STANFORD LIBRARIES daß eine Müze kein Mantel ist. Die unbezweifelt echte Urkunde nennt 11 "1 das Zeichen inniger Liebe", das Gregors Vorgänger Alexander II, dem Wir besigen das Ansuchen Wratislaws um die Gewährung eines trone verlieh. = Wir wissen indeß schon, daß ein so unschuldiges Mittel nicht ausreichte, einen Bruderzwist zu beenden, in den der große Kirchenkampf jener Zeit hineinspielte. Wir hörten schon, wie Jaromir nicht nur von seiner Kirche und Propstei, sondern selbst von seinen Gerechtsamen auf dem Schlosse" des heil. Wenzel sprach; ob sich solche Gegensäge unter Brüdern in ein und demselben Hause auch würden beilegen lassen? Es scheint uns für eine gewisse Besonnenheit der Politik Wratislaws zu sprechen, daß er frühzeitig an eine locale Scheidung der beiderseitigen Interessensphären dachte denn darin werden wir denn doch wohl den eigentlichen Zweck der Stiftung auf Wyschehrad, der thatsächlich die Verlegung der Residenz dahin nachfolgte, suchen müssen. Das Motiv finden wir allerdings nirgends ausgedrückt, und auch Hajek, den wir in diesem Falle nicht umgehen wollten, hat es ja wohl aus dem Zusammenhange der Umstände gefolgert; dagegen sprechen alle Einzelheiten für unsere Annahme. Wenn man einwenden wollte, daß die päpstliche Politik den Zweck einer solchen Trugstiftung durchschaut und die Genehmigung versagt haben würde, so läßt sich dem entgegnen, daß die Action zu einer Zeit eingeleitet wurde, in welcher auch Jaromir gemeinschaftlich mit seinem Oberhirten, dem Erzbischofe von Mainz, für die Unabhängigkeit ihrer Sprengel kämpften und den Neuerungen und Ansprüchen Roms sich seindlich gegenüberstellten. 1) Aber auch nachmals hatte der Papst immer noch ein Interesse daran, sich Wratislaw als den gefährlichsten Verbündeten Heinrichs IV. durch Gefälligkeiten zu verbinden und von dem Kaiser abzuziehen. Ferner lag die Schaffung kirchlicher Institute mit unmittelbarer päpstlicher Judicatur ganz in der Richtung der damals eingeschlagenen römischen Politik, und endlich geschah der Gefallen ja nicht unentgeltlich. Der anonyme Interpolator des Cosmas sezt den Beginn dieser Action in das Jahr 1070 und zeigt sich hierin wie auch in Bezug auf die übrigen Umstände nicht uneingeweiht. Gegen Anfang des Jahres 10742) ergeht ein Schreiben Gregors VII. an Wratislaw II., aus dem man ersieht, daß der lettere schon vorher um die Ausstellung des Privilegiums und um Reliquien für die neue - jedoch im Briefe des Papstes nicht genauer bezeichnete Kirche sich beworben habe. Der Papst verspricht ihm bereit willigst Beides, doch erst für den Zeitpunkt der Fertigstellung und Consecration der zu erbauenden Kirche. Es ist sonach wohl glaublich, daß die ersten vorbereitenden Schritte in das Jahr 1070, drei Jahre nach der wider Willen vollzogenen Wahl Jaromirs zum Bischofe, fallen konnten. Damals habe Wratislaw den ihm ergebenen Propst Petrus von St. Georg nach Rom gesandt, um den Papst zu bitten, daß er die gelobte Stiftung auf dem Wyschehrad sammt den daselbst einzusehenden Canonikern unter seinen besonderen und unmittelbaren Schuß nehme. Alexander II. sei darauf mit Freuden eingegangen und habe Petrus mit dem mehrfach erwähnten Privilegium zurückgeschickt, an dessen Unechtheit wohl nicht gezweifelt werden kann, das aber doch für uns insoweit von Bedeutung ist, als es die dem Papste vorgetragenen und von diesem vielleicht im Principe gebilligten Wünsche des Herzogs zum Inhalte haben 1) Vgl. den Brief Gregors VII. an Siegfried, den Erzbischof von Mainz, bei Erben I (1074), p. 62. 2) Erben Reg. I (1074), p. 63. STANFORD LIBRARIES dürfte. Der Standort der neuen Kirche soll Wyschehrad sein, das als 11 Am unzweifelhaftesten bezeichnen diejenigen Stipulationen die Kampf- "" Das mögen ungefähr die nicht zurückgewiesenen Petita Wratislaws gewesen sein; daß aber jener Petrus die fertige Urkunde schon 1070 mitgebracht habe, widerspricht der oben angeführten Mahnbitte Wratislaws von 1074. Auch hat wohl, wie die Fälschung erzählt, Petrus kaum warten können, bis der Papst den Tusculaner Bischof Johann nach Böhmen geschickt und dieser mit dem Zeugnisse zurückgekommen sei, daß Wratislaw selbst zwölf Körbe Boden auf dem Rücken zum Beginne des Baues getragen hatte. Mit noch größerer Bestimmtheit aber müßte man es für damals noch eine Erdichtung nennen, daß die beiden Bischöfe, der Prager und der Olmüger, zusammen dreihundert Unterthanen der neuen Stiftung gewidmet hätten. Deckt sich sonach der Inhalt des Falsificats auch keineswegs mit dem, was 1070 gewährt wurde, so ist für die Beurtheilung der Tendenz der ganzen Stiftung auch Dasjenige das Wichtigere, was seitens Wratislaws erstrebt wurde. Der Bau eines Domes, eines „Monasteriums" für die Domherren und einer Propstei dauerte viele Jahre um 1086 scheint er noch nicht fertig gewesen zu sein; es hätte sonst wohl aus Anlaß der Königskrönung auch die Einweihung stattgefunden. Aber aus der nächstfolgenden Zeit -man seßt sie auf ungefähr 1088 haben wir eine der Form nach auch nicht echte Urkunde, durch welche Wratislaw die neue Stiftung dem ersten Propste derselben Namens Benedict übergibt. 1) Er nennt diesen bezeichnend carissimus und familiaris. Daß nachmals dessen Nachfolger das Kanzleramt am Hofe der Fürsten bekleideten, ist kennzeichnend für die Vertrauensstellung, die sie gleich ihrem ersten Vorgänger innehatten. Die neue Stiftung empfiehlt er dem unmittelbaren Schuge und Patrocinium des heiligen Stuhles. Unter den Zeugen, die aus irgend einem feierlichen Anlasse sich zusammengeschart haben müssen, befinden sich auch die beiden Bischöfe von Prag und von Olmüş, und in der Urkunde figuriren nun in der That auch ihre Beiträge von 200 und 100 Unterthanen, aber mit dem bescheidenen Zusage „in decima" sie wid= meten also zusammen dem neuen Gotteshause - um nicht mit leeren Händen dabeizustehen ihren Bischofszehnten von 300 Ansässigen. Der übrige Theil der Urkunde enthält die Aufzeichnung der in der That fabelhaft reichen Widmung an Gütern, Besizungen und Bezügen des neuen Stiftes. Diese Besizungen sind weithin im Lande zerstreut, die Suburbien von Saaz und Prag mit vielen Unterthanen vertreten, die Villici von Prag und Tetin und andere zu bestimmten Leistungen angewiesen, nur von einem Villicus von Wyschehrad oder von einem Suburbium daselbst ist keine Spur vorhanden, was doch sehr auffallen müßte, wenn der Burgplaz Wyschehrad schon vordem ein Fürstensiß gewesen wäre, der sich in Bezug auf patriarchale Regiebetriebe, Unterthanschaften und Gerichtserträgnisse mit dem von Prag hätte entfernt messen können. Wir können einzelne Thatsachen, die für unsere Beurtheilung wichtig sind, in Folge des Verlustes der betreffenden Urkunden nicht mit solchen begründen, obgleich sie sonst unwidersprochen sind und alle zeigen, wie es die Tendenz des Stifters der Wyschehrader Kirche und der kurzen Glanzperiode von Wyschehrad zugleich war, dieses über das alte Domstift Prag emporzuheben. Schon die Wahl des Patrons, des heiligen Petrus, ist kennzeichnend und unwidersprochen. Damit zusammen hängt die Exemption 1) Erben I (c. 1088), p. 77. STANFORD LIBRARIES von der Bischofsgewalt. Daß die angebotene unmittelbare Unterordnung Im Zusammenhange mit diesen Auseinandersegungen zwischen Fürst und Bischof steht sichtlich auch eine seltsame Klostergeschichte, die uns der Mönch von Sazawa erzählt, 2) und als deren Schauplag wir zum Theile wohl den Wyschehrad und seinen neuen Dom betrachten müssen. Im Kloster Sazawa war zur Zeit Wratislaws ein Abt, Namens Božetěch, der als äußerst geschickter Maler und Bildhauer gerühmt wird. Dieser war der erklärte Liebling Wratislaws, den er allen anderen Aebten Böhmens vorzog. Als der König dereinst schon nach dem Tode Jaromirs die Feier eines hohen Festtages beging, war es Abt Božetěch, der ihm dabei. jedenfalls auf seinen besonderen Wunsch die Krone auffeßte. Bei der Erbitterung, in die darüber Bischof Cosmas, der Nachfolger Jaromirs, gerieth, muß man bestimmt annehmen, daß dieser, wie ihm ja möglich gewesen wäre, den Vorgang überhaupt verhindert haben würde, wenn er sich in seiner Kirche zu Prag und nicht auf dem Wyschehrad zugetragen hätte, wo Wratislaw und seine nächsten Nachfolger fortan die hohen Zeiten des Jahres zu begehen pflegten. Der neue Bischof betrachtete das als einen frevelhaften Eingriff in seine Rechte, der ihn so sehr entrüstete, daß er den Abt abzusehen beschloß. Nur die Vorstellungen der Großen am königlichen Hofe konnten den Abt auf seinem Size erhalten, doch legte ihm der erzürnte Bischof die abenteuerliche Buße auf, daß er ein Crucifix von eigener Größe schnißen, auf seinen Schultern bis Rom tragen und dort bei S. Peter niederlegen solle. Božetěch unterwarf sich der Buße; andererseits muß man aber auch annehmen, daß der neue Bischof dem Könige fortan gern zu Willen war, um sich von einem Rechte" nichts zu vergeben, auf das er so große Stücke hielt. - Daß uns von den hohen Zeiten und Hoffesten, die fortan auf dem Wyschehrad gefeiert wurden, der Prager Domdechant, der einzige Chronist jener Zeiten, nichts berichtet hat, ist bei der Stellung, die er einnahm, leicht erklärlich. Ueberdies können nach der Beendigung der Bauten der 1) Frind, Kirchengeschichte II, p. 137 f. |