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daß eine Müze kein Mantel ist. Die unbezweifelt echte Urkunde nennt

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das Zeichen inniger Liebe", das Gregors Vorgänger Alexander II, dem
Wratislaw geschickt habe, ganz ausdrücklich eine Mitra, und wir müssen
annehmen, daß sich die päpstliche Kanzlei in der betreffenden Nomenclatur
ausgekannt habe. Später soll nach Palacký diese Auszeichnung häufiger
vorgekommen sein; damals war es der erste Fall dieser Art und ganz
ungewöhnlich ein Zeichen, das Laienpersonen nicht gewährt zu
werden pflegt". Wäre diese Mitra schon dem Vorgänger zugeschickt
worden, so hätte wohl Wratislaw bloß um das fernere Recht des Tragens
anzusuchen brauchen. Die Urkunde sagt aber deutlich, daß Wratislaw um
diese Mitra angesucht habe, und sie ihm dann von Alexander II. geschickt
worden sei. Wie viel aker Wratislam und das gerade zur Zeit des Epi-
scopats Jaromirs an diesem Schmucke gelegen war, das läßt die große
Eile errathen, mit der er sogleich nach Alexanders Tode um die Erneue-
rung des Privilegiums angesucht haben muß, so daß dieselbe noch im
ersten Jahre des Pontificates Gregors erfolgen konnte.

Wir besigen das Ansuchen Wratislaws um die Gewährung eines
so „ungewöhnlichen“ Geschenkes nicht, und es ist ja auch fraglich, ob darin
das wahre Motiv angegeben sein möchte; aber worin anders kann das
wohl unter all den angegebenen Umständen zu suchen sein, als in dem
Wunsche, auch äußerlich vor dem Volke nicht hinter seinem Bruder zurück-
zustehen? Es ist ja bekannt, wie viel jene Zeit auf solche Formen hielt
und was sie für sie in der That bedeuteten. Wratislaw hat damit wohl
nur in bescheidenem Beginnen jenen Weg betreten, den er als abgeschlossen
betrachten konnte, als ihm im Jahre 1086 Kaiser Heinrich IV., zu dem
sich wohl nicht außer Zusammenhang mit dem späteren Verhalten des
Papstes zu Jaromir Wratislaw nachmals gewendet hatte, die Königs-

trone verlieh.

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Wir wissen indeß schon, daß ein so unschuldiges Mittel nicht ausreichte, einen Bruderzwist zu beenden, in den der große Kirchenkampf jener Zeit hineinspielte. Wir hörten schon, wie Jaromir nicht nur von seiner Kirche und Propstei, sondern selbst von seinen Gerechtsamen auf dem Schlosse" des heil. Wenzel sprach; ob sich solche Gegensäge unter Brüdern in ein und demselben Hause auch würden beilegen lassen?

Es scheint uns für eine gewisse Besonnenheit der Politik Wratislaws zu sprechen, daß er frühzeitig an eine locale Scheidung der beiderseitigen Interessensphären dachte denn darin werden wir denn doch wohl den eigentlichen Zweck der Stiftung auf Wyschehrad, der thatsächlich die Verlegung der Residenz dahin nachfolgte, suchen müssen. Das Motiv

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finden wir allerdings nirgends ausgedrückt, und auch Hajek, den wir in diesem Falle nicht umgehen wollten, hat es ja wohl aus dem Zusammenhange der Umstände gefolgert; dagegen sprechen alle Einzelheiten für unsere Annahme. Wenn man einwenden wollte, daß die päpstliche Politik den Zweck einer solchen Trugstiftung durchschaut und die Genehmigung versagt haben würde, so läßt sich dem entgegnen, daß die Action zu einer Zeit eingeleitet wurde, in welcher auch Jaromir gemeinschaftlich mit seinem Oberhirten, dem Erzbischofe von Mainz, für die Unabhängigkeit ihrer Sprengel kämpften und den Neuerungen und Ansprüchen Roms sich seindlich gegenüberstellten. 1) Aber auch nachmals hatte der Papst immer noch ein Interesse daran, sich Wratislaw als den gefährlichsten Verbündeten Heinrichs IV. durch Gefälligkeiten zu verbinden und von dem Kaiser abzuziehen. Ferner lag die Schaffung kirchlicher Institute mit unmittelbarer päpstlicher Judicatur ganz in der Richtung der damals eingeschlagenen römischen Politik, und endlich geschah der Gefallen ja nicht unentgeltlich.

Der anonyme Interpolator des Cosmas sezt den Beginn dieser Action in das Jahr 1070 und zeigt sich hierin wie auch in Bezug auf die übrigen Umstände nicht uneingeweiht. Gegen Anfang des Jahres 10742) ergeht ein Schreiben Gregors VII. an Wratislaw II., aus dem man ersieht, daß der lettere schon vorher um die Ausstellung des Privilegiums und um Reliquien für die neue - jedoch im Briefe des Papstes nicht genauer bezeichnete Kirche sich beworben habe. Der Papst verspricht ihm bereit willigst Beides, doch erst für den Zeitpunkt der Fertigstellung und Consecration der zu erbauenden Kirche. Es ist sonach wohl glaublich, daß die ersten vorbereitenden Schritte in das Jahr 1070, drei Jahre nach der wider Willen vollzogenen Wahl Jaromirs zum Bischofe, fallen konnten. Damals habe Wratislaw den ihm ergebenen Propst Petrus von St. Georg nach Rom gesandt, um den Papst zu bitten, daß er die gelobte Stiftung auf dem Wyschehrad sammt den daselbst einzusehenden Canonikern unter seinen besonderen und unmittelbaren Schuß nehme. Alexander II. sei darauf mit Freuden eingegangen und habe Petrus mit dem mehrfach erwähnten Privilegium zurückgeschickt, an dessen Unechtheit wohl nicht gezweifelt werden kann, das aber doch für uns insoweit von Bedeutung ist, als es die dem Papste vorgetragenen und von diesem vielleicht im Principe gebilligten Wünsche des Herzogs zum Inhalte haben

1) Vgl. den Brief Gregors VII. an Siegfried, den Erzbischof von Mainz, bei Erben I (1074), p. 62.

2) Erben Reg. I (1074), p. 63.

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dürfte. Der Standort der neuen Kirche soll Wyschehrad sein, das als
die über allen Städten erhabene" übersezt wird; die Kirche daselbst soll
als Haupt des ganzen Landes (provincia) bezeichnet und verehrt werden.
Mit Gütern, Knechten, Gold, Silber und Ornamenten soll sie reich aus-
gestattet werden. Den Schuß der Kirche soll St. Peter und jeder der
Nachfolger auf seinem Size führen, und dafür jährlich einen Tribut von
12 Mark Silber empfangen. Damit aber die Kirche erhabener als alle
anderen im Lande erscheine, so sollen gleichwie die sieben Cardinäle
bei St. Peter Propst, Priester, Diakonen und Subdiakonen in Mitra
und Sandalen einhergehen. Nur in dieser Kirche sollen in Anwesenheit
des Herzogs die besonderen Lobgesänge wie bei St. Peter vorgetragen
werden.

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Am unzweifelhaftesten bezeichnen diejenigen Stipulationen die Kampf-
atmosphäre, als deren Niederschlag wir uns die Neustiftung zu denken
haben, welche im Vorhiuein gegen eine zu erwartende feindselige Haltung
des Prager Bischofs Schuzwehren aufzustellen suchen. Der „Bischof des
Ortes"
der zwar keinerlei Gewalt über die neue Kirche haben sollte
sollte sich doch nicht weigern, für ihren Bedarf das Chrisma und die
Cleriter zu weihen, wenn er aber aus Neid und vom Teufel be-
rührt, Solches zu thun sich unterstehen sollte", so sollte sie bei jedem be
liebigen Bischofe das Gesuchte erlangen können. Gegen alles Unrecht aber
sollte sie von Jedermann unbehindert in Rom Klage erheben. Wenn wirk-
lich lediglich in Erfüllung eines frommen Gelübdes wie jede andere und unter
Zustimmung und Mitwirkung des Episcopus loci" diese Stiftung zu=
stande gekommen wäre, wie hätte man nur auf den Gedanken kommen
können, daß gerade dieser Bischof einmal „aus Neid" Anstalt machen
könnte, sie gleichsam geistig auszuhungern ?

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Das mögen ungefähr die nicht zurückgewiesenen Petita Wratislaws gewesen sein; daß aber jener Petrus die fertige Urkunde schon 1070 mitgebracht habe, widerspricht der oben angeführten Mahnbitte Wratislaws von 1074. Auch hat wohl, wie die Fälschung erzählt, Petrus kaum warten können, bis der Papst den Tusculaner Bischof Johann nach Böhmen geschickt und dieser mit dem Zeugnisse zurückgekommen sei, daß Wratislaw selbst zwölf Körbe Boden auf dem Rücken zum Beginne des Baues getragen hatte. Mit noch größerer Bestimmtheit aber müßte man es für damals noch eine Erdichtung nennen, daß die beiden Bischöfe, der Prager und der Olmüger, zusammen dreihundert Unterthanen der neuen Stiftung gewidmet hätten. Deckt sich sonach der Inhalt des Falsificats auch keineswegs mit dem, was 1070 gewährt wurde, so ist für die Beurtheilung

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der Tendenz der ganzen Stiftung auch Dasjenige das Wichtigere, was seitens Wratislaws erstrebt wurde.

Der Bau eines Domes, eines „Monasteriums" für die Domherren und einer Propstei dauerte viele Jahre um 1086 scheint er noch nicht fertig gewesen zu sein; es hätte sonst wohl aus Anlaß der Königskrönung auch die Einweihung stattgefunden. Aber aus der nächstfolgenden Zeit -man seßt sie auf ungefähr 1088 haben wir eine der Form nach auch nicht echte Urkunde, durch welche Wratislaw die neue Stiftung dem ersten Propste derselben Namens Benedict übergibt. 1) Er nennt diesen bezeichnend carissimus und familiaris. Daß nachmals dessen Nachfolger das Kanzleramt am Hofe der Fürsten bekleideten, ist kennzeichnend für die Vertrauensstellung, die sie gleich ihrem ersten Vorgänger innehatten. Die neue Stiftung empfiehlt er dem unmittelbaren Schuge und Patrocinium des heiligen Stuhles. Unter den Zeugen, die aus irgend einem feierlichen Anlasse sich zusammengeschart haben müssen, befinden sich auch die beiden Bischöfe von Prag und von Olmüş, und in der Urkunde figuriren nun in der That auch ihre Beiträge von 200 und 100 Unterthanen, aber mit dem bescheidenen Zusage „in decima" sie wid= meten also zusammen dem neuen Gotteshause - um nicht mit leeren Händen dabeizustehen ihren Bischofszehnten von 300 Ansässigen. Der übrige Theil der Urkunde enthält die Aufzeichnung der in der That fabelhaft reichen Widmung an Gütern, Besizungen und Bezügen des neuen Stiftes. Diese Besizungen sind weithin im Lande zerstreut, die Suburbien von Saaz und Prag mit vielen Unterthanen vertreten, die Villici von Prag und Tetin und andere zu bestimmten Leistungen angewiesen, nur von einem Villicus von Wyschehrad oder von einem Suburbium daselbst ist keine Spur vorhanden, was doch sehr auffallen müßte, wenn der Burgplaz Wyschehrad schon vordem ein Fürstensiß gewesen wäre, der sich in Bezug auf patriarchale Regiebetriebe, Unterthanschaften und Gerichtserträgnisse mit dem von Prag hätte entfernt messen können.

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Wir können einzelne Thatsachen, die für unsere Beurtheilung wichtig sind, in Folge des Verlustes der betreffenden Urkunden nicht mit solchen begründen, obgleich sie sonst unwidersprochen sind und alle zeigen, wie es die Tendenz des Stifters der Wyschehrader Kirche und der kurzen Glanzperiode von Wyschehrad zugleich war, dieses über das alte Domstift Prag emporzuheben. Schon die Wahl des Patrons, des heiligen Petrus, ist kennzeichnend und unwidersprochen. Damit zusammen hängt die Exemption

1) Erben I (c. 1088), p. 77.

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von der Bischofsgewalt. Daß die angebotene unmittelbare Unterordnung
unter Rom auch angenommen wurde, dafür spricht die Thatsache des
dafür auch nachmals noch entrichteten Tributs. Auch der gewünschten
Auszeichnung der Capitularen durch das Privilegium der Mitra wird von
Seite der Kirchenhistoriker nicht widersprochen. Diese Auszeichnung aber
ist umso bedeutsamer, als das ältere Prager Domcapitel eine gleiche erst
durch die Vermittelung Karl IV. erhalten konnte. 1)

Im Zusammenhange mit diesen Auseinandersegungen zwischen Fürst und Bischof steht sichtlich auch eine seltsame Klostergeschichte, die uns der Mönch von Sazawa erzählt, 2) und als deren Schauplag wir zum Theile wohl den Wyschehrad und seinen neuen Dom betrachten müssen. Im Kloster Sazawa war zur Zeit Wratislaws ein Abt, Namens Božetěch, der als äußerst geschickter Maler und Bildhauer gerühmt wird. Dieser war der erklärte Liebling Wratislaws, den er allen anderen Aebten Böhmens vorzog. Als der König dereinst schon nach dem Tode Jaromirs die Feier eines hohen Festtages beging, war es Abt Božetěch, der ihm dabei. jedenfalls auf seinen besonderen Wunsch die Krone auffeßte. Bei der Erbitterung, in die darüber Bischof Cosmas, der Nachfolger Jaromirs, gerieth, muß man bestimmt annehmen, daß dieser, wie ihm ja möglich gewesen wäre, den Vorgang überhaupt verhindert haben würde, wenn er sich in seiner Kirche zu Prag und nicht auf dem Wyschehrad zugetragen hätte, wo Wratislaw und seine nächsten Nachfolger fortan die hohen Zeiten des Jahres zu begehen pflegten. Der neue Bischof betrachtete das als einen frevelhaften Eingriff in seine Rechte, der ihn so sehr entrüstete, daß er den Abt abzusehen beschloß. Nur die Vorstellungen der Großen am königlichen Hofe konnten den Abt auf seinem Size erhalten, doch legte ihm der erzürnte Bischof die abenteuerliche Buße auf, daß er ein Crucifix von eigener Größe schnißen, auf seinen Schultern bis Rom tragen und dort bei S. Peter niederlegen solle. Božetěch unterwarf sich der Buße; andererseits muß man aber auch annehmen, daß der neue Bischof dem Könige fortan gern zu Willen war, um sich von einem Rechte" nichts zu vergeben, auf das er so große Stücke hielt.

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Daß uns von den hohen Zeiten und Hoffesten, die fortan auf dem Wyschehrad gefeiert wurden, der Prager Domdechant, der einzige Chronist jener Zeiten, nichts berichtet hat, ist bei der Stellung, die er einnahm, leicht erklärlich. Ueberdies können nach der Beendigung der Bauten der

1) Frind, Kirchengeschichte II, p. 137 f.
2) Scriptor. rer. Boh. I, p. 101.

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