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Tischgebet aus dem Jahre 1560 trägt bloß die Weisung: „Mag gesungen werden in allen Melodeyen der Lieder, so nur vier vers haben".") Die Angabe „In seynem eygnen Thon" ist unter solchen Umständen eine Seltenheit.1)

Bei so geringer Nachfrage wird das Componistenangebot wohl auch nicht besonders groß gewesen sein, und die Bedeutung der Musikvertreter der Bürgerkreise werden wir wohl hauptsächlich auf dem Gebiete der praktischen Musikausübung zu suchen haben. Uebrigens bleibt noch abzuwarten, ob eine wissenschaftliche Untersuchung der altböhmischen Cancionalien thatsächlich einen so großen originalen Melodienschaß zu Tage fördern wird, wie man es ab und zu behauptet.

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Die weltliche Musik der Bürgerkreise

tritt im 16. Jahrhunderte gegenüber der geistlichen Musik, was den künstlerischen Wert anbelangt, stark in den Hintergrund. Bei den engen Beziehungen von Schule und Haus zum kirchlichen Leben ist es erklärlich, daß geistliche Kinder- vnd Hauslieder" dem wahren Volkslied viel Raum entziehen. Trogdem singt man Lieder vom „König Laßla“ 2) oder „den Lindenschmidt" 2) oder „den Lorenzen" 3) oder „den Graffen von Serin" 4) und andere, so besonders das, noch in „des Knaben Wunderhorn" aufgenommene, Volkslied „Ich stundt an einem morgen, heimlich an einem orth".5) Auch macht man sich zu diesen und ähnlichen Liedern zeitgemäße Texte, wie z. B. „von der erhaltenen Victori vor Stulweissenburg in Vngarn“ (1593),6) „Wie . . . Maximilian erwölter König in Pollen, die Statt vnd Vestung Hatuan in Vngern . . erobert“ (1596),7) ,,Von vertrag vnd Ewiger Bündtnuß Zwischen der Röm: Key: May: Rudolpho dem 2: vnd dem Fürsten in Siebenburgen" (1595),8) oder über

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gesungen wurde; als dieses Lied polulär wird, wird es nicht das ursprüngliche Erhalt Vns Herr.." als „Thon" für Chr. Hosmans „Christe was muß ich singen Dir" angegeben.

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1) Wolkan: B. A. I, Nr. 96.

2) ebenda Nr. 397.

3) ebenda Nr. 211.

4) ebenda Nr. 353 und 382.

5) ebenda Nr. 54, 260, 285 und 353.

6) ebenda Nr. 353.

7) ebenda Nr. 382.

8) ebenda Nr. 371.

den eingerissenen Kleiderluxus (1596);1) ebenso über „newliche Fewer vnd Blutzeichen“ (1593) 2) und andere Wunderthaten oder „Von einem Mörder, der sein Ehelich Weib, vnnd Sechs Kinder ermördet hat“ (1599) 3) und über ähnliche Massenmorde, Schändungen und Ungeheuerlichkeiten.

Auch alten volksthümlichen Reminiscenzen begegnen wir häufig; so erscheinen im Jahre 1547 zu Elbogen zwei Lieder „in Frawen Lobs Spätten Thon"; 4) die besonders in den deutschen Gegenden Böhmens, zumal in Joachimsthal, üblichen „Meister Gesenge vnd Bergkreien" werden von clericaler Seite, die den deutschen Heldenepen nicht günstig gegenübersteht, geduldet, wenn auch nicht gefördert; Mathesius, der sich bemüht, an Stelle der alten Bergreihen „Ein geistlich Bercklied" 5) einzubürgern, sagt diesbezüglich: „JCh tadle der alten Meister Gesenge vnd Bergkreien auch nicht, Denn ich hab vil schöner alter Geticht, darin man gute vnd Christliche Leut spüret, gesehen, als das vom Pellican, von der Mühle _vnd andere. Aber was leret oder wen tröstet der alte Hillebrandt vnd Riß Sigenot ?" 6)

Vom überkommenen Volkslied bis zur actuellen schauerlichen Morithat, die auf fliegenden, mit plumpen Holzschnitten gezierten Blättern auf den Jahrmärkten und in Wirthshäusern Absag fand, ist ein großer Schritt, aber die weltliche Musik der Rudolphinischen Zeit kennt auch die ungelenken Improvisationen von Durchschnittsmenschen, die wir heutzutage Gstanzeln nennen. Diese Art liegt nun allerdings, zumal in der damaligen Zeit, jenseits der Grenze des Kunstmäßigen; der derbe Text läßt an Saftigkeit nichts zu wünschen übrig, und die Melodie spielt dabei gar feine Rolle. Einige rohe, „schändliche, mit des Teufels Hilfe erdachte Lidlein" dieser Art aus dem Jahre 1592 u. 3. in tschechischer Sprache haben sich uns in einem Neustädter Gerichtsbuche 7) erhalten; bezeichnend

1) Wolkan: B. A. I, Nr. 381.

2) ebenda Nr. 285.

3) ebenda Nr. 397.

4) ebenda Nr. 53. 5) ebenda Nr. 76.

6) ebenda Nr. 109.

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7) Prager Stadtarchiv cod. 1060 a. f. 279 ff. Als ärgerniserregend werden besonders folgende Lieder angeführt: „kazda panna y pani zwol sobie pisarze, a nechczessli pisarze, zwol sobie ffararze." Sstiepanskey ffararž dobrey gest hospodarž: když se dowule napisse obecznie kalamarž.“ „Nasse mila hata wystrczila prdel skrze wrata; vhlidala brauka . . (?) na ni wykauka zmodryho pytlika.“ „Smeykal weyczy po lawiczy zadrzel

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ist es, daß die Zeugen, welche diese Gstanzeln reproduciren, „saluo pudore" oder „salua honestate" hinzufügen müssen.

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Die profane Musik hat aber auch ein anderes im 16. Jahrhunderte noch allerdings räumlich sehr eingeschränktes Gebiet, nämlich das der Instrumentalmusik, die aus den Kirchen nahezu gänzlich verbannt war; ein großer festlicher Aufzug kann ohne die dazu gehörigen Trompeter und Posauner ebensowenig gedacht werden, wie ein tolles Wirthshausleben ohne Geige oder Dudelsack.')

Am häufigsten begegnen uns in dieser Gruppe die Posaunenbläser („Posauner“, tschechisch: „Pozaunar"); einige derselben werden als „Posauner auff dem Prager Schlosse“ (tsch, „Posanar na Hradie Prazskym") oder „auffn Weißen thuern“ (Thurm) angeführt, wobei wir auch als identische Bezeichnung den Ausdruck „Zinken Plaser" (tsch. „kdery na Cynk Piska“) finden. Verwandt sind die „Trometer" (tsch. „trubacz“); die militärischen „Feldtrompeter" (tsch. „polni Trubacz“) ge= hören bereits dem 17. Jahrhunderte an. Unter den Bläsern müssen noch die Pffeiffer" (tsch. „Piskacz“ und „Pisstiecz") und die erst im 18. Jahrhunderte vorkommenden „Hautboisten“ (tsch. „Huboista“) genannt werden.

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Als Saiteninstrumentenspieler sind anzuführen: die Lautenspieler (tsch. „Lautenik“), die „Czitrschloger" (tsch. „Citharysta“ und „Czyternik“), die „Harffenschlager" (tsch. „harffonista“ und „harffista“) und die Gheiger" (auch Kheiger"). Zum Unterschied von unserer Zeit, die die Violine als erstes Instrument feiert, spielt die Geige des 16. Jahrhundertes keine künstlerische Rolle; sie ist nahezu bloß Wirthshausinstrument. Die Wirthshausmusikanten (tsch. „hudecz" und „muzykařz“), die außer der Geige bisweilen auch noch ein anderes Instrument spielten, werden erst spät zunftmäßig vereinigt; das erste Mal im officiellen Prager Zunftverzeichnisse erscheinen sie im Jahre 1678. (Prager Stadtarchiv cod. 70 f. 158.) — Wenn wir noch die, erst im 18. Jahrhunderte genannten Stadtmusikanten und schließlich die Trommler (tsch. „Bubenik"), die neben den Feldtrompetern die damalige Militärmusik repräsentiren, erwähnen, so ist das Verzeichniß der Arten der Berufsmusiker ziemlich vollständig.

sobie trzysku." Endlich wird noch ein Lied genannt „o nieyakem Rulantowi ptaků, item o nemrawnym Kubatowi, kderyž ležiel pod Wrbau." 1) Selbst in Häusern zweideutigen Rufes fehlt der „Ffeiffer" nicht, der einen kleinen Dudelsack bearbeitet, z. B. Prager Stadtarchiv cod. 1061 f. 118.

Die künstlerische, wie die sociale Stellung der meisten dieser Musiker ist wohl nicht bedeutend; prägt sich dieses Moment doch oft deutlich schon darin aus, daß einige derselben zum Unterschiede von den vornehmeren Cantoren nur mit dem Vornamen bezeichnet werden, was in diesem Falle wohl nicht durch eine größere Popularität zu erklären wäre. Dennoch will ich, der Vollständigkeit wegen, auch diesen Musikern gerecht werden und das hier anfügen, was die Prager Urkunden über sie zu berichten wissen.

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Abraham Pozaunar" wird vom Schlossergesellen G. Herynt ermordet; feine Witwe Ewa führt am 29. November 1577 gegen den Mörder einen Proceß vor dem Altstädter Stadtgerichte, der bis in's Jahr 1578 reicht. (Prager Stadtarchiv cod. 1051 f. 79, 137 und 143.)

„Andres Pozaunar (auch „trubacz") od Taupu" gibt 1580 einer Zuckerbäckerin, die seine Gattin Anna beschimpfte, zwei Kopfstücke, so daß sie umfällt; ein Broceß vor dem Altstädter Stadtgerichte ist die Folge davon. (Prager Stadtarchiv cod. 1059 f. 170.) — Im Jahre 1582 stirbt er, und am 20. November d. J. wird der Proceß eingeleitet wegen seiner Verlassenschaft und der seiner gleichfalls verstor= benen Frau Anna. Sie hatten in der Eisengasse gewohnt. (Prager Stadtarchiv cod. 1060 f. 235 und 293 v.) Wahrscheinlich identisch mit dem Posauner Andreas Maly.

Hans Bifforol, „Czitrschloger“, macht am 26. April 1594 vor dem Alt= städter Stadtgerichte eine größere deutsche Aussage über die ehebrecherischen Bezie= hungen der (†) Frau des Gastwirthes Martin Michael von Michlberg, in dessen Wirthshause er „epr drey wochen od. viere" verkehrt hat, zu einem Papiermacher. (Prager Stadtarchiv cod. 1061 f. 214.) Wahrscheinlich identisch mit dem deutschen Geiger Hans Wiafferol.

Johann Byskup, Stadtmusikant, tritt am 19. April 1751 als Bürge für den Hautboisten M. Myssek auf; sein Alter wird bei dieser Gelegenheit mit 52 Jahren angegeben. (Prager Stadtarchiv cod. 541 f. 151.)

Matthias Czuba, Stadtmusikant, wird ebenfalls am 19. April 1751 bei derfelben Gelegenheit genannt. Sein Alter beträgt 50 Jahre. (Prager Stadtarchiv cod. 541 f. 151.)

„Danyel, Muzykarz", ein blinder Musikant, spielt 1603 in einer Gasthausgesellschaft Trompete und Either. (Prager Stadtarchiv cod. 1064 f. 272 und 273.) Martin Daubrawa, Feldtrompeter aus Braunau, wird am 8. August 1636 Altstädter Bürger. (Prager Stadtarchiv cod. 536 f. 325 v.)

Friedrich Trubacz“ aus Taus wird am 25. Mai 1587 Bürger auf der Altstadt-Prag; für ihn stellen sich als Bürgen der Organist Bratkowsky und der Posauner Ssubr. (Prager Stadtarchiv cod, 535 f. 194 v.)

Hans Gon von Girde „Zitter Schlager" wohnt „auf dem Augezd bey dem Schwarczen Hansl“ und sieht aus seinem Fenster einer Straßenrauferei zu, über die er am 27. Juni 1590 vor dem Kleinseitner Stadtgerichte eine deutsche Aussage macht. (Prager Stadtarchiv cod. 1126 f. C. 12.)

Andreas Gruber, Posauner auf dem Prager Schlosse, tritt am 29. Januar 1592 vor dem Kleinseitner Stadtgerichte als Proceßzeuge auf. (Prager Stadtarchiv cod. 1126 f. D. 26.)

Michel Herczok, „harffenschlager", ein Deutscher von der Freienstadt", be= richtet am 19. Januar 1580 vor dem Altstädter Stadtgerichte über die Reparatur einer „Cithera", die ihm Jemand gab, „das ich Ime dieselbe solte bessern"; dieser holt sie schließlich ab und „wolt nicht warten das ich Sie ime gar besetet hett"; für diese Reparatur ohne Saitenaufziehen bekommt Maister Michal harffenschlager" nach der Aussage eines anderen Zeugen, zwölf Kreuzer. (Prag. Stadtarchiv cod. 1059 f. 106 v.)

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Wenn gegen einen derartigen Vorgang die Instrumentenmacher, z. B. die Czvttermacher, nicht protestirten, so liegt das darin, daß sie bei uns noch keine Zunft bildeten, aber andererseits besonders darin, daß Instrumentenmacher und Musiker noch vielfach keine verschiedenen Kategorien bildeten; so wird z. B. der Lauttenmacher" Merkher, im tschechischen Lautenyk" (= Lautenspieler) genannt (Prager Stadtarchiv cod. 1050 f. 10), während er, bei einer strengen Scheidung der Begriffe „Lautnarz" (= Lautenmacher) zu nennen gewesen wäre.

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Paul Holand, Wirthshausmusikant (tsch. „hudecz"), hat mit seinen Genossen Rziha und Wilhelm zum Tanze aufgespielt und war vom Tänzer bezahlt worden; er berichtet 1573 darüber vor dem Altstädter Stadtgerichte. (Prager Stadtarchiv cod. 1057 f. 82.)

Paul Humpoleczky (aus Humpolek), Feldtrompeter, erscheint am 19. März 1604 als tschechischer Zeuge in einem Mordprocesse vor dem Altstädter Stadtgerichte. (Prager Stadtarchiv cod. 1064 f. 339.)

„Girzyk Trubacz z Czaslawie" (Der Trompeter Georg aus Czaslau) wird im Jahre 1574 im Altstädter Gerichtsbuche als tschechischer Zeuge genannt. (Prager Stadtarchiv cod. 1057 f. 244.)

Paul Jonaß, Harfenspieler von der Altstadt-Prag, bekommt am 9. Mai 1624 das Kleinseitner Bürgerrecht. (Prager Stadtarchiv cod. 567 f. 188.)

Georg Koch, Posauner, wird am 9. April 1587 Bürger in der Altstadt-Prag. (Prager Stadtarchiv cod. 535 f. 193 v.)

Wenzel Kodydek, Posauner, macht vor dem Altstädter Stadtgerichte am 17. August 1571 eine nebensächliche tschechische Aussage über ein häusliches Fest. (Prager Stadtarchiv cod. 1050 f. 152 v.)

Caspar Kraus (auch „Craußer“ oder „Krausee“), Posauner auf dem Prager Schlosse, tritt am 13. October 1589 vor dem Kleinseitner Stadtgerichte in einer nebensächlichen Angelegenheit als deutscher Zeuge auf. (Prager Stadtarchiv cod. 1126 f. B. 22.) Am 29. Januar 1592 erscheint er wieder daselbst als „Zinken Plaser auffn Weißen thuern“ (tsch. „Posaunar kdery na Cynk na bily wezi Piska“) u. zm. in einem Processe gegen den Organisten Joachim Rudner, bei dem und bei dessen Sohne Joachim der Kraus „vor vielen Jharen . . vmb mein gelt gezechet". (Prager Stadtarchiv cod. 1126 f. D. 26 v.)

Görg Kremml (auch „Krömml"), „Gheiger", ist der Geselle des Musicus Dawid Wolff, für den er auf der Altstadt am 29. Juli 1603 als deutscher Proceß= zeuge auftritt. (Prager Stadtarchiv cod. 1064 f. 219 und 220.) Welches „Collegium“

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