Stirbt jemand in der Stadt ohne Testament und ohne Erben, so wird die Hinterlassenschaft von der städtischen Behörde Jahr und Tag in Verwahrung genommen. Macht in dieser Zeit niemand einen berechtigten Anspruch geltend, so fällt dieselbe nach dem Extract a. 32 . 119 an den König, nach Bricc., c. 20, a. 40 S. 144, L. S. a. 272 fällt ein Drittel für den Richter, ein Drittel für die Stadt und ein Drittel für seine Seele. Nach dem Stadtr. von Enns bekommt es der Herzog (Gaupp, D. Stadtr., II, S. 217), nach dem Stadtr. von Wien 1221, a. 20 (Tomaschek, R. u. Freih. d. St. Wien, I, S. 12) und 1244, § 42 (Bischoff, Deft. Stadtr., S. 190), von Hainburg (Meiller, Dest. Stadtr., S. 144) fallen zwei Drittel an den Herzog und ein Drittel „pro anima illius". Das Stadtr. von Wien 1278, § 42 (Bischoff, Oest. Stadtr., S. 190) dagegen:,,medietas bonorum suorum in usum civitatis, et alia medietas pro anima sua impendatur; si autem defunctus res modicas habeat, tunc omnia pro anima sua erogentur", ganz ähnlich das Stadtr. v. Wiener-Neustadt, c. 83 (Würth, D. Stadtr. v. Wr.-Neust., S. 94). Nach dem Stadtr. von Brünn 1243, It, a. 31 (Rößler, II, S. 354) geht ein Drittel,,pro anima defuncti“, ein Drittel judici", ein Drittel ,,in usus civitatis", nach dem Stadtr. von Iglau 1249, a. 3 (Tomaschek, S. 204) ein Drittel „,fur sein seel“, ein Drittel,,czu prücken pesseren vnd wege" und ein Drittel,,awff der stat notdürft“, ähnlich das Prager Rechtsb., a. 107 und das spätere Brünner Stadtrecht a. 77 (Rößler, II, S. 132 und 361). Nach Magdeburger Recht fällt das erblose Gut an den König; Bewidmungsurkunde für Breslau 1261 § 41 und für Görlig 1304, a. 67 (Gaupp, S. 238 und 293): „daz nimet die kuningleiche gewalt". Alle diese Regeln kehren auch in andern deutschen Stadtrechten wieder. Bezüglich der Vormundschaft hält sich Koldin, D 5–38 S. 115 fg. ebenfalls an römische Rechtsvorschriften. Bricc. bestimmt, daß wenn testamentarisch kein Vormund eingesezt ist, der nächste männliche Verwandte, eventuell sogar der Richter und die Geschwornen die Vormundschaft übernehmen. Sobald die Kinder mündig werden, haben die Vormünder Rechnung zu legen, Bricc., c. 14, a. 1–7 S. 142 fg. Das Prager Rechtsb. sagt a. 105 (Rößler, I, S. 131): „Stirbt aber ein man an geschaft, der kinder let, die zu iren iaren nicht komen sein, ir nestr frunt nach dem swert sal ir vormunde sein zu recht, piz das sie zu iren iaren komen" und dieser hat die Pflicht, Rechenschaft zu legen, und a. 106: „Wenn ein kint funfzehn yar alt wirt, so mag is einen frund kyzen vnd den frunden, wen is wil, is in sey den, dass sein water an seinen ende anders hab gemacht vnd ge T 1757 te 1 schaft." Der Einfluß sächsischer Rechtsquellen ist hier unverkennbar, man vgl. § 49 der Breslauer Bewidmungsurkunde 1261: „Swanne ein kint zwelif jar alt ist so mach iz zo vormunden wol kiesen swen so iz wil, vnd swer vormunde ist der muz rechnen zu rechte der muter vnd den kinden waz mit deme gute getan is"; ferner § 57 und a. 37 der Görlizer Urkunde (Gaupp, S. 239, 241 und 284. Aehnlich auch das Stadtr. von Colmar 1293, vgl. Gaupp, D. Stadtr., I, S. 114). Aus dem Verfahren ist hervorzuheben, daß es nach Bricc., c. 1, a. 1 S. 32 und L. S. a. 1, ferner nach Extract a. 25 S. 115 ordentliche Gerichte, welche zu festgesezten Zeiten stattfinden, und außerordentliche gibt. Der Ort der Sizungen ist das Rathhaus, Bricc., c. 1, a. 18 S. 37 und Extract a. 2 S. 98. Dagegen hebt Koldin in dem Gutachten zum Extract ad a. 2 hervor, daß, wann und wo immer der Bürgermeister mit seinen Geschwornen zusammentritt, Gericht gehalten wird. Nach Koldin, A 37 S. 19 müssen ein oder zwei Consuln über die Hälfte der Gesammtzahl anwesend sein, wenn das Gericht beschlußfähig sein soll. Der Kläger muß beim Forum des Beklagten die Klage stellen, Bricc., c. 7, a. 16 S. 76, L. S. a. 110 und Koldin A 44 und 41 S. 25 und 28. Die Processe, welche zuerst qnhängig gemacht wurden, werden auch zuerst verhandelt Bricc., c. 1, a. 20 S. 38, L. S. a. 21 und Koldin, A 16 S. 10. Eine Ausnahme macht Koldin, A 16 S. 11 nur bei Fremden, Witwen, Waisen und Geistlichen, Bricc. dagegen gibt c. 1, a. 22 allen Klagen auf körperliche Verlegungen und c. 1, a. 23 allen Amtsflagen des Richters und der Consuln den Vorzug S. 39, L. S. a. 23 und 24. „Exceptiones fiant ante litis contestationem," Koldin, A 12 S. 45. Eine Vertretung vor Gericht ist zulässig, Bricc., c. 3, a. 14 S. 57, Koldin, B 22 und 24 S. 50. Nach Koldin, B 32 S, 52 wird Witwen und Waisen, nach Bricc., c. 3, a. 6 . 56, L. S. 59 überhaupt armen Leuten eine Vertretung vom Gerichte beigestellt. Der Angeklagte, welcher auf dreimalige Ladung an drei auf einander folgenden Tagen nicht erschien, wurde in contumaciam verurtheilt, Bricc., c. 10, a. 2 und c. 55, a. 1 S. 84 und 276, L. S. a. 126 und 589. Wirkliche Gründe, welche das Nicht-Erscheinen vor Gericht entschuldigen, sind: 1. schwere Krankheit, 2. Gefangenschaft, 3. Ueberschwemmung und 4. öffentliche (oder königliche) Dienstleistung, Bricc., c. 8, a. 1 . 77, L. S. a, 114, Koldin, A 50 S. 33. Nach Kold., A 46 S. 32 wird die Klage in Prag mündlich, in anderen Städten schriftlich überreicht, worauf der Geklagte in Prag in drei Tagen, in anderen Städten innerhalb 2 Wochen die Gegenklage zu überreichen hat. Hierauf (,,post litem contestatum") wird den Parteien ein Zeitraum von 14 Tagen für Beweis und Gegenbeweis gegeben, Koldin, A 54 S. 34. Bekommt der Kläger Unrecht oder verfolgt er seine Klage nicht binnen Jahr und Tag, so wird er erfaßpflichtig, Koldin, A 51 und 52 S. 34 und 35. Bezüglich der Beweisführung spricht Koldin, B 37 S. 55 den Grundjag aus: „Negatio enim facti imponit Actori necessitatem probandi: Ei enim qui dicit non qui negat, incumbit probatio“ und verfährt ganz nach römischem Vorbild. Das Urtheil wird rechtskräftig, sobald in der geseßlichen Frist keine Berufung eingebracht wird. Diese Frist beträgt bei Koldin, C 6 S. 88 14 Tage, bei Bricc., c. 4, a. 4 S. 59, L. S. a. 68 aber 6 Wochen. Koldin, C 26-32 S. 97 fg., Bricc., c. 6 S. 64, L. S. a. 82 fg. und Extract a. 28 und 29 S. 118 fg. kennen auch die Mitwirkung der Schieds. richter (ubrmany) bei der Schließung von Verträgen. Alle Stadtrechte enthalten zudem eine Menge von Vorschriften über Markt-, Feuer-, Baupolizei u. s. w. je nach den localen Bedürfnissen. Ein deutsch-böhmisches Reiter-Regiment im 30jährigen Kriege 1625-1635. Eine Episode aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges, durch den auch das Egerland so vielfach und schwer betroffen wurde, wollen die nachfolgenden Mittheilungen darstellen und zwar in einem Bilde damaliger Zeit: den merkwürdigen Kriegszug eines im Egerlande gebildeten ReiterRegiments von Eger her nicht nur durch das nördliche Deutschland, Schlesien, südwärts nach Ungarn und wieder nordwärts nach Schleswig und Jütland, sondern sogar ins ferne nordöstliche Preußen über die Weichsel hinaus.1) Gerade dieser lettere Theil des Zuges ist verhältniß 1) Anm. der Red. Für die nachfolgende Arbeit, der Feder eines trefflichen Ab= kömmlings aus altegerer Patrizierfamilie entstammend, wurden uns nachfolgende Quellen benannt: Abelinu 3 Theâtrum Europaeum (Frankf. 1635—37). Micraelius Altes Pommerland (Stettin 1639). Acta Borussica, III. Bd. Hoppius Fatum Prussiae decennale Gesch. d. Schwed.-poln. Kriegs in Preußen. Brachelius Historia sui temporis ab a. 1618-1652. Piasecius episc. Chronica gestorum in Europa singularium (Cracoviae 1645). Loccenius Hist. Suecana (Fff. 1676). Ludolf Schaubühne mäßig weniger bekannt, obschon er für die fernere Gestaltung des 30jähri- Kaiser Ferdinand II. hatte seinen hochverdienten Kriegsobersten Albrecht von Wallenstein 1623 zum Fürsten erhoben. Es war dies nicht eine bloße titelmäßige Standeserhöhung, sondern bedeutete die Errichtung eines wirklichen Fürstenthums nach Analogie der in Schlesien seit alten Zeiten durch Theilungen in der königlichen Herrscherfamilie der Piasten hergekommenen Piastischen Theil-Fürstenthümer. der Weltg. (Frankf. 1699). Khevenhüller Annales Ferdinandi (Leipzig - Stattlich genug war dies aus Wallensteins ungeheuerem Länderbesige im Königreiche Böhmen errichtete Fürstenthum Friedland. Denn es erstreckte sich, an die Grafschaft Glag sich anschließend, längs der schlesischen Grenze bis zur Lausig nach Görlig hin, 10 Meilen in die Länge und 6 bis 8 Meilen in die Breite, in einem Umfange von mehr als 60 Geviertmeilen, war also so groß wie heute das Herzogthum Braunschweig und Großherzogthum Sachsen-Weimar, doppelt so groß als die Grafschaft Glaz. Am 7. April 1625 ernannte der Kaiser den Fürsten zum General-Feldobersten seiner Armeen, welche aber zunächst sehr spärlich in der Wirklichkeit existirten (nur etwa 16.000 Mann und weit zertheilt in den Erblanden von Ungarn bis in die Niederlande) und erst von Wallenstein geschaffen werden sollten. Sehr genau unterschied man in Wien ein eigentlich kaiserliches Heer" als solches, welches wenig bedeutend und für die Erblande bestimmt war, und als zweites Heer als „Succurs ins Reich“, die friedländische Armee, welche beide Heere nicht als Einheit betrachtet wurden, aber doch unter Commando eines Oberbefehlshabers standen. Nicht minder hat Wallenstein selbst diese Unterscheidung immer festgehalten, und insbesondere, als er später zum zweiten Male als Herzog ein neues Heer gründete. "1 Um diesen „Friedländischen Succurs ins Reich" erst zu schaffen, erhielt Wallenstein vom Kaiser am 27. Juni Vollmacht zu Werbungen sowohl im Kronlande Böhmen, als auch in den deutschen Reichslanden Franken und Schwaben, und somit auch für das zwischen Franken und Böhmen gelegene, vom Reiche an die Krone Böhmen nur verpfändete alte Reichsgebiet Egerland. Fünfzehn neue Regimenter sollten aufgestellt werden, 9 zu Roß und 6 zu Fuß, zusammen 24.000 Mann. Wallenstein erhielt dabei vom Kaiser die Ermächtigung zur Besetzung der Befehlshaberstellen, auch der Obersten und Regiments-Commandanten, welche ihrerseits gewissermaßen als „Unternehmer“ die Regimenter und derer „Reiter-Companien" oder „Fußvolk-Fähnlein“ errichteten und dem General-Feldobersten zuführten. Des Friedländers Kriegskunst neben seiner vollen zahlungsfähigen Kriegscasse und noch besonders reicher Kriegserwerb unter seiner Führung standen von früher her im besten Rufe. Als bestgelegenen Ort zum Werbeplage wie zum Sammeln und Mustern der Armeetheile bestimmte er in Mitten der gedachten Werbe-Lande die alte Reichsstadt Eger, nicht eben zur Freude ihres Senats. Zahllose Freiwillige strömten ihm von allen Seiten zu, da er sich nicht auf Katholiken oder Deutsche beschränkte, sondern keinen Unterschied des Volksthums, Glaubens und |