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Dobner im Prodromus zu den Annalen des Hagek S. 176 f., indem er ausführlicher aus der Vita die Gleichzeitigkeit ihres Verfassers nachweist, die Schrift dem Cosmas, aber auch dem Papst Silvester abgesprochen und als ihren Verfasser einen Mönch des Alexius-Klosters erklärt. 1) Mehr als sechzig Jahre später (1827) versuchte dann Voigt in seiner Geschichte Preußens I. 650 ff. den Nachweis, daß die Vita vom Halbbruder des Heiligen, von Radim-Gaudentius verfaßt sei. Dieser Ansicht schloßen sich Palacky in seiner Würdigung der alten böhmischen Geschichtsschreiber (1830) S. 296 f. und Congen in der Schrift „Die Geschichtsschreiber der sächsischen Kaiserzeit (1837) S. 138 an, während Perz in dem 1841 erschienenen IV. Band der Scriptores G. 374 f. sich gegen sie aussprach und den Mönch des Alexius klosters in Rom, Johannes Canaparius, als Verfasser nachwies. Gegen Perz versucht nun Kętrzyński die ältere, von Voigt aufgestellte Ansicht wieder zur Geltung zu bringen.

Um die Ausführungen Kętrzyńskis würdigen zu können, müssen wir zuvor in aller Kürze die Beweisgründe Voigts und Perz' kennen lernen. Voigt führt zunächst wie vor ihm, wenn auch im beschränkteren Maße, Canisius, Hartknoch und Dobner diejenigen Stellen der Vita an, aus denen es hervorgeht, daß der Verfasser ein Zeitgenosse Adalberts, und zwar ein Mönch des Klosters auf dem Aventin gewesen sei. Das selbe that Perz, wobei er natürlich zunächst nur die Absicht hat, die Gleichzeitigkeit des Autors und seine Glaubwürdigkeit zu kennzeichnen. Es war also gar nicht nöthig, daß Kętrzyński S. 3 f. in drei Absäzen erörtert, diese Ausführungen Perz' seien unstichhältig, weil sie sich auch auf Gaudentius beziehen könnten.

Ferner findet Voigt die Art, wie in der Vita von Gaudentius ge= sprochen wird, gegenüber der Behandlung der anderen Personen so be>

1) Die Ausführungen Dobners sind ziemlich eingehend. Die oben citirte Stelle in der Chronik des Cosmas hat übrigens Dobner ebenso wie Freher aufgefaßt, nur daß er nicht diese Vita dem Cosmas zuschreiben konnte. Einige Jahre später (1768) hat er dann im II. Band seiner Mon. hist. Boem. S. 5 auf Grund derselben Stelle ihm die „Versus de passione s. Adalb.“ zuge= schrieben. Daß auch diese nicht Cosmas angehören, werde ich in Bemerkungen zu Cosmas in den Mitth. des Inst. f. österr. Gesch. nachweisen. Die richtige Auffassung der Stelle in der Chronik hat übrigens schon Schott a. a. D. S. 17 gehabt. Auch sei noch hier bemerkt, daß Potthart, Bibliotheca I, 580 die „Versus" fälschlich mit der Vita (von Canaparius) identificirte und daher angibt, daß Dobner die Vita für ein Werk des Cosmas hält und daß diese in den Mon. hist. Boem. II. gedruckt sei.

scheiden, daß daraus der Schluß gezogen werden müßte, Gaudentius selbst hätte sie geschrieben. Dagegen nimmt Perz gerade das Gegentheil an: er meint, von Gaudentius werde mit allzu großer Liebe gesprochen, so daß dieser (bei der von ihm vorauszuseßenden Bescheidenheit) nicht der Verfasser sein könne. Während ferner Voigt glaubt, daß der Biograph sehr warmen Antheil an Adalbert nimmt und daraus auf die Autorschaft seines Bruders Gaudentius schließt, findet Perz, daß der Verfasser den Tod Adalberts zu gleichgiltig erzählt, als daß er Gaudentius sein könnte. Die Ansichten der beiden Gelehrten stehen sich also diametral entgegen, was bei dem Umstande, daß sie völlig auf dem Gefühle und der über Gaudentius vorgefaßten Meinung beruhen, leicht erklärlich ist. Besonderes Gewicht wird man also offenbar auf diese Beweisgründe nicht legen dürfen. Wenn aber Kętrzyński S. 3. erklärt, daß die Behauptung Perz', Gaudentius werde mit einer gewissen Vorliebe gezeichnet, nur auf der Einbildung desselben beruht, so übersieht er, daß sowohl Voigt S. 654 als er selbst S. 2 eine Reihe von Stellen anführen, welche dies zum Ausdruck bringen. Wenn ferner Kętrzyński S. 3 den Umstand, daß der Verfasser den Tod Adalberts nicht bewegt schildert, damit erklären will, Gaudentius sei nur der Halbbruder Adalberts gewesen, so ist diese Erklärung zu mindestens sehr trivial.

Es bleiben nun noch die Hauptgründe Voigts und Perz' übrig. Voigt behauptet, die Schilderung der Ereignisse in Preußen müsse von einem Begleiter Aðalberts dahin, also höchstwahrscheinlich von Gaudentius selbst herrühren. Dieser Grund kann nicht als beweisend gelten, weil Gaudentius bekanntlich sich im J. 999 in Rom aufhielt, hier sicher das Alexiuskloster aufsuchte und daselbst genaue Nachrichten über die legten Ereignisse mittheilte. Es konnte somit Canaparius ebenso gut darüber unterrichtet sein als Gaudentius selbst. 1) Damit ist auch der lezte, und zwar der Hauptgrund" für die Hypothese Voigts gefallen. Perz führt hingegen für die Autorschaft des Canaparius die Art und Weise an, wie der Autor der Vita im Cap. 29 die Vision des Mönches Canaparius erzählt. Die betreffende Stelle lautet:) Ecce in monasterio,

1) Bedeutungslos ist der gegen die Ansicht Voigts erhobene Einwand (vergl. Script. rer. Pruss. II, 424), Gaudentius habe nicht der Verfasser sein können, weil dieser im Cap. 5 der Vita nicht weiß, wie lange Adalbert die Schule zu Magdeburg besuchte. Als einem jüngeren Bruder hätte dem Gaudentius, wie schon Voigt S. 655 mit Recht hervorhebt, diese Kenntniß immerhin abgehen können.

2) Mon. Germ. SS. IV, 594.

ubi ille talis (sc. s. Adalbertus) nutritus fuerat, cuidam converso Johanni Canapario talia Dominus per visum ostendit. E summo coelo velut volancia deorsum veniunt usque ad terram duo linteamina . . . . Ambo sua honera, singulos quidem viros, de terra levant; . . . Unius nomen extra ipsum, qui haec vidit, admodum paucissimi sciunt; alter vero erat, ut adhuc hodie ipse meminit, domnus Adalbertus. Wer diese Zeilen liest, wird die Richtigkeit der Bemerkung Perz' aufrechthalten müssen, daß dieselben nur Canaparius geschrieben haben konnte. Warum hätte denn ein anderer nicht offen herausgesagt, daß einer der Männer Canaparius, der andere aber Adalbert war? Wäre Canaparius nur Gewährsmann, Gaudentius aber oder einer der anderen Mönche aus der Zahl der paucissimi der Verfasser gewesen, wie Kętrzyński S. 4 meint, so wäre diese Ausdrucksweise ganz unerklärlich. Der Bericht jedes Anderen hätte offenbar gelautet: Canaparius sah zwei Tücher hinabschweben, von denen das eine ihn, das andere Adalbert emporhob, wie ja auch der Traum des Gaudentius in demselben Capitel ohne weiteren Umschweif erzählt wird. Gerade der Vergleich beider Berichte spricht noch mehr für die Ansicht Perz'. Wenn aber Kętrzyński S. 4 behauptet, dieselbe würde nur dann berechtigt sein, wenn statt dem qui haec vidit ein qui haec scripsit stünde, so irrt er. Würde an der betreffenden Stelle ein scripsit stehen, so läge weit weniger Grund vor, auf die Identität des Visionärs und des Autors zu schließen. Irrig ist wohl auch, was Kętrzyński über die Worte ut adhuc hodie ipse meminit bemerkt. Er sagt nämlich, daß diese Worte kein Beweis hiefür seien, daß der Verfasser von sich selbst spreche, sondern bloß, daß Canaparius hier Gewährsmann sei. Hätte der angebliche Verfasser Gaudentius dies zum Ausdrucke bringen wollen, so würde er statt meminit wahrscheinlich narrat geschrieben haben.

Während also, wie wir sehen, von den Gründen Voigts keiner entscheidend ist, hat der Hauptgrund Perz' doch sehr viel für sich, und wir werden daher an seiner Ansicht festhalten müssen, wenn es Kętrzyński nicht gelingt, durch seine weiteren Ausführnngen dieselbe zu erschüttern.

Zunächst sagt Kętrzyński S. 5, daß die Worte im Cap. 20 Dicunt autem abbas et fratres eius...') darauf hinweisen, daß der Schreiber derselben bei ihrem Niederschreiben nicht mehr im Kloster sich befand; dies paße nicht auf Canaparius, wohl aber auf Gaudentius, welcher zugleich mit Adalbert das Kloster verlassen hatte. Diese Bemerkung ist

1) Ebenda S. 590.

offenbar unrichtig. Da Canaparius auch von sich in der dritten Person spricht und überdies hier nicht sein, sondern Adalberts Verhältniß zu den Klosterbrüdern im Auge hat, so konnte er an der obigen Stelle sich gar nicht anders ausdrücken, und folglich spricht deren Wortlaut auch uicht gegen seine Autorschaft.

Ferner behauptet Kętrzyński S. 5, daß aus dem Sage des Cap. 17 Johannes, qui nunc urbis (Romae) praefectus esse dinoscitur') hervorgehe, daß der Verfasser von dem Präfecten nur durch Hörensagen (z posłuchu) etwas wußte; das entspreche nicht dem Standpunkte des Canaparius, der doch in Rom war und ein einfaches „est“ hätte seßen müssen. Nimmt man es nun aber mit dem Ausdruck dinoscitur schon gar so streng, so heißt derselbe doch „ist bekannt“, und das konnte vom Präfect Johannes nur Jemand schreiben, der diese Kenntniß auch bei seinen Lesern vorausseßte; also wohl Canaparius in Rom, nicht aber Gaudentius in Polen.

Auch hält Kętrzyński S. 6 dafür, daß nur ein geborener Tscheche im Cap. 8 die Worte Ventum est ad sanctam civitatem Pragam 2) schreiben konnte. Er übersieht hierbei, daß unser Autor im Cap. 3 das Epitheton sacra auch Magdeburg beilegt. Der Stadt Prag diesen Titel beizulegen, hatte er übrigens vielleicht den besonderen Grund, weil hier - wie er selbst im Cap. 8 meint der weitberühmte Wenzel einst Gott diente, hier (!) das Martyrium erlitt und durch Wunder verherrlicht wurde. Uebrigens kommt der Ausdruck sacra civitas Praga auch in Cap. 6 vor.

Was ferner die Bemerkung Kętrzyńskis S. 6 betrifft, daß der Verfasser sich in allen Einzelheiten unterrichtet zeigt und dieselben erwähnt, so spricht das durchaus nicht gegen die Autorschaft des Canaparius, weil dieser darüber sowohl von Adalbert selbst als von Gaudentius genaue Nachrichten erhalten haben konnte.

Schließlich möchte Kętrzyński auch den Umstand, daß in unserer Vita (gegenüber derjenigen von Brun Cap. 1) nichts über das lose Treiben des alten Slawniks gesagt wurde, damit erklären, daß sie von dessen Sohne geschrieben sei. Indessen genügt wohl schon zur Erklärung dieser Thatsache die Annahme, daß Canaparius hierüber nichts gehört hatte immerhin möglich ist oder daß er davon schwieg, weil er nicht ein so harter Richter war, als der sich Brun bei verschiedenen Gelegenheiten beweist.

1) Ebenda S. 589. 2) Ebenda S. 584.

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Nach allem dem können wir die Ansicht Kętrzyńskis `S. 7, daß Gaudentius bald nach dem Tode Adalberts in Polen die Vita schrieb und dieselbe dann, als er im J. 999 in Angelegenheit des Gnesener Erzbisthums nach Rom kam, ins Alexiuskloster brachte, nicht als richtig bezeichnen. Nach Kętrzyński hätte Adalbert jezt in Rom von der Vision des Canaparius und anderen Thatsachen, die sich während seiner Abwesenheit daselbst zugetragen hatten, erfahren und dieselben sodann in die Vita eingeschoben. Da wäre es doch merkwürdig, daß unter den so zahlreichen Handschriften dieser Biographie alle nur einer, dieser angeblich zweiten, Redaction angehören. Kętrzyński glaubt nun freilich aus einem Vergleiche der Schilderung der ofterwähnten Vision in unserer Vita mit der Schilderung derselben durch Brun den besten Beweis für seine Ansicht gefunden zu haben. Er behauptet nämlich, dem Brun oder eigentlich Demjenigen, welcher der eigentliche Verfasser der dem Brun zugeschriebenen Vita ist, könnte nicht eine Redaction der ersten Vita vorgelegen sein, in der schon die Vision erzählt war, denn er hätte aus der Erzählung derselben doch erkennen müssen, daß der eine der Männer Canaparius sei. Um diese Bemerkung zu rechtfertigen, stellt Kętrzyński beide Stellen nebeneinander, was wir auch thun müssen, um die Ursache seines Irrthums aufzudecken. Er hat nämlich in Folge eines ganz merkwürdigen Versehens diejenigen Worte der Darstellung Bruns ausgelassen, welche unten gesperrt ge= druckt sind und aus denen es ganz klar hervorgeht, daß Brun ebenso wie wir in dem zweiten, zum Himmel erhobenen Manne Canaparius vermuthete. Die Stellen lauten:1)

Canap. Cap. 29.

E summo coelo velut volancia deorsum veniunt usque ad terram duo linteamina, alba sicut nix et munda absque omni sorde et macula. Ambo sua honera, singulos quidem viros, de terra levant; ambo felicissimo cursu nubes et aurea sydera transnatant. Unius nomen extra ipsum qui haec vidit admodum paucis simi sciunt; alter vero erat, ut

1) Ebenda S. 594 und 609.

Brun Cap. 27.

venerunt a coelo usque ad terram descensu delectabili, aspecto pulcro, duo linteamina ut nix candida absque ruga et macula. Unum ex eis accepit

linteum dulce onus; fruens fruitur suo Adalberto, intrat aureum coelum tramite recto. Quem aliud linteum suo amplexu acciperet et ad deum portaret, ab eius (sc. Johannis [Canaparii]

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