putz und Ornat versammelt. Der Diakonus predigte in hergebrachten bergmännischen Phrasen; der Auszug aus der Kirche war nicht feierlich wie sonst, man bemerkte aber schöne Männer, besonders unter den Knappschafts-Ältesten, fast zu groß für Bergleute.

Wir besuchten einen Handelsmann, um ein Glas Wein zu trinken; diesen fanden wir in einer sonderbaren Beschäftigung. Er hatte nämlich einen Juden bei sich, wie

sie mit Ferngläsern in dem Lande herumziehen; dieser stellte ein Mikroskop auf, weil der Kaufmann die Insekten näher betrachten wollte, die ihm seine Käse leichter machen, seinen Reis mit Staub überziehen und die Rosinen verderben. Es kamen unter dem Vergrößerungsglas die abscheulichsten Tiere zum Vorschein, Mitteltiere zwischen Läusen und Käfern, durchscheinend am Leibe und den meisten Gliedern, übrigens grau; sie bewegten sich mit vieler Behendigkeit und waren von verschiedener Größe, man konnte auch ganz deutlich lange, stillliegende Larven erkennen, aus denen sie hervorgehen mögen.

Man versicherte uns, daß diese Geschöpfe einen großen holländischen Käse in einigen Wochen um ein paar Pfund leichter machen; ein Mittel dagegen sei, aus Ziegelmehl einen feinen Brei zu bereiten und damit die Käse zu überstreichen: so blieben sie unangetastet. Die Ursache ist wohl, weil die Luft abgehalten wird, welche diese Geschöpfe zum Leben nötig haben.

Nun nahmen wir unsern Weg gegen die Pochwerke. Ich konnte die Steinhaufen, welche darneben aufgeschüttet waren, nicht begreifen; sie schienen aus taubem Gestein zu bestehen, wovon ich Musterstücke mitnahm und mich nach gehaltreicheren Stufen umsah. Allein ich war sehr verwundert, als ich bemerken mußte, daß diese sämtlichen Steine, wie sie durcheinander lagen, zum Pochen bestimmt, hieher gefahren worden.

Weil nun alle Bergleute nach dem Bergamte gezogen waren und überhaupt heute nicht gearbeitet wurde, so war die Stadt wie ausgestorben und wir unsern eigenen Betrachtungen überlassen. Mein Führer hatte ziemliche Kenntnisse dieser Dinge, und ein alter Mann, der heranschlich, bestätigte seine Aussage, daß wirklich das ganze Gebirg zinnhaltig sei und selten einige Teile desselben vor andern vorzuziehen. Es werde deshalb alles auf die Pochwerke gebracht, deren sehr viele hinunter in dem Tal gegen Geising angebracht sind.

Wir gingen von einer Halde zur andern und fanden sehr viele Abweichungen desselben Gesteines, die wir so lange

auflasen und als Handstufen zerschlugen, bis wir zuletzt keine neue Abänderung mehr fanden. Wir traten darauf unsern Rückweg an, verfügten uns aber noch vorher an das Mundloch eines Versuchsstollens, den sie in der Gegend der Schmelzhütte treiben; dort kommt ein schöner Porphyr vor, den sie Syenit-Porphyr mit Recht nennen, weil rötliche Feldspatkristalle in einem Grund von Hornblende liegen. Wir stiegen nun so weit wieder aufwärts, bis wir den Berggraben erreichten, und gingen auf dem kühlen Wege ganz bequem zurück.

Vom Stollenmundloch an, den Zinnwalder kahlen Berg hinauf, hatten wir dagegen in der Mittagssonne einen beschwerlichen Weg und waren wohl zufrieden, als wir um ein Uhr in dem Gasthofe wieder anlangten.

Gegen Abend besuchte mich der Bergamtsassessor Friedrich August Schmidt von Altenberg, bedauerte, daß sie heute verhindert worden, wie sie gewünscht hätten, mich zu empfangen, da sie mit der Bergpredigt und dem Anschnitt beschäftigt gewesen, auch erst nach meiner Abreise meine Ankunft vernommen. Ich ersuchte ihn um einige Nachrichten, die er mir denn auch erteilte. Das große sogenannte Stockwerk zu Altenberg hat schon 1547 und 1548 einige Brüche erfahren; der Hauptbruch geschah aber 1620, wo 36 Gruben mit 36 Göpeln zugrunde gingen. Dieses Unglück entstand aus der Natur des Berges und des Bergbaues: denn indem der Zinngehalt durch die ganze Masse des Berges ausgeteilt ist und sich in den verschiedenen Steinarten, woraus derselbe besteht, zerstreut befindet, ohne daß sich besondere bauwürdige Gänge oder Flöze zeigten, so muß das sämtliche Gestein weggenommen und überhaupt verpocht werden, wobei man denn, da man die entstandenen Räume nicht mit Holz wieder ausbauen kann, Bergfesten stehen läßt, um das Ganze einigermaßen zu unterstützen.

Da nun die 36 Gruben jede für sich einzeln bauten, jede soviel als möglich aus ihrem Felde herausnahm, ohne sich um das Allgemeine oder um die Nachbarn zu bekümmern, so ward der Berg nach und nach ausgehöhlt, daß er sich nicht mehr hielt, sondern zusammenstürzte.

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